Protocol of the Session on February 21, 2013

ob allerdings nun aufgrund der Bremer Intervention im Bundesrat ist ungewiss. So sind die Einkommensgrenzen, und Herr Bolayela hat das alles auch schon gesagt, zum Erhalt der Blauen Karte für Mangelberufe bereits gesenkt worden und, wie der Senat auch schreibt, ist den Hochqualifizierten der Weg in die Selbstständigkeit erleichtert worden. Das sind nur zwei Beispiele.

In weiteren Protokollerklärungen fordert Bremen aber auch den Wegfall eines Sprachnachweises, und das ist doch widersprüchlich und unausgegoren. Von Arbeitern verlangen wir gute Sprachkenntnisse, von Akademikern nicht? Der Senat sagt doch sonst immer selbst, dass Sprachkenntnisse eine notwendige Voraussetzung dafür sind, sich in fremden Ländern zurechtzufinden.

In Bremen gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Beratungsstellen, bei denen sich die interessierten Personen informieren können. Die Vielzahl allein ist es aber nicht, und auch das hat der sozialdemokratische Kollege schon gesagt, auch hier gilt Qualität vor Quantität. Auf bremische Verhältnisse abgestimmte Informationsangebote sind sehr zu begrüßen. Drei Ressorts sind daran beteiligt, die Abstimmung sollte dort klappen. Warum die Koalitionäre aber dann Ende letzten Jahres unseren Antrag auf Einrichtung eines Welcome-Centers ablehnten, erschließt sich einem nicht unbedingt,

(Beifall bei der CDU)

wahrscheinlich deshalb, weil die CDU-Fraktion den Antrag eingebracht hat.

Wenn der Senat das Thema richtig angehen will, statt wieder nur Symbolpolitik gegen den Bund zu betreiben, sollte er offensiv prüfen, welche bürokratischen Hürden hier vor Ort abgeschafft werden können und wie man die Beratungsangebote zielgerichtet verbessern kann.

(Beifall bei der CDU)

Unterschiedliche Menschen brauchen unterschiedliche Beratung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist hier von der Koalition schon einiges gesagt worden. Die Bürgerschaft hat den Senat aufgefordert, die Situation ausländischer Hochschulabsolventinnen und -absolventen zu verbessern, weil gerade Menschen ohne deutschen Pass, vor allen Dingen Leute aus sogenannten Nicht-EU-Ländern, die an deutschen Hochschulen studiert haben, ohne jeden Grund bislang gegängelt worden sind. Sie sollen – anders kann man die entsprechenden Regelungen, die es bislang gibt, nicht beschreiben – nach ihrem Abschluss möglichst schnell das Land verlassen. Das finden wir unmöglich, und das finden wir auch absurd.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun gibt es auf Bundesebene einige Verbesserungen. Ausländische Absolventen haben länger Zeit, einen Arbeitsplatz zu finden, und sie können schneller einen Aufenthaltstitel bekommen. Ausländische Studierende dürfen auch länger arbeiten, außerdem wurde die rechtliche Beratung für ausländische Absolventen intensiviert und verbessert.

DIE LINKE erkennt an dieser Stelle an, dass mit der jetzigen Bundesregierung leider nicht mehr zu machen war. Trotzdem reicht uns das nicht, und wir hoffen, dass der Senat hier tatsächlich tut, was er uns versprochen hat. Die Pflicht zu Sprachnachweisen muss wegfallen, das Arbeitsverbot für Studierende muss unserer Meinung nach komplett fallen, und generell finden wir, wer hier studiert hat, der muss hier auch ein Bleiberecht bekommen, und zwar unserer Meinung nach ohne Wenn und Aber. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben eigentlich alles gesagt. Die Bürgerschaft hat am 26. April des letzten Jahres sehr klar definiert, was sie gern im Ausländerrecht ändern will. Es waren vier Punkte gewesen. In diesem Bericht des Senats haben wir das Schicksal und die Weiterentwicklung dieser Forderungen dargelegt.

Ich will nicht sagen, dass wir ganz unglücklich sind, was dabei herausgekommen ist, sondern es war in der Tat so gewesen, dass aufgrund der sehr starken Unterstützung, die wir auch im Bundesrat hatten, durch zahlreiche uns nahestehende Bundesländer ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

eine Reihe von Punkten inzwischen auch verbessert worden ist. Sie haben es erwähnt. Die Zeit ist verlängert worden, in der man sich um einen adäquaten Arbeitsplatz in der Bundesrepublik bemühen kann. Es sind jetzt 18 Monate. Die Bürgerschaft hätte gern zwei Jahre gehabt, aber daran kann man ja noch arbeiten.

Wir haben auch erreicht, dass die Zeit, in der man einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann, nun um 30 Tage verlängert worden ist. Unsere Vorstellung ist das eigentlich nicht, wir hätten auf diese Regelung auch gänzlich verzichten können,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

auch dafür gab es keine Mehrheit.

Zur Angemessenheit der beruflichen Tätigkeit gab es auch Alternativvorschläge, die leider keine Mehrheit im Bundesrat gefunden haben. In der Frage der Mindesteinkommensgrenze haben wir uns auch nicht verständigen können, so ist das Gesetz dann am Ende am 1. August 2012 in Kraft getreten. Ich hoffe, dass zukünftige Bundesratsberatungen noch besser werden. Niedersachsen hat uns dabei gezeigt, wie man das machen kann.

Wir werden auch zukünftig diese neuen Mehrheiten im Bundesrat nutzen, auch an dieser Stelle weiter zu arbeiten. Das ist nur ein Zwischenergebnis. Es gibt im Ausländerrecht so viele Dinge – die doppelte Staatsangehörigkeit, das Optionsmodell und vieles andere – die wir beseitigen werden, wenn zukünftig eine andere Bundesregierung da ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zurück aber zu dem, was wir hier in Bremen machen können! Wir haben zahlreiche Einrichtungen, die sich dieses Themas annehmen. Es ist die Wirtschaft beteiligt, aber natürlich auch die Ressorts Wissenschaft, Bildung, teilweise Inneres, Arbeit, Häfen. Wir haben uns zusammengesetzt mit dem klaren Ziel, dass wir hier ein Projekt organisieren, das in der Tat ein konkretes Informationsangebot macht. Wir haben damit angefangen, dass wir zunächst einmal so etwas wie einen Lagebericht entwerfen, das heißt, wir wollen wissen, wie viele Absolventen es in welchen Fachrichtungen gibt, denn das ist die Grundvoraussetzung, um überhaupt eine vernünftige Beratung zu organisieren. Wenn wir nicht wissen, wer an dieser Universität studiert, dann sind diese Broschüren meistens das Geld nicht wert. Deswegen sind wir daran, und ich verspreche Ihnen, dass wir auch dieses Projekt bis zum Sommer abschließen werden.

Ich denke, dass wir da einen bescheidenen Beitrag für mehr Transparenz und weitergehende Informationen leisten können. Dass wir damit die großen

Fragen der Politik nicht lösen können, da sind wir uns einig, aber wir haben ja erst angefangen. Ich glaube, diese Reform des Ausländerrechts wird nicht die letzte sein. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 18/675, Kenntnis.

Familiengerechte Ausgestaltung des Ehegattennachzugs

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 30. November 2012 (Drucksache 18/678)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Seyrek.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir debattieren heute die Frage, unter welchen Voraussetzungen Ehepartner aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland zu ihrem Ehepartner nachziehen dürfen. Hierbei geht es zum einen um Menschen, die in Deutschland leben, arbeiten, denn die erste Voraussetzung für den Ehegattennachzug ist, dass der Ehepartner, der bereits in Deutschland lebt, den Unterhalt für sich und seinen nachziehenden Ehepartner bestreiten können muss.

Eine weitere Voraussetzung, die wir heute debattieren und mit unserem Antrag kritisieren, ist, dass der nachziehende Ehepartner erst nach Deutschland einreisen darf, wenn er oder sie im Heimatland vorher eine Deutschprüfung abgelegt hat.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Diese Regelung wurde im Jahr 2007 eingeführt, weil man glaubte, hierdurch Zwangsehen verhindern zu können. Die Erreichung dieses Ziels hat sich als nicht nachweisbar erwiesen.

(Beifall bei der SPD)

Von dieser Regelung betroffen sind fast alle NichtEU-Ausländer unabhängig davon, ob in dem Land oder in dem Milieu, aus dem sie kommen, Zwangsehen Realität sind oder nicht. Ausgenommen von der

Regel sind allerdings Ehepartner von bereits in Deutschland lebenden Hochqualifizierten, Selbstständigen, Forschern und bereits langfristig Aufenthaltsberechtigten. Ausgenommen sind auch zuziehende Ehegatten, die selbst über einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss verfügen. Ein Sprachnachweis braucht ebenfalls nicht erbracht zu werden, wenn die Ehepartner zum Beispiel aus Australien, Israel, Japan oder Kanada stammen.

Wir haben es mit einer ziemlich komplizierten Regelung zu tun, die wir heute kritisieren und die ganz bestimmte Menschen betrifft. Es sind überwiegend Menschen betroffen, die aus Ländern kommen, in denen nicht in jedem Ort und nicht in jeder Stadt Deutschkurse angeboten werden, und Menschen, die nicht gerade reich sind, also keine Akademiker, die ja von dieser Voraussetzung ausgenommen sind. Das eigentliche Ziel der Regelung, nämlich Zwangsehen zu verhindern, wurde nicht erreicht, sondern mit der Regelung wurde erreicht, dass es vielen Ehepartnern enorm erschwert wird, zu ihrem Ehepartner nach Deutschland zu ziehen und damit ein ganz normales Familienleben zu führen.

Dies kritisiert auch die EU-Kommission. In einer Stellungnahme der Europäischen Kommission an den Europäischen Gerichtshof aus dem Jahr 2011 hat sie ausgeführt, dass die EU-Mitgliedsstaaten keine zusätzlichen Bedingungen aufstellen dürfen, von denen das Recht auf Familienzusammenführung selbst abhängig gemacht wird.

Wir hier in Europa achten Ehe und Familie. Unser Grundgesetz, die Basis unserer demokratischen Verfassung, schützt in ganz besonderer Weise Ehe und Familie. Mit den aufenthaltsrechtlichen Regelungen zum Ehegattennachzug verletzen wir genau dieses Recht und die Rechte der Menschen,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

die in Deutschland ein gemeinsames Familienleben führen möchten und die nicht das Glück haben, finanziell privilegiert zu sein und aus einer Großstadt zu stammen. Das ist falsch.

In der Türkei zum Beispiel gibt es nur drei Goethe-Institute, an denen die entsprechenden Vorbereitungskurse angeboten werden. Sie können sich selbst ausmalen, was das für Familien bedeutet, die nicht aus einer dieser drei Städte kommen und die über ein durchschnittliches türkisches Einkommen verfügen. Die Teilnahme für ein Familienmitglied an solch einem mehrwöchigen Sprachkurs zu organisieren plus den Aufenthalt in der Großstadt ist ein Aufwand, der für manche Familien unüberwindlich ist. Es gibt eine Vielzahl anderer Länder, in denen es noch viel schwieriger oder sogar unmöglich ist, als normaler Bürger Deutschkenntnisse zu erwerben.

Als Folge dieser gesetzlichen Regelung hat sich gezeigt, dass der Ehegattennachzug in den letzten Jah

ren zurückgegangen ist. Manch einer in Deutschland mag dies begrüßen, wir als SPD-Fraktion tun dies nicht.