Protocol of the Session on April 10, 2008

Dann verbleiben noch 16,4 Millionen Euro. Diese 16,4 Millionen Euro werden zum einen an die Elternvereine gezahlt mit 1,32 Millionen Euro, weil Sie in dem Bereich versuchen, dass die fortentwickelten Lohn- und Energiekosten nicht völlig weglaufen und die drohende Insolvenz abgewehrt wird. Aber auch

das ist keine inhaltliche Verbesserung. Der gesetzliche Ausbau, der vorgeschrieben ist für die unter Dreijährigen, hat bei der Großen Koalition 244 Plätze und dann 126 neue Plätze geschaffen. Sie wollen 110 schaffen, haben aber nur Geld für 78 Plätze, der Rest ist auch wieder ein Haushaltsrisiko. Selbst wenn Sie die 110 Plätze umsetzen sollten, wo ist denn da der rot-grüne Turbo? Sie machen weniger, als die Große Koalition es bisher gemacht hat.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Schluss.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Gott sei Dank!)

Sie haben im Bereich der Kinderbetreuung nicht wirklich mehr Geld in das System gesteckt, das kann deswegen auch keine wirklichen Verbesserungen herbeiführen. Sie nehmen zu einem Großteil in der Wirklichkeit eine Umverteilung in den Kindergärten vor. Die Regelkitas bluten für die Privilegierung anderer Kindergärten. Das finde ich schade, denn die Umsetzung des Rahmenplans frühkindliche Bildung und auch die Umsetzung der Lern- und Entwicklungsdokumentation ist damit für die Hälfte der Kitas nicht einführbar.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Unglaublich, was Sie da erzählen!)

Wenn Sie sich das Ganze anschauen, das Konzept wird in jeder Sitzung anders erklärt von den Sozialdemokraten und den Grünen, die sich da auch immer wieder mit unterschiedlichen Positionen gemeldet haben. Richtig erklärt hat es bisher noch keiner. Sie wissen noch gar nicht, wie Sie es komplett umsetzen, aber zum 1.8. soll es kommen, dies ist das Einzige, das feststeht.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Sie haben es nicht verstanden!)

Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Frehe.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ahrens, Sie werden sehen, wie wir hier als Koalition mit einer Stimme sprechen.

Sie werden sich wundern, wie gut wir gemeinsam die Fortentwicklung gerade in dem Kindergartenbereich umsetzen werden. Die rot-grüne Koalition hat sich zum Ziel gesetzt, der tiefer werdenden Spaltung der Gesellschaft bei Arm und Reich entgegenzuwirken. Eine Sozialpolitik, die ihren Nahmen verdient, muss in erster Linie verhindern, dass kein Teil der Gesellschaft abgespalten wird, Chancen nicht ungleich verteilt werden und jeder Mensch sein Recht auf Teilhabe realisieren kann.

Wenn Sie, Herr Röwekamp, uns unterstellen, dass wir nur Geld verteilen wollen, und wenn Sie von der Linken dieses Geld einfach nur schöpfen und dann nur verteilen wollen, dann kann ich Ihnen entgegensetzen, unsere Sozialpolitik setzt auf Teilhabe der Bürgerinnen und Bürgern und darauf, das auch durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Daher ist ein besonderer Schwerpunkt dieses Haushalts mit 10 Millionen Euro 2008 und 18 Millionen Euro 2009, die wir vorher natürlich einsammeln mussten, um die Förderung von Jugendlichen und Kindern voranzutreiben. Ihre Entwicklungschancen bestimmen die Entwicklungen der gesamten Gesellschaft. Wir können es uns nicht leisten, bestimmte Kinder einfach abzuschreiben. Egal, aus welchen Gründen sie benachteiligt sind, ob aus sozialen, gesundheitlichen, umfeld- oder herkunftsbedingten Gründen! Migration, soziale Unterschicht, fehlende Erziehungskompetenz der Eltern, Behinderung oder Einkommensarmut dürfen nicht den Lebensweg der Kinder programmieren. Wir entwickeln mit diesem Haushalt eine Kinder- und Jugendpolitik, mit der wir den vielfältigen Problemlagen und Förderungsnotwendigkeiten von Kindern und Jugendlichen gerecht werden und damit niemanden zurücklassen.

Meine Kollegin Frau Garling wird hier noch zu dem Kindergartenbereich Näheres ausführen. Ich möchte es dabei belassen, einfach nur einmal aufzuzählen, was wir in dem Bereich machen: kostenloses und gemeinsames Mittagessen und nicht Armenküchen wie Sie, Herr Röwekamp, es hier vorschlagen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Verlängerung der Betreuungszeiten von vier auf fünf Stunden, auch in den allgemeinen KTH und nicht einfach auf Kosten der allgemeinen KTH.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Insbesondere aber auch die Förderung von KTH in benachteiligten Stadtteilen, um niemanden zurück

zulassen! Behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder werden in Schwerpunktkindergärten von einer qualifizierten Zweitkraft besonders gefördert. Das Wahlrecht der Eltern gibt ihnen die Möglichkeiten, den Kindergarten auszuwählen, in dem ihr Kind optimal gefördert werden kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Interdisziplinäre Frühförderung für behinderte und entwicklungsverzögerte Kinder wird ausgebaut, die Zahl der Plätze für Krabbelgruppen erhöht, die Finanzierung der Elternvereine von selbstorganisierten Tageseinrichtungen deutlich verbessert, die Ferienbetreuung erweitert. Das sind die Punkte, mit denen wir die Kinderbetreuung hier qualifizieren und verbessern werden.

Mit einer Neuausrichtung der Jugendhilfe verhindern wir, dass vernachlässigte Kinder unentdeckt bleiben. Da geht es eben nicht nur um diese eine Telefonnummer, sondern es geht vor allem darum, dass die Familienhilfen und Unterstützungsmöglichkeiten für die Eltern und die Kinder ausgebaut werden und dass die Zusammenarbeit mit den frühen Hilfen, den Kinderärzten und Familienhebammen verbessert wird. Das erreichen wir mit dieser Investition.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die von der Sozialsenatorin vorgeschlagene Kürzung der Mittel für die Jugendarbeit in den Stadtteilen um 400 000 Euro jährlich haben wir nicht akzeptiert. Hier hat es also keine Kürzung gegeben, da waren wir in der Deputation ja auch alle einer Meinung. Gelder aus den verschiedenen Töpfen für die Stadtentwicklung, für das WiN-Programm, also Wohnen in Nachbarschaft, den sogenannten LOS-Topf, lokales Kapital für soziale Zwecke, das Programm Soziale Stadt und Stadtumbau West, diese Mittel bringen wir zu einem Topf von zwölf Millionen Euro zusammen, die dann mit einem differenzierten Stadtteilmonitoring auf benachteiligte Ortsteile und Quartiere verteilt werden, um eine soziale Stadtentwicklung zu erreichen. Die rot-grüne Koalition verhindert so ein Auseinanderdriften in den Städten Bremen und Bremerhaven, und das muss eines unserer Ziele sein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir tun aber auch etwas für weitere Gruppen, alte Menschen. Hier wird ein Modellprojekt initiiert, mit dem alten und vereinsamten Menschen angeboten wird, sie zu Hause zu besuchen und sie dabei zu unterstützen, in dieser Wohnung zu verbleiben. Für behinderte Menschen gibt es ein Projekt, um das persönliche Budget auszuweiten, um ihnen eine selbst

bestimmte Inanspruchnahme dieser Hilfen zu ermöglichen. Bei den ALG-II-Empfängern haben wir in der Tat erreicht, dass die Umzüge, die 10 000 in der rotschwarzen Koalition sein sollten, auf ein Minimum reduziert werden. Wir haben in der Tat dazu beigetragen, was Sie von der CDU kritisieren, dass wir dieses Wohnungskarussell beenden und dass die Leute tatsächlich in einer angemessenen Wohnung verbleiben können. Frau Ahrens, über dieses GewosGutachten hinauszugehen war notwendig, aber es war auch nicht so möglich, wie es Die Linke beantragt hat, nämlich dass wir dort schrankenlos die Wohnungen fördern.

Nun noch ein Letztes zum Sozialticket, dann bin ich am Ende! Wir werden auch hier dafür sorgen, dass arme Menschen in Bremen freie Mobilität haben, wenn sie Sozialleistungen beziehen, aber wir werden nicht mit zwei Millionen Euro im Haushalt dafür sorgen, dass hier die BSAG zusätzlich finanziert wird.

Mit diesem Haushalt hat die rot-grüne Koalition ein Zeichen für mehr Bürgersinn und sozialen Ausgleich gesetzt. Sie setzt sich damit sichtbar von dem teils kleingehässigen Kürzungsritual ihrer Vorgängerregierungen ab. Daher bitte ich Sie auch, diesem Sozialhaushalt zuzustimmen. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Cakici.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bremen befindet sich in einem Zustand zunehmender sozialer Spaltung. Ein Drittel aller Kinder in Bremen und über zwei Fünftel aller Kinder in Bremerhaven leben von der Sozialhilfe.

In den ärmsten Stadtteilen Bremens betrifft das sogar die Mehrheit, nämlich bis zu 60 Prozent aller Kinder. Häufig sind es die Kinder alleinerziehender Mütter, die von Armut besonders getroffen sind. Der durchschnittliche Jahresverdienst beträgt pro Haushalt 20 000 Euro, und nicht einmal jedes fünfte Kind besucht die Oberstufe. In den reichsten Stadtvierteln ist dagegen nur eines von 50 Kindern von der Sozialhilfe abhängig. Der Jahresverdienst beträgt über 100 000 Euro, und zwei Drittel aller Kinder gehen auf die Oberstufe. Diese Aufspaltung der Bürgerinnen und Bürger in Arm und Reich verstärkt sich zunehmend.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der rot-grünen Koalition, laut Ihrer Koalitionsvereinbarung sehen Sie einen Schwerpunkt Ihres zukünftigen Regierungshandelns darin, die soziale Spaltung Bremens ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

zu bekämpfen. Das finden wir besonders gut. Die von Ihnen bereitgestellten Schwerpunktmittel sind jedoch unzureichend, um die zunehmende Spaltung auch nur merklich abzubremsen.

Zwei Dinge möchten wir anerkennen: 30 000 Kinder in Bremen müssen sich von 2,86 Euro pro Tag ernähren. Das geplante freie Mittagessen in Kindergarten und Schule ist für diese Kinder eine wertvolle Unterstützung. Zweitens finden wir es gut, dass die rotgrüne Koalition einen größeren Teil der geplanten Kürzungen im Bereich Jugend und soziale Initiativen zurückgenommen hat. Immerhin erlaubte diese Rücknahme es Ihnen, Herr Dr. Sieling, sich im „Bremer Anzeiger“ damit zu brüsten, dass Bremen uns Linke gar nicht braucht,

(Beifall bei der SPD)

weil nämlich die rot-grüne Koalition ihre eigenen sozialen Kürzungen schon selbst zurücknimmt, und das ist doch schon einmal ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Da sind wir ganz besonders stolz auf Sie.

(Beifall bei der Linken)

Trotzdem wird noch viel zu viel an Mitteln für soziale Initiativen, für Frauenprojekte, Behinderte und alte Menschen gekürzt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der rot-grünen Koalition, in Ihren Koalitionsvereinbarungen bezeichnen Sie die Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe. Auch die Förderung von Migrantinnen und Migranten definieren Sie immer wieder als Ziel. Wir fragen uns, wenn diese Aufgaben Ihnen wirklich so wichtig sind, wo sind dann die finanziellen Mittel, um ihre Umsetzung zu sichern?

(Beifall bei der Linken – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die stehen im Haushalt!)

Die Kürzungen für Migrationsprojekte sind in keiner Weise zurückgenommen worden. Der Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen wird sein Beratungsangebot verringern, das Gleiche gilt für die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen. Bei Hilfen und Leistungen für ältere Menschen werden sieben Millionen Euro gespart, und nachdem bei Frauenprojekten finanziell nachgebessert wurde, wird der Verein Nitribitt seine Beratungstätigkeit einstellen. Zudem haben Sie teilweise Rücknahmen bei Ihren Kürzungen mit anderen Kürzungen gegenfinanziert: mit Mittelkürzung bei mehrfach psychisch Behinderten und mit der Halbierung der Mittel für Frauengleichstellungsbeauftragte.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Was?)

Wir lehnen diese Kürzungen ab. Im Bereich dieser sozialen Initiativen kann man mit verhältnismäßig wenig Geld auch große Wirkungen erzielen.

(Beifall bei der Linken)

Dort zu sparen, nur weil auch der Sozialhaushalt seine vorgeschriebenen Kürzungen erbringen muss, ist einfach nur bürokratisch und lebensfern. Wir haben dementsprechend eine Reihe von Anträgen gestellt, die all diese Kürzung im Bereich sozialer Initiativen rückgängig machen. Für diese bitten wir Sie nachher auch um Ihre Zustimmung.

Zum Thema Kindergärten möchte ich auch noch einmal etwas sagen. Das ist der einzige Schwerpunktbereich der Koalition, in dem die eingesetzten Schwerpunktmittel größer sind als zuvor, das muss man hier an dieser Stelle auch noch einmal anerkennen. Von dem eingesparten Betrag von 27 Millionen Euro bleiben nach den Kürzungen immerhin noch 16 Millionen Euro übrig. Wir erkennen an, dass durch diese zusätzlichen Mittel die Kinderbetreuung in Bremen etwas besser werden wird, insbesondere für Kinder aus armen Familien und Familien mit Migrationshintergrund. Trotzdem sind die eingesetzten Mittel zur Erhöhung der Betreuungsquote in keiner Weise ausreichend.