Protocol of the Session on November 10, 2010

Nein, das zeigt, dass Sie einfach wenige Informationen über die Situation der Flüchtlinge haben

(Abg. Frau N i t z [DIE LINKE]: Das sind doch Unterstellungen!)

Trotzdem, Herr Hinners, liegt inzwischen ein Gesetzentwurf vor, und zwar nicht über die Frage der Abschaffung, sondern über eine sogenannte Lockerung der Residenzpflicht. Diese Lockerung, so wie sie definiert wird – inzwischen gibt es auch Gutachten darüber –, kann man aber auch mit dem alten Gesetz erreichen. Das ist fast wie in Bremen. Es ist nur so, dass die Länder voraussichtlich ermächtigt werden sollen, mit Nachbarländern Vereinbarungen zu treffen. Das soll jetzt kommen. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

(Abg. H i n n e r s [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Ich werde Ihnen nicht die Gelegenheit geben, weil ich nur fünf Minuten habe, Sie können sich nachher melden! Deshalb finde ich, was dieser Gesetzentwurf vorsieht ist nicht die Abschaffung, sondern nur die Lockerung, das, was mit dem alten Gesetz schon möglich ist. Ich finde, anstatt jetzt diesen mühsamen und auch aufwendigen Prozess der Vereinbarungen mit den Nachbarländern zu gehen, sollte man sich ruhig darauf einlassen, dass man diese Regelung, die ja noch möglich ist, zulässt. Herr Hinners, was Sie über Leistung gesagt haben, betrifft ja auch die Arbeitslosen. Wie mit der Verfügbarkeit der Arbeitslosen kann man es meiner Ansicht nach ja auch mit der Verfügbarkeit der Flüchtlingen machen, sodass sie das Bundesland verlassen dürfen, aber wenn es um ihr Asylverfahren geht, trotzdem verfügbar sind. Ich glaube, das ist eine Menschenrechtsverletzung, die mit nichts zu rechtfertigen ist. Das ist eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit, und wir sollten uns für den Antrag einsetzen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat die Abgeordnete Cakici.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich möchte mich auch kurzfassen. Sehr geehrte Frau Dr. Mohammadzadeh, ich bin jetzt schon ein bisschen enttäuscht, was Sie aus meiner Rede wieder gemacht haben. Fakt ist, vorweg habe ich gesagt, dass Bremen in vielem Vorreiter ist. Ich glaube auch, dass ich eine der Abgeordneten bin, die sich oft hier hinstellt und auch ganz viel Lob bei Dingen verteilt, die tatsächlich hier passiert sind. Es hat sich eine Menge in Bremen verändert, das ist gar keine Frage. Vor 15 Jahren war ich 15 Jahre alt, das heißt, vielleicht weiß ich nicht genau im Detail, wo wann wie was gelaufen ist. Ich weiß aber auch, dass sich in Bremen vieles verändert hat und vieles anders ist. Nichts anderes habe ich in meiner Rede gesagt, Frau Dr. Mohammadzadeh!

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist so, dass ich Ihnen niemals Ihre Qualifikation absprechen würde, ganz im Gegenteil! Es ist klar, dass Sie sich in diesem Bereich seit Jahren sehr erfolgreich engagieren. Es geht allerdings auch darum, dass hier zum Beispiel viele Abgeordnete sitzen, die noch nie ein Asylheim gesehen haben, Frau Dr. Mohammadzadeh. Das ist eine Tatsache. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Ich glaube nicht, dass man dann sagen kann, hier in Bremen ist alles toll, den Asylbewerbern geht es super. Was erzählen Sie denn hier? Das habe ich gar nicht gesagt. Ich frage mich ehrlich gesagt, wie Sie aus meiner positiven Rede so etwas machen konnten. Das finde ich schade. Wenn Sie sich dann aber wieder auf solche Dinge stürzen, appelliere ich auch noch einmal an Sie, sich hier nicht irgendwie gegenseitig anzugreifen und bewusst falsch zu verstehen, denn es geht hier eigentlich darum, dass man gemeinsam schöne Dinge für die Betroffenen macht. Deswegen bin ich auch froh, dass sich sogar die FDP dem Antrag angeschlossen hat. Dass die CDU dagegen ist, habe ich eigentlich nicht anders erwartet. Fakt ist, heute geht ein tolles Signal von Bremen aus. Ich bin mir sicher, dass es für die Betroffenen sehr wichtig ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Herr Senator Mäurer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch einmal eine kleine Vorbemerkung: Das System der Bundesrepublik funktioniert seit vielen Jahren so, dass Asylbewerber über die Länder in die Kommunen nach einem festen Schlüssel verteilt werden, um einfach auch die sozialen Ausgaben überschaubar und fair zu verteilen. Darüber diskutieren wir heute nicht. Das heißt, jeder Asylbewerber muss zunächst einmal dort seinen Wohnsitz begründen, wo er zugewiesen wird. Solange das Verfahren läuft, kann er diesen Wohnsitz nicht aufgeben. Das heißt, wer einmal in Bremen ist, bleibt so lange in Bremen wohnhaft, wie das Asylverfahren läuft. Deswegen ist er auch in dieser Zeit in Bremen erreichbar. Insofern gibt es überhaupt keinen sachlichen Grund, über eine darüber hinausgehende Residenzpflicht zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das mag vielleicht einmal in den Siebziger- oder Achtzigerjahren gerechtfertigt gewesen sein, als Hunderttausende von Asylverfahren zu bearbeiten waren. Gegenwärtig gibt es dafür aber keinen sachlichen Grund. Im Rahmen des geltenden Rechts war es durchaus möglich, dass man im Einvernehmen mit Niedersachsen auch die Nachbargemeinden mit einbezieht. Es war möglich, dorthin zu gehen. Es ist aber in der Tat keine Lösung. Wir müssen zwei Dinge machen: Erstens, und das ist hier auch gesagt worden, müssen wir versuchen, die Zahl der Duldungen deutlich zu reduzieren. Das ist eigentlich die einzig richtige Antwort. Da, wo das noch nicht gelingt, muss man, denke ich, die Residenzpflicht abschaffen.

Herr Hinners, dass da ein Handlungsbedarf besteht, das sieht inzwischen auch die Bundesregierung so. Es gibt einen Kabinettsentwurf, der weitreichende Öffnungsmöglichkeiten vorsieht, also auch, dass man in Bereiche geht, die nicht unmittelbar in der Nachbarschaft liegen, sondern in jeden beliebigen Bezirk, wenn man zum Beispiel studiert oder zur Ausbildung unterwegs ist. Das zeigt einfach, es bewegt sich etwas. Ich finde aber, das reicht nicht. Deswegen werde ich dafür eintreten, dass der Entwurf der SPD-Fraktion im Bundestag, der eine völlige Abschaffung der Residenzpflicht vorsieht, der einzige richtige Weg ist. Dafür plädiere ich. – Danke sehr!

(Abg. H i n n e r s [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie noch eine Bemerkung oder Zwischenfrage des Abgeordneten Hinners? – Bitte sehr!

Herr Senator, Sie haben vorhin den Gesetzentwurf der Bundesregierung angesprochen. Trifft er auf Ihre Zustimmung oder lehnen Sie ihn ab?

Dieser Entwurf, jedenfalls in diesen Punkten, geht in die richtige Richtung. Er führt deutlich zu einer Verbesserung der Situation der Asylbewerber. Es ist aber nur eine Lockerung der bestehenden Regelungen. Dies führt nicht zu einer völligen Beseitigung, und das ist genau das, was ich erwarte.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/1401 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 17/1357, Neufassung der Drucksache 17/1354, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Gut versorgt zu Hause – angemessene Versorgung nach einem Krankenhausaufenthalt

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 21. Juni 2010 (Drucksache 17/1358)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Schulte-Sasse.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Brumma.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Krankenhausbehandlungen werden immer kürzer. Allein in Bremen haben wir eine durchschnittliche Verweildauer von 7,9 Tagen. Das bedeutet, dass die Patienten immer früher aus dem Krankenhaus entlassen beziehungsweise ambulant operiert werden. Vor allem alleinstehende Menschen haben dadurch oftmals ein Problem, für sich selbst zu sorgen. Vorrangig sind es die alltäglichen Notwendigkeiten wie Hygiene, Nahrung, Kleidung, Haushalt oder aber der Kontakt zu medizinischen Einrichtungen. Es gibt zwar Hilfemöglichkeiten, diese müssen allerdings privat finanziert werden und erfordern eine intakte Familie beziehungsweise Nachbarschaft oder die rechtlichen Voraussetzungen des SGB, wie zum Beispiel Pflegebedürftigkeit, oder dass Kinder im Haushalt unter zwölf Jahren vorhanden sind.

Der Gesetzgeber hat für Erkrankungen, die nicht in den Zuständigkeitsbereich der Pflegeversicherung fallen, lediglich eine Kann-Regelung im Sozialgesetzbuch formuliert, sodass die Krankenkassen keine ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Hilfen genehmigen müssen und es ausschließlich in deren Satzung liegt, ob Hilfe gewährt wird. Das ist ein unhaltbarer Zustand!

(Beifall bei der SPD)

Es darf nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden, wer Hilfe erhält! Dabei sollen circa 25 Prozent der Betroffenen durch die vorhandenen Raster fallen. Inzwischen gibt es eine Initiative zur Behebung dieser Schnittstellenproblematik. Diese Initiative hat inzwischen Unterschriften gesammelt – man spricht so von 25 000 – für eine Petition im Bundestag. Die Petition ist vom Bundestag zur weiteren Behandlung angenommen worden. In Berlin selbst gibt es bei der Benennung des Problems eine gewisse Zurückhaltung. Dort wird befürchtet, dass diese Versorgung ein ungeahntes Maß an Begehrlichkeiten erzeugen würde und letztlich nicht mehr finanzierbar wäre.

Hier in Bremen wurde von uns gemeinsam mit den Bremer Krankenkassen und der Bremer Universität eine Gesprächsrunde etabliert. Ergebnis war, dass die AOK in Bremen ein von der Universität begleitetes Modellprojekt unterstützen würde, damit es Klarheit über die Nachfrage geben kann. Aufgrund seiner Kleinheit und Repräsentativität ist Bremen hierfür besonders geeignet. Die bremischen Krankenkassen haben das Problem erkannt und bieten inzwischen entsprechende Leistungen in ihrem Angebot an. Haushaltshilfen werden in der Regel für 14 Tage gewährt, allerdings, wie gesagt, nur von den hier ansässigen Bremer Krankenkassen. Es gibt auch schon zwei Krankenhäuser, die in dieses Projekt integriert sind.

Meine Damen und Herren, bei diesem Problem handelt es sich in der Regel um Haushaltshilfen. Inzwischen gibt es allerdings Klagen, dass in Einzelfällen auch die häusliche Krankenpflege nicht übernommen werde. Diese setzt sich zusammen aus hauswirtschaftlichen Leistungen, Grundpflege und medizinischer Pflege. Hier sind wir allerdings als Koalition daran und wollen detaillierte Auskunft von den Krankenkassen, ob dies hier vor Ort ebenfalls der Fall sein soll. Wie gesagt, hier sind wir aber noch im Gespräch.