Im Jahr 2003 wurden – im Haushaltsdeutsch heißt das immer so schön Vollzeitäquivalente – 64 Vollzeitäquivalente abgebaut, es gab dann Neueinstellungen, aber im Jahr 2007, zum Ende der Großen Koalition, gab es in Bremen nur noch ungefähr 2 500 vollzeitäquivalente Stellen, das sind 135 weniger als im Jahr 2002. Wenn man sich diese Statistiken weiter anschaut, dann kann man feststellen, dass unter dem rot-grünen Senat die Zahl der Einstellungen erst einmal wieder anstieg, aber natürlich auch – das muss man zugeben – mittlerweile wieder abgesenkt worden ist. Da muss man sich die Probleme einmal genau anschauen. Die Probleme sind die abgesenkten Einstellungszahlen, vor allem aber auch die Überalterung und, das hat Herr Hinners richtig gesagt, die enorm hohe Anzahl der Überstunden. Die Anzahl von 280 000 Überstunden im Bundesland Bremen entspricht ungefähr der Anzahl der Überstunden, die im Flächenland Schleswig-Holstein anfallen. Das ist natürlich dramatisch, weil das zu einer enormen Arbeitsverdichtung und Überlastung der Beamten führt. Die Altersstruktur macht mir da auch einige Sorgen, weil die Anzahl der Beamten, die über 40 Jahre alt sind, ganz eindeutig überwiegt. Ich glaube, hier kann man auch etwas machen, denn nach Aussagen der Gewerkschaft der Polizei sind es immer noch jährlich 3 000 Anwärter und Anwärterinnen, die zu den Einstellungstests im Land Bremen kommen, davon kommen 96 Prozent nicht aus dem Bundesland Bremen, sondern aus anderen Bundesländern. Die Befürchtung, die die Polizei und auch die Gewerkschaft der Polizei hier haben, ist allerdings, dass die interessierten guten Anwärter bald wegbleiben, weil sich die Bedingungen in Bremen einfach verschlechtern. Deswegen wäre es eine sinnvolle Forderung, mehr Anwärter einzustellen und die Anwärterbesoldung nicht zu senken.
In der Tatortgruppe, das ist auch erwähnt worden, waren bislang zwölf Beamte und Beamtinnen, in Hannover, das ist auch ein interessanter Vergleich, sind es 52. Natürlich ist das nicht richtig, denn Beamte müssen teilweise allein zum Tatort, das finden sie selbst hochproblematisch, weil das Vier-AugenPrinzip dann nicht gewährleistet ist.
Jetzt habe ich mir den Senatsbeschluss angeschaut, dass eine zweite Tatortgruppe mit sechs zusätzlichen Beamten eingerichtet werden soll. Ich glaube, dass dies das Problem der Überlastung der Polizei nicht richtig löst, weil diese Umschichtung – das geht ja auch aus der Senatsvorlage hervor – zulasten anderer Bereiche in der Polizei geht.
Daher ist das immer sehr interessant, was Sie hier fordern, Herr Hinners, weil Sie hier in Bremen immer öffentlich verlautbaren, dieser Senat würde zu wenig sparen. Immer dann aber, wenn es darum geht, wie man in Problemsituationen konkret Abhilfe leisten könnte, nämlich in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes mehr Leute einzustellen, dann fordern Sie das auch. Dann müssen Sie aber auch konsequenterweise an dieser Stelle sagen, dass Sie den Weg mit uns gehen, und sagen, diese Schuldenbremse wird uns im öffentlichen Dienst wirklich große Probleme bereiten, wir merken es an allen Ecken und Enden.
Ich denke, immer nur einfach zu fordern, mehr Lehrer, mehr Erzieherinnen, mehr Polizisten, mehr Feuerwehrbeamte einzustellen – das ist richtig, das tun wir auch! –, dazu muss man aber auch fair sagen, das geht nicht, so wie Sie das machen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senkal, wenn Sie hier stolz verkünden, dass sich die Zahl der Autodiebstähle oder Autoaufbrüche in den letzten Jahren halbiert hat, dann sollten Sie so fair sein und auch erwähnen, dass das wohl weniger der guten Arbeit des rot-grünen Senats geschuldet ist, sondern viel mehr der Tatsache, dass die Autohersteller die technischen Sicherungsmaßnahmen in den Fahrzeugen in den letzten Jahren deutlich verbessert haben.
Herr Fecker, es ist ja schön, dass Sie die Bürgerinnen und Bürger hier auffordern, die Telefonnummer 110 zu wählen, wenn es Straftaten zu melden gibt. Das Problem ist nicht, dass die Menschen in Bremen und Bremerhaven nicht den Notruf wählen, das Problem ist, meine Damen und Herren, dass, wenn sie den Notruf wählen, nicht sichergestellt ist, dass die Polizei aufgrund der angespannten Personalsituation auch innerhalb von acht Minuten am Einsatzort ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
eintrifft. Das ist ja seinerzeit mit der Polizeireform festgelegt worden, und mittlerweile wissen wir, dass diese acht Minuten in vielen Fällen bereits überschritten wurden.
Meine Damen und Herren, Bremen ist die Einbruchshochburg Deutschlands. In der Hansestadt wird alle drei Stunden eine Wohnung oder ein Haus von Einbrechern heimgesucht. Insgesamt waren das 2 772 Taten im vergangenen Jahr, das ist eine Steigerung um satte 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Aufklärungsquote ist bei Wohnungseinbrüchen hingegen verschwindend gering, nur jeder zehnte unerwünschte Eindringling wird auch gefasst.
Auch in Bremerhaven ist die Lage nicht besser, dort haben Langfinger im vergangenen Jahr 635 Wohnungen und Häuser aufgebrochen, hinzu kommen unzählige Einbrüche in Büros, Gaststätten, Warenhäuser, Lauben oder Kellerräume.
Nicht nur die massive Zunahme von Einbrüchen verängstigt die Menschen in unserem Bundesland, auch die Anzahl von Raubüberfällen ist deutlich angestiegen. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Polizei allein in Bremen 1 010 Raubtaten, das ist der höchste Wert der letzten drei Jahre. Trauriger Höhepunkt – das ist hier heute bereits mehrfach angesprochen worden – ist der Überfall auf ein Altenheim vor zwei Wochen in Bremen-Nord, bei dem zwei Pflegerinnen brutal niedergeschlagen und verletzt wurden.
Meine Damen und Herren, nicht einmal jede zweite Straftat in Bremen und Bremerhaven wird aufgeklärt, der größere Teil bleibt damit ungesühnt. Mit dieser Aufklärungsquote können wir uns nun wirklich nicht rühmen. Aufgrund dieser negativen Entwicklung hat der rot-grüne Senat am 13. März dieses Jahres reagiert und einen Maßnahmenkatalog vorgestellt, dessen Umsetzung zu einer Entschärfung der katastrophalen Personalsituation bei der Polizei führen soll. Das ist auch dringend notwendig, denn gerade die Tatortgruppe der Bremer Polizei ist personell nicht mehr in der Lage, die täglich registrierten Wohnungseinbrüche zeitnah und umfassend zu untersuchen und Täterspuren zu sichern.
Ich möchte kurz auf den Personalkatalog des Senats eingehen und mit dem Positiven beginnen, denn es gibt darin auch sicher etwas Positives, Herr Senkal.
Die Bereitstellung von 100 000 Euro zur Anschaffung zusätzlicher Auswertungs- und Analysetechnik bei der Polizei begrüßen wir Bürger in Wut. Zusätzliche Technik kann sicherlich zur Verbesserung der Aufklärungsquote beitragen. Wir freuen uns auch, dass der Senat die seinerzeit sehr erfolgreiche flexible Ermittlungsgruppe wieder einrichten und mit fünf Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten besetzen wird. Die Einstellung von insgesamt zehn zusätzlichen Angestellten zur Unterstützung der Ermittler unterstützen wir ebenfalls, wenngleich es nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann.
Was mir allerdings fehlt, ist ein langfristiges Konzept zur Kriminalitätsbekämpfung in Bremen. Nur zehn weitere Angestellte einzustellen oder 15 Beamte intern umzusetzen, wie das Papier ja auch noch vorsieht, die in anderen Bereichen aber dann natürlich wieder fehlen, das, meine Damen und Herren, ist Flickschusterei. Damit werden Sie vielleicht kurzfristig einen leichten Rückgang der Einbruchszahlen erreichen, aber auf keinen Fall eine langfristige Senkung der allgemeinen Kriminalitätsbelastung herbeiführen.
Das Thema innere Sicherheit ist in den letzten Jahren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sehr stiefmütterlich behandelt worden. Die Prioritätensetzung des Senats war falsch, und das vor dem Hintergrund einer hohen Kriminalitätsbelastung, die ja nicht erst seit der Vorlage der polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2011 existiert. Die Einbruchskriminalität ist in dieser Stadt schon seit mehr als zwei Jahren ein Dauerbrenner, und jetzt – nach zwei Jahren – reagiert man endlich mit einer geringen Personalverstärkung in Form von zusätzlichen Einstellungen sowie mit der Umsetzung von Beamten.
Der rot-grüne Senat will in den nächsten drei Jahren 128 Auszubildende bei der Polizei einstellen. Angesichts der Kriminalitätsentwicklung, die in der kürzlich erschienenen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik offenkundig wird, hätte ich vom rot-grünen Senat und vor allem von Ihnen, Herr Innensenator Mäurer, erwartet, dass er diese Einstellungszahlen deutlich nach oben korrigiert, denn die derzeitige Zahl deckt gerade einmal die Abgänge durch Pensionierung. Eine Aufstockung der Ausbildungsplätze wird von SPD und Bündnis 90/Die Grünen aber immer wieder mit dem Hinweis auf die angespannte Haushaltslage abgelehnt. Da sind wir wieder bei der Prioritätensetzung: Wenn die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in dieser Stadt vom rot-grünen Senat nicht endlich zu einer Priorität erklärt wird, dann müssen wir uns über eine weitere Zunahme der Kriminalität in Bremen und Bremerhaven nicht wundern.
Mit der Priorität meine ich die Schaffung eines Gesamtkonzepts, das sich mit der Frage beschäftigt, wie man in dieser Stadt mit der hohen Kriminalitätsentwicklung zukünftig umgehen will, ein Konzept, das Rot-Grün vorzulegen hat, denn alles das, was Sie bis jetzt vorgelegt haben, war nicht zielführend. Dieses Konzept muss natürlich auch eine deutliche Aufstockung der Einstellungszahlen bei der Polizei beinhalten.
Wenn der Senat nicht den Mut hat, diese Neueinstellungen durch Umschichtungen im Haushalt zu finanzieren, dann haben Sie wenigstens den Mut, endlich Ausrichter kommerzieller Großveranstaltungen, wie zum Beispiel Fußballspiele oder Rockkonzerte, an den Polizeikosten zu beteiligen, so wie wir Bürger in Wut es schon lange fordern! Es ist einfach nicht mehr hinnehmbar, dass die Veranstaltungen mit
ihren Events immense Gewinne erwirtschaften, die Allgemeinheit aber auf den Polizeikosten sitzenbleibt.
In Schweden ist man seit Kurzem dazu übergegangen, Veranstalter kommerzieller Events an den entstandenen Polizeikosten zu beteiligen. Dort zahlen die Ausrichter von Veranstaltungen ein Viertel der Kosten; mit diesem Geld werden neue Polizeibeamte eingestellt. Ich denke, das ist auch der richtige Weg, und es wäre ein gutes Modell für Bremen und Bremerhaven. – Ich bedanke mich!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will auch noch einen Blick, wie Herr Fecker es auch schon getan hat, auf die Justiz werfen und dann zu dem, was die Vorredner gesagt haben, überleiten. Im Übrigen waren es aus meiner Sicht sogar ein paar mehr, Frau Vogt!
Wenn wir uns die Verurteilungsquote bei Jugendlichen in Bremen anschauen, wird für den einen oder anderen klar, dass wir bei der justiziellen Behandlung von Straftätern möglicherweise ein Vollzugsdefizit haben. Wir haben nämlich bei den Jugendlichen in Bremen eine Verurteilungsquote von 15 Prozent – darauf ist mehrfach in der Bürgerschaft hingewiesen worden –, während wir im Bundesdurchschnitt eine Verurteilungsquote von 45 Prozent haben.
Nun gibt es aus Sicht der Jugendrichter vielleicht in sozialer und erzieherischer Hinsicht durchaus Gründe, diese geringe Verurteilungsquote zu rechtfertigen. Aber wir haben ein großes Problem, denn bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr können wir eben auf Verurteilungen nicht zurückgreifen, und damit haben wir immer wiederkehrend das Problem, dass Wiederholungsgefahr bei der Begründung von Haftbefehlen nicht anerkannt wird.
Heranwachsende, Herr Tschöpe, Heranwachsende! – von vier Tätern überfallen und gefesselt worden ist, ich will hier die Einzelheiten gar nicht wiederholen.
(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Das ist auch besser!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Ach, Herr Pohlmann, für manche wäre es vielleicht ganz wichtig, einmal zuzuhören! (Beifall bei der CDU)
In diesem Fall ist eines wichtig: Diese vier Täter sind – das haben wir hier in der Bürgerschaft auch schon einmal behandelt – nach der Tat mangels Haftgründen entlassen worden! Einer dieser vier Täter hat kurz danach in einem anderen Bundesland einen weiteren Raubüberfall begangen. Was glauben Sie, ist passiert? Er ist dort in Haft genommen worden, obwohl keine weitere Verurteilung zwischendurch stattgefunden hat. Es haben also die gleichen Haftgründe, die wir hier in Bremen zu beurteilen hatten, auch in dem anderen Bundesland vorgelegen, und dort ist ein Haftbefehl ergangen. Das nur dazu!
Jetzt möchte ich aber noch auf das, was Herr Kollege Senkal gesagt hat, eingehen. Herr Kollege Senkal, Sie haben deutlich darauf hingewiesen, dass die sozial schwachen Stadtteile betroffen sind, das ist richtig. Frau Vogt hat auch gesagt, dass es in Gröpelingen sehr viele Einbrüche gibt. Wer ist eigentlich seit 65 Jahren in dieser Stadt für die soziale Gerechtigkeit zuständig?
Wer ist dafür zuständig oder behauptet zumindest, dafür zuständig zu sein, diese soziale Gerechtigkeit in Bremen zu verbessern? Jetzt kommen Sie und sagen, in den sozial benachteiligten Stadtteilen wird permanent eingebrochen.
(Beifall bei der CDU – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das wäre ja alles viel besser, wenn wir die Gewoba verkauft hätten!)
Ganz offensichtlich, Herr Tschöpe, waren Sie eben nicht in der Lage, genau das, was Sie propagieren, auch zu erreichen. Vielleicht sollten Sie sich darüber einmal Gedanken machen!
Dann haben Sie hier die Personalsituation mehrfach angesprochen, Herr Senkal, Sie haben gesagt, es wird eine Verstärkung stattfinden.
Nein, es ist eine Umschichtung, es ist keine Verstärkung! Diese 15 Beamten, die zukünftig zusätzlich in diesem Bereich arbeiten sollen, werden aus anderen Bereichen der Kriminalpolizei abgezogen mit der Konsequenz, dass beispielsweise im Bereich Betrug schon jetzt bei Schäden unter 500 Euro keine Sachbearbeitung mehr stattfindet,
dass in Zukunft auch weitere Straftaten nur noch verwaltet werden. Man muss der Bevölkerung der Fairness halber auch sagen, welche Konsequenzen es hat. Das verstehe ich absolut nicht, ich bin einmal gespannt, was der Senator für Inneres gleich dazu sagen wird.
Herr Fecker, wenn Sie hier von Kontrolldelikten sprechen, dann müssen Sie aber auch sagen, dass wir, wenn an der Stelle nicht mehr kontrolliert wird, natürlich in der Statistik auch keine Taten mehr haben, das ist richtig, nur ist eben gerade im Bereich der Drogenkriminalität ein typisches Kontrolldelikt angesiedelt.
Es wurde möglicherweise viel kontrolliert, wenn wir dort eine Steigerung haben. Das gilt es zu analysieren, ob es so ist oder ob es an anderen Dingen liegt, beispielsweise weil der Markt mit Drogen überschwemmt wird. Aber zu sagen, wir wollen an der Stelle möglicherweise – wie es in der Innendeputation gesagt worden ist – die Kontrolldichte verringern, ist ein völlig falsches Argument. Frau Vogt, Sie haben danach gefragt, woher ich das eigentlich weiß.
Nein, ich kann Ihnen sagen, woher ich es weiß! Am 25. Mai 2010 hat der Senat auf Anfrage der CDU mitgeteilt, dass der größte Teil der Straftaten im Bereich der Einbrüche von Drogenabhängigen begangen wird.