Protocol of the Session on March 13, 2013

Dennoch müssen die vorliegenden Zahlen zumin

dest genau gelesen werden, denn es sind eine Reihe von Differenzierungen enthalten, die zwar nicht den Eindruck machen, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren der Tourismus in Bremen vollständig zusam menbricht und wir Hotelpleiten oder Ähnliches erle ben müssen. Es gibt für mich aber ein paar Indizien, von denen ich sage, man muss genau hinschauen.

Es ist deutlich geworden, und es ist schon gesagt

worden, dass die Entwicklung im Vergleich zu an deren unterproportional ist. Für mich war aber inter essant, dass die Zahl der Anreisen aus dem Ausland relativ stark zurückgegangen ist, und zwar um fünf Prozent. Das hat bestimmt Ursachen, die möglicher weise irgendwo sind, die ich jetzt so auch nicht ana lysieren kann, das gibt die Statistik nicht her, aber man muss dort hinschauen.

Während die Anzahl der Ankünfte aus dem In

land nur zwei Prozent geringer geworden ist, ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer gestiegen, so dass die Anzahl der Übernachtungen nahezu gleich geblieben ist. Die Frage ist also: Warum kamen we niger Menschen im letzten Jahr aus dem Ausland? Es kann praktische Gründe haben, es kann Gründe haben, die wir nicht kennen, deswegen: Hinschauen!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Weil wir nicht in der Champions League sind!)

Ja, ich habe auch gerade darüber nachgedacht,

ob es gelingt, die Anzahl der Übernachtungen und Besucherinnen und Besucher mit dem Tabellenstand von Werder Bremen und der Champions League in Verbindung zu setzen, das ist denkbar, solche ein fachen Ursachen kann es haben. Wenn man jetzt herausbekommt, dass es so ist, weiß man, es gibt Faktoren, die man durch die beste Wirtschaftsförde rung nicht mehr beeinflussen kann, weil man den Tabellenstand von Werder Bremen hier in Deutsch land zum Glück eher schwierig kaufen kann. In an deren Ländern mag das gehen, hier bei uns ist es nicht so einfach.

Ich fand es auch bemerkenswert, dass Bremer

haven doch ein bisschen deutlicher zurückliegt als Bremen, insbesondere weil wir dort ja das Mediter

raneo, die Havenwelten, das Auswandererhaus und so weiter haben. Wir haben also sehr viel investiert, um möglichst viele Besucherinnen und Besucher aus dem Ausland und aus Deutschland anzulocken. Wenn uns dort irgendetwas schwierig vorkommt, dann muss man schauen, woran es liegt. Soweit ich weiß, hat Bremerhaven keine Umweltzone. Es kann also nicht der Grund sein, warum Bremerhaven noch ein bisschen schlechter aussieht als vorher. Ich wei se aber auch auf die Zahlen hin: Die Stadt Bremen hatte im Jahre 2002, also vor zehn Jahren, ungefähr eine Million Übernachtungen, und wir haben jetzt fast 1,5 Millionen Übernachtungen.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Genau!)

Über diesen Zeitraum hinweg sind eineinhalbmal

so viele Menschen nach Bremen gekommen, ein einhalbmal so viele Übernachtungen haben wir in Bremen und Bremerhaven. Irgendwo gibt es dann vielleicht auch einmal physikalische Grenzen! Das heißt, vielleicht können wir uns gar nicht vorstellen, dass wir bis ins Jahr 2020 genau solche Steigerungs raten haben. Vielleicht müssen wir uns dann damit abfinden, dass diese Steigerungsraten in Zukunft nicht mehr zu realisieren sind, aus unterschiedlichen Gründen und weil Touristen auch woanders hinge hen. Ich wage den Gedanken zu äußern, dass man eine Erwartung von drei- bis fünfprozentigen Stei gerungsraten jedes Jahr einfach nicht haben darf.

Es werden Vorschläge gemacht, wie man die Ent

wicklung wieder befördern kann, wie wir wieder mehr Besucherinnen und Besucher bekommen. Zu dem Vorschlag, die Umweltzone abzuschaffen, damit wieder mehr kommen: Ich finde nicht, dass man Tourismus auf der Grundlage von Umweltver schmutzung entwickeln sollte, sondern wir müssen die Umweltzone beibehalten und möglicherweise sogar ausweiten. Wenn es dann dazu führt, dass we niger Pkw hierher kommen, dann müssen wir damit anstatt mit Luftverschmutzung leben.

Es wurde auch gesagt, die Citytax habe dafür ge

sorgt, dass die Touristen reihenweise ausbleiben. Die Anzahl der Übernachtungen ist aber gestiegen. Die durchschnittliche Zahl der Übernachtungen ist für mich also auch noch kein Indiz, dass die Citytax dabei eine Rolle spielt.

Ich glaube, dass man diese Zahlen sorgfältig aus

werten muss. Meine Bitte wäre – und das wird auch sicherlich geschehen –, dass das Wirtschaftsressort und die Wirtschaftsförderung sich dies auch genau anschauen und überlegen, an welchen Stellen sie eingreifen. Es sind Vorschläge gemacht worden, Dinge zu bündeln, Events zu machen, Messen zu sammenzulegen. Dies kann sinnvoll sein, was ich jetzt ad hoc und auf Grundlage der Zahlen nicht beurteilen kann. Ich finde aber tatsächlich wichtig: Wir müssen nach Bremerhaven schauen,

) Vom Redner nicht überprüft.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das reicht nicht!)

weil es nicht sein kann, dass wir dort im größeren Umfang Sehenswürdigkeiten bauen und fördern, die Touristen anlocken sollen, und dann gibt es Proble me mit den Anzahlen. Was ich auf jeden Fall unter stütze: Wenn es so ist, dass jeder vierte Besucher das Universum kennt, dann wäre es eine echte Sünde, es zu schließen, und wir müssten es schon aus dem Grund erhalten. Um zumindest die Besucherzahlen beizubehalten, brauchen wir das Universum. Es ist überall ein Markenzeichen, auf jedem Bild von Bremen haben wir diesen Wal. Es gibt, glaube ich, keinen Weg daran vorbei.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das

Wort Herr Senator Günthner.

Herr Präsident, meine sehr

verehrten Damen und Herren! Man merkt in Teilen der Debatte eine gewisse bremische Lust zur Selbst kasteiung, ich will das auch so ausdrücklich sagen! Wenn man eine ernsthafte Diskussion über die Wachs tumsraten führen will, muss man eines bedenken: Sie reden die ganze Zeit davon, die Wachstumsra ten seien nicht so hoch ausgefallen wie bei anderen. Wir haben Rekordzahlen bei den Übernachtungen in Bremen vorzuweisen. Noch nie haben in Bremen so viele Menschen übernachtet wie in diesem Jahr. Wir liegen noch einmal über den Rekordzahlen des Jahres 2011. Wie man ernsthaft den Versuch unter nehmen kann, das in dieser Debatte, in diesem Haus schlechtzureden und negativ darzustellen, erschließt sich mir komplett nicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weniger Anstieg, als man sich vielleicht gewünscht

hätte, ist dann aus Sicht der Opposition schon nega tiv. Das ist, wenn man sich viele Debatten und Ihr Auftreten in vielen Diskussionen in diesem Haus an schaut, der Versuch, nach einem viertel Strohhalm zu greifen, um endlich etwas zu finden, wo man sa gen kann, da sind die Zahlen richtig schlecht. Ich will nur daran erinnern, als wir als rot-grüne Koa lition die Hotelförderung umgestellt haben, haben Sie gesagt, zukünftig werden keine Hotels mehr in Bremen gebaut. Das Gegenteil ist passiert, es sind weiter Hotels in Bremen gebaut worden.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Herr Sena tor, das war die Große Koalition!)

Es werden auch in diesem Jahr neue Hotels in Bremen gebaut. Sie haben immer den Versuch gemacht, so zu tun, als würde das dazu zuführen, dass der Tou

rismus und das Übernachtungsgewerbe abgewürgt werden. Das Gegenteil ist der Fall, wir werden eine weitere Reihe an hochattraktiven Hotels in diesem Jahr dazubekommen und damit auch eine gute Per spektive für den Tourismus insgesamt haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte auf eines hinweisen, was mir in der

Diskussion bisher zu kurz gekommen ist: 70 Prozent der Übernachtungen sind Geschäftsreisende. Wir haben in Bremerhaven intensiv über die Frage ge redet, worauf die Delle, die wir im Tourismus in Bre merhaven wahrnehmen können, eigentlich basiert. Im vergangenen Jahr hat der Windforce-Kongress nicht stattgefunden, weil man sich darauf verstän digt hat, aufgrund der Offshore-Messe in Bremen den Windforce-Kongress dann in Bremerhaven nicht stattfinden zu lassen. Wenn Sie sich dazu die schwie rige Lage insbesondere auf den Werften anschauen, die dazu führt, dass weniger Menschen zum Arbei ten nach Bremerhaven kommen und dann in dieser Zeit entsprechend dort übernachten, dann führt das zusammen zu den Zahlen. Sie werden feststellen, in diesem Jahr findet der Kongress in Bremerhaven wieder statt, Sie sehen also, wie man es mit einem Großereignis schaffen kann – eine ähnliche Tendenz kann man sich auch in Bremen anschauen –, die Zah len in die eine oder andere Richtung zu bewegen.

Sie haben darauf hingewiesen – das ist auch der

sachliche Einstand des Kollegen von der CDU ge wesen –, dass man sich natürlich ganz differenziert die Incoming- und Outgoing-Zahlen des Flughafens anschauen kann. Wir sind, als wir die Landebahn sa niert haben – und das findet nur alle 30 Jahre statt –, um 7,7 Prozent in den Zahlen nach unten gegangen, drastisch nach unten gegangen. Das flacht sich dann über das Jahr gesehen wieder ab, aber Sie holen das auf das Jahr gesehen nicht mehr heraus. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit der Strategie, mehr Menschen über den starken Flughafen, über starke Fluggesellschaften nach Bremen zu bekommen und mehr Menschen – wir haben es gerade präsentiert – beispielsweise aus Russland in das Land Bremen zu bekommen, die hier übernachten und einkaufen, auf dem richtigen Weg sind.

Ich bin aber auch der festen Überzeugung, dass

wir uns immer vor Augen halten müssen, wenn große Unternehmen, die am Standort Bremen aktiv sind, sich entscheiden, beispielsweise vieles über Video konferenzen zu machen, führt das dazu, dass die Zahlen der Übernachtungen im Bereich der Hotels zurückgehen. Wenn Sie übrigens mit der Hotellerie sprechen – es ist ja in der Diskussion darauf hinge wiesen worden –, stellen Sie ein unterschiedliches Bild fest. Sie sehen, dass viele Hotels dazugekom men sind, und das hat ebenfalls dazu beigetragen, die Zahlen zu steigern.

Sie sehen, dass viele weitere Hotels gebaut wer

den, dass man also – darauf ist hingewiesen worden – nach Auffassung der Hoteliers offensichtlich am Standort Bremen gutes Geld verdienen kann, eine gute Perspektive hat, und ich finde, man sollte diese positiven Zahlen nicht kaputtreden, wir liegen wei ter auf Rekordniveau. Man muss in dieser Debatte mehrfach darauf hinweisen, wir liegen bei den Über nachtungen auf Rekordniveau, es haben noch nie so viele Menschen in Bremen übernachtet. Wir liegen oberhalb der Zahlen des Jahres 2011.

Im Jahr 2011 haben Herr Rößler von den Hoteliers,

Herr Siemering und ich bei der Bilanzpressekonfe renz gesessen und schon ein bisschen gedacht, ob wir diese herausragenden Zahlen, die wir im Jahr 2011 hatten, die viel mit besonderen Veranstaltungen zu tun hatten, im nächsten Jahr noch einmal erreichen, das wissen wir nicht. Es gab eine große Sorge in der Hotellerie, dass es einen großen Abschwung gibt, dass die Zahlen deutlich einbrechen, weil man sich in den vergangenen Jahren schon überproportional entwickelt hat.

Deshalb noch einmal: Wir müssen darüber reden,

wie wir an der einen oder anderen Stelle zu einer stärkeren Vermarktung kommen können, insbe sondere wenn man wahrnimmt, dass am Standort Bremerhaven die Zahlen zurückgehen. Man muss bewerten, ob das nur mit Kongressen zu tun hat, die nicht stattfinden, oder ob es eine langfristige Entwicklung ist und wie man gegensteuern muss. Ich bin der festen Überzeugung, dass das mit der Neuaufstellung, die in Bremerhaven vorgenommen worden ist, auch gemacht wird.

Ich will auf eines hinweisen, weil man schon, wenn

man hier in eine solche Debatte einsteigt, Herr Kol lege Kastendiek, überlegen muss, welche Strategie man denn nun eigentlich hat: In Bremerhaven ha ben wir gerade das Veranstaltungsgeschäft und das touristische Geschäft zusammengeführt, gebündelt, weil wir gesagt haben, daraus entstehen für beide Teile positive Effekte, und daneben sparen wir auch noch einen Geschäftsführerposten.

(Abg. W i l l m a n n [Bündnis 90/Die Grü nen]: Und wer meckert darüber?)