Protocol of the Session on December 15, 2011

Es wurde in den Raum gestellt, dass wir durch die Einführung einer Ombudsperson die Studentinnen und Studenten für unselbstständig erklären würden. Eine Ombudsperson unterstützt Studierende, sie bekräftigt sie in ihrer Autonomie.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte einmal ganz konkret werden. Es wurde gesagt, wir sollen uns an die Studierenden wenden, mit ihnen sprechen und so weiter. Ich bin bis vor einigen Monaten Student gewesen, und ich habe ganz viele Freunde gehabt, die Probleme an der Universität hatten. Ich will jetzt keine Namen nennen, aber um konkret zu werden: Es gab ein Beispiel, bei dem vom Prüfungsamt eine Frist für eine Arbeit gesetzt wurde. Wäre diese Frist vom Prüfungsamt eingehalten worden, wäre es möglich gewesen, dass meine Kollegin direkt ins Referendariat hätte einsteigen können. Dadurch dass das Prüfungsamt diese Frist nicht eingehalten hat, ist das nicht der Fall gewesen, und die ganze Prozedur hat sich um ein Jahr verzögert. Das ist ein Beispiel, wie man als Student nicht allein fertig wird, wo man Hilfe und Unterstützung braucht und wo man in seiner Autonomie durch eine Ombudsperson unterstützt wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zudem verstehe ich auch nicht, warum hier überhaupt debattiert wird. Wir haben einen Prüfauftrag im Antrag stehen. Wir wollen also schauen, wie, wann oder wo es möglich ist, eine Ombudsperson einzusetzen. Wir wollen uns die Angebote ansehen, die es für Studenten gibt, sei es der AStA, seien es andere Institutionen. Das wollen wir uns ansehen und prüfen, ob das zusammenpasst, ob das hilfreich ist und wie wir das verbessern können. Das ist ein Prüfauftrag, meine Damen und Herren. – Danke! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen uns alle gar nicht so aufregen. Wir arbeiten daran, eine solche Ombudsperson zu installieren.

Liebe Frau Häsler, dass alle Studierenden so selbstbewusst sind wie Sie und sich selbst helfen können, wünschen wir uns natürlich auch, aber es gibt auch andere. Daher haben Sie völlig recht, dass es gut ist, wenn Studierende auch dabei lernen, sich selbst zu engagieren und sich unter Umständen auch für andere mit zu engagieren, wie Sie es soeben gesagt haben. Ich denke aber, wir haben auch die andere Seite gehört. Solche Fälle, wie soeben genannt, sind auch bei mit gelandet, sodass wir dezent nachfragen mussten, wie lange denn Korrekturzeiten eigentlich üblich sind, damit man sein Zeugnis bekommt, um dann den nächsten Abschnitt zu erreichen. Das sind manchmal ganz schön peinliche Dinge, die da aufgedeckt werden. Wenn Sie das selbst tun, umso besser!

(Beifall bei der SPD)

Dabei gehen wir natürlich davon aus, dass wir eine Selbstverwaltung haben, in die wir nicht direkt eingreifen können, sondern da muss die Universität natürlich auch etwas machen, denn wir haben ja keine gesetzliche Grundlage. Wir haben aber diese Idee der Koalitionsfraktionen aufgenommen, wir kennen den Bedarf noch nicht genau, wir kennen Einzelfälle, in denen er sicherlich da ist. Wir haben ein Hilfesystem – Sie haben es genannt –, das auch schon vieles von dem abfängt, was an Problemen entsteht. Insofern müssen Dinge geprüft werden, ich denke vor allem die Ansiedlung einer solchen Person. Ich finde, sie sollte nicht Teil des Rektorats sein und damit weisungsgebunden, sondern höchstens am Rektorat angesiedelt sein, damit sie unabhängig arbeitet.

Man mutet so einer Person relativ viel zu, das ist hier auch schon gesagt worden, sowohl was die Quantität angeht, die wir noch nicht genau kennen, aber vor allem auch als „all around“ bei jedem zuständig einzugreifen, jedem Kollegen auch unter Umständen auf die Füße zu treten, was in der Universität auch keine leichte Aufgabe ist. Von daher müssen wir das, finde ich, austariert machen und auch die Universität an dieser Stelle mitnehmen. Wir wollen das gern tun.

Wir haben einige Beispiele in der Bundesrepublik, aber vorwiegend eigentlich an der Stelle, die in letzter Zeit ja eine große Rolle gespielt hat, wo die Korrekturen von Klausuren und Abschlussarbeiten anfallen. Wir haben eine Kommission für wissenschaftliches Fehlverhalten an einigen Universitäten, bei denen es solche Ombudsleute gibt. Wir haben, wie ge––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

sagt, die schon genannte Frankfurter Universität, die Goethe-Universität und die Universität Duisburg/ Essen, die eine solche zentrale Ombudsstelle für Studierende haben. Also, es gibt schon Beispiele. In Amerika sind sie wesentlich ausgeprägter als Anlaufstellen für studentische Angelegenheiten, aber auch da muss man im Vergleich sehen: Wir haben das Studentenwerk und auch schon viele Anlaufstellen, also muss das Ganze tatsächlich vernünftig eingepasst werden.

Es geht dann ja sicherlich auch um die Ermäßigung von Lehrverpflichtungen, wenn man einen Professor oder eine Professorin dafür auswählt, aber am besten machen es natürlich die Studierenden selbst, finde ich. Auch das muss entschieden werden. Dann wird es dabei auch um Fragen der Kosten gehen, die wir hier der Universität auferlegen.

Insofern gibt es noch viele Fragen zu klären, aber wir sind dabei, und ich glaube, wir sollten zumindest in einer Versuchsphase prüfen, ob es Bedarf gibt. Ich habe den Eindruck – und man hat es hier gehört –, dass es ihn gibt, aber wir sollten es dann auch einmal ausprobieren, ob wir Studierenden durch diese Art und Weise noch besser helfen können, als wir es bisher schon tun. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/117 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.47 Uhr) * Vizepräsidentin Schön eröffnet die Sitzung wieder um 14.35 Uhr. Vizepräsidentin Schön: Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich begrüße auf der Besuchertribüne die stellvertretende Generalkonsulin des Türkischen Generalkonsulats in Hannover, Frau Gülcin Erdem, und den Attaché für Arbeit und Soziales. – Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Bevor wir die Tagesordnung wieder aufnehmen, gebe ich Frau Vogt das Wort zu einer persönlichen Erklärung nach Paragraf 42 Absatz 2 der Geschäftsordnung. – Bitte, Frau Vogt!

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich für einen Punkt heute Morgen entschuldigen, weil ich eingesehen habe, dass gerade meine Ausführungen zum Verfassungsschutz nicht in die Debatte gehört haben. Ich wollte eigentlich zum Ende meines Beitrages wieder auf diese gemeinsame Erklärung zurückkommen – ich habe betont, dass ich total froh bin, dass auch die CDU so konstruktiv mit dabei war – und sagen, dass ich die Hoffnung habe, dass wir solche Sachen wie 2011, die mich wirklich persönlich betroffen gemacht haben, weil ich im Bremer Westen wohne und weiß, wie Migranten immer in Angst geraten, wenn sich die NPD oder die Nazis ankündigen, egal ob etwas passiert oder nicht, nicht wieder erleben. Ich wollte eigentlich darauf zurückkommen, dass ich gehofft habe, die gemeinsame Erklärung bietet die Grundlage, dass wir das in den nächsten Jahren nicht mehr erleben. Dazu ist es leider in der aufgeheizten Situation nicht mehr gekommen.

Ich habe im Nachhinein auch gemerkt, dass gerade die Ausführungen zum Verfassungsschutz in diesem Teil nichts zu suchen gehabt haben, sondern eher in die andere Debatte gekommen wären. Dafür möchte ich mich vor allem bei den Fraktionsvorsitzenden entschuldigen, weil wir diesen Antrag interfraktionell abgestimmt haben.

(Beifall)

Erleichterung und Vereinfachung von Familienbesuchen für Migrantinnen und Migranten

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 21. November 2011 (Drucksache 18/134)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die Beratung ist eröffnet.

Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Senkal. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch noch zusätzlich auf dem Besucherrang Frau Honorarkonsulin Yasemin Vierkötter begrüßen, die heute auch anwesend ist. interjection: (Beifall)

Dass ich hier heute stehe und zu Ihnen reden darf, verdanke ich den Menschen, die in den Sechzigerjahren nach Deutschland gekommen sind, um mitzuhelfen, dieses Land sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich zu dem zu machen, was es heute ist. Deutschland ist die führende Wirtschaftskraft in Europa und ein bedeutender Wissenschaftsstandort in der Welt. Innovation, technisches Know-how und „made in Germany“ sind auf der ganzen Welt eine Marke, die für Qualität und Fortschritt steht. Die deutsche Bevölkerung ist im Verlauf der letzten 50 Jahre international geworden, und Deutschland agiert erfolgreich im internationalen, globalisierten, grenzenlosen Wettbewerb. Doch wir müssen uns heute fragen, ob zu diesem internationalen Deutschland noch eine Einreisepolitik passt, die auf Beschränkung, Begrenzung, Selektion und Misstrauen basiert. Menschen, die hier schon seit Jahren leben, die zu einem wichtigen Teil dieser Gesellschaft geworden sind, Menschen, die in diesem Land und für dieses Land arbeiten und sich für unser Gemeinwohl engagieren, wird es untersagt, Besuche von Verwandten zu empfangen, weil diese Verwandten die falsche Staatsangehörigkeit besitzen, oder es wird ihnen durch Auflagen finanzieller Art derart erschwert, dass Besuche faktisch unmöglich werden. Ich möchte dies einmal für die Bremerinnen und Bremer deutlich machen, die keine Wurzeln im außereuropäischen Ausland haben und deren Verwandte auch nicht aus den USA kommen, für die gelten nämlich interessanterweise diese Regeln nicht. Ein Beispiel: Wenn ich meine Großmutter nach Bremen zum Geburtstag meiner Tochter einladen möchte, dann muss ich dies Monate vorher tun, obwohl ich deutscher Staatsbürger bin. Meine Großmutter muss ein Visum beantragen, wenn sie mich und meine Familie in Bremen besuchen möchte. Meine Großmutter, 87 Jahre alt, muss hierfür persönlich ins Deutsche Konsulat nach Istanbul kommen und dort stundenlang anstehen. Sie benötigt Einkommensnachweise beziehungsweise Vermögensnachweise, aus denen ihr Einkommen und Vermögen hervorgehen. Sie braucht einen Nachweis ihres Krankenversicherungsschutzes für den Aufenthalt in Bremen, den ich in der Regel für sie abschließen muss. Ferner benötigt sie Unterlagen, die das Konsulat davon überzeugen können, dass meine Großmutter auch den Willen besitzt, tatsächlich nach Deutschland nur zu Besuch zu kommen und nicht einfach zu bleiben. Dieser Zweifel am tatsächlichen Rückkehrwillen besteht pauschal gegenüber jedem. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Deshalb muss ich als einladender deutscher Staatsangehöriger einer türkischen Großmutter, wenn das Einkommen meiner Großmutter gering ist, was in der Türkei im Verhältnis zu deutschen Einkommensverhältnissen ziemlich normal ist, in Deutschland rund 1 500 Euro hinterlegen beziehungsweise dafür bürgen, dass ich alle Kosten tragen werde, die bei ihrem Aufenthalt in Deutschland anfallen könnten inklusive der zwangsweisen Rückführung meiner Großmutter in die Türkei. Man unterstellt ihr und mir pauschal, dass es zumindest nicht unwahrscheinlich ist, dass meine Großmutter unerlaubt in Bremen leben und ich meine Großmutter unbedingt in Bremen behalten will. Wenn meine Großmutter oder ich nicht genügend Vermögen oder Einkommen haben, um dieses Vorurteilsszenario abzusichern, darf meine Großmutter nicht kommen, um mich oder ihre Urenkelin zu sehen. Selbst wenn wir aber über entsprechend hohes Vermögen oder Einkommen verfügen, darf der Besuch meiner Großmutter ohne Nennung von Gründen abgelehnt werden. Das alles ist kein Witz, sondern traurige und beschämende Realität für Millionen von Menschen, die in Deutschland leben und arbeiten,

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir in diesem Jahr überall in der Republik 50 Jahre Anwerbeabkommen mit der Türkei auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen gefeiert haben! Dies betrifft natürlich nicht nur Türkinnen und Türken, sondern Afrikanerinnen und Afrikaner, Russinnen und Russen und die meisten Südamerikanerinnen und Südamerikaner und alle Menschen, die in Deutschland leben und die Wurzeln und Familien in diesen Ländern haben. Diese Einreisepolitik hat nichts mit dem Fortschritt zu tun, den ich eingangs angesprochen habe. Diese Einreisepolitik tangiert und beeinträchtigt die Wissenschaftsfreiheit unseres Landes und unsere Wirtschaftsinteressen. Wie gehen wir mit Menschen, mit deutschen Staatsbürgern und ihren Verwandten um, und welches Bild geben wir mit einer solchen Einreisepolitik von Deutschland in die Welt? Diese Einreisepolitik verletzt aber zudem auch, wie ich es beschrieben habe, das Recht vieler Menschen auf Familie. Das ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern auch die der EU-Kommission, die in dieser Einreisepolitik einen Verstoß gegen europäische Richtlinien sieht und die die Bundesregierung mehrmals für dieses Verhalten gerügt hat, denn diese in Europa einzigartig strenge Einreisepolitik widerspricht europäischem Recht. EU-Bürgerinnen und EU-Bürger sollen gemäß der Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 grundsätzlich das Recht haben, ihre Familien in

die EU einzuladen. Wir reden hier über Beschlüsse aus dem Jahr 2004. Seit sieben Jahren wird diese ausdrückliche europäische Haltung vonseiten der Bundesregierung ignoriert und missachtet.

Deutsche Gerichte sind darüber hinaus der Auffassung, dass die bestehende Visumspflicht für Menschen aus der Türkei zweifelhaft ist, da die Bundesrepublik seit 1972 ein Assoziationsabkommen mit der Türkei geschlossen hat. Diese Frage wird jetzt der Europäische Gerichtshof beantworten müssen, wenn wir, die deutschen Parlamente, dies nicht vorher tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie heißt es so schön, Integration ist keine Einbahnstraße, wo man sich die Rosinen herauspickt.

(Abg. Frau A l l e r s [CDU]: Das stimmt!)

Hinter ihr stehen eine Idee und eine Vorstellung des Zusammenlebens, zu dem auch unser Handeln passen muss. Deshalb fordern wir von der Bundesregierung, endlich ihre Hausaufgaben zu machen und diese unzumutbare und unverhältnismäßige Einreisepolitik zu ändern, bevor dies europäische Gerichte tun müssen!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Wir von der SPD und Bündnis 90/Die Grünen fordern mit diesem Antrag die Umsetzung und die Anerkennung geltender europäischer Richtlinien und die Anerkennung des Rechts auf Familie für die Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Deutschland hat sich in den vergangenen 50 Jahren geändert. Deutschland ist bunter und vielfältiger geworden. Bremen hat den Schlüssel zur Welt. Schließen wir unsere Türen auf, und schließen Sie sich unserem Antrag an: auf Landesebene für den Abbau von Hürden im Verfahren für Visaerteilung, insbesondere bei Familienbesuchen für einkommensschwache Familien, und auf Bundesebene für den Wegfall einer Visumpflicht für Familienbesuche türkischer Staatsangehöriger und für eine familienfreundliche Neuausrichtung der deutschen Einreisepolitik insgesamt! – Vielen Dank!