Protocol of the Session on June 30, 2004

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Inzwischen ist dieser Sachverhalt in 13 Bundesländern erkannt worden und hat zu dem Erlass von Verwaltungsvorschriften geführt, die bestimmte Parkerleichterungen außerhalb der „aG“-Regelung zulassen. Die Ausweitung dieser Parkerleichterungen ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich festgelegt worden. Der Mindeststandard bei der bremischen Festlegung sollte sich unserer Ansicht nach mindestens an die Berliner Regelung anlehnen wegen der Vergleichbarkeit als Stadtstaat.

Würde man allerdings allen Schwerbehinderten mit dem Merkzeichen „G“ diese Parkerleichterungen zugestehen, würde dies eine Steigerung der Berechtigten um das Achtfache bedeuten und damit die bestehende Regelung, die gerade den Behinderten, deren Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt ist, zugute kommen soll, praktisch wertlos machen.

Für die SPD-Fraktion ist völlig klar, dass wir in Bremen in der Erarbeitung neuer Verwaltungsvorschriften zu Paragraph 26 Absatz 1 Nummer 11 der

Straßenverkehrsordnung den anderen Bundesländern dringend folgen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Für uns ist wichtig, Menschen mit Behinderungen die weitestgehende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Daher stimmt die SPDFraktion dem Antrag ausdrücklich zu, um Nachteilsausgleiche für schwerbehinderte Menschen mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Gehfähigkeit zu schaffen, die es ihnen ermöglichen, größere Lebensqualität durch verbesserte Mobilität zu erreichen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Krusche.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine beiden Vorrednerinnen haben schon mit teilweise sehr eindringlichen Beispielen darauf hingewiesen, dass dieser Antrag überfällig ist, und ich bin froh, dass wir ihn hier heute interfraktionell einbringen.

Menschen mit Behinderungen sind mehr als alle anderen darauf angewiesen, dass die Gesellschaft alles dafür tut, um ihnen eine möglichst gleichberechtigte Teilhabe an unserem gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Ich finde, dass Bremen in diesem Sinn schon einiges Gutes getan hat. Ich verweise auf die neue Landesbauordnung, ich verweise auch auf die Initiativen zum barrierefreien Wohnen. Das sind, glaube ich, Beispiele, die sich sehen lassen können, lösen aber nicht das Problem, das Frau Tuczek hier sehr eindringlich geschildert hat. Insofern geht es in unserem interfraktionellen Antrag darum, Parkerleichterungen für gehbehinderte Menschen zu ermöglichen, um ihnen beispielsweise das Einkaufen, Arztbesuche oder aber auch die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen leichter als bisher möglich zu machen.

Bisher gab es diese Parkerleichterungen nur für Menschen, auch darauf wurde schon hingewiesen, die im Besitz eines Ausweises sind, der sie als außergewöhnlich gehbehindert ausweist. Wir wollen nun, dass der Senat in Zukunft Parkerleichterungen auch für die Menschen ermöglicht, die einfach in ihren motorischen Bewegungsabläufen behindert sind, die ein „G“ in ihrem Ausweis haben, und wir Grünen sehen dies gerade vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft als einen richtigen Antrag an, weil zu vermuten ist, dass gerade, wenn immer mehr Menschen alt werden, dabei auch immer mehr Menschen sein werden, die erhebliche Gehbehinderungen haben. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Wir weisen aber auch ausdrücklich darauf hin, dass dies, wenn man das so machen will, auch heißt, dass dann gerade in Stadtteilen, in denen schon jetzt die Parkdichte sehr hoch ist und wo es schon jetzt nicht genügend Parkplätze für alle gibt, dies bedeuten kann, dass dann Parkplätze für die so genannten Normalen wegfallen müssen, weil nicht in allen Stadtteilen Parkplätze in ihrer Anzahl beliebig erweiterbar sein werden. Darum sagen wir auch ganz deutlich, dass es für uns sehr wichtig ist, dass es in beiden Städten, in Bremen und Bremerhaven, einen guten ÖPNV gibt, wohlgemerkt behindertengerecht, der es möglichst vielen Menschen in Zukunft ermöglicht, auf Autos zu verzichten und trotz Behinderung in der Stadt überall gut anzukommen.

Wichtig ist uns darüber hinaus auch, dass eine neue Verwaltungsvorschrift in diesem Sinn nicht zu neuer Bürokratie führt, und da spreche ich jetzt den Bausenator an, ob das für unsere Straßenverkehrsbehörden eine positive Herausforderung ist oder ob wir gleich von ihm erfahren, dass es viele Gründe gibt, die so eine Parkerleichterung erheblich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Ich bin jetzt sehr gespannt auf die Antwort des Bausenators. Ich hoffe aber trotzdem, dass wir einen Schritt weiterkommen, um behinderten Menschen das Parken zu erleichtern. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält Herr Senator Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal hat man die Aufgabe, ein bisschen die Quadratur des Kreises zu erfinden, und diese Aufgabe geben Sie mir jetzt, glaube ich, so ein bisschen mit auf den Weg. Trotzdem nehmen wir den Auftrag des Parlaments natürlich sehr ernst und werden uns mit diesem doch recht komplizierten Thema genau befassen. Ich bekomme als Senator immer einen Sprechzettel, wenn ich Ihnen den vorlesen würde zu dieser Thematik, hätte ich Angst, dass wir eine turbulente Sitzung hätten und Sie mich nicht fröhlich in die Mittagspause entlassen würden, weil dort genau das darin steht, was Frau Krusche schon vermutet hat, nämlich auf drei Seiten wird sehr genau beschrieben, wieso das alles eigentlich nicht geht, was das Parlament in diesem Fall möchte.

Es sind aber schon einige Punkte angesprochen worden, die dieses Thema sehr kompliziert machen. Frau Garling hatte in ihrem Redebeitrag das Verhältnis derjenigen genannt, die einen „aG-Ausweis haben, also außergewöhnliche Gehbehinderung, zu denen mit einem normalen „G“-Ausweis, Gehbehinderung. Wenn man das einfach auf diesen Kreis übertragen würde, hätte man eine Verachtfachung der Antragsberechtigten, und Sie können sich leicht

ausrechnen, dass bei einer Verachtfachung der Antragsberechtigten vermutlich die Zahl der Parkplätze, die vorhanden sind, nicht mehr ausreicht.

Würde man dies einfach einmal eben verachtfachen, Frau Krusche – wir haben uns gerade vor zwei Wochen mit dem Parkraumkonzept Innenstadt insgesamt beschäftigt – würde man feststellen, dass das irgendwie nicht herstellbar ist. Ich glaube, es würde dem Thema insofern auch nicht gerecht werden, wenn Sie sich anschauen, wer sozusagen alles tatsächlich diesen „G“-Vermerk in seinem Schwerbehindertenausweis hat. Das ist das Problem Nummer eins.

Das Problem Nummer zwei ist, wie wir das mit den Härtefällen hinbekommen, also denen, die offensichtlich diesen „aG“-Vermerk nicht bekommen haben, aber auch denen, die nicht einfach nur einen „G“Vermerk haben. Nach der geltenden Rechtsprechung bekommt derjenige dieses Kennzeichen „G“ in seinen Schwerbehindertenausweis – die Rechtsprechung geht von der „üblichen Wegstrecke“ aus, das ist nämlich die Voraussetzung, dass man die noch gerade zurücklegen kann, dass man einen „G“-Vermerk und keinen „aG“-Vermerk bekommt – der in diesem Sinne eine Strecke von etwa zwei Kilometern in einer halben Stunde zurücklegen kann.

Da sehen Sie, auch dies ist nun schwierig, genau diejenigen in einer Verwaltungsvorschrift, und das haben Sie mir jetzt mit auf den Weg gegeben, auszugrenzen, die eigentlich zwar gehbehindert, aber nicht schwer gehbehindert sind, und genau die Härten zu erfassen, die Frau Tuczek zu Recht beschrieben hat. Wir nehmen diesen Auftrag des Parlaments hier jetzt an, auch vor dem Hintergrund, dass wir die Zahl der vorhandenen Parkplätze für Behinderte nicht über Gebühr ausweiten wollen. Frau Krusche, Sie haben das quasi fast schon gefordert, aber ich finde, wir müssen das sinnvoll in das vorhandene Konzept einpassen.

Wir haben gerade festgestellt, dass wir Gott sei Dank in dem erweiterten Citybereich vom Parkraumkonzept eigentlich gut aufgestellt sind, dass wir das halbwegs zueinander bekommen haben, die ganzen Anforderungen, die es gibt im Bereich Ladeverkehre, im Bereich Taxen und wer dort sonst noch alles Ansprüche gestellt hat und weiterhin stellen wird. Es wird jetzt die Kunst sein, diesen Auftrag des Parlaments so umzusetzen, dass die Grenzfälle tatsächlich erfasst werden, dass die Zahl derjenigen, die dann einen Anspruch auf eine solche Parkerlaubnis haben, sich nicht plötzlich verachtfacht oder versiebenfacht und dass man tatsächlich diejenigen entsprechend erfasst.

Ich glaube, am einfachsten würde das gehen, wenn man das unbürokratisch bearbeitet, aber unbürokratische Bearbeitung und Verwaltungsvorschrift ist manchmal doch ein Widerspruch in sich, und in diesem Sinne nehmen wir das gern an. Die Message des Parlaments ist angekommen, und wir

hoffen, dass wir das dann in einer vernünftigen Zeit auch adäquat zu Ihrer Zufriedenheit umsetzen werden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 16/274, Neufassung der Drucksache 16/230, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Meine Damen und Herren, in Anbetracht der Zeit möchte ich keinen anderen Tagesordnungspunkt mehr aufrufen.

Wir sind für heute am Ende der Landtagssitzung angelangt. Den Bremerhavenern wünsche ich einen sicheren Heimweg. Die Bremer Kollegen sehe ich um 14.30 Uhr wieder zur Sitzung der Stadtbürgerschaft.

Ich schließe die Sitzung.