Ich kann vorweg sagen: Es ist richtig, wir haben uns mit der CDU bisher nicht auf ein Ergebnis verständigen können, das ist aber für sich genommen – es mag ja andere Dinge geben, die dazukommen – kein Beweis dafür, dass sich diese Koalition in einem desolaten Zustand befindet. Das ist ein Thema, an dem man weiter arbeiten muss, wie ich finde.
Dazu möchte ich noch einige Sätze sagen! Wir sind als Fraktion nicht untätig gewesen, sondern wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet und Juristen und Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingeladen. Wir haben mit Vertretern des Tierschutzes diskutiert und überlegt, wie wir unserem politischen Anliegen in Form eines geeigneten Gesetzes zur Geltung verhelfen können. Tierschutz befindet sich auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung. Das heißt, der Bund kann die Dinge regeln, wenn er das will. Das hat er gemacht, übrigens zu einer Zeit, das muss ich richtig stellen, Frau Kollegin Tuczek, als die SPD die stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag gestellt hat, dies war sozusagen eine parteiübergreifende Verständigung.
Ich sagte ja, konkurrierende Gesetzgebung heißt: Der Bundesrat hat dem zugestimmt. Daran haben also alle Parteien ihren Anteil gehabt. Aber konkurriende Gesetzgebung heißt eben auch: Dort, wo der Bund eine materielle und abschließende verfahrensrechtliche Regelung getroffen hat, sind den Bundesländern die Hände gebunden. Die Bundesländer können nichts anderes und nicht mehr beschließen, als der Bund in seiner Gesetzgebung vorgesehen hat. So ist dies weitestgehend auf dem Gebiet des Tierschutzes. Das heißt, wir können uns an den Bundesrat mit
der Bitte wenden, eine Gesetzesinitiative an den Bundestag zu richten. Das hat das Land Schleswig-Holstein gemacht. Es ist damit schon in einem Ausschuss des Bundesrates gescheitert, die Sache ist dort also nicht weiter verfolgt worden.
Der Entwurf, den Sie uns hier als Landesgesetz präsentiert haben, ist im entsprechenden Wortlaut in einigen anderen Länderparlamenten von den Grünen eingebracht worden. Ich weiß, dass diese Gesetzentwürfe in Baden-Württemberg und Berlin gescheitert sind. Sie sind abgelehnt worden, und zwar jeweils mit der Begründung, dass eine verfassungsrechtliche Zuständigkeit für ein solches Gesetz bei den Ländern nicht gegeben ist. Ich finde, das gehört dazu, wenn man über dieses Thema redet, um das ordentlich beurteilen zu können.
Der Bund hat, das sagte ich Ihnen schon, umfassende Regelungen getroffen bis hin zu Besonderheiten im Genehmigungsverfahren, die für die Frage, wie wir in verfahrensrechtlicher Hinsicht damit umgehen können, von Bedeutung sind, Verfahren, die das Verwaltungsverfahrensrecht sonst nicht kennt. Das Gesetz schützt Tiere umfassend, es gibt ja auch einen strafrechtlichen Schutz, aber es sind Tierversuche privilegiert, was im Gesetz daran deutlich wird, dass eine beantragte Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Verwaltung nicht innerhalb einer bestimmten Frist eine Genehmigung ausdrücklich abgelehnt hat.
Wenn man das liest, dann sieht man schon auf den ersten Blick, dass es nicht mit dem Vorschlag zusammenpasst, hier eine Anfechtungsklage für Verbände allgemein einzuführen, weil das natürlich nicht zusammengeht. Womit soll sich denn eine solche Klage auseinandersetzen, wenn die Verwaltung gar nicht tätig geworden ist und gar keine Begründung gegeben hat, weshalb sie keine Entscheidung getroffen hat? Das passt nicht. Schon deshalb geht das mit diesem Gesetzentwurf, wie er von den Grünen im ersten Durchgang präsentiert worden ist, nicht zusammen. Wir sind jedenfalls, auch aus anderen Gründen, im Ergebnis zu der Auffassung gelangt, dass eine Anfechtungsklage aus verfassungsrechtlichen Gründen in einem bremischen Gesetz nicht beschlossen werden kann, weil der Bund von seiner Kompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat.
Wir sagen aber auch: Wir wollen eine Verbesserung. Wir müssen aber die verfassungsrechtlich gegebenen Vorgaben beachten, und das heißt: Anfechtungsklage geht nicht. Das sagen uns das Justizressort, die Juristen aus dem Gesundheitsressort, die Juristen aus dem Wissenschaftsressort und auch Gutachten, die speziell zu diesen Fragen eingeholt worden sind. Also haben wir überlegt, welchen Spielraum wir haben, und wir sind auf die Idee gekommen, dass wir eben keine Anfechtungsklage zulassen wollen, sondern eine Feststellungsklage. Frau Dr. Mathes, das ist etwas ganz anderes, als Sie in Ihrem zweiten Gesetzentwurf vorgelegt haben. Das hat sozusagen
gar nichts miteinander zu tun. Deshalb ist es völlig falsch, wenn Sie jetzt sagen, Sie hätten unseren Entwurf übernommen. Das ist überhaupt nicht der Fall! Sie haben Ihren alten Entwurf leicht modifiziert wieder eingebracht, aber es ist eben nicht das, was wir als Idee entwickelt haben.
Wir als SPD beziehen uns auf die Verbandsklage, wie sie zum Beispiel im Bremischen Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung vorgesehen ist. Dort können die anerkannten Verbände eine Feststellungsklage auf die Feststellung des Verwaltungsgerichts erheben, dass bestimmte Vorgaben des Gesetzes nicht eingehalten worden sind. Das bedeutet eben, dass ein erlassener Verwaltungsakt nicht durch eine Entscheidung des Gerichts beseitigt wird, sondern das Gericht macht eine deklaratorische Feststellung, die sich nicht auf den Verwaltungsakt auswirkt, ihn also nicht beseitigt, aber natürlich eine Wirkung für alle anderen Entscheidungen hat, die die Verwaltung in Zukunft treffen wird.
Das wollen wir, das halten wir auch für den Bereich des Tierschutzes für vernünftig, und dazu wollen wir umfassende Informations- und Anhörungsrechte für die anerkannten Verbände des Tierschutzes, soweit sie im Lande Bremen tätig sind. Das ist, wie wir finden, ein sehr vernünftiger Weg. Das ist etwas, das verfassungsrechtlich geht. Das hat uns das Justizressort bestätigt.
Ich sage aber auch dazu, weil wir mit dem Thema seriös umgehen: Das ist nicht hundertprozentig das, was die Tierschutzverbände erwarten und wollen. Der Bremer Tierschutzverein sagt uns zum Beispiel, das ist nicht alles, was wir wollen, aber das ist ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Politik besteht ja nicht nur darin, dass man alles sofort bekommen kann, sondern dass man sich auch in kleinen Schritten zum Ziel bewegen kann.
Das ist unser Vorschlag, so wollen wir das machen. Das heißt, wir wollen mit einem solchen Verfahren dafür sorgen, dass in tierschutzrechtliche Genehmigungsverfahren mehr Transparenz und mehr Überprüfung kommt. Das ist unser Ziel.
Ich möchte mich jetzt in keine juristische Auseinandersetzung begeben. Ich möchte aber eine Frage an Sie stellen. Wenn Sie sagen, dass das, was wir jetzt
eingereicht haben, nicht wasserdicht genug ist, und das, was Sie machen, juristisch wasserdichter ist: Ich möchte an der Stelle betonen, wir sind nach wie vor der Auffassung, dass auch die weitreichendere Verbandsklage, wie wir sie vorschlagen, möglich ist. Es gibt hier mehrere juristische Einschätzungen, und ich sage immer, wo drei Juristen beieinander sitzen, gibt es auch drei Meinungen. Wenn man es politisch wollte, könnte man sich darauf einlassen, das ist unsere Überzeugung. Die Frage, die ich aber stellen möchte, ist die: Warum bringen Sie nicht Ihren Vorschlag heute hier auch als Gesetzentwurf ein, damit wir hinsichtlich der Rechte der Tiere endlich einmal ein Stückchen weiterkommen? Das könnten Sie doch gut machen. Wenn Sie sagen, ich habe die tolle Lösung, und das ist richtig, und das machen wir, dann, glaube ich, wären sogar wir Grünen auf Ihrer Seite!
Frau Dr. Mathes, das ist ja der etwas durchsichtige und deshalb auch nicht besonders geschickte Versuch, die bremische Öffentlichkeit etwas zu „verkohlen“, wie man so umgangssprachlich sagt. Sie wissen ja ganz genau, ich wollte nochmal darauf kommen: Ich habe Ihnen vorhin gesagt, wir haben uns letztlich nicht mit der CDU verständigen können. Nach dem Koalitionsvertrag, den wir geschlossen haben, können wir einen Gesetzesantrag hier nur einbringen, wenn wir auch die Unterschrift unseres Koalitionspartners haben. Die haben wir nicht. Sie wissen natürlich ganz genau, wie die Zusammenhänge sind, Frau Dr. Mathes, denn auch wenn wir eine andere Koalition mit einer anderen Partei hätten, dann wäre es nicht anders, dann wären wir auch darauf angewiesen, dass der jeweilige Koalitionspartner einen Gesetzesantrag mit unterschreibt.
Ich finde es nicht ganz in Ordnung, was Sie bei diesem Thema versuchen, das viele Menschen in Bremen bewegt. Der Tierschutzverein hat mehrere zigtausend Unterschriften für ein Verbandsklagerecht gesammelt. Ich finde, die Leute, die sich darum so bemühen, haben einen Anspruch darauf, dass man sich mit ihrem Anliegen vernünftig, seriös auseinandersetzt.
Wir tun das, wir geben uns damit sehr viel Mühe. Wenn Sie sagen, drei Juristen, vier Meinungen, das haben Sie richtig ausgedrückt! Wenn mehrere Juristen zu einem Thema gefragt werden, erlebt man es häufiger, ich kenne mich da ganz gut aus, dass sie unterschiedlicher Meinung sind.
In diesem Fall aber ist es so, dass die Juristen, die in der Verwaltung, egal in welchem Bereich, tätig sind und die wir sonst gefragt haben, uns allesamt sagen, dass der Vorschlag, den Sie gemacht haben, verfassungsrechtlich nicht geht. Ich meine auch, dass die Juristen, die der Tierschutzverein gefragt hat, eine
entsprechende Auskunft gegeben haben. Das sollten Sie sicherheitshalber dort noch einmal nachfragen.
Wie gesagt, wir haben uns mit der CDU zu diesem Thema nicht abschließend verständigen können. Wir sind da sozusagen aber nicht auf Krawall gegeneinander gebürstet, sondern wir hatten verabredet, dass wir darüber noch einmal reden wollen. Deshalb sind wir sehr dafür, dass dieser Antrag, den Sie hier stellen, noch einmal an den Rechtsausschuss überwiesen wird. Da haben wir Gelegenheit, noch einmal mit unserem Koalitionspartner zu sprechen. Ich bin nach wie vor guter Dinge und hoffe, dass wir bei dem Thema weiterkommen, weil wir einen vernünftigen Vorschlag entwickelt haben. Ich habe noch eine gewisse Hoffnung, dass unser Koalitionspartner sich dem am Ende nicht wirklich verschließen wird. – Schönen Dank!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Weil ich ja nun beim letzten Mal auch schon mit diesem Thema beschäftigt war, habe ich es mir dann, ehrlich gesagt, nicht nehmen lassen, mich damit jetzt auch weiter zu beschäftigen. Da danke ich Herrn Grotheer, dass wir uns da auch so einigen konnten.
Nachdem wir jetzt die rechtlichen Ausführungen sehr gut gehört haben, möchte ich noch einmal bekräftigen, dass unserer Fraktion sehr an einer Einführung des Verbandsklagerechts gelegen ist. Ich will in keiner Weise mir persönlich und unserer Fraktion unterstellen lassen, wir ließen es hier jetzt irgendwie so schlapp vor sich hindümpeln. Das ist nicht so!
Wenn es jetzt zu einem Verbandsklagerecht kommt – ich bin selbst Juristin –, dann kann ich nur sagen, dass es nur in einem Rahmen möglich ist, der auch machbar ist und letzten Endes dann auch den Effekt erzielt, den man damit erreichen will. Ich denke, dass ich da auch im Sinne der Tierschützer spreche, die natürlich mehr wollen, aber auch genügend Sachverstand in die ganze Debatte, in die Diskussion einbringen, um zu wissen, dass eben nicht mehr als möglich geht. In diesem Sinne danke ich auch noch einmal den Tierschützern für ihr ständiges Bemühen in dieser, aber auch in anderer Hinsicht im Sinne des Tierschutzes.
Wenn ich jetzt hier stehe und gerade die Lobpreisungen von Frau Tuczek höre, wie weit Sie sich für den Tierschutz eingesetzt haben, ist es alles gut und ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
schön, aber dann möchte ich auch bitten, sich innerhalb dieses Themas ein bisschen mehr einzubringen und nicht alles nicht gerade nach vorn zu bringen, sagen wir es einmal so! Ich würde mich freuen, wenn Sie die ethischen Aspekte in den Vordergrund stellen, die dahinter stehen, die auch uns leiten, dieses Thema weiter zu verfolgen. Es geht nicht, worauf Sie im Grunde primär abgehoben haben, um die Tierversuche, um das Abschaffen der Affenversuche, wobei ich meine, dass es schon ein Ziel ist, hinter dem ich stehen würde, es geht um den Tierschutz als solchen, um den Tierschutz als nunmehr verfassungsrechtlich verbrieftes Recht und darum, diesem dann auch zu faktischer Geltung zu verhelfen. In diesem Sinne wird also unsere Fraktion weiterhin diesem Thema verbunden bleiben, und wir hoffen, dann auch mit Erfolg. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, aus den Reihen der Abgeordneten habe ich keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen. Frau Staaträtin, Sie auch nicht? Dann liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Wer das Gesetz über das Verbandsklagerecht – –. Nein, es ist ja jetzt Überweisung von Herrn Grotheer beantragt worden.
Meine Damen und Herren, es ist Einigung darüber erzielt worden, die erste Lesung zu unterbrechen und das Gesetz über das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände, Drucksache 16/1093, zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss zu überweisen.
Wer der Unterbrechung der ersten Lesung und der eben genannten Überweisung des Gesetzesantrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!