Als Reaktion auf das Interview des Innensenators ließ der Notarzt am 5. Januar, einen Tag nach dem Interview des Innensenators, über seinen Rechtsanwalt ein Gedächtnisprotokoll über den Vorgang an die Medien verbreiten. Auch zum jetzigen Zeitpunkt hielt der Notarzt es nicht für notwendig, seine Schilderung an den Senator für Inneres weiterzuleiten, obwohl es eine Dienstanweisung und -verpflichtung hierzu gegeben hat. Erst über eine Weitergabe der Medien erhielt der Senator für Inneres am 5. Januar über die Schilderung des Notarztes Kenntnis. Ob hier in unzulässiger Weise oder darüber hinaus vertrauliche Daten durch den Notarzt weitergegeben worden sind, müssen andere prüfen.
Am 5. Januar erfolgte dann ein weiteres Interview des Innensenators auf Anfrage von „Buten un binnen“ mit der Darstellung der unterschiedlichen Schilderungen. Es wurde in dem Interview vom Innensenator dargestellt, dass offensichtlich unterschiedliche Sachverhaltsschilderungen vorliegen und dass hier eine lückenlose Aufklärung zu erfol
gen hat. Darüber hinaus hat Thomas Röwekamp unmittelbar nach der Kenntnis des Gedächtnisprotokolls des Notarztes den Senator für Justiz gebeten, bis zum Abschluss der Untersuchung über den Vorfall die zwangsweise Vergabe des Brechmittels auszusetzen.
Die Schilderung dieses Ablaufs macht deutlich, dass der Innensenator hier ernsthaft, seriös und keinesfalls, wie Sie es unterstellen, populistisch den Sachverhalt ausgenutzt hat, sondern dass er entsprechend den Vorgaben, entsprechend der Kenntnis hier gehandelt hat und dass der Vorwurf rechtspopulistisch oder wie auch immer Sie ihn erhoben haben, Herr Dr. Güldner, schlichtweg nicht haltbar ist.
Die Grünen haben nach dem Fernsehbericht daraufhin unverzüglich am 6. Januar einen Skandal gewittert
und dem Innensenator einen umfangreichen Fragenkatalog zugesandt. Die Einlassung und Bewertung von Herrn Dr. Güldner haben sich zu diesem Zeitpunkt, aber auch in den Tagen danach allein auf die Schilderungen des Notarztes gestützt. Hier nutzen die Grünen meiner Auffassung nach, und ich glaube, auch nach der Auffassung vieler anderer, ungesicherte Informationen. Sie machen genau das, was Sie dem Innensenator vorwerfen.
Begriffe wie Folter, Lüge, Unrechtsstaat et cetera machten die Runde. Herr Dr. Güldner, Sie sagten in einer Pressemitteilung, ich zitiere: „Es deutet vieles darauf hin, dass der Senator über diesen Vorfall die Unwahrheit verbreitet hat,
als er die Geschichte vom zerbissenen Drogenpäckchen erzählte. Offensichtlich sollten hier die beteiligten Polizisten und Gerichtsmediziner noch geschützt werden, anstatt zur Verantwortung gezogen zu werden.“
Senator Röwekamp wurden damit bewusst Falschinformationen der Öffentlichkeit vorgeworfen. Dies, auch das ist deutlich geworden, geht genau an der Realität vorbei. Das Gegenteil ist richtig. Thomas Röwekamp hat immer nach dem aktuellen Erkenntnisstand informiert. Der Innensenator hat dann in der darauf folgenden Woche auf der Sitzung der Deputation für Inneres einen sehr ausführlichen Bericht vorlegt, mündlich den Sachverhalt geschildert und ist auf alle Fragen eingegangen. Dies wurde auch von Seiten der SPD durch den innenpoliti
schen Sprecher Hermann Kleen bestätigt, der in seiner Pressemitteilung vom gleichen Tag erklärte, dass Thomas Röwekamp die offenen Fragen beantwortet habe, aber die Fragen, die aus den unterschiedlichen Schilderungen der Beteiligten auftauchten, geklärt werden müssten, zum Beispiel, wie die unterschiedlichen Schilderungen der Beteiligten zusammenpassen. Wir können später gern noch auf Einzelheiten eingehen.
Hier, meine Damen und Herren, muss die Staatsanwaltschaft eine Klärung des Sachverhaltes herbeiführen, ebenso wie die Todesursache abschließend noch geklärt werden muss. Im vorläufigen Obduktionsbericht tauchen die Gewalteinwirkungen, zumindest wie sie der Notarzt geschildert hat, nicht auf. Toxikologische und feingewebliche Untersuchungen müssen jedoch die genaue Aufklärung ergeben. Dies kann leider, das sage ich an dieser Stelle, noch einige Wochen andauern.
Herrn Dr. Güldner hat dies alles nicht interessiert. Noch während der Deputationssitzung am 12. Januar, noch während der Erörterung des Sachverhaltes verließ er die Deputationssitzung. Er hat nach Schilderung der Beteiligten auch nicht besonders neugierig nachgefragt, entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten. Er hatte es eilig, um zu einer anberaumten Pressekonferenz zu gehen. Hier präsentierte er das Ergebnis seiner Überlegung, die offensichtlich wohl schon vorher festgestanden haben muss: Erstens, die Fragen seien nicht beantwortet worden, und zweitens, die Grünen würden einen Misstrauensantrag gegen Thomas Röwekamp einbringen. Durchsichtiger und fahrlässiger, meine Damen und Herren, ist selten mit einem solch ernsten, bedauerlichen Sachverhalt von Seiten der Opposition umgegangen worden.
Der Einsatz von Brechmitteln wurde zuletzt in der Bürgerschaft am 11. Dezember 2001 diskutiert. Ich verzichte jetzt darauf, auf die Äußerungen vom Kollegen Hermann Kleen zurückzukommen, Herr Dr. Güldner hat das schon getan. Es ist durch diese Äußerung deutlich geworden, dass auf die Androhung, eventuell Zwang anzuwenden, aus guten Gründen nicht verzichtet werden konnte. Diese Maßnahmen sind auch unter der Verhältnismäßigkeit damals und auch in den Jahren zuvor als diejenigen mit dem geringsten Eingriff in die persönlichen Freiheiten verstanden worden. Weder eine mehrtägige Ingewahrsamnahme noch das mehrtägige Verweilen von Drogenkugeln mit den ebenfalls damit verbundenen Gesundheitsrisiken für den Verdächtigen sind in der Abwägung und auch in der Rechtsprechung des OLG Bremen als nicht verhältnismäßig angesehen worden.
lich in der ungewöhnlichen Situation, dass die Drogendealer die Verkaufsverpackungen verschlucken. Bremen ist in der Drogenszene sehr stark von Schwarzafrikanern dominiert. Diese Szene hat leider auch als negative Eigenschaft, dass sie die Drogenkugeln verschlucken. Das machen andere Gruppen, die gewerbsmäßig mit Drogen handeln, nicht, das ist ein typisches Symptom der Schwarzafrikaner. Diese Szene ist in Hamburg, in Bremen und auch in Berlin sehr stark ausgeprägt. Von daher stellt sich das Problem in anderen Städten in dem Sinne auch so nicht, weil in anderen Städten Drogenkugeln nicht verschluckt werden. Deshalb sind an dieser Stelle auch die Fallzahlen erheblich niedriger. Dass Sie dann aus dieser Tatsache, Herr Dr. Güldner, den Vorwurf des Rassismus herbeireden, ist schon mehr als abenteuerlich.
Die Fallzahlen in anderen Städten zeigen diese Unterschiede auch deutlich. In Berlin gab es im Jahr 2003 auf 100 000 Einwohner 397 Rauschgiftdelikte, in Köln 565 Rauschgiftdelikte, in München waren es 401, in der Stadtgemeinde Bremen waren es 580 Drogendelikte auf 100 000 Einwohner. Dies macht, meine Damen und Herren, die Dimension deutlich.
Wir haben uns nun am vergangenen Sonntag auf eine veränderte Praxis zur effektiven Sicherstellung von Beweismitteln geeinigt. Danach wird entsprechend des bayerischen Verfahrens der Tatverdächtige vor die Wahl gestellt, ob er entweder freiwillig das Brechmittel einnimmt oder in Haft beziehungsweise gemäß Paragraph 81 a Strafprozessordnung für eine Beweissicherungsmaßnahme vier Tage in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen untergebracht wird. Dort werden dann unter ständiger Videoüberwachung und Spezialtoilette die Drogen beziehungsweise die Beweismittel auf dem natürlichen Wege sichergestellt. Es ist fest vereinbart, dass wir nach einem Zeitraum von sechs Monaten hier die Erfahrungen auswerten und, wenn erforderlich, gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Wir sind davon überzeugt, dass mit dieser Lösung ein wirkungsvolles Instrument besteht, effektiv und zum Schutz der Bürger die Strafverfolgung und die Beweissicherung in Bremen durchzuführen.
Lassen Sie mich vor dem Hintergrund der Würdigung der Fakten zu folgenden Ergebnissen kommen! Erstens: Dem Innensenator kann in der Öffentlichkeitsdarstellung kein Vorwurf gemacht werden. Der zeitliche Ablauf der Ereignisse macht deutlich, der Innensenator hat die Öffentlichkeit nicht bewusst oder wissentlich falsch informiert. Die gegebenen Informationen entsprachen zu jeder Zeit der Informationslage des Ressorts.
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau S t a h - m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das glauben Sie ja wohl selbst nicht!)
Zweitens: An der charakterlichen Eignung des Innensenators gibt es keinerlei Zweifel. Die Vorwürfe mangelnder Betroffenheit sind durch das Verhalten von Herrn Röwekamp selbst während der Deputationssitzung am 12. Januar und durch öffentliche Stellungnahmen vorher und danach widerlegt worden. Herr Röwekamp übt sein Amt gewissenhaft und mit der gebotenen Ernsthaftigkeit eines Innensenators aus.
Drittens: Die Vergabe von Brechmitteln im Zuge von Ermittlungsverfahren gegen Schwerstkriminalität hat sich immer auf gesetzlicher Grundlage und im Konsens zwischen den Ressorts und der Koalitionspartner bewegt. Hier wurde keine Grauzone genutzt oder geschaffen.
Viertens: Insgesamt ist Ihr Misstrauensantrag unbegründet, politisch fadenscheinig und in hohem Maße durchsichtig.
Es kommt Ihr unklares Verhältnis zur Bekämpfung von Drogen und der konsequenten Verfolgung zum Ausdruck. Wir werden daher ihren Misstrauensantrag geschlossen ablehnen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen und noch ein, zwei Worte zur Situation der Koalition zu sagen! Ich hatte es einleitend erwähnt: Sie befand sich in den letzten Tagen sicherlich unter einer Bewährungsprobe. Ich möchte feststellen, dass wir, glaube ich, im Interesse aller diese Bewährungsprobe sehr konstruktiv, sehr ernsthaft und zielführend auch bestanden haben.
Es ist viel über den Erfolg und Misserfolg, angeblichen Misserfolg der großen Koalition geredet worden. Sicherlich ist ein Ziel, einen ausgeglichen Haushalt im Jahr 2005 vorzulegen, nicht erfüllt worden. Wenn man sich aber die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen vorlegt, dann gibt es hierfür auch gute Gründe, und nur noch die wenigsten Bundesländer werden im Jahr 2005 einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen.
Von daher glaube ich, dass sich die Koalition hier als handlungsfähig erwiesen hat, dass wir uns im Sinne und unter Würdigung der zahlreichen Erfolge, die es in den vergangenen Jahren gegeben hat und sicherlich auch in der Zukunft geben wird, auf einem gutem Wege befinden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin schon bei dem ersten Satz der Rede von Herrn Dr. Gülder zusammengezuckt. Dass ein Grüner diese Debatte beginnt mit dem Satz: „Präsident Bush hat Recht!“, das deutet für mich darauf hin, dass bei einigen Grünen das politische Koordinatensystem heftig verrutscht sein muss, was man ja auch an anderen Punkten sieht.
(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Koalition hat immer Recht, Herr Bush manchmal!)
Übrigens, Herr Dr. Güldner, ich möchte die Wertedebatte nicht in dem Sinne führen, wie Präsident Bush es vorhat. Das will ich Ihnen deutlich sagen!
Die lasse ich mir von Ihnen sowieso nicht vorschreiben! Herr Dr. Güldner, so oberflächlich und so missverständlich, wie Sie hier über das Thema Drogen geredet haben, so kann man mit dieser Frage nicht umgehen! Ich glaube, Sie haben damit dieser wichtigen Debatte heute keinen Dienst erwiesen. Das will ich Ihnen ganz offen sagen.
Weil ich schon bei den Vorrednern bin, Herr Kastendiek, ich habe mir bei Ihrer Rede gedacht, ich mache es mir etwas schwerer, als Sie es sich gemacht haben. Ich möchte mich nämlich bemühen, eine differenzierte Haltung einzunehmen, und das Differenzierte ist immer die schwierigste Rolle. Ich glaube aber, es ist eine wichtige Rolle, und die will ich heute auch versuchen wahrzunehmen.
Meine Damen und Herren, der heutige Antrag der Fraktion der Grünen, einem Senator der großen Koalition das Misstrauen auszusprechen, ist ja nicht der erste seiner Art. Senator Hattig und Senator Perschau mussten sich in der Vergangenheit dieser Prozedur unterziehen,
doch viele, die in dieser Koalition Politik machen oder die Arbeit dieser Koalition beruflich oder aus Interesse mit Aufmerksamkeit begleiten, haben in den vergangenen Tagen, man kann sagen, in den ersten Wochen dieses Jahres gespürt, dass die Stimmung vor der heutigen Abstimmung anders war als bei den vergleichbaren Anträgen in den vergangenen Jahren. Es roch nach Krise. Einige meinten sogar, es läge der Duft des Wechsels in der Luft, es wurde spekuliert über das bevorstehende Ende der Koalition, und sogar nach Neuwahlen wurde gerufen.
Meine Damen und Herren, es gibt überhaupt keinen Grund zu bestreiten, dass die vergangenen zehn Tage angespannter waren als manche Monate zuvor. Die heutige Abstimmung ist zweifellos Teil einer Richtungsbeschreibung über die Zukunft der großen Koalition. Ich bin aber sicher, die heutige Abstimmung, die heutige Debatte über Senator Röwekamp werden zeigen, dass die Gespräche der letzten Tage, das Treffen des Koalitionsausschusses und auch die Fraktionssitzungen in dieser Woche eine weitere konstruktive Zusammenarbeit möglich gemacht haben.
Wenn der Misstrauensantrag der Grünen gegen Senator Röwekamp abgelehnt wird, und so wird es geschehen, meine Damen und Herren, dann gibt es diese Zukunft. Ich füge aber hinzu: Es kann trotzdem keinen Zweifel geben, so wie bisher kann und wird es nicht weitergehen.