Protocol of the Session on May 6, 2004

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Es ist Einigung darüber erzielt worden, die erste Lesung zu unterbrechen und das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen, Drucksache 16/183, zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Informationsund Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten, federführend, und den Rechtsausschuss zu überweisen.

Wer der Unterbrechung der ersten Lesung und der oben genannten Überweisung des Gesetzesantrags mit der Drucksachen-Nummer 16/183 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) unterbricht die erste Lesung und überweist den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten, federführend, und an den Rechtsausschuss.

(Einstimmig)

Konsequenzen einer Ausbildungsplatzabgabe

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 15. März 2004 (Drucksache 16/184)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 27. April 2004

(Drucksache 16/225)

Wir verbinden hiermit:

Keine Ausbildungsplatzabgabe einführen

Antrag (Entschließung) des Abgeordneten Wedler (FDP) vom 3. Mai 2004 (Drucksache 16/235)

Der Jugend Chancen geben – für jeden Jugendlichen einen Ausbildungsplatz

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 4. Mai 2004 (Drucksache 16/240)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Lemke.

Nun ist er nicht da, aber ich nehme an, dass er die Antwort nicht noch einmal vorlesen möchte, oder hat jemand eine andere Information? Wissen Sie, Herr Dr. Nußbaum, ob er die Antwort auf die Große Anfrage noch einmal mündlich wiederholen möchte? Wahrscheinlich nicht, gut!

(Senator R ö w e k a m p : Wenn er hier wäre vielleicht!)

Ich gehe davon aus, dass sie nicht mündlich wiederholt wird.

Wir treten in die Aussprache ein.

Als erste Rednerin erhält das Wort Frau Abgeordnete Winther.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe der Zeitung entnommen, dass heute der Tag der Ausbildung ist, das ist gut so, und deswegen passt dieses Thema heute ganz hervorragend.

Wir haben im März dieses Jahres anlässlich einer Aktuellen Stunde der Grünen das Thema Ausbildungsplatzabgabe bereits diskutiert, und die CDU hat in der Debatte ihre Kritik an diesem Vorhaben dargestellt. Insofern werde ich im Folgenden auf die Einzelheiten dieser Kritik nicht mehr eingehen. Klar war damals schon, dass völlige Unklarheit über das weitere Vorgehen herrschte. Dies war der Grund, weshalb wir eine Große Anfrage zu diesem Thema gestellt haben.

Die Lage ist verworren und ändert sich täglich. Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung haben SPD und Grüne inzwischen einen Entschließungsantrag eingebracht, der auf einen Ausbildungspakt mit der Wirtschaft setzt, aber gleichwohl das Gesetz sozusagen als drohende Keule beschließen will. Mit dem Gesetz wird aber der DIHK keinen Pakt abschließen.

Einen weiteren Antrag gibt es von den Ministerpräsidenten Steinbrück und Beck. Sie wollen das Gesetzgebungsverfahren aussetzen und einen Fonds auflegen. Wie dieser Fonds aussehen soll, ist aller

dings völlig unklar. Also, meine Damen und Herren, allerbeste Voraussetzungen für eine klare Entscheidung! Eines haben beide Anträge gemeinsam: Es ist der verzweifelte Versuch, die unsinnige Zwangsabgabe des Herrn Müntefering zu umgehen, denn selten ist ein Gesetz auf so breiter Front abgelehnt worden.

Experten, Wirtschaftsinstitute, Regierungsberater warnen, große Teile der SPD selbst sind dagegen. Die Medien kritisieren die Abgabe, die Kommunen sind dagegen, denn auf sie kommen Mehrbelastungen in Millionenhöhe zu. Sogar Teile der Gewerkschaften haben sich geäußert, so zum Beispiel die IG Metall in Baden-Württemberg, die die Abgabe ebenfalls kritisiert. Regionale Ausnahmen werden angekündigt, notleidende Kommunen befreit, einzelne Branchen mit tarifvertraglichen Regelungen und Bundesministerien ausgenommen. Allein die Vorbereitung eines solchen Gesetzes ist absolut chaotisch. Ich denke, so kann man das nicht machen. Dennoch wird der Bundestag wohl morgen ein Gesetz beschließen, das eigentlich keiner mehr will, und das, meine Damen und Herren, ist nun wirklich absurd.

Um es vorweg ganz klipp und klar zu sagen: Das Anliegen, allen jungen Menschen einen Ausbildungsplatz zu verschaffen, ist notwendig und richtig. Ich glaube, wir alle wissen, niemand, kein Unternehmen, keine Kommune, keine Organisation, darf aus dieser Pflicht entlassen werden, nämlich bestmöglich auszubilden und jungen Menschen einen Weg in die Zukunft zu öffnen. Gute Fachkräfte sind immer der Vorteil unserer Wirtschaft gewesen, und das muss auch so bleiben, aber die Ausbildungsplatzabgabe ist der falsche Weg. Dies sieht auch Wolfgang Wiegand von der SPD so, der Vorsitzende des Rates der Wirtschaftsweisen.

Es ist nun unumstritten richtig, dass alle gesellschaftlichen Bereiche mehr für die Zukunft der jungen Menschen tun müssen. Die Wirtschaft hat da ja bundesweit reagiert. Die Industrie- und Handelskammern haben einen umfassenden Sechs-PunktePlan vorgelegt, um mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Sie haben einen Ausbildungspakt angeboten, allerdings nur dann, wenn das Gesetz nicht kommt. Auch die Handelskammer in Bremen hat im Jahr 2003 eine Vielzahl von Initiativen mit Erfolg auf den Weg gebracht. Letztlich gelang es dann doch noch, mit einem Zuwachs von rund zwei Prozent an neuen Ausbildungsverhältnissen im Kammerbereich Bremen klarzukommen. Damit lag Bremen spürbar über einem bundesweiten Plus von 0,7 Prozent. Das ist also der richtige Weg, und der muss auch im Jahr 2004 von den Kammern und dem Bündnis für Arbeit weiter gegangen werden.

Dramatisch ist allerdings der Rückgang der Ausbildungsplätze im Handwerk. Das kann ja auch angesichts der schwierigen konjunkturellen Situation und der Auflagen und Belastungen, mit denen die

Wirtschaft derzeit zu kämpfen hat, niemanden verwundern. Es bleibt daher dringender denn je, dass gerade mittelständische Betriebe positive politische Signale erhalten. Ich bin überzeugt davon, das drohende Schwert einer Abgabe ist hier nicht das richtige Instrument. Es führt neben der schlechten konjunkturellen Lage zu weiteren Verunsicherungen, die jetzt schon im Ausbildungsplatzangebot zu spüren sind, es ist daher kontraproduktiv. Ein Ausbildungspakt macht also nur ohne dieses drohende Schwert der Zwangsabgabe Sinn.

Warum neben der allgemeinen Verunsicherung die Drohung mit dieser Abgabe unsinnig ist, will ich Ihnen auch an einem Beispiel verdeutlichen! Ein junges Unternehmen hat ein neues Produkt und könnte eigentlich neue Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, aber um unter dieser Quote von zehn Arbeitsplätzen, die dann bei den Ausbildungsplätzen anzurechnen sind, zu bleiben, gründet es eine neue kleine Firma. Dies ist nicht gut, aber das ist leider die Folge der derzeitigen Situation. Andere stellen gar nicht erst ein, um unter dieser Quote zu bleiben, und verhindern so obendrein auch noch Arbeitsplätze. Ich könnte Ihnen weitere Beispiele dazu nennen.

Die Ministerpräsidenten Steinbrück und Beck haben dies erkannt und ja gerade deswegen die Fondslösung vorgeschlagen. Darüber könnte man reden, wenn man denn wüsste, was mit dem Geld passieren soll. 140 Millionen Euro stehen zur Verfügung, aber wo sie herkommen sollen, wie sie aufgeteilt werden sollen, was damit passieren soll, ist nicht klar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies waren die Modelle, die zur Disposition stehen. Ich denke, diese Modelle zeigen, dass das Verfahren ein Chaos ist und allein zur Gesichtswahrung von Herrn Müntefering dienen soll. Ich denke, so kann man Politik heute nicht mehr machen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist auch grundsätzlich ökonomischer Unfug, mit immer mehr Steuern und Abgaben Unternehmen zu mehr Ausbildungsplätzen bewegen zu wollen. Die Politik der Bundesregierung, das wissen Sie sehr genau, hat dazu geführt, dass in Deutschland jede Viertelstunde ein Unternehmen mit der schlimmen Folge schließen muss, dass die Ausbildungsplätze verloren gehen, aber auch, dass die Arbeitsplätze verloren gehen. Statt mit einer symbolischen Politik Linke in Ihrer Partei, sehr geehrter Herr Böhrnsen, zu befriedigen, sollte die Bundesregierung endlich auf mehr Wachstum setzen. Das wäre der wirksamste Weg für mehr Ausbildungsplätze.

(Beifall bei der CDU)

Ein Wort ist an dieser Stelle auch zu den Gewerkschaften nötig. Der DGB hat eine Ausbildungs

quote von 2,3 Prozent, ver.di von 0,3 Prozent, die IG Metall von 0,9 Prozent.

(Zurufe von der CDU)

Diese miserablen Quoten sind also überhaupt kein Beitrag zur Lösung des Problems. Es wäre daher gut, wenn die Gewerkschaften selbst einmal das täten, was sie von anderen fordern.

(Beifall bei der CDU)

Das ist auch in Bremen so. Der Finanzsenator hat neue Ausbildungsplätze angeboten, allerdings im Verbund mit der Wirtschaft und zu Konditionen wie in der Wirtschaft. Dies wird jedoch von den Gewerkschaften hier in Bremen abgelehnt, und, sehr geehrte Frau Ziegert, es wäre gut, wenn Sie in Ihren Gremien dafür kämpfen würden, dass es zu diesen Verbundausbildungen kommt und dass auf diese Weise Ausbildungsplätze geschaffen werden können.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Böhrnsen, Sie sind in der Debatte im März einer klaren Antwort ausgewichen. Sie haben einerseits mehrfach betont, dass Sie jede Form von freiwilligen Lösungen unterstützen und favorisieren. Sie haben gesagt, die vielfältigen regionalen Ausbildungsplatzkampagnen seien der richtige Weg, und der Bürgermeister hat dies in seiner Rede auch noch einmal bestätigt. Warum allerdings bekennen Sie sich dann nicht zu diesem inzwischen von der überwiegenden Mehrheit anerkannten Weg? Sie scheinen aber andererseits eine Zwangsabgabe nicht abzulehnen. Damit sind Sie inzwischen, zumindest auf Landesebene, einer der Letzten, der an dieser Abgabe noch festhält.

(Abg. B r u m m a [SPD]: Das ist gut so!)

Das hoffen Sie leider immer noch vergebens! Es würde mich interessieren, wie Sie einerseits für regionale Initiativen und gegen Bürokratiemonster kämpfen, aber andererseits die Vorschläge der Kollegen Steinbrück und Beck ablehnen. Vielleicht können wir ja dazu gleich etwas erfahren.

Auch das Bildungsressort scheint Probleme mit diesem Gesetz zu haben. Senator Lemke sieht in seiner Antwort das duale System in Gefahr, sieht die Problematik des Freikaufens und setzt ebenfalls auf regionale Lösungen, wie der Antwort zu entnehmen ist. Verehrter Herr Köttgen, darf ich daraus schließen, dass der bremische Senat im Bundesrat dieses Gesetz ablehnen wird? Ich hätte darauf gern eine Antwort!