Protocol of the Session on October 1, 2009

Die Arbeiten an einer Novelle, das wurde eben schon gesagt, reichen weit zurück, und zwar auf einen Senatsbeschluss vom 17. Februar 2004, die sich jetzt aber insgesamt wegen unterschiedlichster Abstimmungsschwierigkeiten – nennen wir es ruhig so – mehr als fünf Jahre hingezogen haben.

Zum Verfahrensrecht! Die im Jahr 2002 neu beschlossene Musterbauordnung bietet den Ländern unterschiedliche Verfahrenstypen, und zwar genau drei, die Genehmigungsfreistellung, das vereinfachte Genehmigungsverfahren und das Baugenehmigungsverfahren an, und lässt den Ländern je nach politischer Grundüberzeugung die Wahlmöglichkeit, die sogenannten Module, für den Anwendungsbereich dieser Verfahren. Nach Maßgabe des Senatsbeschlusses vom 17. Februar 2004 war der erste Referentenentwurf geprägt durch die nach der Musterbauord

nung maximal mögliche staatliche Deregulierung der Prüf- und Überwachungsarbeit, also weitestgehende Prüf- und Überwachungsverzichte. Der Anwendungsbereich der Genehmigungsfreistellungen und des vereinfachten Genehmigungsverfahrens sollte auf alle Vorhaben außer Sonderbauten ausgebreitet werden, und die in der Prüfung verbleibenden bautechnischen Nachweise sollten nicht mehr hoheitlich durch Prüfingenieure, sondern privat durch Prüfsachverständige geprüft werden.

Der Gesetzentwurf wurde nach verschiedenen intensiven Abstimmungsgesprächen geändert und im Februar 2009 einer zweiten Anhörung zugeführt. Die vorgeschlagene Rücknahme der Verfahrensprivatisierung wurde nur vom Bauindustrieverband bemängelt, alle anderen beteiligten Stellen und Ressorts haben sich zu diesem Thema entweder nicht positioniert oder sich positiv geäußert. Dies rechtfertigt nach unserer Einschätzung die Annahme, dass die Verfahrenskosten und die auf drei Monate begrenzte Verfahrenslaufzeit unter Berücksichtigung der mit einer Baugenehmigung verbundenen Rechtssicherheit akzeptiert wird und nicht als unangemessener bürokratischer Aufwand empfunden wird. Vor diesem Hintergrund verfolgt der Gesetzentwurf bei gewerblichen Vorhaben nicht die Abschaffung, sondern die Optimierung des Baugenehmigungsverfahrens.

Was spricht nun aus unserer Sicht – das würde ich gern an Herrn Focke richten – gegen eine Ausweitung der Deregulierung? Nach mehreren Schritten der Deregulierung in der Vergangenheit gibt es bei vielen Beteiligten mittlerweile ein klares Interesse an Konsolidierung. Zumindest für gewerbliche Vorhaben scheinen Aspekte wie Rechtssicherheit, Verbraucherschutz und Kundenorientierung besser gewährleistet, wenn diese baurechtlich geprüft und genehmigt werden. Das gilt insbesondere mit Blick auf die vielen neuen materiellen Bestimmungen der Landesbauordnung, mit denen sich die Beteiligten noch vertraut machen müssen.

Jetzt zu den einzelnen Stellungnahmen! Die Behindertenverbände haben wegen befürchteter Vollzugsdefizite beim barrierefreien Wohnen gegen eine Ausweitung der Verfahrensprivatisierung votiert, also für den Gesetzentwurf der Regierung. Dasselbe gilt für den Landesrechnungshof, wegen der erheblichen Einnahmeausfälle bei den Baugenehmigungsgebühren, die nicht kompensiert werden können, auch er hat sich damit für den Gesetzentwurf der Landesregierung ausgesprochen. Die Ingenieurkammer und der Verband der Prüfingenieure haben sich vehement gegen eine Übertragung der Überprüfung haustechnischer Nachweise, vor allen Dingen bei der Statik und bei Brandschutz, auf private Sachverständige ausgesprochen. So gesehen findet dieser Gesetzentwurf viel Zuspruch.

Wenn wir jetzt einen Vergleich anstellen mit anderen Bundesländern, kann man sagen, für eine sehr weitgehende Verfahrensprivatisierung haben sich bis

lang nur die Länder Bayern, Berlin und Sachsen entschieden, von den übrigen Ländern haben sich die meisten in unterschiedlicher Reichweite für eine Ausweitung der Verfahrensprivatisierung ausgesprochen. Es kann festgestellt werden, dass mit Bremen zusammen insgesamt fünf Länder die Verfahrensprivatisierung, also so wie wir, auf den Wohnungsbau beschränken. Niedersachsen überlegt zurzeit allerdings, ob es in weiteren Bereichen eine Privatisierung vornimmt.

Wir haben im Senat verabredet, dass wir dieses Gesetz natürlich wie alle Gesetze begleiten, und wir wollen es im Frühjahr 2012 erneut überprüfen, dann soll der Bausenator einen Bericht über die Erfahrungen mit dem geltenden Genehmigungsverfahren vorlegen, diese im Vergleich zu den Erfahrungen anderer Länder mit erweiterten Genehmigungsfreistellungen bewerten, und die Dauer, den Aufwand und die Kosten der Genehmigungsverfahren im Vergleich der Länder darstellen. Auf Grundlage dieses Berichts kann dann entschieden werden, ob sich das Land Bremen bei zukünftigen Novellierungen der Landesbauordnung für eine Ausweitung der Genehmigungsfreistellungen auch auf gewerbliche Vorhaben entscheidet.

Jetzt zum materiellen Recht! Dazu ist eine ganze Menge gesagt worden. Ich will einfach einmal die wichtigsten Punkte nennen: Geringere Anforderungen an Abstandsflächen im Interesse eines flächensparenden Bauens, Stichwort Flächenversiegelung! Hier schafft der Gesetzentwurf wesentliche Vorteile durch ein vereinfachtes Abstandflächenrecht. Neues Brandschutzkonzept, neben anderen Erleichterungen wird erstmals die Verwendung von Holz für die Konstruktion von Gebäuden mit bis zu fünf Geschossen ermöglicht. Dann die Öffnung der Stellplatzregelung, die bestehenden landesrechtlichen Regelungen gelten nur noch für eine Übergangszeit von maximal zwei Jahren. Innerhalb dieser Frist müssen sie durch kommunale Regelungen in Bremen und Bremerhaven ersetzt werden.

Dann das ganze Thema Rauchwarnmelder, von dem schon viel die Rede war! Ich hatte Herrn Richter eben schon zugerufen, mein Argument war nicht, dass die anderen Länder das auch machen, sondern mein Argument war inhaltlicher Natur. Ich werde das vortragen: Mit der aufgenommenen Verpflichtung zum Einbau und Betrieb von Rauchwarnmeldern weicht der Gesetzentwurf zwar von der Modellbauordnung ab, folgt aber einer eindeutigen Rechtsentwicklung in anderen Bundesländern. Zwischenzeitlich haben sieben Länder vergleichbare Regelungen getroffen, davon fünf mit einer Nachrüstverpflichtung bei vorhandenen Wohnungen. Da auch in Niedersachsen – damit müssen wir uns ja durchaus messen – eine entsprechende Verpflichtung in den Entwurf zur Änderung der niedersächsischen Bauordnung aufgenommen worden ist, ist absehbar, dass es dann mit Bremen in absehbarer Zeit neun Länder sein werden.

Die Besonderheit der mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelung liegt darin begründet, dass

für die Installation der Wohnungseigentümer und für die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der Mieter verantwortlich ist. Der Einbau ist ohne präventives Verfahren unter Verwendung handelsüblicher genormter Bauprodukte zulässig und wird auch nicht repressiv – das klingt ja so ein bisschen durch – durch die Bauordnungsbehörden überwacht. Im Rahmen der Anhörung ist diese Vorschrift nur von „Haus und Grund“, Landesverband Bremen, mit der Befürchtung abgelehnt worden, dass nicht vorschriftsmäßig eingebaute oder betriebene Rauchwarnmelder zu Leistungskürzungen im Sachversicherungsschutz führen könnten. Dies ist jedoch auch nach Auffassung des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft nicht zu erwarten, weil Rauchmelder dem Grunde nach nur dem Personenschutz dienen. Das ist also die inhaltliche Begründung. Es war nicht nur das Argument, dass andere das auch machen. Ich habe versucht darzulegen, warum wir das inhaltlich angemessen finden.

Dann wird mit dieser Regelung der Anschluss- und Benutzungszwang für Nah- und Fernwärme ermöglicht. Der Gesetzentwurf enthält eine neue Ermächtigung zum Erlass örtlicher Bauvorschriften, mit denen für definierte Bereiche ein Anschluss- und Benutzungszwang auch aus Gründen des Klima- und Ressourcenschutzes festgelegt werden kann. Dann das Thema Beseitigung von Schrottimmobilien! Der Gesetzentwurf enthält eine neue Eingriffsbefugnis, mit der unter bestimmten Voraussetzungen der Abbruch sogenannter Schrottimmobilien angeordnet werden kann, und last, not least der Hinweis zur Prüfung des Wärmeschutzes und der EnEV, also der Energieeinsparverordnung. Diese Prüfung soll nach dem Gesetzentwurf zwar nicht mehr nach der Landesbauordnung erfolgen, da zum Beispiel Wohngebäude ohnehin nicht mehr in der bautechnischen Prüfung sind, aber nach Beschluss dieser Landesbauordnungsnovelle ist vorgesehen, stattdessen die bremische Durchführungsverordnung zur EnEV so zu ändern, dass bei allen Neubauten staatlich zugelassene Sachverständige die wärmetechnisch korrekte Bauausführung überwachen und bescheinigen werden.

Das sind die Argumente, die uns bewogen haben, Ihnen dieses Gesetz so vorzulegen, und, Herr Woltemath, ich hoffe, Sie erlauben mir, dass ich mich zu einer bremischen Angelegenheit geäußert habe, obwohl ich zugereist bin! – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 17/947, abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/947 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

(CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Änderungsantrag ab.

Jetzt lasse ich über die Bremische Landesbauordnung und Änderung des Bremischen Ingenieurgesetzes, Drucksache 17/925, in erster Lesung abstimmen.

Hier ist getrennte Abstimmung beantragt. Ich lasse zuerst über den Artikel 1 des Gesetzesantrages abstimmen.

Wer den Artikel 1 des Gesetzes zur Neufassung der Bremischen Landesbauordnung und Änderung des Bremischen Ingenieurgesetzes mit der DrucksachenNummer 17/925 in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt den Artikel 1 des Gesetzes in erster Lesung.

Nun lasse ich über die Artikel 2 und 3 des Gesetzes in erster Lesung abstimmen.

Wer die Artikel 2 und 3 des Gesetzes zur Neufassung der Bremischen Landesbauordnung und Änderung des Bremischen Ingenieurgesetzes mit der Drucksachen-Nummer 17/925 in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(CDU und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt die Artikel 2 und 3 des Gesetzes in erster Lesung.

Meine Damen und Herren, da der Senat um Behandlung und um Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung gebeten hat und die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen dies als Antrag übernommen haben, lasse ich darüber abstimmen, ob wir jetzt die zweite Lesung durchführen wollen.

Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.