Protocol of the Session on June 18, 2009

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hamann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Erstes haben wir heute die Veranstaltung Abgeordnetenparlament. So langsam füllt es sich.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Das sagt ja der Richtige!)

Ich war pünktlich da!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Heute!)

Fast immer!

Meine Damen und Herren, liebe Jugendliche, liebe Beteiligte an diesem Projekt „Jugend im Parlament“, ich darf Sie hier recht herzlich begrüßen! Wir wollen heute über die Ergebnisse dieser Veranstaltung aus dem letzten Jahr 2008 reden. Für uns Sozialdemokraten ist diese Veranstaltung sehr wichtig, ein wichtiger Baustein, wie es uns gelingen kann, Jugendliche für Politik zu begeistern. Das ist nicht immer ganz einfach, die Vorgänge in der Politik sind nicht immer transparent, sie sind teilweise sehr langweilig, sie sind stark formalisiert. Für uns ist das ein schöner Anlass, dass wir diese Veranstaltung haben.

Ich möchte kurz zurückblicken und aus der Drucksache 15/400 vom 4. Juli 2000 mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren, und zwar wurden dort die Ziele der Veranstaltung „Jugend im Parlament“ beschrieben, ich möchte sie kurz nennen. Erster Punkt: „Jugendlichen die Arbeitsform eines Parlaments zu vermitteln“! Zweiter Punkt: „Jugendlichen die Möglichkeit anbieten, sich für ihre Interessen einzusetzen, sich zu engagieren, zu streiten, zu diskutieren, frustriert zu sein, wenn man mit seiner Position einmal nicht durchkommt, auch das gehört dazu. Das alles soll hier auch mit vermittelt werden.“

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das Gefühl kennen Sozialdemokraten nicht!)

Das Gefühl kennen wir nicht, Herr Röwekamp!

Dritter Punkt aus der Drucksache: „Jugendlichen Zugang zu Medien ermöglichen“, also über diese Veranstaltung zu reden und zu schreiben. Damit soll gelingen, dass die Öffentlichkeit davon Notiz nimmt. Vierter Punkt, ein ganz wichtiger Punkt für uns: „Dialog herstellen“. Dialog herstellen zwischen uns Abgeordneten und den Jugendlichen. Ich erinnere mich, als die Veranstaltung im letzten Jahr lief, bin ich einmal durch die Tür hereingekommen und wollte zu meinem Pult, um etwas zu holen. Ich bin sofort darauf hingewiesen worden, ich hätte dort nichts zu suchen. Der Dialog ist somit hergestellt worden, ich bin sofort in meine Schranken gewiesen worden. Ich habe mich dann auch auf die Besuchertribüne verzogen, wie sich das gehört.

(Heiterkeit bei der SPD)

In mehreren Arbeitsgruppen haben die Jugendlichen unterstützt durch viele Experten Resolutionen erarbeitet. Ich möchte für die SPD-Fraktion auf einige Resolutionen kurz eingehen: Die erste Forderung, die Verlängerung auf vier Tage! Diese Resolution hat sich an den Bürgerschaftsvorstand gerichtet. Mit großer Freude haben wir es zur Kenntnis genommen: Die Veranstaltung läuft jetzt vier Tage. Die Jugendlichen treffen sich hier im nächsten Jahr im Frühling, dann dauert es vier Tage, das haben wir an der Stelle umgesetzt.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Zweiter Punkt: Umwelt! Besonders hat mich und meine Fraktion gefreut, wie sich die Jugendlichen mit dem Thema Umwelt beschäftigt haben. Es sind einige Punkte zum Thema Energiesparen angesprochen worden. Es wurde bemängelt, dass viele Programme, die es gibt, in der Stadtgemeinde Bremen nicht bekannt sind. Das gefällt uns auch sehr, dieser Ansatz, Energie zu sparen. Das ist auch Handlungsauftrag des Senats und aller Ressorts, und auch das

Konjunkturprogramm hat jetzt als wichtigsten Baustein den Inhalt, dort weiter fortzuschreiten. Also zweiter Punkt: Energie sparen!

Der dritte Punkt, den ich kurz ansprechen möchte, ist die Forderung aus „Jugend im Parlament“, Schülereinzeltickets in Straßenbahnen und Bussen anzubieten. Hierzu gibt es eine Antwort der BSAG, die teilweise nachvollziehbar ist, sie hat mit Kosten, mit Verspätungen zu tun, ist aber für uns als SPD-Fraktion noch nicht völlig befriedigend. Wir als SPD-Fraktion möchten an der Stelle noch Nachbesserungen haben. Wir werden nach der Sommerpause dementsprechend aktiv werden, um dort eventuell eine Verbesserung im Sinne der Resolution „Jugend im Parlament“ erzielen zu können.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ein weiterer Punkt: Wahlalter! Wenn ich das richtig gelesen habe, war die Absenkung des Wahlalters bereits eine Forderung von „Jugend im Parlament 2000“. Darüber gab es sehr viele Diskussionen. In der letzten Legislaturperiode ist das teilweise schon gemacht worden, das aktive Wahlalter ist auf 16 Jahre abgesenkt worden. Das heißt, die Jugendlichen waren erstmalig in der Lage, schon an den Beiratswahlen teilzunehmen. Das ist auch ein wichtiger Punkt und bietet Möglichkeiten, sich einzumischen und Interesse zu wecken. Das reicht aber nicht aus.

(Glocke)

Ich bin sofort fertig!

Stichwort „Wahlalter 16 Jahre“ auch für den Landtag: Es gibt einen Ausschuss, der einen Beschluss gefasst hat, das umzusetzen. Auch das ist eine Forderung aus dem rot-grünen Koalitionsvertrag, das werden wir umsetzen. Zur nächsten Wahl im Jahr 2011 werden die Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren die Bürgerschaft mit wählen können. Auch das ist ein großer Erfolg!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Drei Sätze noch zum Schluss: Bleiben Sie am Ball, mischen Sie sich ein, seien Sie aktiv, seien Sie unbequem, fordern Sie uns und seien Sie laut! Wir freuen uns auf den Dialog, wenn es auch nicht immer so funktioniert und ein bisschen länger dauert, das gehört zur Politik leider dazu. Nicht alles geht so schnell, und nicht alle Forderungen können erfüllt werden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Öztürk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Einige Punkte hat mein Kollege Hamann ja schon erwähnt, deswegen möchte ich diese nicht weiter ausführen und werde mich auf andere Punkte begrenzen. „Jugend im Parlament“ hat sich aus der Sicht der Grünen insbesondere mit der politischen Bildung befasst. Das begrüßen wir außerordentlich. „Jugend im Parlament“ ist ein erfolgreiches Projekt, in dem junge Menschen die Chance erhalten und nutzen, selbst Politik zu machen. Genau an dieser Stelle möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion bei dem Präsidium, Herrn Weber, dem Präsidenten des Parlaments, und der Verwaltung bedanken, die das so toll organisiert hat. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD, bei der CDU und bei der LINKEN)

Politikverdrossenheit ist ein Dauerthema, aber ich finde, man darf den jungen Menschen diesen Begriff nicht vor die Füße werfen. Sicherlich herrscht unter vielen Jugendlichen ein etwas weniger ausgeprägtes Interesse an Politik, jedoch nicht an einzelnen politischen Themen. Ich unterhalte mich viel mit jungen Menschen und stelle oft fest, dass sie sich über einzelne politische Themen durchaus Gedanken machen. Einige finden zum Beispiel die Hartz IV-Gesetzgebung ungerecht, andere fordern mehr Angebote für Jugendliche. Fast alle aber wünschen sich Frieden, finanzielle Sicherheit, weniger CO2 und mehr Umweltschutz.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wenn man von Politikverdrossenheit spricht, kann man dieses nur erwachsenen Menschen vorwerfen. Viele junge Menschen haben mit Spaß und ernstem Willen hier im Parlament debattiert. Es war sehr interessant zu beobachten, wie sie sich mit den Themen, die für uns eigentlich das Tagesgeschäft sind, beschäftigt haben. Es wurden kontroverse Debatten geführt, und verschiedene Redebeiträge wurden am Ende schließlich zu 18 Resolutionen zusammengefasst und den zuständigen Deputationen, Ausschüssen und dem Senat vorgelegt. An vielen Stellen haben die jungen Menschen aus grüner Sicht klare Zeichen gesetzt, zum Beispiel gegen den Rechtsextremismus, gegen Armut und gegen die soziale Spaltung der Stadt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Eine von „Jugend im Parlament“ eingebrachte Resolution richtete sich, wie eben schon von Herrn Ha––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

mann erwähnt, direkt an die Bremische Bürgerschaft. Entsprechend wurde das glücklicherweise verlängert. Hier sind aber die Schulen gefordert, für dieses tolle Projekt „Jugend im Parlament“ weiter und intensiver zu werben als bisher.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Bei einigen Themen teilen wir Grüne ausdrücklich die Meinung der Mehrheit bei „Jugend im Parlament“, bei einigen anderen Themen sehen wir es etwas kritischer oder teilen deren Mehrheitsmeinung nicht. Deshalb möchte ich dazu kurz auf einige Resolutionen eingehen. Kurz zum Komplex der Bildung: Resolution zwei hatte sich mit der einheitlichen Schulplanung beschäftigt. Ich glaube, diesen Punkt brauche ich nicht ausführlich zu erörtern, denn gestern haben wir in der zweiten Lesung gemeinsam erfolgreich das neue Schulgesetz beschlossen. Die Resolution vier hatte sich mit der sprachlichen Chancengleichheit befasst. Es wurde unter anderem ein verbindlicher Sprachtest gefordert. Als rot-grüne Koalition haben wir den Cito-Test eingeführt, das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Was wir leider nicht erfüllen können, ist zum Beispiel die Forderung nach drei kostenlosen Kindergartenjahren. Da gilt der Grundsatz: Vieles ist wünschenswert, aber wir können nicht alle Wünsche erfüllen, sondern man kann immer nur so viel Geld ausgeben, wie man in der Kasse hat. (Lachen bei der CDU)

Das ist für die CDU ganz neu, nicht wahr?

Resolution 14 forderte die Unterstützung des Handlungskonzeptes „Stopp der Jugendgewalt“. Als Grüne unterstützen wir dieses ressortübergreifende Konzept ausdrücklich und haben es entsprechend mit personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet. Was ich und meine Fraktion aber nicht unterstützen, ist eine Forderung nach vermehrtem Einsatz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten mit Migrationshintergrund zur Prävention von Jugendkriminalität. Es würde nämlich Folgendes implizieren, da gilt es zweierlei zu unterscheiden: Erstens, dass Polizeibeamtinnen und -beamte, die einen Migrationshintergrund haben, einfach aufgrund ihrer ethnischen Herkunft auf ihre Herkunft reduziert würden; zweitens, dass der Migrationshintergrund eine Ursache für die Kriminalität ist. Dem ist erwiesenermaßen nicht so!

Was die grüne Fraktion auch nicht teilt, ist die Resolution 17 „Kooperation im Kindergarten“. Da möchte ich kurz auf das Problem eingehen. Die Resolution fordert unter anderem, dass Gruppenbildung in Kindergärten vermieden und nur noch ausschließlich deutsch gesprochen werden soll. Ich finde solche Resolutionen ein bisschen unglücklich, denn natürlich ist die Sprache der Schlüssel zur Gesellschaft, aber man kann und sollte den Leuten nicht verordnen, nur

deutsch zu sprechen. Muttersprachliche Förderung ist erwiesenermaßen ein wichtiger Bestandteil zum Erlernen einer neuen Sprache. Diese Resolution unterscheidet außerdem, wie auch die Resolution für die Bereiche Inneres und Jugend, die Kinder und Jugendlichen ständig zwischen einheimischen und sogenannten Kindern mit Migrationshintergrund. Anders gesagt, es ist eine Unterscheidung nach dem Motto: Ihr und wir! Meine Damen und Herren, das ist aus grüner Sicht eindeutig der falsche Ansatz!

(Glocke)

An dieser Stelle – ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin – möchte ich an alle Kinder und Jugendlichen dieses Landes appellieren: Ihr seid alle Inländer, egal welche Herkunft eure Großeltern hatten oder eure Eltern haben! Bei diesem Punkt möchte ich es belassen und mich zum Schluss noch einmal ausdrücklich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern von „Jugend im Parlament“ bedanken. Wir Grüne werden weiterhin „Jugend im Parlament“ kritisch und mit großer Freude begleiten, Rede und Antwort stehen und die jungen Menschen dazu motivieren, an demokratischen Denkprozessen zu partizipieren. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Cakici.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Wir finden es wichtig, dass Jugendliche auch 2008 wieder das Angebot wahrgenommen haben, in der Bremischen Bürgerschaft parlamentarische Prozesse nachzuempfinden. „Jugend im Parlament“ ermöglicht jungen Menschen, Demokratie zu erleben und zu erproben. Diese Erfahrung ist ein wichtiger Beitrag zur demokratischen Bildung, den wir ausdrücklich begrüßen.

Wir freuen uns auch darüber, dass diese Veranstaltung inzwischen so regelmäßig durchgeführt wird. Leider sind Wörter wie Politikverdrossenheit heutzutage fester Bestandteil des Wortschatzes. Wir alle kennen diese Umfragen, die die abnehmende Unterstützung für unser politisches System zeigen. Besonders vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung von Veranstaltungen wie „Jugend im Parlament“ deutlich. Deswegen sind wir auch dankbar, dass sich Interessierte und Organisatoren für diese Veranstaltung zusammenfinden.

Es wurde eine Verlängerung der Veranstaltung auf mehrere Tage vorgeschlagen. Diesem Ansatz stehen wir generell positiv gegenüber, weil er somit noch intensivere Lernprozesse ermöglicht. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Ich möchte gern auf zwei organisatorische Aspekte zu „Jugend im Parlament“ eingehen. Erstens sollte eine fundierte Nachbearbeitung und Evaluation mit den 83 Jugendlichen stattfinden, die eventuell auch die parlamentarische und senatorische Reaktion beinhaltet. Zweitens: Wir möchten gern den Gedanken anregen, vermehrt Werbung für „Jugend im Parlament“ zu machen, um eine große Bandbreite abzudecken. Ich weiß, dass da auch schon viel getan wird. Allerdings hatten wir auch in den letzten Jahren ein bisschen Schwierigkeiten, wirklich zu mobilisieren. Ich würde mir wünschen, dass es für das nächste Mal noch besser klappt, dass sozusagen uns auch hier die Türen eingerannt werden.

Die Resolutionen an sich umfassen viele bildungspolitische Forderungen, auf die ich hier nicht detailliert eingehen möchte. Unsere Forderung zur Schulpolitik haben wir in den letzten Tagen und in den Sitzungen verdeutlicht. Eindeutig zu begrüßen sind die Resolutionen elf und zwölf, die sich gegen Rechtsextremismus aussprechen. Die genannten Projekte an Bremer Schulen sind wichtig und sollten weiter aufrechterhalten werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch Resolution 15, die nach mehr Streetworkern verlangt, ist nachvollziehbar und sollte berücksichtigt werden. Besonderen Handlungsbedarf aber spricht Resolution 18 an. In dieser wird das Freizeit- und Nachhilfeangebot thematisiert. Weil mir ein Satz aus dieser Resolution besonders gut gefallen hat, möchte ich ihn mit Genehmigung der Präsidentin zitieren: „Wenn man vergangene Investitionen in den Space Park, bei der Fassadenpolitur Bremens, der Tourismusförderung oder in Teleskopschlagstöcke und Überwachungskameras der Polizei betrachtet, erscheint es uns sinnvoll, eher essenzielle Bereiche wie Jugendarbeit zu finanzieren.“ Das hat mir besonders gefallen.