Protocol of the Session on June 22, 2005

Die vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vorgelegte Studie hat ergeben, dass bei jedem fünften Erwerbslosen, der einen Vermittlungsgutschein erhalten hat, dieser von einem privaten Vermittler eingelöst wurde, obwohl sich der Arbeitslose den neuen Arbeitsplatz selbst gesucht hatte. In 14 Prozent der Fälle hat der Arbeitgeber den Arbeitslosen gezielt zu einem Vermittler geschickt und dann mit diesem einen Vermittlungsvertrag abgeschlossen.

Der Senat verurteilt die Verwendung von Vermittlungsgutscheinen in betrügerischer Absicht. Dieses Verhalten diskreditiert ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, das die Ausgleichsprozesse am Arbeitsmarkt beschleunigen, die Erfahrungen professioneller Dritter nutzen und den Wettbewerb zwischen privater und öffentlicher Arbeitsvermittlung fördern soll. Der Senat erhofft sich daher von den neuen gesetzlichen

Regelungen bei der Verwendung von Vermittlungsgutscheinen eine deutliche Reduzierung von Missbräuchen und Mitnahmeeffekten.

Seit Anfang des Jahres kann die Zahlung der ersten Vermittlungsrate erst dann erfolgen, wenn das Beschäftigungsverhältnis bereits sechs Wochen bestand. Im Weiteren hat der private Vermittler jetzt einen Nachweis der Gewerbeausübung zu erbringen. Der Senat geht davon aus, dass dadurch die Zahl der Einmal- und Gelegenheitsvermittler verringert wird. Er erhofft sich von beiden Maßnahmen eine entscheidende Verringerung von Mitnahmeeffekten.

Der Senat hat keine Erkenntnisse zum Umfang von Missbrauchsfällen bei der Einlösung von Vermittlungsgutscheinen im Land Bremen. Die Ergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung stehen in regionalisierter Form nicht zur Verfügung.

Die Agenturen für Arbeit in Bremen und Bremerhaven schließen zwar die missbräuchliche Inanspruchnahme in Einzelfällen nicht aus, sie haben aber keine konkreten Hinweise über Missbrauchsfälle in einem größeren Umfang. – Soweit die Antwort des Senats!

Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die elfte Anfrage trägt die Überschrift „Jugendverbandsarbeit“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Pietrzok, Böhrnsen und Fraktion der SPD. – Bitte, Herr Kollege Pietrzok!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie viele Kinder und Jugendliche nehmen die Angebote der Jugendverbandsarbeit in welchem Umfang wahr?

Zweitens: Wie viele Personen sind in der Jugendverbandsarbeit in welchem Zeitumfang ehrenamtlich engagiert und tätig, und in welcher Anzahl werden Ehrenamtliche von Jugendverbänden für diese Tätigkeit ausgebildet?

Drittens: Wie bewertet der Senat die Arbeit der Jugendverbände, und welche Rolle sollen sie zukünftig nach Auffassung des Senats spielen?

Auch diese Anfrage wird beantwortet von Frau Senatorin Röpke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Allein für die öffentlich geförderten Angebote werden alle vier Jahre die Teilnehmerzahlen für die Jugendverbands- und Jugendbildungsarbeit im Lande Bremen erfasst. Danach nahmen im Jahre 2004 10 702 junge Menschen – davon 5535 männlich und 5157 weiblich – an derartigen Angeboten teil. Statistische Angaben über die Teilnehmer

innen und Teilnehmer in den nicht öffentlich mitfinanzierten Angeboten der Jugendverbände werden von den öffentlichen Trägern der Jugendhilfe nicht erhoben.

Die Jugendverbände im Lande Bremen haben nach eigenen Angaben im Jahre 2004 insgesamt rund 78 300 Kinder und Jugendliche erreicht. Doppelzählungen sind wahrscheinlich, da viele Jugendliche neben ihrer Aktivität mit der Bremer Sportjugend im Sportverein auch noch bei anderen Jugendverbänden mitmachen.

Zu Frage zwei: Bei den Jugendverbänden im Lande Bremen engagieren sich nach eigenen Angaben insgesamt 3395 Ehrenamtliche durchschnittlich jeweils 4,3 Stunden pro Woche. Insgesamt sind das rund 13 600 Stunden ehrenamtliches Engagement pro Woche und rund 709 000 Stunden ehrenamtliches Engagement pro Jahr. Die Jugendverbände bilden pro Jahr 703 neue Ehrenamtliche aus. Für die ausgebildeten Ehrenamtlichen werden regelmäßig weitere Qualifizierungsangebote gemacht.

Zu Frage drei: Nach dem Bremischen Kinder-, Jugend- und Familienförderungsgesetz vom 22.12.1998 haben anerkannte Jugendverbände und demokratisch organisierte Jugendgruppen aufgrund der durch sie gewährleisteten Eigenverantwortlichkeit junger Menschen eine tragende Funktion in der Jugendarbeit. Nach dem Gesetz soll außerschulische Jugendbildung dem jungen Menschen ermöglichen, ein zur Selbstbestimmung fähiger Mensch zu werden, der seine Rechte kennt, in der Lage ist, seine Interessen wahrzunehmen und seine Handlungen zu verantworten, der die Rechte anderer achtet, sich solidarisch in der Gesellschaft verhält und seine Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft erkennt und akzeptiert.

Das Bremische Kinder-, Jugend- und Familienförderungsgesetz verpflichtet die beiden Stadtgemeinden und das Land, die Jugendverbände und die außerschulische Jugendbildung nach Maßgabe der dazu erlassenen Richtlinien zu fördern. Die Förderung geschieht innerhalb des Rahmens, der durch den Haushaltsgesetzgeber bestimmt wird. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Kollege, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich möchte gern folgende Frage stellen: Worin begründet sich die Nachrangigkeit aus Sicht des Senats für diesen Bereich, die der Senat durch seine weit überproportionale Kürzungsquote zum Ausdruck bringt?

Bitte, Frau Senatorin!

Nachrangigkeit kann ich an dieser Stelle so nicht stehen lassen. Es ist insgesamt eine

schwierige Bewertung. Wir haben einen Rahmen finanzieller Natur, den wir jetzt in der Haushaltsaufstellung auf die einzelnen Haushaltsstellen herunterbrechen müssen. Wir haben für den Jugendbereich eine gewisse Summe zur Verfügung, und das führt dann zu dieser Konsequenz, die ich auch bedauere, dass wir im Jugendbereich, also hier in der außerschulischen Jugendbildung, kürzen müssen. Das liegt einfach daran, dass der Jugendbereich insgesamt schon über viele Jahre unterfinanziert ist.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sagen, einen Bereich entsprechend Ihres Haushaltsvorschlags um 50 Prozent zu kürzen, ist kein Ausdruck von einer Nachrangigkeit? Es gibt doch ganz viele andere Bereiche, die nicht um eine solche Quote gekürzt werden!

Bitte, Frau Senatorin!

Wenn ich mir meinen Bereich anschaue, dann können Sie das durchgehen, was wir in den einzelnen Feldern, Soziales oder Gesundheit zum Beispiel, und gerade auch im arbeitsmarktpolitischen Bereich an Kürzungen zu verkraften haben. Insofern, wenn ich diese Vergleiche ziehe, kann ich jetzt nicht von Nachrangigkeit sprechen, sondern alle Bereiche sind gleichermaßen hart betroffen, und deswegen ist ja auch eine Lösung so schwierig, die wir auch versucht haben zu finden, innerhalb unseres Ressorthaushaltes im Bereich der Jugendarbeit Kürzungen zu vermeiden. Diese Lösung haben wir nicht gefunden, weil sie in anderen Bereichen zu zusätzlichen Einschnitten führen würde. Das ist an den Stellen auch nicht zu vertreten.

Herr Kollege Pietrzok, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Ja, ich möchte trotz allem kurz noch einmal sagen, dass Ihre Antwort nicht plausibel ist, denn nach wie vor ist es ja so: Wenn man bestimmte Bereiche mit einer bestimmten Quote belegt, drückt es natürlich jederzeit eine Vor- oder Nachrangigkeit aus. Meine Frage ist: Sind Sie denn nach wie vor der Auffassung, dass der Haushaltsentwurf so, wie es in Ihrer Vorlage, in Ihrem Haushaltsvorschlag steht, nicht dem Kinder-, Jugend- und Familienfördergesetz und den dadurch formulierten Ansprüchen gerecht wird?

Bitte, Frau Senatorin!

Wir haben in dem Bereich aufgrund der gesamten finanziellen Situation, das habe ich deutlich gesagt, einen massiven Kürzungsvor

schlag machen müssen. Es wird, wenn es dann so umgesetzt werden sollte, auch zu massiven Einschränkungen kommen müssen, aber dieses Gesetz hat, wie andere Gesetze eben auch, einen Haushaltsvorbehalt, und wir sind dann gehalten, mit dem Rahmen, den wir zur Verfügung haben, umzugehen. Es wird aber zu Leistungsminderungen, Einschränkungen oder Abbau von Leistung kommen, das ist gar keine Frage.

Herr Kollege Pietrzok, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich habe noch eine weitere Frage! Mir ist es nicht geläufig, dass dieses Gesetz einen Haushaltsvorbehalt hat. Daran erinnere ich mich jetzt nicht. Aber noch einmal ganz konkret die Frage: Ihr Haushaltsvorschlag entspricht geltendem Recht?

Bitte, Frau Senatorin!

Wir werden diesen Haushalt, wenn er dann so beschlossen wird, auch so umsetzen, dass wir die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Ein expliziter Haushaltsvorbehalt steht nicht darin, da haben Sie Recht, aber die Regelungen und auch die Richtlinien setzen voraus, dass entsprechende finanzielle Mittel da sind. Im Rahmen dieser Mittel sind dann die Richtlinien auch umzusetzen.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich verstehe es jetzt aber richtig, dass Ihre Auffassung im Hinblick auf das Kinder, Jugend- und Familienfördergesetz sich insofern geändert hat? In Ihrer Vorlage zum Haushalt schreiben Sie noch, Sie könnten den Anforderungen des Gesetzes nicht gerecht werden. Hier haben Sie gerade erklärt, dass Sie dem gesetzlichen Auftrag bei einer Leistungsminderung doch gerecht werden könnten!

Bitte, Frau Senatorin!

In der Vorlage steht es etwas sehr apodiktisch. Gemeint ist, dass es zu einer Einschränkung kommen muss aufgrund der Haushaltsvorgabe. Mit den dann aber noch vorhandenen Mitteln werden selbstverständlich im Rahmen der Richtlinien Maßnahmen gefördert.

Zusatzfrage? – Bitte, Frau Wangenheim!

Frau Senatorin, ist Ihnen klar, dass wir mit diesen Einsparungen das gesamte Ferienprogramm für Kinder und Jugendliche in Bremen kippen würden?

Bitte, Frau Senatorin!

Das könnte eine der Konsequenzen sein, ja!

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Viele dieser Jugendverbände sitzen auch in Jugendeinrichtungen. Würde das dann nicht auch noch das Schließen von weiteren Jugendeinrichtungen bedeuten?

Bitte, Frau Senatorin!

Das kann ich Ihnen zurzeit nicht beantworten. Wir sind nicht so weit, dass wir gesagt haben, wir konkretisieren das jetzt auf einzelne Maßnahmen.

Zusatzfrage? – Bitte, Frau Stahmann!