Erst einmal zur interkulturellen Öffnung! In den letzten 20 Jahren ruft übrigens auch Frau Dr. Böhmer, die Migrationsbeauftragte des Bundes, in ihrem Amt, aber auch in vielen Zeitschriften nach interkultureller Öffnung des öffentlichen Dienstes und der Verwaltung. In der letzten Legislaturperiode haben wir auch mit dem Kollegen Bartels
einen Antrag gemeinsam auf den Weg gebracht, dass sich die sozialen Dienste im Bereich der Bildung, aber auch im Bereich der Gesundheit auf die neue Zielgruppe in Deutschland, aber auch in Bremen einstellen müssen. Wir haben immer wieder neue Gruppen, die nach Deutschland kommen oder sich auch an den öffentlichen Dienst wenden, und das Personal muss in der Lage sein, mit diesen Menschen professionell zu kommunizieren. Das ist die interkulturelle Öffnung, und ich verstehe nicht, was Sie dagegen haben!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen –Zu- ruf der Abg. Frau G r o b i e n [CDU]) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Sie können sich melden und auch hier, so, wie es sich gehört, sprechen! Sie müssen ja auch ein Interesse daran haben, wie dieses Bundesgesetz in Bremen umgesetzt wird! Wenn Sie Interesse am Schicksal vieler Menschen haben, die vor Jahren mit ihrer Berufsqualifikation nach Deutschland und nach Bremen gekommen sind und keine Anerkennung bekommen haben, brauchen Sie nur vor dem Bahnhof am Taxistand mit ein paar Taxifahrern zu sprechen. Unter ihnen gibt es beispielsweise einige Iraner mit akademischen Abschlüssen als Ingenieur, Architekt und so weiter, die nun seit einigen Jahren aber nur Taxi fahren. Meine Kollegin Frau Tuchel hat ja auch über ihre eigenen Erfahrungen hier berichtet. Dass diese Menschen endlich die Möglichkeit erhalten, ihre Berufe anerkannt zu bekommen, daran und an den Menschen selbst müssen Sie doch ein Interesse haben. Ferner müssten Sie doch auch ein Interesse daran haben, wie dieses Gesetz hier in Bremen umgesetzt wird. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)
Ich verstehe überhaupt nicht Ihre Haltung. Ich denke, Sie haben hier wie bisher einen großen Fehler gemacht.
Sie verschlafen die Kernfragen im Bereich der Integration: die Integration in den Arbeitsmarkt. Die Anerkennung von Abschlüssen hat ganz stark mit dem Zugang zu einem Arbeitsmarkt zu tun, und hier haben Sie es wieder verschlafen, etwas zu unternehmen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Grobien, Sie haben die Kommunikation zwischen der Fraktion und dem Senat infrage gestellt, aber darum geht es gar nicht. In diesem Antrag geht es nicht darum, wie die Fraktion und der Senat miteinander kommunizieren, es geht um die Verbesserung der beruflichen Integration, die Verbesserung der brachliegenden Potenziale sowie um das Know-how von Zugewanderten, das überhaupt nicht in Anspruch genommen wird. Es geht darum, dass die Menschen sich hier finden.
Ihre Fragen weisen ganz klares Unwissen und Inkompetenz in dieser Fragestellung auf, das wundert mich aber gar nicht. Was ich aber noch einmal be
stätigt bekommen habe, ist, dass die Kommunikation innerhalb der CDU-Fraktion gar nicht läuft. Sie wissen ja, dass Sie eine fachlich kompetente Person haben, das ist Herr Strohmann, der Aussiedlerbeauftragte,
der sich zu den Migranten, gerade im Wahlkampf, stellt und sagt, jawohl, wir sind für die bessere Anerkennung, und nun, dann fragen Sie ihn bitte. Was Sie uns hier geboten haben, ist nichts anderes, als dass Sie gelesen haben. Sie haben etwas gelesen und nehmen an, dass es funktioniert. Sie können das natürlich sehr gut lesen, das haben Sie uns bewiesen, aber das ist weit weg von der Praxis. Wir setzen die Schwerpunkte bei der praktischen Umsetzung, wir sind bei den Menschen. An dieser Stelle unterscheiden wir uns sehr voneinander, und das ist gut so! – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir unterhalten uns über ein Gesetz, das einen sperrigen Namen hat: Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz, abgekürzt BQFG. Die Formulierung Anerkennungsgesetz suggeriert etwas, das das Gesetz nicht vollständig wiedergibt, das muss man hier so sagen.
Es geht letztlich um die Verbesserung der Feststellung und Anerkennung, aber eigentlich mehr um die Verfahrensverbesserung als um eine Ausweitung von Anerkennung. Ich will das im Einzelnen darlegen, wobei wir sicherlich alle das Ziel, Anerkennung von beruflichen Qualifikationen ausländischer Bewerberinnen und Bewerber künftig deutlich schneller, unbürokratischer und serviceorientierter wahrzunehmen, unterschreiben können. Ich glaube, dort unterscheiden wir uns nicht unter den Fraktionen.
Dieses Gesetz eröffnet immerhin, das ist schon gesagt worden, allen Bewerberinnen und Bewerbern einen Anspruch, und zwar unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und der Herkunft des Zeugnisses. Ich glaube, das ist besonders wichtig. Wie weitgehend der gesetzgeberische Wille dabei ist, sei vielleicht dadurch verdeutlicht, dass in dem Gesetz eine Genehmigungsfiktion vorgesehen ist, nach der eine Anerkennung als genehmigt gelten soll, falls der An
trag nicht innerhalb einer Dreimonatsfrist bearbeitet wird. Das ist ein erheblicher Druck, der dabei auf die Verwaltung entsteht, und ich will nicht verhehlen zu sagen, dass dies vermutlich auch mehr Stellen erfordern wird, wenn man in dieser Geschwindigkeit arbeiten will, weil der Antragsdruck, gerade zum Beispiel im medizinischen Bereich, in letzter Zeit sehr steigt.
Damit werden hohe Ansprüche an die Verwaltung gestellt. So soll einerseits dem sich abzeichnenden und in einigen Branchen schon realen Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Andererseits, es ist soeben schon gesagt worden, soll vor allem auch eine Erleichterung der gesellschaftlichen Integration von ausländischen Menschen möglich werden.
Zu den bundesrechtlich geregelten Berufen! Das ist hier im Augenblick, glaube ich, sehr unterschiedlich dargestellt worden, ich möchte das noch einmal klarstellen: Für bundesrechtlich geregelte Berufe, das sind alle des dualen Ausbildungssystems, gilt für die Antragsstellerinnen und -steller ab dem 1. April unmittelbar dieses Gesetz.
Für Antragstellerinnen und -steller mit ausländischen Berufsqualifikationen, die auf landesrechtlich geregelte Berufe zu beziehen sind, werden wir deren Rechtsanspruch durch eine entsprechende Landesgesetzgebung herstellen müssen. Hierfür liegt eine in der Kultusministerkonferenz koordinierte und abgestimmte Musterregelung für ein Landesanerkennungsgesetz vor. Warum? Weil wir die Gewähr einer gemeinsamen Umsetzung in den Ländern bieten wollen, sodass die Anerkennungsgrundsätze nicht in einem Land anders sind als in einem anderen. Dies würde nämlich keinen Sinn machen, weil damit dann die Mobilität nicht gegeben wäre.
Die Agenda auf der Ebene der Kultusministerkonferenz ist jedoch um einiges umfassender. Hier gilt es, darauf hinzuwirken, dass eine in einem Land erfolgte Anerkennung auch für die übrigen 15 Länder gilt. Das macht zugleich aber natürlich auch Schwierigkeiten, weil damit die Ansprüche in den Ländern miteinander abzugleichen sind und zu einer Einigkeit gekommen werden muss.
Es geht also darum, möglichst viele Anerkennungen möglichst gebündelt laufen zu lassen, was ich sehr begrüße, weil wir damit nämlich das aus den Ländern herausgeben wollen in die Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen, die es bereits seit Langem gibt und die meines Erachtens eine Vielzahl dieser Anerkennungsverfahren machen sollte. Das wird uns als Länder wahrscheinlich auch einiges kosten, weil auch dort die Personalkosten dann aufgestockt werden müssen, wenn man die Dreimonatsfrist einhalten will. Aber dort ist das Know-how für die ungeheuer komplizierten Anerkennungsverfahren.
Es ist ja nicht so, aber leicht gefordert, dass das Personal sprachlich, kulturell sensibel und so weiter, das Ganze bearbeiten kann. Wenn man sich die
Zeugnisse ansieht, häufig in der Originalsprache, Übersetzungen werden benötigt, und vieles andere mehr, ein kommunikatives Verfahren, dann ist das bei vielen Einzelverfahren für Beamte fast nicht zu leisten. Es ist gut, wenn es Spezialisten sind und sie sozusagen in der Zentralstelle sitzen, sodass nicht jeder in jedem Land 16-mal sich das Ganze bei jedem Zeugnis aneignen muss. Das, glaube ich, macht Sinn, und deshalb wollen wir, dass möglichst viel in die Zentralstelle hineingeht und dass dort auch ein Service im Sinne von Lotsen entsteht, sodass man auch den Menschen die Eintrittsschwelle möglichst senkt, denn es spielen ja vielfach auch Ängste eine Rolle, an die Verwaltung heranzutreten. Manchmal fühlen sich die Antragssteller auch ohnmächtig gegenüber der Verwaltung – ich erhalte manchmal solche Briefe –, sodass es auch der Ansprache bedarf.
In Bremen arbeiten wir ressortübergreifend an der Umsetzung des Bundesgesetzes in Landesrecht. Die Federführung hat mein Ressort, beteiligt sind die Senatskanzlei, das Justizressort sowie das Ressort Wirtschaft, Arbeit, Häfen. Am 24. Februar 2012 hat sich die ressortübergreifende Arbeitsgruppe konstituiert und einen Zeit- und Maßnahmenplan erarbeitet, dessen Umsetzung koordiniert und gesteuert wird. Am 13. April werden wir einen Informationstag veranstalten, und zwar das IQ Netzwerk Bremen, Integration durch Qualifizierung, in einem Projekt in Kooperation dieser Ressorts. „Mehr Anerkennung ermöglichen!“, unter diesem Titel soll das Ganze stattfinden. Das Förderprogramm Integration durch Qualifizierung ist unter anderem dafür zuständig, die Umsetzung des Gesetzes zu begleiten.
Das IQ Netzwerk ist in Bremen – Träger ist das Paritätische Bildungswerk – eine Kooperation mit dem Arbeitsressort eingegangen, das für den Aufbau einer trägerunabhängigen Weiterbildungsberatung, angesiedelt in der Arbeitnehmerkammer und der Handelskammer, verantwortlich ist. Diese Bremer Weiterbildungsberatung wird am 1. April 2012 ihre Tätigkeit als Lotsendienst bei Anerkennungsfragen aufnehmen. Sie sehen, wir sind bereits auf dem Weg.
Die in dem vorliegenden Antrag formulierten qualitativen Merkmale benennen alle wichtigen Rahmenbedingungen, die wir hoffentlich gemeinsam auch verwirklichen können, damit wir ein gutes Stück mit diesem Gesetz und vor allem auch mit einem Landesgesetz vorankommen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht ganz schnell, zwei Sätze! Es freut mich, von der Senato
rin zu hören, dass es schon eine Lenkungsgruppe und ein Verfahren gibt, wie das Gesetz hier in Bremen zu behandeln ist. Ich möchte aber Frau Dr. Mohammadzadeh und Frau Tuchel noch einmal eben sagen, Sie haben mich vielleicht nicht richtig verstanden.
Ich gehe natürlich davon aus, dass das Personal hier interkulturell geschult ist, dass wir dort schon einen guten Weg vorangekommen sind und wir einfach schlichtweg gegen solche Show-Anträge sind. – Vielen Dank!
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau D r. M o - h a m m a d z a d e h [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist kein Show-Antrag!)
Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/243 – Neufassung der Drucksache 18/230 – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!