Wer den Punkten eins und zwei des Antrages der Fraktionen der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 16/241 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt den Punkten eins und zwei des Antrages einstimmig zu.
Wer dem Punkt drei des Antrages der Fraktionen der CDU und der SPD mit der DrucksachenNummer 16/241 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/270, Neufassung der Drucksache 16/256, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Bevor ich den Tagesordnungspunkt elf aufrufe, darf ich auf der Besuchertribüne eine Gruppe des Studiengangs „Internationales Politikmanagement“ der Hochschule Bremen ganz herzlich begrüßen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit meinem heutigen Antrag möchte ich erreichen, dass das Bremische Bildungsurlaubsgesetz aus dem Jahr 1974 ersatzlos aufgehoben wird. Damit möchte ich nicht nur einen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten, sondern gleichzeitig auch dem Haushaltsnotlageland Bremen einen Dienst erweisen, und zugleich möchte ich eine gesetzliche Rege
Der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2004 über die Prüfung der Jahreshaushalte 2002 einen Prüfungsschwerpunkt beim Bildungsurlaubsgesetz unseres Landes gehabt und eine Reihe äußerst kritischer Feststellungen getroffen. Ich kann mich der Kritik des Landesrechnungshofs vorbehaltlos anschließen, wobei meine Schlussfolgerung aus der bremischen Misere in diesem Fall nicht auf eine Änderung des Gesetzes hinausläuft, sondern auf seine völlige Abschaffung.
Die ursprüngliche Zielsetzung, allen Arbeitnehmern, auch den bildungsfernen Schichten der Bevölkerung, einen Rechtsanspruch auf Bildungsurlaub unter Fortzahlung ihres Arbeitseinkommens zu gewährleisten, wurde nicht erreicht. Die Beteiligungsquote ist auch in Bremen äußerst gering, selbst wenn das Bildungsressort dies gegenüber dem Landesrechnungshof bestreitet, aber durch statistische Zahlen nicht belegen kann. Unter den Teilnehmern dominieren diejenigen, die aus dem öffentlichen Dienst oder aus solchen Betrieben stammen, die der öffentlichen Verwaltung oder den Gewerkschaften nahe stehen. Teilnehmer aus der privaten Wirtschaft sind eher selten, wobei dies angesichts der Arbeitsmarktlage und der Kostensituation in den Betrieben auch gar nicht verwunderlich ist.
Bildungsurlaub ist etwas Zusätzliches, was auch nicht teilweise auf den Jahresurlaub angerechnet wird und auch nicht mit der betrieblichen beziehungsweise der berufsbezogenen Weiterbildung verrechnet wird. Das können sich kostenrechnende Betriebe, vor allem die kleinen und mittleren Betriebe, nicht leisten.
Bremen ist nicht das einzige Bundesland, das ein Bildungsurlaubsgesetz hat. Allerdings haben einige große Bundesländer kein solches Gesetz. Ich nenne hier nur Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen, und auch auf Bundesebene gibt es kein solches Gesetz, weder für die Beschäftigten des Bundes noch allgemein für alle Beschäftigten im Bundesgebiet. Bremen liegt allerdings mit seinem Bildungsurlaubsgesetz, was die Möglichkeiten anbetrifft, an der Spitze der Bewegung, wie der Rechnungshof in seinem Bericht kritisch feststellt. Angesichts der Tatsache, dass Bremen ein Haushaltsnotlageland ist und an allen konsumtiven und investiven Ecken sparen muss, können wir uns diese Spitzenposition nicht leisten. Mit der Aufhebung des Bremischen Bildungsurlaubsgesetzes könnten wir die bremische Sonderstellung in diesem Bereich beseitigen und könnten zugleich auch einen negativen, weil kostenträchtigen Standortfaktor für die private Wirtschaft aus der Welt schaffen.
Der bremische Haushalt würde in mehrfacher Weise von der Aufhebung des Bildungsurlaubsgesetzes profitieren. Zum einen würde die privilegierte
Inanspruchnahme dieses Gesetzes durch Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes entfallen. Ihre Arbeitszeit käme also wieder dem öffentlichen Arbeitgeber zugute. Die Arbeitskapazität des öffentlichen Dienstes würde entsprechend ansteigen, der Druck auf die Stellenpläne somit gemildert. Das kann eigentlich nur im Interesse der Arbeitnehmervertretungen und der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes sein. Außerdem würde Bürokratie abgebaut, und schließlich würde die völlig überflüssige Förderung beziehungsweise Subventionierung von Bildungsurlaubsveranstaltungen entfallen, die wir uns in Bremen leisten. Damit wäre dann auch das hinter dieser Subventionierung stehende Kartell der staatlich anerkannten Weiterbildungsträger zumindest angefasst, wenn nicht gar aufgehoben.
Wenn wir für die Aufhebung des Bildungsurlaubsgesetzes sind, dann sind wir damit nicht gegen die Weiterbildung überhaupt. Wir sind allerdings der Meinung, dass der Staat sich aus diesem Geschäft weitgehend heraushalten sollte und es dem Einzelnen, den Verwaltungen und den Betrieben überlassen sollte, sich um die Weiterbildung, insbesondere um die berufliche Weiterbildung, zu kümmern. Hier haben dann auch die Tarifparteien ihren Platz. Außerdem sind wir der Meinung, dass das Spektrum der Bildungsveranstaltungen viel zu weit gefasst ist und erhebliche Missbräuche beziehungsweise Mitnahmeeffekte beinhaltet.
Lebenslanges Lernen ist heute sicherlich notwendig und ein Appell an alle, an die Einzelnen, die Verwaltungen und die Betriebe. Berufliche und betriebliche Weiterbildung und die sonstigen Weiterbildungsbereiche wie zum Beispiel Politik, Kultur, Gesellschaftliches, Sportliches sollten jedoch strikt voneinander getrennt werden. Die berufliche und betriebliche Weiterbildung geht alle, sprich den Einzelnen, die Verwaltungen und die Betriebe, etwas an. Die allgemeine und politische Weiterbildung ist hingegen Privatangelegenheit und geht nur den Einzelnen etwas an.
Mit der Aufhebung des Bremischen Bildungsurlaubsgesetzes erübrigen sich auch alle Überlegungen, die Bildungsurlaubsgesetze der fünf norddeutschen Länder anzugleichen. Ich halte diese Bestrebung für hinhaltend und ausweichend und für überflüssige Bürokratie. Die sauberste und beste Lösung ist, das Bremische Bildungsurlaubsgesetz aufzuheben. Deshalb sollten Sie meinen Gesetzesantrag unterstützen.
Einen Hinweis möchte ich an dieser Stelle noch geben: Die Abschaffung des Bildungsurlaubsgesetzes bedeutet nicht das Ende der bezahlten Weiterbildung in Bremen. Es gibt in verschiedenen Gesetzen, zum Beispiel dem Personalvertretungsgesetz, dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Schwerbehindertengesetz, sowie in Tarifverträgen Freistellungsregelungen für so etwas. Außerdem haben die Verwaltungen und Betriebe ein originäres Interesse an
der betrieblichen beziehungsweise berufsbezogenen Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Ein Blick in die Haushaltspläne, die wir gerade beschlossen haben, und auch frühere Haushaltspläne und in die Betriebe zeigt dies ganz deutlich. Noch ein Wort zu den Reformvorschlägen der CDU! Der von der CDU vorgelegte Reformvorschlag ist nach meiner Auffassung nicht geeignet, hier Verbesserungen herbeizuführen. Die vorgeschlagene Regelung ist im hohen Maße bürokratisch und löst das Problem noch nicht einmal im Ansatz, wie ich meine. Im Prinzip wird der Anspruch auf Bildungsurlaub sogar noch ausgeweitet. Außerdem muss man nichts regeln, was keiner Regelung bedarf. Die Zielrichtung, die wir haben, nämlich die Betriebe zu stärken, von überflüssigen Standortkosten zu befreien, muss uns doch eigentlich vereinen. Deshalb, meine lieben Kollegen von der CDU, denke ich, müssten Sie eigentlich großes Verständnis für unsere Überlegung haben. Die bremische Wirtschaft steht hinter meinem Vorschlag, wie Sie den letzten Äußerungen in der Presse entnehmen können. Deshalb bitte ich Sie, hören Sie auf, an einem überflüssigen Gesetz herumzudoktern, es wird dadurch nicht besser. Unterstützen Sie meinen Antrag, Sie können damit eigentlich nichts verkehrt machen! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Debatte ist schon eine gewisse Pressediskussion vorausgegangen. Herr Wedler, Bildung, Weiterbildung, lebenslanges Lernen unter dem Stichwort der Verwaltungserleichterung und des Bürokratieabbaus zu begreifen, das halte ich allerdings für eine krasse Fehleinschätzung dessen, was wir in der Zukunft vor uns haben und was wir gestalten müssen. Wir wissen doch alle gemeinsam, dass eine Schulausbildung und eine Berufsausbildung heutzutage nicht mehr dafür ausreichen, bis zur Rente oder bis zur Pension zu kommen, dass wir lebenslanges Lernen schlicht brauchen und dass wir das auch gestalten müssen. Das unter dem Stichwort Bürokratieabbau und Verwaltungserleichterung zu begreifen halte ich für schlicht falsch an dieser Stelle.
Von daher halte ich es logischerweise auch für falsch, dass man allgemeine und politische Weiterbildung als Privatsache ansieht. Gerade das muss auch die Gesellschaft mit lösen, und vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens versteht sich das dann von selbst. Sie wollen das Gesetz abschaffen, der Landesrechnungshof offenbar ebenfalls, einmal sagt er das mehr,
einmal weniger in seinem Bericht. Ich nehme einmal an, das ist zumindest mit Auslöser für diese Debatte heute. Die Unternehmensverbände lassen sich da auch nicht lumpen und springen auf den Zug auf. Die CDU hat ein Konzept vorgelegt, das im Kern auch auf eine Kürzung hinausläuft. Wenn man sagt, sechs Tage sollen künftig in Urlaub oder in Überstunden abgegolten werden oder in der Zeit gemacht werden, dann ist das eine faktische Kürzung, denn auch jetzt habe ich schließlich die Möglichkeit, mich in meinem Urlaub weiterzuqualifizieren, auch jetzt wird man mir das gestatten müssen und nicht verhindern.
Von daher finden wir es richtig, dass es dieses Bildungsurlaubsgesetz gibt. Es gibt es auch in anderen Bundesländern, Sie haben darauf hingewiesen, und es ist sicher auch an der einen oder anderen Stelle reformbedürftig, das würden wir auch schon so sehen. Wir finden es aber richtig, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mindestens fünf Tage im Jahr weiterqualifizieren können, wie das im Übrigen alle anderen Bremer und Bremerinnen auch können, die ihren Wohnsitz mindestens ein halbes Jahr in Bremen haben.
Wir finden auch richtig, dass dieses Gesamtkonzert erhalten bleibt von allgemeiner, politischer und beruflicher Weiterbildung, so wie es im Gesetz steht. Es kann nicht darum gehen, wie Sie sagen, Herr Wedler, dass es auf eine Schulung für betriebsinterne Erfordernisse hinausläuft, womöglich auf die Einarbeitung auf einen Arbeitsplatz. Das ist Sache des Arbeitgebers, der muss dann die Kosten dafür übernehmen, er hat schließlich auch den direkten Nutzen davon.
Im Bildungsurlaub geht es aus unserer Sicht um etwas anderes. Es geht genau darum, was ich eingangs gesagt habe, nämlich Erwachsenen die Möglichkeit zu geben, sich außerhalb ihrer direkten beruflichen Anforderung weiter zu qualifizieren, und zwar in diesen Bereichen: allgemein, politisch und natürlich auch beruflich. Wenn wir nämlich lebenslanges Lernen ernst nehmen wollen, dann heißt das doch gerade, dass wir erwachsenen Menschen nach ihrer Schul- und Berufsausbildung Chancen geben, sich entsprechend ihrer Begabungen und Interessen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld weiter zu qualifizieren. Dazu kann ein Englischkurs genauso gehören wie ein Computerkurs, ein Kurs über die EU-Osterweiterung oder ein Kurs über den Schutz des Wattenmeeres oder eben Kurse, die das eigene Gesundheitsverhalten beeinflussen und ihm zugute kommen können oder die Sozialkompetenz stärken.