Protocol of the Session on October 12, 2005

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Senatorin ist ja leider noch nicht da, aber vielleicht kommt sie ja noch. Wir haben diese Große Anfrage „Bundesund Landesmittel an der finanziellen Existenzgründungsförderung“ gestellt, weil ein Weg aus der Arbeitslosigkeit auch ein Weg in die Existenzgründung sein kann, wohlgemerkt ein Weg, nicht der Ausweg aus der Arbeitslosigkeit. Dazu gehört dann aber, dass ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

die Arbeitslosen auf dem Weg in die Selbständigkeit auch unterstützt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bei unserer Großen Anfrage ging es darum, auch dargelegt zu bekommen, wie groß denn die finanzielle Unterstützung von Bremer Existenzgründern und Existenzgründerinnen aus dem Land Bremen und aus dem Bund ist. Die Antwort ist an dieser Stelle erstaunlich und bemerkenswert, fast 97 Prozent der Startups werden mit Bundesmitteln unterstützt und nur drei Prozent mit Bremer Mitteln. Die Standorte Bremen und Bremerhaven wären ohne Bundesmittel ein ganz schlechtes Pflaster für Existenzgründer.

Eine herausragende Rolle spielt die Bundesagentur für Arbeit. Sie hat in den Jahren 2003 und 2004 knapp 4400 Personen über die Ich-AG und das Überbrückungsgeld den Eintritt in die Selbständigkeit ermöglicht. Sie hat damit Bremer und Bremerhavener Existenzgründern insgesamt 32 Millionen Euro an Zuschüssen zur Verfügung gestellt. Damit ist viel Geld nach Bremen geflossen. Das ist eine enorme Unterstützungsleistung für Bremer und Bremerhavener Arbeitslose gewesen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nun wird über die Effektivität und Nachhaltigkeit dieses Instruments viel polemisiert. Die CDU würde auf Bundesebene dieses Instrument am liebsten wieder abschaffen, von der FDP hört man da Ähnliches und von diversen Wirtschaftsverbänden ebenfalls. Auch der Senat traut sich offensichtlich keine Aussage über die Effektivität dieses Instruments zu, aber das sehen die wissenschaftlichen Institute an dieser Stelle ganz anders. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie das Institut für Mittelstandsforschung, beides keine Institute, denen man unterstellen könnte, dass sie den Grünen besonders nahe stehen, kommen in ihren aktuellen Studien zu dem Ergebnis, dass 79 Prozent der Ich-AGs nach einem Jahr noch am Markt sind. Eine Beendigung der Förderung bedeutet nicht, dass sie erfolglos waren, sondern es ist teilweise auch so, dass sie wieder in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung übergehen oder zu erfolgreich waren und deswegen kein Geld mehr bekommen. Ein Scheitern, wurde festgestellt, ist selten mit Verschuldungsproblemen verbunden. Die Gründungen finden auf einem hohen Niveau statt, und es gibt eine hohe Frauenquote dabei. Das sind die Ergebnisse dieser beiden Institute, also die wissenschaftliche Auswertung sagt, die Ich-AGs sind bisher erfolgreich.

Wenn am Ende nach einer längeren Zeit herauskommt, dass nur 50 Prozent der Gründungen überleben, dann kann man sagen, dass die Existenzgrün

dungszuschüsse der Bundesagentur für Arbeit zu den erfolgreichsten Arbeitsmarktprogrammen überhaupt gehören. Nun kann ich die Kolleginnen und Kollegen der CDU nicht verstehen – hier in Bremen weiß man es nicht so genau, aber auf der Bundesebene haben sie es ja immer wieder verkündet, und auch die FDP macht das ja auf der Bundesebene –, dass immer wieder dagegen polemisiert wird. Wir sind der Meinung, dass die Ich-AGs keine Nettigkeiten für Arbeitslose sind, sondern dass sie in Wirklichkeit knallharte Wirtschaftsförderung sind. Sie sind eine Wirtschaftsförderung für Kleinstunternehmen, die wir in Bremen auch dringend brauchen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Vielleicht sind Sie vor Ort ja anderer Meinung, das werden wir dann ja gleich sehen, aber wir würden uns freuen, wenn die große Koalition in Bremen jetzt ihren Einfluss auf der Bundesebene einbringen würde, dass die Ich-AGs da erhalten bleiben werden. Es war die letzte Bundesregierung unter Rotgrün, die im Rahmen der Hartz-Gesetze die Ich-AG geschaffen hat. 4400 Arbeitslose haben sich selbständig gemacht, 32 Millionen Euro sind nach Bremen geflossen. Das ist gut angelegtes Geld für Bremen und Bremerhaven gewesen und für die Menschen hier im Lande Bremen, die arbeitslos sind.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich komme jetzt zur Bremer Förderung! Ich glaube, es ist in diesem Haus völlig unstreitig, dass wir mehr Selbständige brauchen. Wir haben eine Selbständigenquote von 8,6 Prozent, das ist die zweitschlechteste in den westdeutschen Ländern, Hamburg ist bei knapp 13 Prozent, also um ein Drittel höher, das sind ganz andere Zahlen. Bremen ist ein Bundesland, das immer noch überdurchschnittlich von Unternehmen ab 100 Beschäftigen geprägt ist, das heißt, wir haben bei den Landesprogrammen offensichtlich einen Reformbedarf.

Wenn 97 Prozent der Existenzgründungen vom Bund gefördert werden und nur drei Prozent aus Bremen, ist das ein schlechtes Zeichen. Die Landesprogramme in Bremen fördern auch hauptsächlich Männer, Frauen und Migranten werden benachteiligt. Wir haben eine Frauenquote, die zwischen 20 und 30 Prozent liegt, das ist in anderen Großstädten wie Hamburg und Berlin ganz anders. Sie haben da Frauenförderquoten von 50 Prozent, und das, würde ich meinen, sollten wir hier in Bremen auch erreichen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Abgesehen davon können wir es uns nicht leisten, dass wir das wirtschaftliche Potential ganzer Bevöl

kerungsgruppen hier ausgrenzen, und wir können es uns auch nicht leisten, dass wir darauf verzichten. Nur der Starthilfefonds macht da eigentlich eine gute Ausnahme, ansonsten gibt es ganz geringe Förderquoten bei Frauen.

Ich möchte hier an dieser Stelle festhalten, der Bremer Senat fördert nur wenig Existenzen im Gegensatz zum Bund. Sie grenzen bei Ihrer Förderung ganze Personengruppen aus. Eine Abschaffung oder eine Begrenzung der Ich-AGs würde unmittelbar zu einer deutlichen Verringerung der Selbständigenquote im Lande Bremen führen. Deswegen brauchen wir den Erhalt der Ich-AG. Die Ich-AGs sind knallharte Wirtschaftsförderungen, und die ehemalige rotgrüne Bundesregierung hat da ein ganz wichtiges Instrument für diese Republik und auch für Bremen geschaffen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es bleibt festzustellen, dass die große Koalition hier in Bremen wenig tut, um die Selbständigenquote zu erhöhen. Das können wir uns in Anbetracht der Arbeitslosigkeit hier nicht leisten. Es wäre für Bremen hilfreich, wenn Sie sich nicht nur um Hotelneubauten kümmern würden und nicht nur auf Großunternehmen schauen würden, sondern wenn Sie die marktwirtschaftlichen Potentiale der Menschen in diesem Bundesland mehr zur Kenntnis nehmen und sich darum kümmern würden! Hier wird viel Kompetenz verschenkt, und das können wir uns hier in diesem Bundesland nicht leisten. Wir hoffen, dass Sie da einen deutlichen Schwenk machen werden. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es erfreulich, dass wir zur Abwechslung einmal nicht über wirtschaftliche Großprojekte reden, sondern dass wir hier über Existenzgründungen reden. Dies ist ja umso wertvoller, als wir alle wissen, dass der Strukturwandel, den wir in Bremen und Bremerhaven vorantreiben müssen, um insgesamt wettbewerbsfähig zu sein, gerade von Existenzgründern betrieben wird, die einen wesentlichen Anteil daran haben. Insofern handelt es sich hier um eine Programmstruktur, die auch in Bremen aufgelegt worden ist, die in der Darstellung, wie wir sie hier finden, nur nicht ganz vollständig ist. Die Bremer Existenzgründungsinitiative ist ja zum Beispiel nicht darin enthalten, das liegt aber nun natürlich auch an den Fragestellungen. Von daher ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

kann ich die Einschätzung, sehr geschätzte Frau Kollegin Schön, nicht teilen, dass wir hier nun nichts oder nicht ausreichend etwas für die Existenzgründung tun würden.

(Beifall bei der SPD)

Dass wir immer mehr tun können, ist klar.

Ich möchte mich dem Thema an zwei Punkten noch einmal nähern. Für mich ist wichtig, dass wir diese Programme, die wir haben, auch qualitativ bewerten. Der eine Punkt, den ich eben genannt habe, ist die Frage des Strukturwandels. Der andere Punkt ist der, dass wir hier einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können, die Klein- und Kleinstunternehmen in Bremen zu stärken. Deswegen sind mir auch die Ich-AGs sehr wertvoll, und ich halte es auch nach wie vor für einen richtigen Ansatz, wenn wir alles daran setzen, die Ich-AGs weiter fortzusetzen, denn sie schaffen für die Betroffenen Lebensperspektive. Das, denke ich, ist ganz wesentlich, dass so etwas gemacht wird, insbesondere, dass Menschen, die arbeitslos gewesen sind, selbst die Initiative ergreifen können und dabei unterstützt werden, in die Eigenständigkeit zu gehen und damit auch für ihr eigenes Selbstwertgefühl eine ganze Menge zu schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte mich den in der Großen Anfrage benannten Instrumenten kurz nähern und will zu einigen kurze Anmerkungen machen, die durchaus auch kritischer Natur sind. Wir können sicherlich feststellen, dass der Starthilfefonds ein richtiger Erfolg ist. Ich finde es umso bemerkenswerter, als wir in anderen Teilen im Rahmen der Wirtschaftsförderung darüber reden, ob wir Darlehensvergaben machen oder nur noch Zuschüsse gewähren, dass wir feststellen können, dieser Fonds, der auf Darlehensbasis arbeitet, hat nur sechs Prozent Verlust. Das heißt, nur sechs Prozent der Gelder, die eingesetzt werden, kommen nicht wieder zurück. Das heißt, das Darlehen ist eine Chance und ist ein Mittel von Wirtschaftsförderung.

Zweiter Punkt: Bei der Bremer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft ist mir etwas aufgefallen, und es hat mich doch etwas irritiert. Das Programm ist insgesamt erfolgreich, 22 Firmen sind gegründet worden, 680 Arbeitsplätze, das zeigt auch, dass es sich hier um größere Gründungen oder Unterstützungen handelt, aber irgendwie kommt es mir doch merkwürdig vor, wenn im Jahr 2004 überhaupt keine Unterstützungen gewährt werden mit der Begründung, man sei in einer Phase der Umstrukturierung und könne deshalb keine Gelder ausgeben. Ich glaube, dass dies ein Fehler gewesen ist. Mittlerweile gibt es ja den Unternehmerkredit, der verbilligte Zinskonditionen ermöglichen soll. Wir werden sehen, ob das ein sinnvolles Instrument ist, aber ich glaube, wir dürfen Instrumente, die wir haben, nicht einfach für

ein Jahr aussetzen in der Hoffnung, der Markt wird es schon regeln. Ich glaube, dass dies nicht geht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Hinsichtlich der Ich-AGs hat Frau Kollegin Schön sehr richtig ausgeführt, was auch unsere Einschätzung ist, ich muss aber vielleicht auch hinzufügen, es ist ja nach wie vor etwas umstritten, wie sich die Situation insgesamt tatsächlich darstellt und wie das zu bewerten ist. Die Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung und die BA in Düsseldorf haben gemeinsam ein Gutachten herausgegeben und natürlich auch auf die Probleme hingewiesen, die es insgesamt gibt. Da gibt es eigentlich zwei richtige Probleme.

Erstens: Diese Ich-AGs haben niedrige Geschäftsergebnisse. Das heißt, wenn sie starten, ist das, was sie dann machen, womit sie Gelder erwirtschaften wollen, gering. Es ist so gering, dass sie nur ungefähr 60 Prozent ihres Lebensunterhalts aus dieser eigenen Tätigkeit erwirtschaften können. Das macht die Sache im Augenblick noch etwas problematisch, wobei man eines klar sagen muss: Offensichtlich ist das auch das Problem von Gründern überhaupt, nämlich die Frage der niedrigen Umsatzvolumina, und damit wird deutlich, es geht um das Problem der Markterschließung. Das heißt, die neuen, kleinen Unternehmen kommen nicht richtig an den Markt. Die Frage ist, die müssen wir uns hier, glaube ich, auch stellen, ob wir unsere Förderprogramme nicht auch einmal daraufhin überprüfen müssen, in welcher Weise wir in der Lage sind, eine Markterschließung für Neugründungen zu begleiten.

(Beifall bei der SPD)

Es ist genannt worden die herausragende Rolle der Bundesförderung, der Bundesagentur für Arbeit, das ist schon gesagt worden, das will ich nicht wiederholen. Ich möchte noch drei Punkte benennen, die mir wesentlich sind: Erstens, der unterdurchschnittliche Frauenanteil, den wir in Bremen insgesamt haben, darauf ist schon hingewiesen worden. Die Frage wird sein, ob wir hier ein eigenes Förderprogramm brauchen oder ob wir nicht eine andere Form der Unterstützung und Begleitung brauchen, wie ich überhaupt glaube, dass wir mehr ein Schwergewicht darauf legen müssen, Existenzgründer etwas stärker und etwas länger zu begleiten und nicht nur den Prozess einzuleiten, sondern dafür zu sorgen, dass sie auch über einen längeren Zeitraum begleitet und unterstützt werden.

(Beifall bei der SPD)

Dann wird zum Bereich der Migranten vom Senat gesagt, er sieht die Aufgabe beim Starthilfefonds und

bei der Agentur für Arbeit. Das wird aber nicht begründet. Mir ist irgendwie nicht klar, warum ausgerechnet diese Bevölkerungsgruppe nur für diese Möglichkeiten vorgesehen sein soll, das würde ich nun nicht unbedingt als Ausgrenzung bezeichnen, wie das eben geschehen ist, aber es ist zumindest fragwürdig, für diesen Kreis von vornherein zu sagen, es kämen nur diese Fördermöglichkeiten in Betracht. Ich glaube, das ist nicht der richtige Weg. Ich finde, der Senat wäre gut beraten, noch einmal darüber nachzudenken.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich zur Lage in Bremerhaven: Das ist, wenn man sich die Zahlen anschaut in der Beantwortung der Kleinen Anfrage, eigentlich ein erschreckendes Bild, denn wir müssen feststellen, dass das Angebot, das wir haben, offensichtlich die potentiellen Gründer in Bremerhaven nicht erreicht. Ich glaube, hier haben wir ein Problem. Vielleicht haben wir auch ein Problem mit der Kultur der Selbständigkeit, wie das immer so schön genannt wird, das mag auch sein, aber ich glaube, wir haben das besondere Problem in Bremerhaven, dass wir anders als in Bremen dort deutlicher machen müssen, welche Möglichkeiten der Existenzgründungen es gibt und dass wir vielleicht klarere Strukturen brauchen, wie solche Existenzgründungen betrieben werden können. Selbst wenn wir B.E.G.IN haben, ein sehr erfolgreiches Projekt, ist es für viele immer noch relativ undurchsichtig. Mir scheint es wichtig, dass wir für Bremerhaven darüber nachdenken müssen, ob wir dort nicht noch verstärkt andere Anreize geben müssen.

Grundsätzlich möchte ich sagen, auch dieser Bericht zeigt, wir haben Gründungen, wir machen Gründungen in Bremen. Wir sind ganz offensichtlich auch darauf angewiesen, dass wir Bundesunterstützung bekommen. Wir erleben, dass Ich-AGs in Bremen einen hohen Anteil an den Gründungen haben, und ich glaube, wir müssen in der Tat dafür sorgen, dass diese Mittel, die für uns und für die Wirtschaftskraft in unserem Land wichtig sind, auch weiter erhalten bleiben. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Winther.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Schön, mir ist es ähnlich gegangen wie Herrn Liess. So ganz stringent ist Ihre Große Anfrage nicht. Sie haben nach der Finanzierung von Ich-AGs gefragt, nach Gründungen aus der Hochschule, von Frauen und Migrantinnen, Sie haben auch nach der Finanzierung durch die BAB gefragt, aber weggelassen haben Sie die ganze finanzielle Förderung der Gründungen durch B.E.G.IN, und weggelassen haben Sie auch die

Förderprogramme, zum Beispiel das LIP 2000 und damit auch die GA-Förderung. Wenn Sie nur so einen Teilbereich abfragen, dann ergibt das ein schiefes Bild dessen, was wir hier im Land Bremen für die Gründer tun, und in manchen Teilen fehlen auch Elemente. Sie haben nach der Meistergründungsprämie gefragt, das ist ein Wettbewerb, aber nach dem Startup-Wettbewerb zum Beispiel haben Sie nicht gefragt. Es sind also nur Segmente, die Sie abgefragt haben, und deswegen ist es auch sehr schwierig, Ihnen in einem großen Zusammenhang zu schildern, was wir tun. Ich werde das in den einzelnen Bereichen nachholen.

Ich gehe einmal auf den ersten Punkt Ihrer Rede ein, das waren die Ich-AGs, und das gibt mir Anlass, etwas Grundsätzliches zu den Ich-AGs zu sagen, und da muss ich Ihnen leider etwas Wasser in den Wein kippen. Die Ich-AGs, das ist ganz unbestritten, sind ein hervorragendes arbeitsmarktpolitisches Instrument, um Arbeitslosen eine Zukunft zu ermöglichen, ihnen ein kleines Unternehmen zu ermöglichen oder um ihnen den Einstieg in eine feste Beschäftigung zu erleichtern. Ein Konzept, um stabile mittelständische Unternehmen zu generieren, sind sie aber leider nur bedingt. Ich will Ihnen auch gern sagen, warum. Ich weiß nicht, ob Sie zitiert haben aus der Studie, die zu den Ergebnissen der Ich-AG in NordrheinWestfalen jetzt gerade vorgestellt worden ist. Es gibt dort eine Evaluation, und die Studie besagt, dass diese kleinsten Unternehmen durchschnittlich einen Jahresüberschuss von 7000 Euro erwirtschaften und durchschnittlich 0,3 Arbeitsplätze schaffen. 40 Prozent erwirtschaften nicht einmal ihre Kosten und sind auf ihre Familien angewiesen.

Richtig ist, dass mit diesem Instrument insbesondere Frauen sich ein zusätzliches Einkommen erarbeiten, 48 Prozent sind das. Insofern ist es in diesem Bereich sicherlich eine Hilfe. Frauen haben die Möglichkeit, auf diese Weise am Arbeitsleben teilzuhaben, in Teilzeit oder auch in Vollzeit in den Job zurückzukehren. Ein Mittel aber, um Strukturwandel zu schaffen, ist es aus diesen genannten Zahlen nur sehr begrenzt. Uns muss es neben dem Engagement für diese kleinsten Unternehmen gelingen, kleinere und größere High-Tech-Schmieden auf den Weg zu bringen und dafür zum Beispiel auch den Technologietransfer zu beflügeln.

Die genannte Studie sagt aber auch, dass das größte Defizit bei den Ich-AGs in den meisten Bundesländern bei der Beratung in der Vorbereitungsphase liegt. Gerade in diesem Bereich haben wir mit B.E.G.IN ein Instrument, das bundesweit als Leuchtturm ausgezeichnet worden ist und sich mit vielen tausend Beratungsstunden speziell auch gerade den Ich-AGs widmet, und herausragende Arbeit leisten nicht nur die Arbeitsämter selbst, sondern sowohl hier in Bremen als auch in Bremerhaven ebenso der Bremer Senior Service. Ich würde mich freuen, wenn das Engagement des BSS auch in Bremerhaven bekannter

wäre, wenn man häufiger darüber berichten würde – da haben wir immer ein Defizit –, um damit noch mehr Menschen zu mobilisieren, auch in Bremerhaven den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen und die Unterstützung, die dort vorhanden ist, auch anzunehmen.

Die Studie zeigt auch auf, dass Ausländer bei den Ich-AGs deutlich unterrepräsentiert sind, und als Grund hierfür wird insbesondere genannt, dass die meisten von ihnen Sprachschwierigkeiten haben. Das ist ein Thema, das wir nicht mit Wirtschaftsförderung lösen können. Dieses Thema werden wir an anderer Stelle behandeln müssen.