Protocol of the Session on June 14, 2006

Nach der Beschlussfassung über den Haushalt ist es gemeinsame Aufgabe aller politisch Verantwortlichen, im Zusammenhang mit dem Klageverfahren ein längerfristiges, nachhaltiges Sanierungskonzept für die Sicherung der Selbständigkeit Bremens zu erstellen. Die eingeleitete Kehrtwende in der Finanzierung von Zukunftsinvestitionen, der Verzicht auf Vorgriffe in die Zukunft sind erste wichtige Schritte, die inhaltliche Anpassung aller Förderprogramme

muss folgen. Der neue Hochschulgesamtplan wird für den Sommer erwartet.

Von den Grünen haben wir bisher wenig Konkretes zu einer nachhaltigen Sanierungskonzeption gehört. Die Forderung einer weiteren Reduktion der Vorverpflichtungen allein verkennt wegen der hohen Verpflichtungsgrade schlichtweg die Realität.

(Abg. Frau S t a h m a n n (Bündnis 90/Die Grünen]: Den habt ihr ja gemacht!)

Der vorgelegte Finanzrahmen genügt den gesetzlichen Anforderungen. Der Senat hat eine entsprechende Erklärung im Haushalts- und Finanzausschuss abgegeben. Wir Sozialdemokraten unterstützen nachhaltig die Forderung nach einer Finanzplanung, die auch in der mittelfristigen Perspektive Schwerpunkte bremischer Politik nach Politikfeldern aufzeigt. Was die Grünen dabei eigentlich mit Strukturveränderungen meinen, das ist mir schleierhaft.

Mit den Vorwürfen zur Verletzung des Artikels 132 liegen sie schlichtweg falsch. Kreditermächtigungen des Kapitaldienstfonds sind im Haushaltsgesetz und damit Bestandteil parlamentarischer Beschlüsse, ebenso die Zuweisungen an Gesellschaften, deren Aufträge in der Beleihung durch das Parlament beschlossen und vom Gericht bestätigt wurden, wie die Grünen eigentlich wissen müssten.

Wir Sozialdemokraten sind klar positioniert, was die Frage der Überprüfung der Gesellschaften anbelangt. Hier müssen eventuell nicht effiziente Strukturen wieder verändert werden. Erste Schritte sind unternommen, Beispiel BIG, die Überprüfung des Liegenschaftswesens wird folgen. Das kann auch bedeuten, Gesellschaftstätigkeit wieder zu den Ressorts zu bringen. Die gesetzliche Regelung für mehr parlamentarische Kontrolle wird auch von uns gefordert, die Notwendigkeit aber leider nicht von unserem Koalitionspartner gesehen.

An dieser Stelle frage ich allerdings auch, warum der parlamentarische Beteiligungsausschuss seit längerem nicht mehr getagt und sich mit diesen Fragen beschäftigt hat. Vorsitzender und damit Einlader ist der Vertreter der Grünen! Wir werden auch in diesen Fragen weiter Druck machen.

(Beifall bei der SPD)

Bürgerbeteiligung in Haushaltsfragen einzufordern klingt erst einmal gut. Sie muss aber so organisiert werden, dass auch wirklich alle gesellschaftlichen Gruppen partizipieren können. Populistische Forderungen nach einer „Scheinbeteiligung“ oder einseitige Klientelbefriedigung helfen da nicht weiter. Wir sollten uns gemeinsam inhaltlich mit möglichen Beteiligungsformen wie zum Beispiel dem Internethaushalt in Hamburg auseinander setzen.

Das populistische Gegeneinanderstellen von Ausgaben seitens der Grünen mag als Opposition legitim sein, hilft in unserer Situation aber nicht wirklich weiter. Öffentliche Förderung erfolgt auf Grundlage geltender parlamentarisch beschlossener Förderprogramme. Die Hotelförderung in der Stadt Bremen wird auf Drängen der SPD noch in diesem Jahr eingestellt werden!

(Beifall bei der SPD)

Die Kunst der Politik besteht nicht allein darin, alle Angebote für die Bürger zu erhalten und zu erweitern. Gerade in einer Phase der Haushaltskonsolidierung muss geprüft werden, was der Daseinsvorsorge und Vermögenssicherung dient und damit unerlässlich ist, was die Wirtschafts- und Finanzkraft des Landes sichert oder hebt und was vor allem Arbeitsplätze sichert und schafft! Gleichzeitig aber muss auch geprüft werden, was unter Abwägung aller Interessen verzichtbar ist. Alles andere würde bedeuten, sich aus der Gesamtverantwortung zu verabschieden. Wir Sozialdemokraten werden uns dieser Gesamtverantwortung auch weiterhin stellen.

(Beifall bei der SPD)

Erstaunlich ist, dass die Grünen die Zukunft Bremens in einer konsequenten und gerechten Sparpolitik sehen. Was soll das bedeuten? Wir Sozialdemokraten jedenfalls setzen uns für eine sozial ausgewogene Politik ein, auch wir werden sparen müssen, aber sollen wir deshalb aufhören, gestalten zu wollen? Eindeutig nein! Spannend ist auch, dass in der folgenden Aufzählung der klaren Orientierung der Grünen für die Worte Familien und Arbeit kein Platz mehr vorhanden war. Übrigens, ein kleiner Hinweis, wir diskutieren im Landtag über Bremen und Bremerhaven, auf sechs Seiten Antrag der Grünen war für Bremerhaven zumindest kein Platz.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Stimmt doch gar nicht!)

Im Rahmen der geringen Handlungsspielräume eines Haushaltsnotlagelandes sind Prioritäten im Vorfeld der Haushaltsberatungen gesetzt worden, darauf bin ich bereits eingegangen. Wenn sich die Grünen mit den vorgelegten Haushalten noch besser beschäftigt hätten, dann hätten sie zum Beispiel merken müssen, der Haushalt weist keine neuen Gewerbeerschließungen aus. Die noch zum Zuge kommenden Erschließungen arrondieren, Vorratsflächen werden reduziert, bevor weitere Erschließungen stattfinden. Die Nutzung der NUZ-Flächen im Technologiepark zeigt Augenmaß.

Zu behaupten, die Wirtschaftsförderung beschränke sich auf Großunternehmen, ist absurd, das sollten auch die Grünen besser wissen! Bremen ist aber nach wie

vor ein industriell geprägter Standort, und das ist gut und sollte auch von der Politik wegen der dort vorhandenen Arbeitsplätze nicht ignoriert werden!

(Beifall bei der SPD)

Gesundheitswirtschaft ist bereits Bestandteil bremischer Innovationspolitik, aber es ist noch klarer zu definieren, was damit gemeint ist, wo denn wirklich Chancen liegen. Bremen zu positionieren muss dabei unsere Aufgabe sein und nicht nur auf allgemeine Schlagwörter aufzusetzen.

Zur Forderung der vollständigen Integration des Anschlussinvestitionsprogramms! Die SPD-Bürgerschaftsfraktion fordert seit längerem einen integrierten Investitionsansatz, der eine Beurteilung nach drei Kriterien vornimmt: Substanzerhalt, Stichwort Vermögenssicherung, Standortstärkung zur Sicherung und Schaffung von Arbeitplätzen, das sind die Investitionen Wirtschaft, Wissenschaft, Infrastruktur, Kultur, und Lebensqualität, für uns ganz wichtig, Stichwort Einwohnergewinnung.

Die Forderung nach vollständigem Verzicht auf Vorverpflichtungen ist absolut realitätsfern und bedeutet nichts anderes als die Rückkehr zur überkommenen Kameralistik. Nachhaltige Investitionen können systemimmanent auch über mehrere Jahre, nicht nutzungsorientiert, abfinanziert werden, aber, und das sage ich hier ganz deutlich, mit klaren Spielregeln, die einzuhalten sind. Darauf werden wir Sozialdemokraten im Haushaltsausschuss weiter achten und notwendige Änderungen vorschlagen.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin D r. M a t h e s übernimmt den Vorsitz.)

Im Haushalts- und Finanzausschuss werden wir im Rahmen des Controlling darüber sprechen, wie die Inanspruchnahme von Deckungsfähigkeiten deutlich gemacht werden kann. Bereits jetzt wurden auch auf Vorschlag der SPD in einigen Fällen Deckungsfähigkeiten durch entsprechende Haushaltsvermerke eingeschränkt. Ich bin guter Hoffnung, dass es uns gemeinsam gelingen kann, auch die CDU von weiteren Einschränkungen zu überzeugen, um die verfassungsrechtlich vorgegebene Bedeutung des Parlaments nicht weiter zu schmälern.

Eine Ausweitung der Investitionstätigkeit wird von den Grünen kategorisch ausgeschlossen. Meinen Sie das eigentlich wirklich ernst?

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, sicher!)

Wie wollen Sie sich denn verhalten, wenn plötzlich Großunternehmen mit Ansiedlung drohen, eine hohe Anzahl von Arbeitsplätzen zum Beispiel in Bremerhaven schaffen wollen? Die Grünen verzichten auf

notwendige öffentliche Infrastruktur, verweisen im Rahmen der Metropolregion auf freie Flächen in Niedersachsen, sollen wir uns das so vorstellen?

Sie fordern die Aufnahme aller bekannten absehbaren finanziellen Belastungen in die Finanzplanung, das ist richtig. Die Kosten des Jade-Weser-Ports sind in der absehbaren Höhe veranschlagt worden, darüber haben wir im Haushalts- und Finanzausschuss ausführlich diskutiert. Wir sind nicht bereit, übertriebene Forderungen aus Niedersachsen ohne weiteres zu begleichen, und unterstützen ausdrücklich die Position des Senats. Im Übrigen sollten wir ein solches zukunftsweisendes Projekt nicht unnötig durch unsachliche oder durch ungerechtfertigte Diskussionen belasten.

(Beifall bei der SPD)

Die notwendigen Finanzierungen für das Klinikum Mitte werden selbstverständlich in einen Finanzplan eingebaut werden müssen, aber bitte erst dann, wenn es soweit ist und die Finanzierungskosten für Bremen valide abgeschätzt werden können!

(Beifall bei der SPD)

Mit den vorgelegten Haushalten werden auch wichtige Investitionen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in die Krankenhäuser in Bremerhaven ermöglicht.

Wir Sozialdemokraten erwarten im Rahmen einer detaillierteren Finanzplanung und eines Sanierungskonzeptes, dass auch alle Ausgaben auf den Prüfstand kommen, dabei darf es in der Analyse keine Tabus geben. Klarheit über die wirkliche Ausgabenhöhe – zum Beispiel versteckte Subventionierung durch Überlassung mietfreier Räume –, den Zweck und die Zielerreichung öffentlicher Förderung ermöglichen erst danach eine politische Prioritätensetzung, orientiert an gesellschaftlicher Notwendigkeit im Rahmen des vorgegebenen Finanzrahmens. Der Finanzrahmen bestimmt die Höhe der Gesamtausgaben, er darf aber nicht die Politik ersetzen!

(Beifall bei der SPD)

Ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung kann auch die Senkung von Planungs-, Projekt- und Betriebskosten sein. Hier hat die Bürgerschaft im Juni 2005 den Antrag „Kostenreduzierende und effiziente Ausbaustandards im Hoch- und Tiefbau“ beschlossen. Dabei ging es um die Erarbeitung und Einführung verbindlicher Standards mit dem Ziel der Projekt- und Betriebskostensenkung. Die Richtlinien sollen für alle Ressorts, Gesellschaften, Zuwendungsempfänger verbindlich sein, die öffentliche Mittel einsetzen. Trotz der allseits bekannten Haushaltsnotlage und der neu

erlichen Klage in Karlsruhe beschränkt sich der Senat bisher auf die Einrichtung von Arbeitsgruppen. Auch hier gibt es viel zu tun!

Für die weitere Diskussion ist eine Information des Haushalts- und Finanzausschusses über sämtliche Verbindlichkeiten in einer Auflistung erforderlich. Die vollständige Information darüber ist übrigens auch im Haushaltsgesetz vorgesehen.

Eine Diskussion über den nationalen Schuldenfonds, wie von den Grünen angeregt, ist eine eigene Debatte wert. Dies ist kein Allheilmittel, die Zustimmung aller Länder ist fraglich. Die Schulden werden zwar verteilt, müssen aber dennoch abfinanziert werden. Der Kern der Bremer Klage auf Teilentschuldung ist derzeit der richtige und alternativlose Weg!

Einnahmesteigerungen aufgrund der Steuergesetzänderungen sind entsprechend im Haushalt eingebaut ohne entsprechende Mehrausgaben, das heißt, die von den Grünen geforderte Verringerung der Kreditaufnahme ist umgesetzt.

Es gibt auch bereits eine erhebliche Reduzierung der geplanten Investitionen im Finanzplanzeitraum. Sie entspricht einer Absenkung auf das Niveau Hamburgs bis 2012. Das Berliner Investitionsverhalten ist nicht sachgerecht, wir haben bereits unsere Erfahrung durch Verzicht auf Gebäudesanierungen aus den früheren Jahren gemacht. Zukunftsinvestitionen müssen eine adäquate Antwort auf die Strukturprobleme Bremens und besonders Bremerhavens sein und sind auch weiterhin erforderlich.

Ein rein fiskalischer Sanierungsweg reduziert Politik zum Buchhalter. Nichts gegen diesen Berufsstand! Es muss aber auch weiterhin darum gehen, die Wirtschaftskraft Bremens zu stärken, die Lebensqualität zu erhalten und gleichzeitig über eine Reform des Länderfinanzausgleichs zu einer gerechten Berücksichtigung dieser Wirtschaftskraft zu kommen.

Der Benchmarkprozess ist ein dynamischer Prozess und läuft bereits. Da wir in vielen Bereichen bereits unterdurchschnittlich sind, dürfte sich das Einsparpotential daraus in Grenzen halten. Im Haushalts- und Finanzausschuss beschäftigen wir uns regelmäßig damit, und auch alle Fachdeputationen haben uns über ihre Diskussion zum Bericht informiert. Ganz wichtig ist, dass wir für die Fortschreibung des Benchmarks auch die richtigen Vergleichsindikatoren herausarbeiten!

Zu den einzelnen Vorschlägen der Grünen wird es die Diskussion im Rahmen der Beratungen zu den Haushalten geben. Die nachfolgenden Wünsche der Grünen lassen jedenfalls erkennen, dass das mit einer Vorstellung über eine wirklich nachhaltige Verbesserung der Haushaltsstrukturen wohl doch nicht so einfach ist. Es handelt sich um ein Konglomerat von altbekannten Forderungen der letzten Jahre, ohne dass deutlich wird, welchen Beitrag die Vorschläge

im Einzelnen zu einer nachhaltigen Finanzpolitik leisten sollen und wie diese zu finanzieren sind. Ob das ein Grund dafür ist, dass es keine Einzelanträge gibt? So erspart man sich nämlich die Mühe, konkrete Deckungsvorschläge zu unterbreiten. Wir haben uns dieser Mühe unterzogen und verzichten auf eine Vielzahl wünschenswerter Anträge, die leider nicht zu realisieren sind.

Die Forderung nach langjährigen Kontrakten sollte nicht nur für einige ausgewählte Einrichtungen gelten, wie Sie sie erheben, wir fordern gleiches Recht und Planungssicherheit auch für die vielen Einrichtungen, in denen hohes bürgerschaftliches Engagement in den Stadtteilen wertvolle Arbeit zum Zusammenhalt der Gesellschaft leistet und obendrein gesellschaftlich wichtige Aufgaben durch oftmals geringe öffentliche Zuschüsse geleistet werden.

(Beifall bei der SPD)

Den Antrag der Grünen werden wir ablehnen. Allerdings hätten wir uns gewünscht, frühzeitig den einen oder anderen Aspekt auch in den Haushaltsberatungen aufgreifen zu können. Dennoch bleibt unsere Bereitschaft, mit allen demokratischen Fraktionen gemeinsam für die Zukunft des Landes Bremen und im Interesse der Bürger und Bürgerinnen Bremens und Bremerhavens Perspektiven einer nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzpolitik zu entwickeln. Das wird die größte Herausforderung der kommenden Jahre sein! – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Linnert.