Protocol of the Session on March 13, 2013

Herr Präsident, meine

sehr verehrten Damen und Herren! Wir und die Öf fentlichkeit haben in der letzten Woche die Zahlen aus dem Jahr 2012 zu den Übernachtungen mitgeteilt bekommen, und sie sehen für Bremen nicht positiv aus: Stagnation in der Stadt Bremen, in Bremerha ven ein deutlicher Rückgang, und das ist für einen Standort, der einen besonderen Schwerpunkt im Be reich des Tourismus in der Vergangenheit gelegt hat und auch zukünftig einen besonderen Schwerpunkt darauf will, natürlich erst einmal sehr bedenklich.

Nun sind die Zahlen allein erst einmal kein Grund,

jetzt hier eine Aktuelle Stunde zu beantragen, weil – das muss man ehrlicherweise sagen – es immer wieder ein Auf und Ab in Rankings gibt, das kann man jeden zweiten oder dritten Monat oder jede zweite oder dritte Woche sehen, da würde man sich ganz verrückt machen. Was uns aber dazu veran lasst hat, dieses Thema für die Aktuelle Stunde zu beantragen, ist zum einen, wie der Senat mit diesen Fakten umgeht, und zum anderen, dass sich alles um uns herum sehr positiv entwickelt hat. Das ist eine ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sehr bedenkliche Situation, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Die Überschriften bundesweit lauten: Der Städte

tourismus ist der Wachstumsträger im Bereich Touris mus in allen Regionen. Ich will Ihnen einmal einige Zahlen nennen, um zu verdeutlichen, vor welchem Hintergrund sich das insgesamt abspielt: Leipzig hat einen Zuwachs von 13,4 Prozent bei den Übernach tungszahlen, Hamburg von 11,6 Prozent, Berlin 11,4 Prozent, Frankfurt 10,5 Prozent, Dortmund 7,6 Prozent, Stuttgart 7,5 Prozent, Essen 5,8 Prozent, Düsseldorf 5,5 Prozent – durchaus vergleichbare Städte, nicht nur die Metropolen Hamburg, München oder Berlin –, Würzburg hat einen Zuwachs von 4 Prozent. Wenn man sich die Region Hannover insgesamt anschaut, dann hat man dort trotz der erheblich reduzierten Messetage ein Wachstum. Es muss festgestellt werden, dass im Vergleich der Großstädte von über 100 000 Einwohnern im Jahr 2012 im Schnitt ein Wachstum von 6,8 Prozent stattgefunden hat, und Bremen hat eine Stagnation.

Im Vergleich der Großstädte von über 100 000

Einwohnern hat es seit dem Jahr 2007 im Bundes durchschnitt ein Wachstum von 28,8 Prozent gege ben hat, in Bremen nur von 25,5 Prozent. Das macht deutlich, dass es hier erhebliche Defizite, erhebliche Mängel gibt, und deswegen kann man nicht ein fach darüber hinweggehen und sagen, ein Plus ist ein Plus, und so tun, als wäre die Welt in Ordnung. Nein, hier muss man ganz genau hinschauen, wel ches die Ursachen und Gründe für diese Stagnation in unserem Bundesland sind!

(Beifall bei der CDU)

Die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Tou

rismus muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, weil er wichtig ist, meine sehr verehrten Damen und Herren! Rund 35 000 Menschen leben in Bremen und Bremerhaven vom Tourismus. Jeder Übernachtungsgast lässt hier statistisch gesehen 178 Euro pro Tag, jeder Tagesgast 33 Euro. Es wird in Bremen und Bremerhaven ein Bruttoumsatz von 1,7 Milliarden Euro generiert und insgesamt an Steuern durch Mehrwertsteuer, Einkommensteuer 181 Millionen Euro, hinzu kommen Gewerbesteuer, Grundsteuer et cetera. Nach Länderfinanzausgleich und Mehrwertsteueraufteilung verbleiben immer hin 21 Millionen Euro pro Jahr aus dem Tourismus in Bremen.

Es ist aber nicht nur die regionalwirtschaftliche

Bedeutung für unsere beiden Städte, es ist natürlich auch das Image, das in einem attraktiven Tourismus standort zum Ausdruck kommt, und deswegen darf man auch die sekundären Effekte aus einem pros perierenden Tourismusstandort nicht unterschätzen.

Worin liegen nun die Ursachen? Es ist nicht so wie

in den vergangenen Jahren, als es zum Beispiel im Jahr 2001 einen Rückgang wegen der Anschläge am 9. September gab, oder vor ein paar Jahren, als SARS und die Vogelgrippe natürlich auch Auswir kungen auf den Tourismus hatten und es auch einen Rückgang bei Reisen insgesamt gab. Nein, wir haben hier eine Situation, in der es in Bremerhaven einen massiven Rückgang, in Bremen eine Stagnation gibt und überall um uns herum ein starkes Wachstum stattfindet. Welches sind die Ursachen?

Der erste Grund ist klipp und klar die Umweltzo

ne in Bremen.

(Widerspruch bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ja, Sie mögen ja sehr lachen, aber unterhalten Sie sich einmal mit den Hoteliers, unterhalten Sie sich auch einmal mit den Verbänden, die sogar definitiv nachweisen können, dass die Umweltzone Über nachtungszahlen gekostet hat, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Das können Sie hier nicht wegdiskutieren, auch wenn Sie es noch zehnmal versuchen, Frau Dr. Scha efer! Fakt ist, die Umweltzone kostet Einnahmen an dieser Stelle.

(Abg. G o t t s c h a l k [SPD]: Legen Sie einmal Zahlen vor!)

Der zweite Grund ist die Citytax, überhaupt kei

ne Erfolgsgeschichte! Einmal war sie rechtskräftig, dann musste sie wieder zurückgezogen werden, dann musste man ein neues Gesetz schaffen. Wir sind gespannt, wie rechtsbeständig diese Auswirkungen dann hier zukünftig gesehen werden.

Herangezogen wird dann noch landauf und landab

ganz gern – ich vermute einmal, dass die Vertreter von SPD und Bündnis 90/Die Grünen dies gleich ganz besonders hervorheben werden – die Schlie ßung des Flughafens für eine Woche. Das können Sie hoch- oder herunterrechnen wie Sie wollen, das werden Sie durch das Verhältnis der Inco ming-/Outgoing-Zahlen nicht begründen können. Zu dem, was statistisch bleibt, können Sie 15 000 bis 20 000 Übernachtungen hineinrechnen, aber mehr wird Ihnen seriöserweise an der Stelle nicht einfallen können.

Nehmen Sie vor diesem Hintergrund Ihre Ver

antwortung wahr, setzen Sie sich mit den Ursachen auseinander, und gehen Sie nicht einfach darüber hinweg und tun so, als wäre alles in Ordnung!

(Beifall bei der CDU)

Dass das Thema Bremerhaven uns besonders

umtreibt, muss ich, glaube ich, nicht weiter erwäh nen. Das Land hat in den vergangenen 10, 15 Jah ren auch viel Geld in die touristische Infrastruktur des Standorts investiert, und deswegen erfüllt es uns mit besonders großer Sorge, was dort passiert. Das hat natürlich auch etwas damit zu tun, wie der ehemalige Oberbürgermeister Schulz in Alleingän gen mit dem Thema Tourismus umgegangen ist: Er hat in Alleingängen Geschäftsführungen besetzt, in Alleingängen Strukturen versucht umzusetzen, und sein Nachfolger ist an der Stelle nicht besser. Da wird ein Geschäftsführer bestellt, es gibt noch keine richtige Organisation, keine richtige Gesell schaft. Meinen Sie ernsthaft, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass das eine seriöse Struktur politik für einen Standort wie Bremerhaven ist? Wir sind nicht der Meinung. Deswegen muss man da ganz genau hinschauen.

(Beifall bei der CDU)

Was ist zu tun, meine sehr verehrten Damen und

Herren, um eine Kehrtwende zu schaffen, um wie der in eine positive Range hineinzukommen? Wie gesagt, es ist nicht gottgegeben, es fällt nicht wie eine reife Frucht vom Baum, sondern es ist konkre tes Handeln, das dahintersteht. An erster Stelle ist es ein klares Bekenntnis des gesamten Senats zum Tourismus hier in Bremen, auch zu den einzelnen Einrichtungen. Ich sage es ganz deutlich, Frau Lin nert, was aus Ihrem Haus vor zwei Wochen öffentlich kolportiert worden ist, über die Einrichtung, die die meisten Besucherinnen und Besucher in dieser Stadt generiert, ein Insolvenzgerede anzufangen, das ist verantwortungslos.

(Beifall bei der CDU)

So schafft man es nicht, den Standort nach vorn zu bringen!

Ich finde auch – sicherlich haben Sie gute Gründe

dafür gehabt –, dass ein Senator auf der ITB zu sein hat, das ist die wichtigste Leitmesse im Bereich des Tourismus, da wird auch wahrgenommen, wer wie wann wo an der Stelle da ist. Wenn man sich an schaut, welche Vertreter aus anderen Bundesländern und Kommunen in Berlin auf der ITB Flagge gezeigt haben, muss ich sagen, ist das auch ein Signal, das gerade vor dem Hintergrund der schwierigen Situ ation hier deutlich zur Kenntnis genommen wird.

(Beifall bei der CDU)

Der dritte Punkt, den wir für wichtig erachten,

ist, dass man sich Gedanken machen muss, wie die Strukturen im Bereich der Tourismusförderung neu aufgestellt werden. Fakt ist, dass die Neustruktu rierung der WFB mit der Zusammenführung der

Geschäftsfelder gescheitert ist, die vorhandenen Synergieeffekte sind nicht generiert worden. Man stellt sich schon die Frage, was die einzelnen Be reiche zu tun haben, alles das, was an materiellen und an inhaltlichen Effekten erzeugt werden sollte, ist nicht eingetreten. Das hat übrigens der Senator auch schon zugegeben, deswegen müssen wir uns hier nicht noch über irgendwelche Geschichten aus einandersetzen.

Wir schlagen daher vor, dass – wie in anderen

Städten auch – der Bereich des Messe- und Kon gresswesens außerhalb der WFB organisatorisch und auch inhaltlich mit dem Bereich des Tourismus zusammengelegt wird, weil es zusammengehört, meine sehr verehrten Damen und Herren, um auch entsprechend maßgeschneiderte Projekte und Strate gien zu entwickeln. Wir sind auch davon überzeugt, dass es letztendlich zu Synergieeffekten führt und dass man sich dann über den „Rest“ der WFB wei ter Gedanken machen muss, wie er neu aufgestellt wird. Man muss sich auch fragen, wie es mit der Geschäftsführung weitergeht.

Das sind Punkte, wo wir eine klare Stellungnah

me brauchen, wo wir eine klare Strategie benötigen, damit der Tourismus in Bremen und Bremerhaven weiter ein Wachstumsmotor für unsere Region bleibt, damit die Überschrift „Schönes Land, schlechte Bi lanz“ dann auch der Vergangenheit angehört. Ich finde es andersherum besser, schönes Land, schöne Bilanz, weil Bremen und Bremerhaven es verdient haben. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Kottisch.