Protocol of the Session on April 22, 2010

(Beifall bei der CDU)

Es kann auf der einen Seite ja nicht angehen, dass die LINKE den Schwerlasthafen nicht will, und auf der anderen Seite jetzt entscheiden, wer betreiben soll oder wer nicht betreiben soll, das ist ein Widerspruch in sich.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, die Frage, die Sie aufwerfen, ist ja eine, die wir in Bremerhaven in der Stadtverordnetenversammlung gemeinschaftlich und fraktionsübergreifend vernünftig gelöst haben. Wir haben damals bei den Diskussionen über BLG und Gesamthafenbetriebsverein eine Resolution verabschiedet, in der wir eine klare Aussage getroffen haben, dass es nicht gut sei, wenn in Zeiten von Krisen Lohnkürzungen vorgenommen würden. Keiner von uns in diesem Haus hat sich über einen Stundenlohn von 10,90 Euro ge

freut, der ausgehandelt worden ist. Es wäre uns allen lieber gewesen, es wäre so geblieben für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie es gewesen ist, aber man muss natürlich auch den Tatsachen ins Auge sehen, und dementsprechend war das die einzige Möglichkeit.

Was Sie hier versuchen, ist auf der einen Seite den Eindruck zu erwecken, Sie seien der Retter der Enterbten und Entrechteten, und auf der anderen Seite schießen Sie mit Ihrem Antrag vollkommen am Thema vorbei. So, meine Damen und Herren, kann man wirklich keine ernsthafte Politik betreiben!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Müller, Sie haben, denke ich einmal, auch persönliche Interessen, was Rhenus Midgard angeht, und dementsprechend hoffe und appelliere ich an Sie, dass Sie in dem Bereich einmal nachdenken, wie man eigentlich verfahren kann. Wir erheben den Appell, dass wir sagen, die Unternehmen müssen in sich gehen, die Unternehmen müssen mit ihren Stammbelegschaften klarkommen, und sie müssen Verabredungen treffen, die für alle tragfähig sind. Was den Schwerlasthafen angeht, haben Sie ja in der Stadtverordnungenversammlung im letzten Monat gefordert, dass kein Schwerlasthafen kommt. Wir haben im Moment die Standortprüfung durchzuführen, hier sind wir dabei, Ausschreibungen sind noch gar nicht gemacht worden, und ich glaube, es ist auch falsch, wenn wir in den Bereich der Ausschreibung hineingehen.

Ich glaube, es ist für Bremerhaven eben wichtig, dass wir nachher nicht Windenergieanlagen über CT I verschiffen, sondern dass wir einen Schwerlasthafen an einer Stelle errichten, an der er funktionsfähig ist und an der er auch umweltverträglich ist. Das ist ja der Spagat, der gerade versucht wird, und das ist ja das, was die senatorische Dienststelle im Moment ergründet.

Insofern ist das, was Sie hier aufzeigen, ein vollkommen falscher Weg, und Sie versuchen hier, den betroffenen Arbeitnehmerinnen und -nehmern, die unsere volle Sympathie haben, Sand in die Augen zu streuen, indem Sie glauben, wir könnten hier ein Szenario aufbauen, indem wir auf der einen Seite drohen und auf der anderen Seite Forderungen stellen, die mit dem Thema eigentlich nichts zu tun haben. Insofern lehnen wir Ihren Antrag ab!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Jägers.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erst einmal zum Abgeordneten Müller:

Der Abgeordnete und Gewerkschafter Jägers sagt immer deutlich, was er meint, nicht immer zur großen Freude derer, die gemeint sind, aber das ist nun einmal so!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will doch noch einmal ein paar Dinge sagen und zuerst einmal sagen, den Antrag der LINKEN werden wir ablehnen. Ich werde einige Gründe nennen, warum wir den Antrag ablehnen: Vielleicht wird es Sie überraschen, Herr Müller, er ist mir noch zu eng und nicht zu weit gefasst; zweitens ist er, das will ich Ihnen gar nicht nachtragen, sachlich falsch, weil mir als Vertreter der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt natürlich sofort auffällt, dass die Bautarifverträge immer noch von der IG BAU abgeschlossen werden und nicht von ver.di, das lassen wir uns auch nicht nehmen.

Die Firma Rhenus ist wirklich eine große Firma, die Zahlen sind hier genannt worden, und es ist so gelaufen, wie es beschrieben worden ist. Die Firma Rhenus ist mit ihrem Verhandlungsführer zum Betriebsrat gegangen und hat gesagt, wir haben eine Idee, wie unser Geschäft weiterlaufen soll, und wir machen euch nicht ein Angebot oder eine Verhandlungsbasis, sondern wir setzen unsere Idee eins zu eins um. Ihre Vorgehensweise im Verhandlungsstil ist ein bisschen das Problem, das diese Firma hat. Ich kann das sagen, weil ich aus eigener Erfahrung kenne, wie da die Verhandlungen laufen.

Es ist dann der Tarifvertrag der Interessengemeinschaft Zeitarbeit IGZ zugrunde gelegt worden, und da sind die Stundenlöhne tatsächlich auf 7,73 Euro abgesenkt worden. Es ist dann eine Zulage von einem Euro zugestanden worden, dann sind wir bei 8,73 Euro, und dann sagt Rhenus in einer Mitteilung, die hier an diverse Abgeordnete gegangen ist, in Wirklichkeit liegen die Stundenlöhne aber über den für die Fahrer verabredeten Löhnen von 10,90 Euro pro Stunde. Uns soll hier also weisgemacht werden, die Hafenarbeiter von Rhenus bekommen über 10,90 Euro pro Stunde.

Die Weisheit kommt so zustande: Es gibt dort einen Sozialplan, der abgeschlossen worden ist. Ich werde mich nicht in die Bewertung von Sozialplanabschlüssen einmischen, das machen die Vertragsparteien, das ist nicht meine Sache. Was man aber wissen muss, dieser Sozialplan sagt aus, die Rhenusarbeiter, die in die neue Firma einsteigen, erhalten 2,50 Euro pro Stunde, wenn sie auf 50 Prozent ihrer Sozialplansumme verzichten. Meine Damen und Herren, da wird es dann unseriös in der Darstellung dessen, was da gewesen ist.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der LINKEN)

Die Arbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz, was schlimm genug ist, nicht allen wird ein neuer Arbeitsplatz angeboten, was noch schlimmer ist, und dann wird gesagt, wenn du auch nur annähernd auf deinen alten Stundenlohn kommen willst, dann finanziere ihn dir selbst, indem du 50 Prozent der Sozialplansumme, die du bekommst, weil du den Arbeitsplatz verloren hast, in den Betrieb einzahlst, und wir geben die 2,50 Euro pro Stunde ratenweise wieder. Im Übrigen, die anderen 50 Prozent der Sozialplansumme sollen dafür aufgewendet werden, um ein flexibles Überstundenkonto aufzubauen. Also, wer einsteigt, hat von seinem Sozialplan nichts in der Tasche. Ich finde, das ist nicht seriös, und das beschreibt auch das, was da in diesen Verhandlungen den Arbeitern und den Verhandlungsführern auf der ver.diSeite immer als Diktat erscheint.

Wir wollen, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, diskutieren, wie und ob es da weitergehen kann. Die Firma Rhenus sagt, wir machen große Verluste. Ich weiß, wie es in Konzernen ist, da können Niederlassungen auch arm gerechnet werden. Wir wissen nicht, wie hoch die Umlagen, die Mieten, die Deckungsbeiträge und die Abschreibungen sind, die erwirtschaftet werden, und mit diesen Mitteln kann man auch eine Niederlassung arm rechnen, weil die Firma Rhenus eine große Firma ist. Wir wissen also nicht, wie real die Verluste sind, die dargestellt werden. Das, was ich eben gesagt habe, lässt Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Firma aufkommen, deswegen wissen wir das nicht.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der LINKEN)

Ich finde, das, was da seitens der Rhenus gelaufen ist, ist kommunikativ ein ziemliches Desaster. Hier irgendetwas herumzuschicken und zu sagen, das ist alles gar nicht wahr, was die da sagen, und jetzt stellt sich Stück für Stück heraus, dass es doch wahr ist, was wir sagen, ist ziemlich desaströs. Ich finde, meine Damen und Herren, Wirtschaft braucht Regeln, die eingehalten werden müssen. Wenn die Regeln, die jetzt die Zeitarbeit beschreiben, schlecht sind und zu diesen Resultaten führen, dann müssen diese Regeln geändert werden.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der LINKEN)

Ich sage das durchaus selbstkritisch und auch in dem Bewusstsein – dann muss das kein anderer tun –, wer diese Regeln zum Teil aufgestellt hat, aber man darf ja dazulernen, und das nehmen Sozialdemokraten für sich in Anspruch, dass sie dazulernen dürfen, und wir tun das sogar.

Für die Zukunft müssen wir schauen – wegen „nicht weit genug gefasst“ –, welche Regeln wir eigentlich aufstellen, wenn wir als Land Aufträge und Lizen

zen vergeben, wenn wir sagen, ihr sollt für uns Häfen betreiben. Das ist doch das Wichtige, welche Regeln stellen wir auf – nicht, die nehmen wir jetzt nicht –, um Firmen eher an den Markt zu bekommen, die mit ihrer Wertschöpfung dafür sorgen, dass sie einen Euro verdienen, dass aber auch die Arbeitnehmerinnen und -nehmer von dem wirtschaftlichen Ergebnis profitieren, das da erzielt wird. Wir brauchen Unternehmen, die hier eine Wertschöpfung erzielen können, die nicht in privatisierten Gewinnen verschwindet, sondern die auch Arbeitnehmerinnen und -nehmern im Land das Überleben ohne Transferleistungen ermöglicht.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN – Glocke)

Ich komme zum Ende! Wir wollen ehrliche Verhandlungen. Ich finde, so ein Unternehmen wie Rhenus stände es gut zu Gesicht zu sagen, wir reden noch einmal miteinander, und das ist wohl nicht so glücklich gelaufen, ich habe erklärt, warum das so ist. Ich habe mir einmal ein Organigramm von der Firma besorgt, weil nackte Zahlen nicht alles aussagen, damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Das hier ist die Firma Rhenus.

(Zurufe)

Ja, da hört übrigens die Demokratie auf, die Arbeitnehmer können ihre Manager nicht selbst wählen. Das ist nicht irgendwie eine kleine Firma, es ist eine große Firma, und ich finde, eine große Firma hat auch eine große Verantwortung. An die Firma Rhenus: Kommen Sie Ihrer Verantwortung nach, reden Sie mit den Leuten, sehen Sie zu, dass Sie die Dinge in Ordnung bringen, und dann sind Sie auch ein geeigneter Bewerber für zukünftige Aufgaben, wenn es Ausschreibungen gibt! – Vielen Dank für das Zuhören!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen und insbesondere auch liebe Kolleginnen und Kollegen von Rhenus Midgard, die der Debatte lauschen wollen, die ja für Sie auch eine wichtige Debatte ist! Lassen Sie mich zunächst eines sagen: Wir hatten ja gestern schon die Debatte zur Leiharbeit, und zumindest diese Seite des Hauses ist sich 100 Prozent sicher, dass die Auswüchse von Leiharbeit nicht akzeptierbar sind und wir konzerneigene Leiharbeit in der Form nicht akzeptieren wollen, dass wir nicht wollen, dass staat––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

liche Transferleistungen gezahlt werden müssen, weil Unternehmen ihrer Verantwortung, gerechte Löhne zu zahlen, nicht gerecht werden wollen. Da sind wir uns einig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir haben zwei Bundesratsinitiativen dazu gestartet, das zu ändern, und auch das haben wir gestern schon diskutiert, es ist an den Machtverhältnissen, wie sie aktuell im Bund sind, gescheitert. Das haben wir auch diskutiert, wir setzen darauf, dass sich in Nordrhein-Westfalen im Mai etwas ändert, sodass es da auch neue Möglichkeiten gibt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich möchte an dieser Stelle einen Satz zu Herrn Ella sagen: Mich hat es sehr gefreut, dass Sie durchaus Probleme in der Leiharbeit sehen. Das tut Ihr Kollege Dr. Möllenstädt ja nun einmal ganz und gar nicht, der hat ja gestern etwas ziemlich anderes zur Leiharbeit gesagt, er hat das Hohelied darauf gesungen, als wenn es irgendwie die besten Jobs unter der Sonne wären. Von daher freut es mich, dass es durchaus in der Tendenz auch noch andere Positionen in der FDP gibt.

Nun weiter zu dem Antrag der LINKEN! Für uns ist auch völlig klar, dass die Auswüchse der Leiharbeit und auch der konzerneigenen Leiharbeit, das habe ich auch schon gestern gesagt, zum Lohndumping geeignet sind, was wir nicht akzeptieren, und es ist geeignet, den sozialen Frieden zu gefährden, was wir auch nicht akzeptieren. Im Übrigen finden wir es völlig inakzeptabel, dass Arbeitnehmerinnen und -nehmer die Leidtragenden sind, nur weil Banker sich verzockt haben und dadurch die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise entstanden ist, und das, Herr Präsident, mit Verlaub, halte ich für eine Schweinerei!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich halte aber auch nichts davon, so wie DIE LINKE es macht, den Menschen Sand in die Augen zu streuen und so zu tun, als wenn wir von der Politik das alles einmal eben so ändern könnten. Ich bin eben schon auf die Bundesratsinitiativen eingegangen, wie sich das hier so im Land mit den Verhältnissen abspielt.

Kommen wir zu dem Hafen selbst, wo DIE LINKE schreibt, mit Rhenus Midgard wäre das alles schon ausgedealt. Woher Sie das nehmen, ist mir relativ unklar! Erstens, wir befinden uns gegenwärtig in der Variantenprüfung, wir wissen gegenwärtig nicht einmal, wo der Hafen gebaut werden soll, dann wird es ein Planaufstellungsverfahren geben, und dann wird es ein Vergabeverfahren nach EU-Recht und nach

unserem Vergabegesetz geben. Das müssen wir auch tun, weil es Rechtssicherheit geben muss, weil wir es uns überhaupt nicht leisten können, dass hinterher ein unterlegener Bewerber klagt und wir alle von vorn anfangen müssen.

Wir haben uns auch bei der Verabschiedung des Vergabegesetzes in Bremen sehr schwergetan, wir hätten an manchen Stellen gern noch ein paar mehr Sozialstandards darin gehabt, aber das Rüffert-Urteil der EU hat da einen Riegel vorgeschoben, und wir sind auch an die Grenze dessen gegangen, was wir tun können. Von daher, Herr Müller, tun Sie nicht so, als wenn wir hier solche Dinge frei entscheiden könnten, das können wir nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dann möchte ich abschließend noch etwas zu dem Schreiben von Rhenus Midgard, bezugnehmend auf DIE LINKE, sagen, Herr Jägers ist auch schon darauf eingegangen: Wir haben dieses Schreiben zur Kenntnis genommen, ob das so stimmt, was darin steht, da haben wir ein paar Fragezeichen, wir können das so direkt nicht überprüfen. Fakt ist aber, uns liegen erstens Kündigungsschreiben vor, uns liegen Lohntabellen von Rhenus Port Services, der konzerneigenen Leiharbeitsfirma, vor, und daraus geht genau das hervor, was Herr Jägers auch schon gesagt hat, dass der Lohn bei 7,37 Euro liegt. Daraus geht auch hervor, was Rhenus Midgard schreibt, dass die Beschäftigten auf über 2 500 Euro kommen können, aber nur dann, wenn sie Zulagen bekommen, das passiert auch nur, wenn sie vier Sonntagsschichten, Nachtarbeit und Überstunden machen. Dann kann man auf die Gehälter kommen.

Ich finde, das gehört zu der Wahrheit dazu. Es gehört auch dazu, dass sie, wenn sie krank sind, nur 10,33 Euro am Tag bekommen und, wenn sie Urlaub machen, nur 11,60 Euro. Ansonsten hat der Kollege Jägers alles Weitere dazu schon gesagt, ich möchte das nicht wiederholen, und darüber müssen wir auch reden. Wir Grünen wissen bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal, das wollen wir noch prüfen, ob unter diesen Arbeitsbedingungen überhaupt die Arbeitschutzgesetze eingehalten werden. Ich finde, diesen Fragen muss sich Rhenus Midgard auch stellen. Das ist ein Punkt, der aus unserer Sicht nämlich ganz genau zeigt, dass es mindestens zwei Meinungen darüber gibt, was die Realität ist: das, was Rhenus Midgard dort als sachliche Richtigstellung hinstellt, oder das, was wir tatsächlich auch an Fakten in den Unterlagen haben?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Glocke)

Ich möchte einen Satz, Herr Präsident, zum Schluss sagen! Wir glauben, dass wir uns weiter auf den Weg