Protocol of the Session on March 18, 2010

Ein Übermaß an Rüstungsproduktionen, was unangenehm ist, wurde schon zugestanden. Es ist schwierig, auch bei der Forschung die Trennung hinzubekommen. Ich lese Ihnen deswegen noch einmal drei Fragen aus der Friedensbewegungsinitiative „Ziviles Bremen“ vor, die Sie zu unterschreiben hier aufgefordert werden.

Erstens: „Wir erklären, dass wir uns an keinen Projekten und Programmen beteiligen wollen, in denen eine Kooperation zwischen zivilen und militärischen Nutzern vorgegeben ist wie zum Beispiel in der Überwachung der EU-Außengrenzen.“

Zweitens: „Dass wir uns ausdrücklich von Sicherheitsprogrammen im Rahmen des EU-Programms GMES sowie des IMP distanzieren.“ Environment ja, Security nein!

Drittens: „Dass wir uns dafür einsetzen werden, zivile Forschungsprogramme von Programmen für Ziele von Militär und Grenzschutz zu entkoppeln.“

Ja, das ist eine Aufgabe, dieses zu entkoppeln. Bremen hatte einmal ein Rüstungskonversionsprogramm. Wir brauchen jetzt vielleicht ein Differenzierungsprogramm, einen Differenzierungsbeauftragten, wir brauchen Forschung in diese Richtung. Das ist ein wichtiger Forschungsbereich! Wie kann man das tun? Ich empfehle Ihnen, da noch einmal einen Blick in die USA zu richten. Die schaffen es, dafür zu sorgen, dass bestimmte Produkte, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind, sehr wohl im Export unter die Lupe genommen werden. Die sind da möglicherweise sogar ein Vorbild!

Man kann also, wenn man will! Ich habe von Frau Ziegert auch mit Freude vernommen, dass wir unsere Gesetze in diese Richtung stärker anwenden sollten. Das ist alles richtig! In dem Sinn müssen wir weitergehen. Als Partner empfehle ich Ihnen in Bremen unter anderem die Bremische Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung oder die Abrüstungsinitiative Bremer Kirchengemeinden. Beide haben unter anderem die Broschüre herausgegeben: Rüstungsstandort Bremen. Es tut sich was, es gibt kritische Bürgerinnen und Bürger. Beteiligen Sie sich an dieser Diskussion, dann haben wir auch ein Stück dazu beigetragen, wenn wir das hier thematisiert haben!

Ich komme zur Landeszentrale für politische Bildung: Ich bedaure die scharfe Auseinandersetzung, ich bedaure auch die persönliche Dimension dieser Auseinandersetzung. Ich habe sie nicht angefangen.

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Schriftlich lag es hier von Ihnen vor! Schriftlich!)

Ich bin dazugestoßen, als es schon eine Art Tribunal gab, in dem Herr Wulfekuhl – ich muss ihn jetzt nennen –, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, ein politischer Beamter, würde ich einmal sagen – –. Es ist also nicht so, dass an der Stelle keine persönliche politische Verantwortung besteht. Er hat es geschafft, muss ich sagen, einen großen Teil der kritischen Bürgerinnen und Bürger gegen sich aufzubringen, die eine kritische Veranstaltung im DGBHaus gemacht haben, geschätzte 60, 70 oder 80 Leute, das sind alles Multiplikatoren.

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Nein, keine Zwischenfrage, ich muss die Zeit ausnutzen! Ich bitte um Verständnis, ich bin dazu gekommen, ich bin gebeten worden, dies ins Parlament zu bringen, und das ist die Aufgabe der LINKEN, auch wenn es Ihnen wehtut, das tut mir leid.

(Beifall bei der LINKEN – Unruhe bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das bringen wir ins Parlament! Ich hoffe auch – und so habe ich mich auch im Beirat geäußert –, dass wir in Zukunft hier einen sensibleren Umgang haben, dass wir nicht so grob „nicht wissenschaftlich“ sagen

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Dann fangen Sie einmal damit an!)

oder auch andere Ausgrenzungsmechanismen gebrauchen, die sehr stark empfunden werden. Ich kann den Donat Verlag zitieren, der keine Antwort bekommt.

(Glocke)

Ihre Redezeit ist zu Ende!

Danke! Gut, das ist, glaube ich, so, dass wir ganz gut durchkommen. Wir haben noch einige Punkte, Schule, BAgIS, und noch den Rest der Landeszentrale,

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Sie sind hier nicht der Präsident!)

im nächsten Wortbeitrag. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Schulte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Beilken, für mich stellt sich schon die Frage, weshalb Sie eine Anfrage ins Parlament einbringen, in denen Worte wie Zensur und Gesinnungskontrolle stehen – die angeblich gar keine persönlichen Angriffe sind –, ohne Ihre Funktion vorher wahrgenommen zu haben, denn Sie sind doch Mitglied im Beirat der Landeszentrale für politische Bildung. Wieso haben Sie denn nicht die Gelegenheit als Mitglied dieses Beirats genutzt, das Thema dort zur Debatte zu stellen?

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Dann hätten Sie all die Aufklärung, die Sie haben wollen, schon dort haben können! Denn der wahre Ablauf war doch, dass diese Anfrage im Dezember eingebracht worden ist, und im Januar danach wurde dann im Beirat der Landeszentrale diskutiert. Insofern will ich gar nicht inhaltlich auf die Antwort im Einzelnen Bezug nehmen. Es ist eine sehr ausführliche Antwort, wie hier schon angesprochen worden ist. Ich beziehe mich im vollen Umfang darauf. Mir liegt allerdings – auch für den Senat – noch

einmal daran, ausdrücklich zu sagen, dass wir finden, dass die Landeszentrale für politische Bildung eine Arbeit leistet, die Anerkennung verdient.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir denken, dass dort mit ganz großem Engagement, mit knappen Mitteln eine Arbeit geleistet wird, die ein sehr vielfältiges Angebot bringt, die versucht, die ganze Breite der politischen Diskussion abzudecken. Ich denke, wir sollten die Landeszentrale ermuntern, mit dieser Arbeit so weiterzumachen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Senat und Senatskanzlei erheben auch nicht den Anspruch, und das kommt uns, glaube ich, auch nicht zu, jede einzelne Veranstaltung der Landeszentrale zu bewerten, sondern dort müssen die Maßstäbe politischer Bildungsarbeit angelegt werden. Dafür gibt es allgemeine Maßstäbe und Richtlinien, die auch in dieser Anfrage dargestellt worden sind. Wir finden, dass sich die Landeszentrale an diese Leitlinien hält, und denken, dass es gerade Aufgabe des Programmbeirats ist, dort die Diskussion im Zweifel auch über Einzelveranstaltungen zu führen, wobei dies dann nachträglich geschehen ist, das muss man auch noch einmal dazu sagen. Der Beirat hat in dieser Diskussion mit ganz großer Mehrheit, ohne Herrn Beilken, die Auffassung vertreten, dass es keinen Grund zur Beanstandung bei diesen Veranstaltungen gibt.

Ich will eine letzte Bemerkung machen, weil hier viel von moralischen Ansprüchen die Rede ist. Da wurde ein sehr hoher moralischer Anspruch formuliert – nahezu ein Monopolanspruch – und von Zensur und Gesinnungskontrolle gesprochen. Da ist mir dann doch dieser Tage ein Zettel in die Hände gefallen, mit der Einladung von Herrn Beilken zu der Veranstaltung vorgestern: „Ad-Hoc-Ratschlag Antimilitarismus in Bremen“. Dort gibt es dann eine Schnelleinschätzung zur Antwort des Senats. Da heißt es dann unter anderem: Die Universität darf tatsächlich eine eigene Ehrenbürgerschaft verleihen. Grundlage ist das Hochschulgesetz. Soweit klar! Dann kommt der Satz: „Wir sollten bei dessen anstehender Novellierung fordern, dass das abgeschafft wird.“ Das finde ich eine interessante Position. Die Universität darf eine Ehrenbürgerwürde verleihen, aber dann, wenn sie das an den Falschen verleiht, gehört gefälligst das Recht abgeschafft. Dann kommt man hierher und spricht über Zensur und Gesinnungskontrolle in der Landeszentrale für politische Bildung. – Danke!

(Starker Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt haben Sie einmal aus einem internen Papier zitiert, ich gratuliere dazu! Das macht es noch lebendiger. Ich hatte schon gesagt, das war ein Diskussionspapier, und wir müssen darüber diskutieren, wir werden darüber diskutieren. Ich hatte die Fragwürdigkeit dieser Lizenzvergabe – oder wie soll ich das nennen? –, dieser Vergabe von Ehrenbürgerwürde schon eben erläutert. Es muss auch dies diskutierbar sein.

Ich komme noch einmal zur Landeszentrale für politische Bildung. Wir sind natürlich heilfroh, dass es diese Institution gibt. Wir würden sie mit Klauen und Zähnen verteidigen, sie macht auch viel gute Arbeit, und das gilt auch für Herrn Wulfekuhl. Jedoch hat sie leider eine Schwäche! Das kommt davon, dass Sie Posten manchmal eben nicht danach besetzen, wofür jemand brennt oder worin jemand Erfahrung hat, sondern mit anderen Begründungen. Das muss ich hier leider auch einmal sagen, auch wenn das wehtut. Dann sitzt dort eben jemand, der keine herzliche Verbindung zu großen Teilen der kritischen Szene in dieser Stadt hat. Es tut mir leid, es tut mir auch für die Besetzung leid!

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit, dass Sie sich anmaßen, so eine Beurteilung hier abzugeben!)

Der Mann ist natürlich nicht glücklich, das liegt jetzt aber an Ihnen! Dass jemand diese herzliche Verbindung zu großen Teilen nicht hat, ist tragisch. Wir können es aber feststellen, und wir werden es dann auch parlamentarisch kritisieren, nicht nur in einem Beirat hinter verschlossenen Türen. Dafür sind wir gewählt, und das wird von uns erwartet.

Die Frage der Zensur ist eben die Frage, die auch hier gestellt werden muss. Zensur ist, ich zitiere aus einer Wikipedia-Kurzdefinition: „dass nur erwünschte Inhalte veröffentlicht und ausgetauscht werden“. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Leiter der Landeszentrale die Formulierung gebraucht hat – ich war selbst wirklich schockiert –: „ob die Sichtweise, die ein Referent vorzutragen gedenkt, kompatibel mit der Realität, wie wir sie sehen, ist“. Also, Entschuldigung! Das habe ich mit zwölf zuletzt erlebt, als noch alte Lehrer aus Zeiten des Kalten Krieges an der Schule waren. Seitdem ist eigentlich ein bisschen etwas an Liberalisierung auch der politischen Bildung ins Land gegangen. Das kann so nicht weitergehen!

Ich bin übrigens davon überzeugt, oder ich hoffe – da schwanke ich manchmal –, dass sich da etwas bessert. Ich habe den Eindruck, nicht allen, auch nicht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

in der sozialdemokratischen und grünen Szene, passt diese Art, mit Kritikern umzugehen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Welche Art, wie umzugehen? Wo- mit? Wovon reden Sie gerade?)

Es sind zum Beispiel kritische Bürger, ich sage es Ihnen noch einmal ausdrücklich, als Referenten nicht zugelassen worden mit dem Hinweis: Nicht kompatibel mit der Realität, wie wir sie sehen! Es sind Bremer Bürger gegen den Krieg, Bremer antikapitalistische Linke, das wird schon vom Titel her gestrichen. Wo sind wir denn? Das Grundgesetz gibt das her, meine Damen und Herren, wir dürfen antikapitalistisch sein in diesem Land, ja!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie dürfen sagen, was Sie wollen! Natürlich!)

Es ist sogar sehr nah am Grundgesetz gewesen, als es geschrieben worden ist. Ich freue mich, dass Sie das auch so sehen, aber ich sage Ihnen, es ist schlimm! In der Landeszentrale für politische Bildung geht bei so etwas leider eine rote Lampe an.

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Das ist doch wohl eine Unverschämtheit! – Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Sie leiden unter Verfol- gungswahn!)

Mir sagen das die Leute, sie sitzen auch hier als Zuschauer. Ich erfinde das doch nicht!

(Zurufe von der SPD)

Ich habe im Beirat vertreten, ziehen Sie das Spektrum etwas breiter dessen, was Sie hier integrieren können, und damit meine ich natürlich nicht den rechten Rand, um Gottes Willen! Wenn die Demokratie in Frage gestellt wird, hört der Spaß auf.

(Unruhe)

Wenn die Demokratie aber verteidigt wird und wenn die Demokratie auch mit Systemkritik in Verbindung gebracht wird, dass man sagt, wir brauchen auch eine Kritik dieses Systems der Ökonomie der militärischen Lager, um die Demokratie gerade zu erhalten: Das ist innerhalb des Spektrums. Ich bitte doch sehr herzlich, noch einmal darüber nachzudenken und in diese Richtung eine Änderung vorzunehmen.

Es gibt das Wort Gesinnungsüberprüfung von einem Vorsitzenden der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rolf Gössner, und Prof. Rolf Brauer ist nach seiner Wissenschaftlichkeit gefragt worden.