Protocol of the Session on June 3, 2004

(Abg. B ö d e k e r [CDU]: Den Space- Park!)

Wir haben von Bremerhaven her zum Space-Park in Bremen überhaupt nichts gefordert, weil das gar nicht unser Thema war. Im Gegenteil, wir haben sogar die Meinung gehabt, dass damit das Bremerhavener Projekt untergraben würde.

Ich möchte es ganz kurz machen: Wir als FDP stehen selbstverständlich zu dem Teil der Verantwortung, der uns trifft, aber dieser Teil, um den wir uns heute streiten, trifft uns jedenfalls nicht, und der trifft auch nicht Claus Jäger! Das wollte ich nur einmal sagen! – Vielen Dank!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Präsident des Senats geht gerade in die SPD-Fraktion. Ich sage das jetzt einmal für meine Fraktion: Zensuren für vom Volk gewählte Abgeordnete durch Mitglieder des Senats weise ich zurück, auch wenn das hier üblich geworden ist. Herr Bürgermeister Scherf macht das immer besonders gern. Wir möchten nicht, dass der Senat hier erzählt, welche Abgeordneten ihm wie toll in den Kram passen. Wir alle sind vom Volk gewählt, haben alle die gemeinsame Aufgabe, den Senat zu kontrollieren, und es ist nicht Aufgabe des Senats, hier Zensuren zu verteilen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nun haben wir jetzt, nachdem Herr Kastendiek erzählt hat, dass im Grunde die Opposition oder zumindest die Ampel an allem schuld ist, eine neue Variante bekommen. Jetzt ist Herr Jäger schuld. Das ist auch nicht so erstaunlich, weil er sich hier im Haus am allerwenigsten wehren kann. Aus unserer Erinnerung ist in Ampelzeiten in der Tat ein Gutachten mit Stimmen der Grünen beschlossen worden, das die Möglichkeit des Vorschlags, dort ein Vergnügungscenter mit Weltraumschwerpunkt auf dem Gelände des jetzigen Space-Parks zu machen, beinhaltet.

Die Grünen haben nichts dagegen, klüger zu werden, darin liegt nichts Verwerfliches. Das Ergebnis des Gutachtens hat meines Wissens erst nach Beendigung der Ampel-Regierung vorgelegen und kann insofern von uns auch nicht beschlossen worden sein, und das ist alles. Dass der damalige Wirtschaftssenator sich Gedanken gemacht hat, was mit diesem Gelände passieren soll, war seine Aufgabe und überhaupt nichts Ehrenrühriges, und damit gut. Da, finde ich, sollten die Bemühungen, sich hier wegzustehlen und die Verantwortung in der vorvorletzten Legislaturperiode zu verorten, auch endgültig beendet sein.

Was hier in diesem Haus wirklich nicht geht, ist, auf der einen Seite zu sagen, dass die Erfolge der Sanierungspolitik wahrscheinlich erst in zehn, 15 Jahren eintreten werden, auf der anderen Seite jede kleine gute Nachricht, wenn man gerade einen Preis bekommen hat oder irgendwelche Parameter gerade einmal etwas besser als der Bundesdurchschnitt inklusive ostdeutscher Bundesländer sind, als Erfolg der großen Koalition zu buchen, dann aber wiederum, wenn etwas schlecht läuft, drei Legislaturperioden zurückzuschauen und zu sehen, ob man dort nicht irgendwo einen Täter erwischt. Diese Manöver wird Ihnen die Bevölkerung nicht durchgehen lassen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir verlangen nicht vom Haus, dass Wirtschaftssenator Perschau sich drücken soll, sondern wir verlangen in unserem Antrag, dass das Parlament ihm das Vertrauen entzieht, und das ist etwas ganz anderes, als sich zu drücken. Herr Senator Perschau ist selbst als Person durch die Art und Weise, wie er das Projekt betrieben hat, und vor allen Dingen, wie er es in der Öffentlichkeit vertreten hat, völlig mit diesem Projekt verknäult, was sich jetzt dadurch, dass sich die Dresdner Bank zurückzieht, als großes Problem und als Misserfolg erweist. Es ist aus unserer Sicht so, dass das Parlament berechtigterweise kein Vertrauen darin hat, dass dieser Senator, der alles tun muss, um seinen Ruf zu retten, um nicht derjenige zu sein, der irgendwann dasteht und die Verantwortung für diesen Megaflop zum Schaden Bremens hat, selbst alles tun muss, um das hinzubiegen, dass es doch noch irgendwie geht.

Wir haben nach der Geschichte dieses Projekts nicht mehr das Vertrauen, dass Sie das tun werden, ohne weitere Nebenverträge, ohne weitere öffentliche Mittel locker zu machen, ohne weitere Versprechungen für Investoren. Das ist der Grund, warum wir niemandem durchgehen lassen wollen, dass er sich drückt, sondern es muss jemand die Verantwortung übernehmen. Es braucht für die Lösung dieses riesigen Problems für Bremen jemanden, der unvoreingenommen und unbelastet und frei von persönlichen Interessen im Sinne der eigenen Rufwahrung im Interesse Bremens agieren kann. Das können Sie, Herr Senator Perschau, aus grüner Sicht nicht mehr sein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was man hier auch nicht weiter wegreden kann, wie Herr Bürgermeister Scherf es versucht hat, ist, dass natürlich alle davon ausgegangen sind, dass der Space-Park eine Supersache wird. Sie haben sich doch, und das ist doch gerade das Wesen der großen Koalition, über alle Kritik und alle Bedenken hinweggesetzt! Die Innenstadtkaufleute wurden eingekauft, die Gröpelinger wurden ruhiggestellt. Es

ist schon damals bekannt gewesen, dass Deutschland die größte Quadratmeterfläche Einzelhandel pro Person im ganzen europäischen Vergleich hat. Das waren Zahlen, die schon damals vorgelegen haben. Nun tun Sie doch nicht so, als würde heute auf einmal die neue Weisheit vom Himmel regnen! Sie haben sich im eigenen Interesse, im Interesse der Rufwahrung der großen Koalition, mit solchen Megaprojekten verheiratet und haben jede kritische Distanz dazu verloren, schon damals!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bis heute haben Sie nicht verstanden, dass Ihre eigene Selbstüberschätzung, Ihre eigene Schönrederei, der Sie ja offensichtlich zum Teil noch selbst auf den Leim gehen, und Ihr eigenes Metropolengerede Teil des Problems sind. Das haben Sie hier und heute vorgeführt, dass Sie immer noch nicht verstanden haben, dass Bremen Lösungen mit Augenmaß braucht, eingedenk der Tatsachen, dass unsere Ressourcen begrenzt sind, dass wir eine hanseatische Tradition haben, die etwas ganz anderes als Ihre Kraftmeierei ist, und eingedenk der Tatsache, dass uns solche Flops viel mehr als der in der Tat hauptmaßgeblich geldgebenden Dresdner Bank schaden.

Dass Sie das alles nicht verstanden haben, ist Teil des Problems, und das macht es auch so bitter, wir haben immer noch nicht den Eindruck, dass Sie eine kritische Distanz zu Ihren eigenen Träumen und verstanden haben, Sie müssen für Bremen Politik machen und nicht für eine zusammenfabulierte Metropole, wo Sie nach dem Motto „Je dicker, desto besser“ immer wieder auf Ihre eigene Reklame hereinfallen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. T i t t m a n n [DVU] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tittmann?

Nein! Sie werden nicht wegdiskutieren können, dass Sie einen großen Schaden für Bremen verantworten, und acht Prozent oder 18 Prozent oder was auch immer, das ist doch völlig gleichgültig. 230 Millionen Euro sind direkt oder indirekt in dieses Projekt geflossen, und dieses Geld ist weg.

(Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU])

Wenn man etwas Neues machen will, wird man dort neues Geld, auch für Infrastrukturveränderungen, in die Hand nehmen. Wenn Sie hier heute einen Antrag beschließen, in dem steht, dass Sie nicht in das Betreiberrisiko gehen, Herr Böhrnsen, ist da

mit auch ausgeschlossen, dass man einmalig Investitionshilfen leistet, wenn man möchte, dass dort neue Leute neue Angebote machen? Mir reicht das nicht! Allein die Absage, in das Betreiberrisiko zu gehen, ist ja wohl eine Selbstverständlichkeit. Das würde Ihnen die EU sowieso nicht durchgehen lassen. Was Sie mitbeschließen und mitverkünden müssen, ist, dass es auch für denjenigen, der dort in Zukunft versuchen wird, sich wirtschaftlich zu betätigen, keine neuen Starthilfen geben wird.

Weshalb ich mich hauptsächlich gemeldet habe, ist, dass ich hier zwei Sachen gerade stellen möchte, die Frau Dr. Trüpel hier nicht selbst richtig stellen kann. Ich finde es schon ziemlich ungeheuerlich – es war ja auch schon durch den Fraktionsgeschäftsführer der SPD-Fraktion in der Zeitung zu lesen –, uns vorzuwerfen, dass wir hier im Zusammenhang mit der Europawahl Klamauk machen wollen. Es ist schon einigermaßen ungeheuerlich. Dass ein Mitglied des Parlaments, eine Kollegin von uns allen, ihr passives Wahlrecht nutzt, um für das Europaparlament zu kandidieren, das ist ja wohl in Ordnung, ich habe bisher nicht die Forderung gehört, dass so jemand dann wochenlang keine Politik machen kann. Es ist keine Vereinbarung mit dem Rechnungshof, dass dann jemand so lange einen Maulkorb hat oder schweigen muss, sondern sie darf reden und sich politisch betätigen. Dass die Dresdner Bank nun ausgerechnet auf Frau Dr. Trüpel und den Europawahlkampf Rücksicht genommen hat mit der Entscheidung, den Geldhahn zuzudrehen, das in der Tat würde uns dann doch reichlich überschätzen.

Auch das Wort Klamauk hat mich ziemlich geärgert. Wir nehmen hier ein Recht, das wir in der Verfassung haben, wahr. Dass wir hier jemanden persönlich angegangen haben, kann uns niemand vorwerfen. Klamauk ist das nicht! Es gehört zu den parlamentarischen Rechten einer Opposition, Mitgliedern des Senats das Vertrauen zu entziehen. Dass das einer Regierung nicht gefällt, ist klar, aber ein verfassungsmäßiges Recht des Parlaments so zu denunzieren, das hat mich richtig enttäuscht, Herr Böhrnsen! Ihr Parlamentsverständnis habe ich in der Vergangenheit anders eingeschätzt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Meine Damen und Herren, die Bürgerschaft (Land- tag) hatte zu Beginn der Sitzung beschlossen, dass die Abstimmung geheim in Kabinen erfolgt. Das Verfahren richtet sich dann analog nach Paragraph 58 Absätze 5 und 6 der Geschäftsordnung.

Lassen Sie mich zum Verfahren folgende Anmerkungen machen: Die Schriftführerinnen haben

Stimmzettel zurückzuweisen, die außerhalb der Kabine gekennzeichnet oder in den Umschlag gelegt wurden beziehungsweise nicht in den Wahlumschlag gelegt wurden. Außerdem sind Stimmzettel zurückzuweisen, die sich in einem Wahlumschlag befinden, der offensichtlich in einer das Wahlgeheimnis gefährdenden Weise von den übrigen abweicht oder einen deutlich fühlbaren Gegenstand enthält.

Stimmzettel, die Zusätze oder Kennzeichnungen enthalten, sind ungültig, wenn sie den Willen des Abstimmenden nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder die Person des Wählers erkennbar wird. Sie haben die Möglichkeit, mit Ja, Nein oder Enthaltung abzustimmen.

Ich bitte die Schriftführerinnen, ihre Plätze bei den Wahlkabinen einzunehmen. Die Ausgabe der Stimmzettel und Umschläge erfolgt nach Namensaufruf an dem Tisch rechts neben den Kabinen.

Meine Damen und Herren, besteht Klarheit über die Durchführung der Abstimmung?

Ich sehe kein Handzeichen, dann ist das der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich rufe jetzt alle Abgeordneten nach dem Alphabet namentlich auf und bitte die so aufgerufenen Damen und Herren, ihre Stimme abzugeben.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Meine Damen und Herren, haben alle Abgeordneten ihre Stimmzettel abgegeben? – Ich sehe, das ist der Fall.

Damit ist die Abstimmung beendet.

Wir kommen jetzt zur Auszählung der abgegebenen Stimmen. Ich bitte die Schriftführerinnen, die Auszählung vorzunehmen.

Ich unterbreche die Sitzung, bis das Ergebnis vorliegt.

(Unterbrechung der Sitzung 16.33 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 16.41 Uhr.

Ich eröffne wieder die unterbrochene Sitzung.

Bevor ich das Abstimmungsergebnis bekannt gebe, weise ich darauf hin, dass gemäß Artikel 110 Absatz 3 der Landesverfassung der Beschluss auf Ent

ziehung des Vertrauens zustande kommt, wenn die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl, das sind 42 Abgeordnete, zustimmt.

Ich werde jetzt das Abstimmungsergebnis bekannt geben, wie es von den Schriftführerinnen festgestellt wurde.

Ausgegebene Stimmzettel 81, abgegebene Stimmzettel 81, vernichtete Stimmzettel null. Mit Ja haben gestimmt 16, mit Nein haben gestimmt 64, eine Enthaltung, ungültig null.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei der CDU)