Dass es darüber hinaus mit Sicherheit auf Bundesebene andere Initiativen geben muss, das sehen wir genauso, aber wir können uns als Landesparlament nicht der Verpflichtung entziehen, Überlegungen anzustellen, was wir hier ändern können. Wir können uns auch nicht der Verpflichtung entziehen, diese Überlegungen dann auch in die Tat umzusetzen. Genau das tun wir heute, und wir warten ab, was der Staatsgerichtshof sagt, und dann reden wir hier weiter. Sollte der Staatsgerichtshof in unserem Sinne – also im Sinne der drei Fraktionen auf dieser Seite entscheiden –, dann müssen Sie sich dazu auch bekennen, ob Sie das Wahlrecht dann wollen oder nicht.
(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau H ä s l e r [CDU]: Dann können wir das auch machen! – Zuruf von der CDU: Anders- herum aber auch!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich fand es jetzt interessant, als der Kollege Tschöpe die Fragen an den Kollegen Timke gerichtet hat, dass die CDU völlig in Rage gekommen ist.
(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN – Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Er wollte etwas na- helegen, was nicht hierher gehört!)
Die Aufforderung an Herrn Timke zu sagen, was er in der Sache will, ob er will, dass diese Menschen mitwählen können, das ist doch völlig richtig!
Da Sie so reagiert haben, schließe ich meine Frage an, verehrte Kollegen von der CDU: Was ist denn eigentlich Ihre Auffassung? Sie schlagen uns vor, wir sollten den Weg einer Bundesratsinitiative gehen, wohlwissend dass wir das schon zweimal gemacht haben und dass dies keine Chance hatte,
und zwar zuletzt wegen der Zweidrittelmehrheit im Bundestag ohne jede Chance ist. Den Weg schlagen Sie uns vor, ohne zu sagen, dass Sie als CDU Bremen dies unterstützen würden. Herr Röwekamp hat sich gemeldet, ich bin sehr gespannt über eine in der Sache formulierte Aussage: Wollen Sie das in Zukunft, oder wollen Sie das nicht hier in Bremen?
Es ist doch so, dass wir diesen Weg gehen, hat doch damit zu tun, dass wir wissen, dass es eine breite Debatte gibt in der Gesellschaft, in der Politik und unter den Verfassungsrichtern und dass das umstritten ist. Deswegen ist doch der Weg richtig zu sagen, wir beschließen das nicht einfach, und wir schauen einmal, was passiert, und wir warten darauf, dass die CDU eine Anklage erhebt, sondern wir fragen das Gericht gleich. Wir können davon ausgehen, dass das Gericht hier in Bremen möglicherweise diese Frage dann an das Bundesverfassungsgericht weitergibt. Das ist eine Möglichkeit. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht über allem. Das ist nicht irgendeine Instanz, die in den Wolken lebt.
Ja, das ist das Bundesverfassungsgericht, und da gibt es den Bundestag, und dann gibt es uns, das ist ein Gefüge aus politischen Institutionen, die insgesamt unsere Demokratie prägen!
Deswegen ist auch das Bundesverfassungsgericht nicht abgeschnitten von politischen, gesellschaftlichen Debatten und Veränderungen. Deswegen ändern sich Auffassungen, und darauf ist hingewiesen worden, Auffassungen von Verfassungsgerichten ändern sich, haben sich schon immer geändert, und es ist doch auch gut so, dass es so ist.
Sie behaupten, dass das Homogenitätsgebot des Grundgesetzes verletzt würde, dass wir das überhaupt als Land nicht machen dürfen. Darüber gibt es sehr unterschiedliche Meinungen, auch unter Juristen, auch unter Verfassungsrechtlern. Eines ist klar, das Homogenitätsgebot ist keine Uniformität mit dem Grundgesetz. Wäre es das nämlich, dann könnten wir heute Schluss machen mit dem Föderalismus. Es gäbe dann keine Länder mehr, wir könnten den Laden dann schließen. Es ist keine zwanghafte Gleichförmigkeit, sondern es ist die Anforderung, dass wir in bestimmten Grundsachen uns einig sind.
Es ist so, dass jetzt schon das falsch verstandene Homogenitätsgebot aufgehoben wäre, weil wir ja auf kommunaler Ebene diesen Begriff des Volkes gar nicht mehr so anwenden, wie er auf staatlicher Ebene angewandt wird. Das ist mit dem Vertrag von Maastricht – ich sage es noch einmal – einfach erledigt und vorbei. Es gibt nicht die rechtsdogmatische Meinung, die über allem steht. Es gibt auch keinen unveränderlichen Olymp des Bundesverfassungsgerichts, der über allem steht. Das alles sind undemokratische Vorstellungen einer Studentin der Juristerei.
Ich würde gern noch einmal hören von der CDU, wie Sie denn in der Sache zu dem, was wir vorhaben, stehen, nicht über den Weg, darüber kann man unterschiedliche Meinungen haben, aber in der Sache! Vielleicht können Sie sich ja doch noch dann, wenn Sie in der Sache eigentlich dafür sind, dazu entschließen, hier dem ersten Schritt, den wir heute gehen, zuzustimmen. Das wäre dann eine klare Aussage. – Vielen Dank!
lass für meine Wortmeldung war der Wortbeitrag des Herrn Tschöpe, und offensichtlich hatte auch Herr Dr. Kuhn es nicht verstanden. Herr Tschöpe hat gesagt, er unterstellt, dass Herr Timke und damit diejenigen, die aus juristischen Gründen von Ihrer Initiative nichts halten, aus völkischen Gründen dagegen wären.
Sehr geehrter Herr Präsident, für alle Mitglieder der CDU-Bürgerschaftsfraktion verwahre ich mich mit aller Entschiedenheit gegen diese Unterstellung und die damit in Verbindung gebrachte Verbindung
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was ich schon immer sage, jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört!)
von Abgeordneten der CDU-Fraktion und ihrer politischen Überzeugung mit einem der traurigsten Kapitel unserer deutschen Geschichte. Das gehört sich nicht, Herr Tschöpe! Ich erwarte, dass Sie sich dafür entschuldigen!
Zu unterstellen, dass jemand, der ausgehend von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1990 aus rechtlichen Gründen – wie viele andere Juristen in Deutschland im Übrigen auch – gegen Ihre Initiative ist, dem zu unterstellen, das seien nur vorgeschobene Gründe, weil man in Wahrheit aus völkischen Gründen dagegen sei, Herr Tschöpe, das ist wirklich eine Unverfrorenheit und eine Frechheit gegenüber denjenigen, die sich im Parlament um die ernsthafte Debatte Ihres Anliegens bemüht haben. Ich weise das zurück!
dass Teile des Parlaments in dieser Weise in Verbindung gesetzt wurden mit dem traurigen Kapitel des Nationalsozialismus in Deutschland, aus der Zeit stammt Ihre Terminologie nämlich, Herr Tschöpe, und ich finde das unanständig.
Ich kann auch ehrlicherweise Ihre Aufregung nicht verstehen, weil die Position der CDU-Fraktion völlig klar ist. Ich bin sehr darüber verwundert, dass Sie nicht bereit sind, die ausgestreckte Hand, die wir bei
der Einsetzung des Ausschusses und heute übrigens auch durch den Debattenbeitrag von Frau Häsler Ihnen gezeigt haben, für sich zu akzeptieren. Die Position der CDU-Bürgerschaftsfraktion ist völlig klar.
Nun brüllen Sie doch nicht dazwischen! Wenn Sie selbst etwas zu sagen haben, dann melden Sie sich zu Wort, Frau Dogan! Im Moment ist die Rollenverteilung, dass ich rede und Sie zuhören. Wir können das gern tauschen, dann reden Sie, und ich höre Ihnen zu.
Genau, Herr Dr. Güldner, aber es ist auch parlamentarische Gepflogenheit, dass, wenn man eine Frage stellt, man die Antwort abwartet! Das gilt sogar bei uns zu Hause meinen Kindern gegenüber, und ich wäre froh, Sie würden sich auch einmal daran halten!
Die Situation ist wie folgt: Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 1990 – übrigens getragen bis heute, durch alle Kommentatoren, die überwiegende Anzahl, Herrn Dr. Preuß nehme ich einmal außen vor, den kenne ich von meinem Studium an der Universität noch selbst – festgestellt, dass aus dem Grundgesetz sich zwangsläufig ergibt, dass das Wahlrecht eben dem deutschen Volk zusteht. Nun sagen Sie, die Auffassung könnte sich geändert haben, und da sagen wir, wenn Sie dieser Meinung sind, kann das sein, dann prüfen wir dies gern noch einmal beim Bundesverfassungsgericht, ob die Meinung sich geändert hat. Aber deswegen muss sich doch unsere Meinung nicht geändert haben, meine Damen und Herren! Wir bleiben dabei, wir sind der Ansicht, dass das Wahlrecht in Deutschland zu nationalen Parlamenten und zu Länderparlamenten ausschließlich deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zusteht, und das sagen wir nicht aus völkischen Gründen,
sondern weil wir genau wissen, Herr Dr. Kuhn, was sich die Väter des Grundgesetzes nämlich damals dabei gedacht haben.
Das Grundgesetz unterscheidet sehr deutlich zwischen denjenigen Ansprüchen und Rechten, die allen Menschen zustehen, und denjenigen Ansprüchen,