Protocol of the Session on February 22, 2012

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Mäurer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3: Im genannten Zeitraum hat die Feuerwehr Bremen 15 Fahrzeuge und die Feuerwehr Bremerhaven drei Fahrzeuge von diesen Herstellern erworben. Es wurden Rüstwagen, Löschfahrzeuge und Hilfeleistungslöschfahrzeuge erworben.

Derzeit wird zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den am Kartellverfahren beteiligten Unternehmen verhandelt. Ziel ist eine außergerichtliche Streitbeilegung. Ein Gutachter wurde beauftragt, den möglichen Schaden zu ermitteln. Die Feuerwehr Bremen ist diesem Verfahren beigetreten.

Über das Vermögen eines weiteren Herstellers wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Mögliche Schadensersatzforderungen Bremens wurden dabei angemeldet. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Kollege, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, wird bei der Beschaffung dieser Löschgruppenfahrzeuge europaweit ausgeschrieben, und wie kann nach Ihrer Meinung dieser Schwindel irgendwie bekämpft werden?

Bitte, Herr Senator!

Ja, wir haben es in der Tat mit einem gravierenden Problem zu tun. Es ist wohl so gewesen, dass die drei großen Hersteller von Löschfahrzeugen über viele Jahre, mindestens seit 2001, abgesprochen haben, wer im Norden und wer im Süden den Handel betreibt. Das Bundeskartellamt hat sich diese Unternehmen vorgenommen und – Sie

haben es angesprochen – Bußgelder in Höhe von 20,5 Millionen Euro verhängt. Das ist eine ganz ordentliche Summe. Ein Unternehmen ist bereits in Insolvenz gegangen. Von dort werden wir kein Geld mehr bekommen. Wie gesagt, es ist ein Problem, das viele Kommunen, kommunale Träger trifft. Wir haben uns deswegen auch im Deutschen Städtetag zusammengetan, einen Gutachter beauftragt, der da nun versuchen wird, die Schadenshöhe zu ermitteln, denn das ist gar nicht so einfach. Ich hoffe, dass ein aufmerksames Kartellamt zukünftig frühzeitiger vielleicht solche Absprachen unterbindet. Es ist ein Problem, das wir natürlich weder aus Bremerhavener Sicht – sie sind als Kommune ja auch betroffen – noch aus Bremer Sicht maßgeblich verändern können. Wir schreiben aus, und wenn die Hersteller sich so organisieren, wie das hier geschehen ist, dann haben wir schlechte Karten.

Herr Kollege, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Eine Frage haben Sie nicht beantwortet, und zwar ob europaweit ausgeschrieben wird?

Bitte, Herr Senator!

Davon gehe ich aus.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Mit der Beantwortung dieser Anfrage ist die Fragestunde beendet. Bevor ich die Aktuelle Stunde aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Klasse 9 b der Edith-Stein-Schule aus Bremerhaven begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Des Weiteren möchte ich eine kleine Gruppe des Deutsch-Syrischen Forum e. V. begrüßen, die vermutlich zu dieser Aktuellen Stunde heute bei uns zu Gast ist. Auch Sie seien herzlich willkommen!

(Beifall)

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde ist von den Abgeordneten Dr. Kuhn, Frau Dr. Schaefer, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und den Abgeordneten Frau Hiller, Tschöpe und Fraktion der SPD folgendes Thema beantragt worden:

„Gewalt in Syrien stoppen – Demokratiebewegung unterstützen“.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Freunde vom Deutsch-Syrischen Forum! Ich denke, wir kennen alle die unscharfen und zittrigen Bilder, die uns in diesen Wochen aus Syrien erreichen, meistens aufgenommen mit Mobiltelefonen, dann ins Netz gestellt, oft unter Lebensgefahr, und es gibt mehrere Fälle, in denen es offensichtlich das letzte Bild war, das schon den Scharfschützen mit dem Gewehr im Anschlag zeigt. Diese Bilder zeigen uns täglich aus vielen syrischen Orten, inzwischen auch aus der Hauptstadt Damaskus, friedliche Versammlungen, Demonstrationen und Trauermärsche. Sie zeigen Schüsse in die Menge, verletzte, tote Frauen und Kinder, Männer, Panzer und Artillerie, die gegen Wohnviertel, Krankenhäuser und Moscheen vorrücken. Sie zeigen die Trauer und die Verzweiflung der Menschen, aber auch eine große Entschlossenheit, Zuversicht und einen unglaublichen Mut.

Wo und wann diese Bilder im Einzelnen aufgenommen wurden, lässt sich in der Regel gar nicht eindeutig sagen, denn eine freie und unabhängige Berichterstattung aus dem Land gibt es gegenwärtig nicht, aber sie alle zusammen und die vielen Berichte der Tausend Flüchtlinge in den Nachbarländern geben insgesamt ein ganz klares und unbezweifelbares Bild: Das syrische Assad-Regime führt Krieg gegen das eigene Volk. Es führt diesen Krieg, um seine Privilegien, seine Alleinherrschaft zu sichern, gegen die Bewegung der Frauen und Männer, der Menschen in Syrien, die ihm das streitig machen, indem sie eintreten für die elementaren Menschenrechte, für die Freiheit der Meinung, der Versammlung, für politische Betätigung, gegen Ungerechtigkeit, Unterdrückung durch den Apparat und politische Willkür.

Dafür gehen die Menschen in Syrien nun seit elf Monaten auf die Straße, wie sie es zuvor in Tunesien, in Ägypten, in Libyen und im Jemen getan haben. Sie tun es, wie wir täglich sehen können, wirklich unter Einsatz ihres Lebens.

Ich finde, meine Damen und Herren – und das ist der Zweck und der Vorschlag dieser Aktuellen Stunde –, es ist unsere Pflicht und unsere Verantwortung, dass wir unsere Solidarität mit dem syrischen Volk deutlich erklären und dass wir alles Mögliche tun, um zu helfen und zu unterstützen. Die Gewalt dieses Regimes muss ein Ende haben. Mit Assad wird es keine Zukunft in Syrien geben.

(Beifall)

Was können wir hier zur Unterstützung tun? Wir können dazu beitragen, dass die syrische Demokratiebewegung wie heute in Deutschland Aufmerksamkeit und Gehör findet. Wir können dafür sorgen,

dass gegenwärtig niemand nach Syrien abgeschoben wird. (Beifall)

In Bremen geschieht das nicht, aber in Niedersachsen wird gegen eine solche Abschiebung zu dieser Stunde demonstriert. Wir müssen alles dafür tun, dass die Frauen und Männer aus Syrien, die bei uns leben und hier für die Demokratiebewegung dort eintreten, wirksam gegen Angriffe der syrischen Geheimpolizei und andere Handlanger des Regimes geschützt werden. Das hat es in Deutschland ja leider auch schon gegeben. Wir müssen, so finde ich, auch den Studierenden aus Syrien helfen, denen das staatliche Stipendium gestrichen worden ist, weil sie hier die Demokratiebewegung unterstützen, und die jetzt oft nicht wissen, wie es mit ihrem Studium in Bremen überhaupt weitergehen kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir müssen ganz praktisch, dafür gibt es auch Vorstellungen und Ideen, die syrische Demokratiebewegung unterstützen, indem wir den Bürgerkomitees, die sich jetzt dort bilden, ganz kleine lokale Graswurzelbewegungen, finanzielle Hilfe zukommen lassen, die sie vor allen Dingen für die lebensnotwendige Kommunikation untereinander, mit ihren Flüchtlingen in den Nachbarländern und auch hier mit den Freunden im Ausland so dringend brauchen. Eine solche Initiative gibt es auch in Deutschland, zum Beispiel unter dem Namen Adopt a Revolution. Sie vermittelt eine Art Partnerschaft zu Bürgerkomitees in Syrien, und auch eine Gruppe in Bremen engagiert sich hier bereits, und einige dieser Menschen sind heute ja auch hier anwesend.

Wir müssen uns aber auch ehrlich fragen: Kann das alles etwas Ernsthaftes bewirken? Kann das wirklich die Gewalt, die wir täglich sehen, des AssadRegimes einschränken oder beenden? Kann es die Menschen schützen?

In den letzten 20 Jahren ist in der internationalen Gemeinschaft ein völkerrechtliches Prinzip neu entwickelt und definiert worden. Man sagt dazu Responsibility to Protect, also die Schutzverantwortung. Seit der UN-Vollversammlung 2005 ist sie anerkannt und auch vom Sicherheitsrat als verbindliches Prinzip beschlossen. Sie geht davon aus, dass der eigentliche Inhalt, der Zweck eines Staates, seiner Souveränität gerade darin besteht, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen, und dass, wenn ein Staat sich schwere Menschenrechtsverletzungen zuschulden kommen lässt, dann die Verpflichtung zum Schutz der Menschen auch bei der Internationalen Gemeinschaft liegt, in festgelegten Verfahren, in dessen Zentrum natürlich der UN-Sicherheitsrat steht.

Der Sicherheitsrat hat nun versucht, dieser Verpflichtung durch Verurteilung des Assad-Regimes und

die Verhängung von scharfen Sanktionen nachzukommen. Man kann dabei nicht genug die Tatsache würdigen, dass diese Initiative vor allen Dingen von den arabischen Ländern selbst und von der Türkei ausgegangen ist. Umso mehr ist es wirklich eine Schande, dass Russland und China durch ihr Veto jeden Versuch wirksamen Handelns verhindert haben und Syrien auch weiterhin mit Waffen beliefern.

(Beifall)

Assad hat dies sofort als Lizenz zum Töten verstanden und seine militärische Offensive gegen die Hochburg des Widerstands – die Stadt Homs – begonnen. Dort droht gegenwärtig eine humanitäre Katastrophe. Natürlich entschließen sich die Menschen, sich dagegen zu wehren, das ist ja ganz klar. Soldaten desertieren, und die Gefahr eines Bürgerkriegs wächst, und natürlich wird der Ruf nach Hilfe lauter. Was können wir also tun, um die Menschen in Syrien vor schwersten Menschenrechtsverletzungen zu schützen und um zu verhindern, dass vor dem unvermeidlichen Sturz des Assad-Regimes noch Tausende Menschen ihr Leben verlieren? Ich muss Ihnen gestehen, ich weiß es gegenwärtig nicht. Ich glaube, es ist heute auch nicht die Zeit und der Ort, das Für und Wider von Vorschlägen zu erörtern, die öffentlich oder vielleicht auch nicht öffentlich debattiert werden. Ich kenne jedenfalls gegenwärtig keinen politischen Vorschlag, der auch eindeutig von der Bewegung in Syrien selbst unterstützt würde, weil sich natürlich jeder dort die Frage stellt, was wirklich Schutz bietet und was nicht vielleicht noch mehr Leid für die Zivilbevölkerung bedeutet. Diese Ratlosigkeit und auch diese Ohnmacht, die ich dabei empfinde, bleiben quälend, und ich möchte, dass wir das nicht verdrängen, sondern ich möchte, dass dieser Stachel bleibt. Die Schutzverpflichtung hat ja nicht irgendein Gremium in New York übernommen, sondern sie liegt bei der Gemeinschaft der Menschen. Diese Fragen werden uns wieder gestellt werden, und wir dürfen ihnen nicht ausweichen. Abschließend, meine Damen und Herren: Die Demokratiebewegungen in den arabischen Ländern haben erneut und in wirklich ganz wunderbarer Weise durch die Tat bewiesen, dass die Menschenrechte unteilbar sind. (Beifall)

Keiner weiß genau, wie es dort weitergeht, aber das alles wird auch durch mögliche Rückschläge oder Irrungen und Wirrungen nicht geschmälert. Wir möchten als Grüne gern in diesem Haus immer wieder an diese Unteilbarkeit der Menschenrechte erinnern und an ihr inneres Band, die Solidarität.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Für Ihre Aufmerksamkeit dafür bedanke ich mich!

(Beifall – Unruhe auf dem Besucherrang)

Liebe Gäste vom Deutsch-Syrischen Forum, Beifallskundgebungen auf der Tribüne sind nicht gestattet.

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hiller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Mitglieder des Deutsch-Syrischen Forums! Ich habe mich am Anfang gefragt, warum wir heute eine Aktuelle Stunde zur Situation in Syrien machen. Es gibt in vielen Ländern auf vielen Kontinenten schwere Verletzungen der Menschenrechte, es gibt an vielen Stellen massive Konflikte.

Ich will vorab, bevor ich auf Syrien komme, Kolumbien als einen ganz anderen Staat nennen, in dem es eine formale Demokratie gibt, in dem aber seit Jahren über 30 000 Gewerkschafter verfolgt werden, von Todesschwadronen getötet worden sind, in dem also zwar eine Demokratie vorhanden ist, aber trotzdem Menschenrechtsverletzungen immer wieder stattfinden.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir als ein Landesparlament immer wieder genau hinschauen, auch weltweit, wo es Diktaturen gibt, wo es massive Gewalt gegen Menschen gibt, dass wir das ansprechen und dass wir eine Verpflichtung haben, so wie der Kollege Herr Dr. Kuhn das gerade gesagt hat, auch hier im Parlament immer wieder darüber zu sprechen und uns klar zu positionieren, dass wir das, was weltweit an Gewalt, Diktatur und Terror stattfindet, immer wieder ablehnen.

(Beifall)

Die Gewalt, die zurzeit in Syrien stattfindet, wird durch die Medien sehr klar und auch sehr gut dargestellt. Das ist wichtig. Da können wir erkennen, dass gerade auch neue Medien sehr entscheidend sind, um wirklich ein Bild von dem zu bekommen, was da stattfindet, was da an Gewalt und Terror an Bürgerinnen und Bürgern ausgeübt wird, und dass es deswegen natürlich richtig ist, das hier aufzugreifen.

Daneben ist es, was Syrien angeht, allerdings eine besondere Situation, da wir in den letzten Wochen mitbekommen haben, dass die Geheimdienste nicht nur in Syrien sehr aktiv sind – es gibt dort 15 Geheimdienste –, sondern dass sie ihre Arme sogar bis in unser Land ausstrecken, dass sie Menschen ausspähen und dass sogar ein Bundestagsmitglied der Grünen in Berlin von ihnen verfolgt worden ist. Das, finde ich, ist ein Signal, bei dem wir noch einmal genauer hinschau––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

en müssen, dass die Exil-Syrerinnen und Exil-Syrer in unserem Land auch weiter sicher leben können und dass wir eine zusätzliche Verpflichtung haben, dass kein Geheimdienst dieser Welt in Deutschland Menschen bedroht. (Beifall)