Wer diesem Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 16/798 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Ich gehe davon aus, Frau Senatorin Röpke, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD nicht mündlich wiederholen möchten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 23. Juni 2005, so lange dauert es manchmal, bis man hier ein Thema debattieren kann, das einem eigentlich auf den Nägeln brennt, las ich in der „Nordsee-Zeitung“: „Für Kindergeld künftig nach Bremen fahren – Arbeitsagentur löst Familienkasse auf.“ Ich möchte Ihnen auch den Kommentar dazu nicht vorenthalten, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Unverschämte Vorgehensweise! Positive Meldungen aus der Arbeitsagentur sind schon lange Mangelware. Seit der Arbeitsmarktreform Hartz IV hat sie ihren erhofften Nimbus als moderner Dienstleister endgültig verspielt. Das Chaos regiert in dem unübersichtlichen Gestrüpp aus Zuständigkeiten und mangelnder Erreichbarkeit. Besonders schlimm: Bei gravierenden Entscheidungen wie der Verlegung der Familienkasse nach Bremen wird die Kommune schlichtweg ausgeblendet, und das bei 25 000 betroffenen Familien. Vollendete Tatsachen statt Dialog! Unverschämter kann eine Bundesbehörde kaum agie––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Dass die Familienkasse in Bremerhaven geschlossen werden soll, hat man einmal so eben nebenbei aus der Zeitung erfahren, und zwar so kurzfristig, dass man als Politiker auch keine Möglichkeit mehr hatte zu versuchen, dagegen etwas zu unternehmen. Selbst die Mitarbeiter der Familienkasse in Bremerhaven waren von der Schließung zu dem Zeitpunkt völlig überrascht und hatten nicht damit gerechnet. Es ist übrigens die erste Familienkasse, die zusammengelegt wurde.
Wie der Senat mitteilt, hat der Vorstand der Bundesagentur die Errichtung einer besonderen Dienststelle Familienkasse zum 1. Februar 2005 beschlossen. Da wäre es wohl angebracht gewesen, den Magistrat und den Senat rechtzeitig über die vorgesehenen Veränderungen zu informieren. Das ist bedauerlicherweise nicht geschehen. Wieder werden Institutionen aus Bremerhaven abgezogen und nach Bremen verlegt. Damit gehen Arbeitsplätze verloren, die wir in Bremerhaven so dringend brauchen. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion kritisiert das Vorgehen aufs schärfste.
Das bedeutet, dass jetzt zirka 25 000 Kindergeldempfänger aus Bremerhaven und der Region über 120 Kilometer, nämlich hin und zurück, nur für Behördengänge nach Bremen fahren müssen. Es gab wütende Proteste von den Betroffenen, und dass Leute davon kaum Gebrauch machen müssen, ist auch falsch. Insbesondere bei der Gewährung von Kindergeld, jetzt auch durch die Hartz-Gesetzgebung, wegen Fortzahlung beim Studium oder bei individuellen Fällen muss man schon vor Ort erscheinen. Wenn es anders wäre, könnte man ja ganz auf regionale Anlaufstellen verzichten.
Nun sagt der Senat in seiner Antwort, dass er mangels Zuständigkeit keine Möglichkeit sieht zu intervenieren. Ich sehe das anders und sehe sehr wohl eine Möglichkeit, da etwas zu unternehmen. Das Bundesamt für Finanzen hat die Zuständigkeit für Kindergeldzahlungen und das, was damit zusammenhängt, im Rahmen der Organleihe der Bundesagentur für Arbeit übertragen und sie beauftragt, für die Finanzverwaltung die Abwicklung der Kindergeldzahlungen zu übernehmen.
Das Bundesamt für Finanzen hat auch in dieser Sache die Fachaufsicht und zahlt auch die damit verbundenen Personalkosten. Also ist es auch in erster Linie zuständig für das, was dort passiert. Gemäß Paragraph 5 Absatz 1 Nummer 11 Finanzverwaltungsgesetz kann der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit die Entscheidungszuständigkeiten für Kindergeldansprüche verändern. Das ist auch eine Vorgabe der Finanzverwaltung, und das hat der Vorstand der Bundesagentur auch getan, indem er den Bereich
des Kindergeldes aus den Agenturen herausgelöst hat, um die Agentur auf ihre Kernaufgaben zurückzuführen. Dem hat der Verwaltungsrat zugestimmt, und in diesem Verwaltungsrat ist das Land Bremen vertreten und kann dort Einfluss nehmen.
Richtig wäre es gewesen, wenn die Bundesagentur sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren will, den Antrag oder den Auftrag an das Bundesamt für Finanzen zurückzugeben, und das hätte dann entscheiden müssen, wer die Arbeiten ausführt. Insoweit hat natürlich auch der Finanzsenator die Möglichkeit, sich einzumischen. Wir unterstützen es, wenn Kosten eingespart werden sollen und Dienststellen zusammengelegt werden, wenn es notwendig ist, aber es muss Sinn machen, meine Damen und Herren. Dies hier macht keinen Sinn! Die Bundesagentur spart keine Kosten, denn die werden voll vom Finanzministerium erstattet.
Wenn es denn so ist, dass der Publikumsverkehr sich in Grenzen hält, hätte man natürlich genauso gut die besondere Dienststelle Familienkasse in Bremerhaven ansiedeln können. In Bremerhaven haben damals neun Mitarbeiter für die Familienkasse gearbeitet, und nach meinen Informationen arbeiten jetzt in Bremen zirka 25 Personen. Diese Arbeitsplätze hätten wir gut in Bremerhaven gebrauchen können.
Meine Damen und Herren, was die Erreichbarkeit, insbesondere die telefonische Erreichbarkeit, sowohl der Arbeitsagentur als auch der Familienkasse betrifft, ist diese alles andere als zufrieden stellend. Sie können ja einmal versuchen, dort jemanden zu erreichen! Entweder ist besetzt, oder die Stimme vom Callcenter sagt: Zurzeit ist diese Rufnummer leider nicht erreichbar, bitte rufen Sie später an. Nur, kein Mensch weiß, wann später ist! Ich habe letzte Woche wiederholt versucht, dort noch einmal anzurufen, man kommt an keinen Anschluss heran.
Auch die Öffnungszeiten der Familienkasse sind alles andere als kundenfreundlich. Mittwochs ist dort ganz geschlossen, und bis auf donnerstags kann man die Familienkasse nur vormittags erreichen. In Bremerhaven kann man übrigens die Unterlagen oder Kindergeldanträge, wie es in der Antwort des Senats steht, nicht bei der Agentur abgeben. Dort gibt es lediglich einen Briefkasten, in den man die Unterlagen einwerfen kann, deswegen haben wir auch gefordert, dort wenigstens eine Art Zweig- oder Anlaufstelle einzurichten. Viele Leute haben leider Probleme bei der Antragstellung und brauchen Beratung und Unterstützung, deswegen müssen sie nicht extra nach Bremen fahren. Das ist unmöglich!
tiv betroffen ist, das Chaos macht sich jetzt auch in Bremen breit. Rund 7000 Anträge auf Kindergeldzahlung, das konnte man im letzten Monat in der Zeitung lesen, sind noch unerledigt. Die Familien müssen bis zu fünf Monate auf ihr Geld warten, und die meisten Familien sind auf das Geld angewiesen, wobei auch noch festgestellt worden ist, dass oft die Zuständigkeiten nicht klar sind, aber so etwas kommt natürlich vor, wenn man nicht beraten wird.
Was macht die Familienkasse? Jetzt ist erst einmal zusätzliches Personal eingestellt worden, und bis zum Jahresende sind Überstunden angesagt. Das eingearbeitete Personal in Bremerhaven wurde versetzt, und die neuen Leute müssen erst einmal eingearbeitet werden. Das ist vielleicht eine tolle Planung, dazu kann man nur herzlichen Glückwunsch sagen!
Seit der Zusammenlegung der Familienkasse betreuen jetzt 25 Mitarbeiter insgesamt 95 000 Familien mit 160 000 Kindern, und um bloß keine Auskünfte geben zu müssen, werden die Antragsteller gebeten – auch über die Zeitung –, nicht nach dem Stand der Bearbeitung zu fragen. So kann es doch nicht gehen, meine Damen und Herren!
Deswegen habe ich auch wenig Verständnis für die Haltung des Senats, nämlich insbesondere die des Arbeits- und Finanzsenators, zu sagen, wir haben hier keine Zuständigkeit, und deswegen muss alles akzeptiert werden. Es geht immerhin um 95 000 Familien, die davon betroffen sind, da reicht es nicht, von Verlust von Bürgernähe zu sprechen und das zu bedauern. Wir richten überall Bürgerbüros ein, um Bürgerfreundlichkeit zu demonstrieren, und hier wird genau das Gegenteil gemacht.
Ich fordere von dieser Stelle nochmals den Senat auf, seine Verbindungen und Kontakte sowohl zum Bundesamt für Finanzen als auch im Verwaltungsrat der Bundesagentur zu nutzen, um zu einer positiven Lösung für die Menschen aus Bremerhaven, Bremen und dem Altkreis Wesermünde zu kommen. Wir erwarten, dass hier für die Menschen aus Bremerhaven und Umgebung eine angemessene Anlaufstelle eingerichtet wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich meiner Kollegin Frau Tuczek insofern anschließen, als ich sage, es ist nicht besonders angebracht, Dienststellen, die in Bremerhaven angesiedelt sind, nach Bremen zu ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
verlegen, das haben wir schon ein paarmal erlebt. Wir hoffen, dass irgendwann einmal Schluss ist damit, denn sonst machen alle Reden, die zu diesem Thema gehalten werden, dass man Bremerhaven stärken will, auch in der Behördenstruktur, eigentlich wenig Sinn, dann glauben wir nicht mehr richtig daran, dass das auch ernst gemeint ist.
Was heißt nun Auflösung der Familienkasse? Frau Tuczek hat darauf hingewiesen, für die Kindergeldempfänger aus Bremerhaven und dem Umland heißt das, dass die persönliche Kontaktaufnahme ernorm erschwert ist, für manche sogar unmöglich geworden. Die Agentur in Bremerhaven betätigt sich, so hat sie gesagt, allenfalls noch als Briefkasten oder als Briefbote, wobei ich die gleichen Erkenntnisse habe wie Frau Tuczek, nicht einmal das wollen sie machen. Ich habe mit mehreren Betroffenen gesprochen, die nicht einmal ihren Antrag losgeworden sind, sie mussten ihn dann tatsächlich zur Post bringen. Ich fordere an dieser Stelle noch einmal die Agentur auf, wenigstens diese Aufgabe zu übernehmen, wenn schon alles andere nicht möglich ist.
Der Senat stellt in seiner Mitteilung fest, dass zur besseren telefonischen Erreichbarkeit bundesweit Servicecenter eingerichtet werden. Ich persönlich muss sagen, ich habe nicht so gute Erfahrungen mit solchen Centern, und das haben die Bürgerinnen und Bürger, die es dort versucht haben, auch nicht, denn blockierte Leitungen verhindern klärende Telefongespräche. Insofern ist es auch nicht sehr zufrieden stellend.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen aber nicht nur die Zusammenlegung der Familienkassen bewältigen, zusätzlich wurden neue Ablauforganisationen eingeführt, und durch die Einführung des Kinderzuschlags zum 1. Januar 2005 ist erneut Mehrarbeit entstanden. Insofern muss ich auch einmal sagen, den Beschäftigten dort kann man nun wirklich keinen Vorwurf machen, das betone ich ausdrücklich. Im Gegenteil, um den erhöhten Arbeitsanteil bewältigen zu können, müssen sie in den kommenden Wochen bis Anfang Dezember noch weiter Überstunden machen. Damit will man auch erreichen, dass die Bearbeitungszeit, das sage ich ausdrücklich, die inzwischen 20 Wochen beträgt, verkürzt wird. Wer wirklich darauf angewiesen ist, für den ist es nicht witzig, wenn man ihm mitteilt, er bekommt dann vielleicht in drei Monaten oder noch später eine Mitteilung, wie sein Antrag beschieden wird.
Nun soll sich zum Jahresende die Situation deutlich verbessern. Das wollen wir im Interesse der Betroffenen auch stark hoffen. Ich kann eigentlich nur als Fazit feststellen, Organisationsänderungen zur Verwaltungsvereinfachung sind sehr sinnvoll. Sie sollten allerdings so geplant und durchgeführt wer