Protocol of the Session on January 24, 2007

Die Fragen eins und zwei werden zusammen beantwortet. Zu 1 und 2: Die Umsatzsteuer-Sonderprüfungsquote ist der Anteil der abgeschlossenen Prüfungen bezogen auf die Zahl der vorhandenen Unternehmer zu Beginn des Kalenderjahres. Die Quote unterliegt in den einzelnen Finanzämtern immer gewissen Schwankungen und ist insbesondere von den jeweiligen Personalsituationen abhängig. Die Umsatzsteuer-Sonderprüfungsstellen sind relativ kleine

Verwaltungseinheiten, in denen sich nicht vorhersehbare Personalausfälle beispielsweise durch längere Krankheiten, Abordnungen oder die Einarbeitung neuer Prüfer sofort in der Prüfungsquote bemerkbar machen.

So lag die Prüfungsquote in den Jahren 2003 bis 2005 in den betreffenden fünf bremischen Finanzämtern zwischen 1,3 und 3,3 Prozent. Die Prüfungsquote hat in Bremen im Jahre 2004 2,1 Prozent und im Jahre 2005 1,9 Prozent betragen. Sie liegt damit 2004 mit 0,1 Prozent über und im Jahre 2005 genau im Bundesdurchschnitt.

Die Organisation der Prüfungsdienste obliegt den Ländern. Um die Prüfungsquote in Bremen zu verbessern, sollen die Umsatzsteuer-Sonderprüfungsstellen kurzfristig um vier Prüfer verstärkt werden. Allerdings, allein die Erhöhung der Prüfungsquote führt nicht automatisch zu einer verbesserten Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung. Vielmehr muss es das erklärte Ziel sein, die prüfungsbedürftigen Fälle herauszufiltern und diese zeitnah einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu unterziehen.

Die Finanzministerkonferenz hat deshalb beschlossen, dass es auf Bundesebene geboten ist, durch zwischen Bund und Ländern abgestimmte Maßnahmen zum Vollzug des geltenden Rechts den Umsatzsteuerausfall zu verringern. Die Maßnahmenvorschläge umfassen einen Katalog neuer fachlicher Methoden und neuer Arbeitsweisen sowie die Entwicklung eines Risikomanagementsystems zur frühzeitigen Erkennung des Betrugs. Auf Bundesebene wird zurzeit ein Sachstandsbericht zur Umsetzung der Vorschläge erarbeitet.

Zu 3: Die Mehreinnahmen haben im Jahre 2004 in tausend Euro 32 961 und im Jahre 2005 ebenfalls in tausend Euro 15 262 Euro betragen. Ergebnisse für das Jahr 2006 liegen noch nicht vor. Mehreinnahmen sind bei Anlassprüfung nicht planbar und unterliegen erfahrungsgemäß starken Schwankungen. In Bremen haben mehrere Großfälle zu den extrem abweichenden Ergebnissen in den Jahren 2004 und 2005 geführt. Gleichwohl ist festzustellen, dass die Mehrergebnisse in Bremen in den beiden Jahren die Durchschnittsergebnisse auf Bundesebene je Prüfung überstiegen haben, und zwar 2004 um 125 Prozent und 2006 um 36 Prozent. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Kollege Görtz, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich finde es eigentlich ganz gut, dass der Senat schon kurzfristig reagiert hat, vier zusätzliche Prüfer einzustellen. Ich gehe davon aus, dass dadurch wieder Mehreinnahmen generiert werden, die aber dann, glaube ich, wenn ich richtig informiert bin, in dem Länderfinanzausgleich mit verrechnet werden. Ist das so richtig?

Bitte, Herr Senator!

Die Umsatzsteuer ist eine Bundessteuer, und Bremen steht ein entsprechender Landesanteil zu. Das Land profitiert auf zweifache Weise, zum einen über den von Ihnen angesprochenen Länderfinanzausgleich, aber das ist der geringere Teil. Der direktere Teil ist unser unmittelbarer Anteil an der Umsatzsteuer, das sind circa 0,5/0,6 Prozent, das lässt sich nicht ganz genau berechnen.

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Görtz? – Bitte sehr!

Wie steht der Senat dazu, dass man vielleicht einen Teil, einen stärkeren Teil jedenfalls, von diesen Mehreinnahmen, die auf Landesebene generiert werden, in den einzelnen Bundesländern verbleiben lassen kann, dass man diese Quote jetzt erhöht?

Bitte, Herr Senator!

Das ist das generelle Thema: Wie viel verbleibt Bremen von seinen eigenen Steuereinnahmen, wie viel wird in Anführungsstrichen belohnt? Das Umsatzsteuerrecht ist insofern erst einmal inhaltlich eines der komplizierten Steuerrechtssysteme, aber andererseits auch insofern sehr schwierig zu steuern, als es EU-weit angewendet wird.

Ich erinnere daran, dass wir zunächst versucht haben, insbesondere die Bundesregierung, die dafür primär zuständig ist, auf EU-Ebene eine Veränderung des Umsatzsteuerrechts herbeizuführen, indem man verschiedene Modelle, unter anderem das sogenannte Reverse-Charge-Modell, diskutiert hat. Wir haben es bisher nicht durchgesetzt. Die anderen EU-Länder haben relativ wenig Interesse, das Umsatzsteuerrecht zu verändern, deswegen haben wir dann ab einem Zeitpunkt gemeinsam mit der Bundesregierung als Länderfinanzminister gesagt, wir müssen uns stärker auf den Vollzug und den Betrug konzentrieren.

Ich denke, dass man mit Einzellösungen, indem man eine Art Bonus ausspricht, nicht weiter kommt, sondern es muss unser Interesse sein, insgesamt in der Bundesrepublik, dass wir den Umsatzsteuerbetrug stärker bekämpfen. Wenn nur Bremen beispielsweise allein mit gutem Beispiel vorangeht, hilft das nicht, weil es uns wichtig sein muss, insgesamt – das heißt, es müssen alle Bundesländer daran teilnehmen – daran gelegen sein muss, den Umsatzsteuerbetrug zu bekämpfen und damit Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuer zu gewährleisten, weil wir dann über unseren direkten Anteil an der Umsatzsteuer den größten Bonus, den größten Leistungsanreiz haben, aber immer nur zusammen mit den anderen Bundesländern.

Herr Kollege Görtz, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wird der Senat denn die anderen Bundesländer ermutigen, diese Schritte, die das Land Bremen vollzogen hat, nachzuziehen?

Bitte, Herr Senator!

Es ist ein generelles Thema auf der Finanzministerkonferenz, es ist ein generelles Thema beim Bund. Der Bund hat natürlich auch ein sehr großes Interesse, dass die Länder, die hier den Vollzug steuern, Personal bereitstellen. Sie sprechen ja hier in Ihrer Anfrage von der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, das sind nicht die regulären Umsatzsteuerprüfungen, die noch daneben laufen und die eigentlich in Anführungsstrichen das reguläre Geld bringen. Die Sonderprüfung, die eine Anlassprüfung ist und dann durchgeführt wird, wenn ein konkreter Anlass besteht, beispielsweise, weil man befürchten muss, dass die Umsatzsteuer gar nicht mehr gezahlt wird, weil das Unternehmen bewusst in Konkurs geführt wird oder es Reihengeschäfte gibt oder was auch immer, diese Sonderprüfung, um die es ja hier geht, bringt zusätzliche Mittel ein. Natürlich haben wir alle ein Interesse, insgesamt die Umsatzsteuer zu erhöhen.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Schwarz! – Bitte sehr!

Herr Senator, eine Bemerkung vorweg: Die EU-Kommission hatte den Wunsch der Bundesregierung, das Umsatzsteuersystem zu ändern, deswegen abgelehnt, weil zunächst gefordert worden ist, größere Kontrollen durchzuführen. Darum bin ich froh, dass jetzt eine Absprache zwischen der Finanzministerkonferenz und der Bundesregierung getroffen worden ist, hier verstärkt tätig zu werden. Nun hat es das schon einmal gegeben, aber nach einem Jahr haben die Länderfinanzminister beschlossen, das abzubrechen. Meine Frage ist: Auf welchen Zeitraum bezieht sich jetzt die Planung, für ein Jahr, mehrere Jahre, und wann soll damit begonnen werden?

Bitte, Herr Senator!

Ich sagte Ihnen ja schon, das ist ein Thema, das uns seit Jahren beschäftigt, bei dem es aber zunächst zwei unterschiedliche Richtungen gab, einerseits der Versuch, das System zu ändern, weil nach unserer Auffassung das heute EUweit geltende Umsatzsteuersystem so betrugsanfällig ist, dass es wie mit einem Damm ist, wo sie laufend Sandsäcke irgendwohin schleppen müssen, weil doch irgendwie wieder Wasser austritt. Das war zunächst der Versuch zu sagen, wenn die Struktur nicht

richtig ist und man immer wieder flicken muss, müssen wir das System verändern. Da hat sich die Bundesregierung auf EU-Ebene noch nicht durchsetzen können, weil es natürlich in anderen EU-Ländern großes Interesse gibt, da nicht so genau hinzuschauen. Es hat ja auch etwas mit wirtschaftlicher Verschiebung zwischen den EU-Ländern und der Wettbewerbssituation zu tun.

Deswegen sind wir dann verstärkt – wir haben es nie aufgegeben – hingegangen und haben gesagt, dann müssen wir uns darauf einlassen und weiter am Vollzug arbeiten, wissend, dass auch unabhängig davon, wie viel Personal wir in diese Bereiche hineinsteuern, wenn wir an einer Stelle stopfen, an einer anderen Stelle neue kreative Ideen kommen. Deswegen wird das uns dauerhaft beschäftigen, solange das System nicht geändert wird. Es ist eben sehr betrugsanfällig.

Frau Schwarz, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Das bezieht sich auch auf die Vorfrage meines Kollegen: Ich bin auch erfreut, dass die Sonderprüfungsstelle um 4 Personen verstärkt werden soll. Wissen Sie, wie die anderen Länder Ihre Planung in diesem Bereich durchführen?

Bitte, Herr Senator!

Ich habe jetzt keine Details, was die Kollegen konkret vorhaben, aber es ist Beschlusslage, dass wir insgesamt, Sie haben das ja selbst zitiert, zusammen mit der Bundesregierung darauf achten, mehr Personal in die Umsatzsteuerbereiche hineinzusteuern und vor allen Dingen auch über die reguläre Umsatzsteuerprüfung hinaus in diese Sonderprüfungsbereiche mehr Personal hineinzusteuern. Das ist eine generelle Aussage!

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

Ja, bitte, eine letzte! Ist bei der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auch die Personalplanung ein Bestandteil, oder wird sie ein Bestandteil werden? Wird das auch ein Thema sein in der Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Bundesländern?

Bitte, Herr Senator!

Das ist Landeshoheit, wie wir unser Personal gestalten und wie wir das steuern. Was der Rechnungshof angemerkt hat, sind bestimmte Prüfungsquoten oder Prüfungsdichten, sind bestimmte Ergebnisse. Wir werden uns daran messen lassen müssen, das ist der entscheidende Fak

tor. Wir werden mit dem Bund nicht Personalstellen oder Zielzahlen und so weiter abstimmen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage, Frau Schwarz?

Eine Anmerkung! Es gibt leider die Vermutung, dass aufgrund der Umsatzsteuererhöhung auf 19 Prozent die Umsatzsteuerhinterziehungsbeträge noch ansteigen. Insofern ist dieser Bereich auch sehr wichtig. – Danke!

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die vierte Anfrage betrifft die Einbeziehung der Berufsschulleistungen in die Kammerprüfungen. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Ravens, Perschau und Fraktion der CDU.

Bitte, Herr Ravens!

Wir fragen den Senat:

Wie hat der Senat die von der Bürgerschaft mit Drucksache 15/713 beschlossene Einbeziehung der während der Berufsausbildung in der Berufsschule erbrachten und durch Zeugnis nachgewiesenen Leistungen sowie der durch freie Beschreibung wiedergegebenen Leistungsbeurteilung des Ausbildungsbetriebes bei den Abschlussprüfungen der Kammern umgesetzt?

Welche Hindernisse haben sich gegebenenfalls ergeben und bestehen noch fort und stehen somit einer Einbeziehung im Wege?

Welche Ansätze verfolgt der Senat zur Lösung der bestehenden Probleme?

Die Anfrage wird von Herrn Senator Lemke beantwortet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Senat hat sich mit ausdrücklichem Bezug auf den Beschluss der Bürgerschaft in das Beteiligungsverfahren zur Reform des Berufsbildungsgesetzes auf der Ebene der Kultusministerkonferenz eingebracht. Ein entsprechender Antrag Bremens stand mit der Forderung aller Länder im Einklang, die berufsschulischen Leistungsfeststellungen oder materiell gleichwertige länderspezifische Regelungen in das Gesamtergebnis der Abschluss- oder Gesellenprüfung einzubeziehen. Diese Forderung ist in einem KMK Beschluss vom 4. Dezember 2003 dokumentiert: „Die Leistungen, die Berufsschüler über mehrere Jahre hinweg kontinuierlich erbringen, finden keinerlei Berücksichtigung bei der Festlegung der Prüfungsergebnisse von Zwischen- und Abschlussprüfung. Zu einer gleichberechtigten Partner

schaft gehört auch, dass wesentliche Leistungsfeststellungen im Lernort Berufsschule gleichwertig in die gemeinsam zu verantwortende Abschlussprüfung eingehen. Bisher geäußerte verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einbeziehung von schulischen Leistungen in die Berufsabschlussprüfung sind inzwischen ausgeräumt. Die Kultusministerkonferenz fordert daher Einbeziehung der berufsschulischen Leistungsfeststellungen oder materiell gleichwertiger länderspezifischer Regelungen in das Gesamtergebnis der Abschluss- oder Gesellenprüfung.“

Zu Fragen 2 und 3: Die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in das am 1. April 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der beruflichen Bildung, Berufsbildungsreformgesetz, ist nach intensiver Diskussion zwischen Bund, Ländern und den Sozialpartnern letztlich am Widerstand der Sozialpartner gescheitert.

Paragraf 39 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes sieht jetzt lediglich die Möglichkeit einer gutachterlichen Stellungnahme „Dritter“ bei der Festlegung der Noten der Abschlussprüfung vor. Die Berücksichtigung beziehungsweise das Einholen solcher Gutachten ist somit in das Ermessen des jeweiligen autonomen Kammer-Prüfungsausschusses gestellt. Mündliche Prüfungsleistungen sind davon ausgeschlossen, da diese vom Prüfungsausschuss selbst abgenommen werden. „Dritte“ im Sinne des Gesetzes können insbesondere Berufsschulen, aber auch ausbildende Betriebe sein.

In die Gespräche zur regionalen Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes in Bremen, die der Senator für Bildung und Wissenschaft mit den Kammern geführt hat, wurde auch der vorgenannte Bürgerschaftsbeschluss einbezogen. Die Handelskammer Bremen und die Industrie- und Handelskammer Bremerhaven haben in diesen Gesprächen ihre Auffassung bekräftigt, dass dieses Anliegen nicht aus dem oben zitierten Paragrafen 39 des Berufsbildungsgesetzes hergeleitet werden könne. Das Vorhaben einer gemeinsamen Prüfung solle jedoch unter dem Dach des Projekts „Innovative Berufsbildung 2010“ in der Trägerschaft der Industrie- und Handelskammer geprüft werden.