Protocol of the Session on July 3, 2003

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Wahl.

Meine Damen und Herren, es ist vereinbart worden, dass diese Wahl gemäß Paragraph 58 unserer Geschäftsordnung als geheime Wahl in Wahlkabinen durchzuführen ist. Ich gebe Ihnen jetzt ein paar Regularien für den Ablauf der Wahl bekannt.

Meine Damen und Herren, die Ausgabe der Stimmzettel und Wahlumschläge erfolgt nach Namensaufruf an dem Tisch rechts neben den Kabinen. Bitte gehen Sie dann mit Ihrem Stimmzettel in eine der beiden Wahlkabinen, und vermerken Sie dort Ihre Wahlentscheidung auf dem Stimmzettel. Sie haben die Möglichkeit mit Ja, Nein oder Stimmenthaltung zu entscheiden. Sie müssen also die entsprechende Rubrik Ihrer Wahlentscheidung ankreuzen. Fehlt eine Kennzeichnung, gilt die Stimme als nicht abgegeben. Enthält der Stimmzettel mehr Kennzeichnungen als zu Wählende, ist er ungültig.

Falten Sie den Stimmzettel in der Wahlkabine, und stecken Sie ihn dort in den mitgegebenen Wahlumschlag. Es wird gebeten, den Wahlumschlag nicht zuzukleben. Begeben Sie sich dann zu dem Tisch, wo die Wahlurne aufgestellt ist, und werfen Sie den Stimmzettel in die Wahlurne.

Ich weise noch darauf hin, dass die Schriftführer Stimmzettel zurückzuweisen haben, die erstens außerhalb der Wahlkabine gekennzeichnet oder in den Wahlumschlag gelegt wurden, zweitens nicht in den Wahlumschlag gelegt wurden, drittens sich in einem Wahlumschlag befinden, der offensichtlich in einer das Wahlgeheimnis gefährdenden Weise von den übrigen abweicht oder einen deutlich fühlbaren Gegenstand enthält.

(Heiterkeit)

Stimmzettel, die Zusätze oder Kennzeichnungen enthalten, sind ungültig, wenn sie den Willen des Wählers nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder die Person des Wählers erkennbar wird.

Sollte sich ein Abgeordneter beim Ausfüllen des Stimmzettels verschreiben, kann er beim Schriftführer gegen Rückgabe des alten Stimmzettels einen neuen Stimmzettel erhalten.

Meine Damen und Herren, besteht jetzt Klarheit über das Wahlverfahren? Da ich keinen Widerspruch höre, gehe ich davon aus, dass alles glatt geht.

Wir kommen zur Wahl.

Ich bitte die von der Fraktion der CDU und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen benannten Schriftführer, den Abgeordneten Hans-Georg Gerling und den Abgeordneten Jens Crueger, an der Ausgabe der Stimmzettel beziehungsweise an der Wahlurne Platz zu nehmen.

Dann rufe ich jetzt in alphabetischer Reihenfolge die Namen der Abgeordneten auf und bitte Sie, dann zur Wahl zu gehen.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Meine Damen und Herren, ich frage, ob alle Abgeordneten ihren Stimmzettel abgegeben haben. – Ich stelle fest, das ist der Fall.

Dann ist der Wahlgang beendet.

Wir kommen zur Auszählung der abgegebenen Stimmen.

Ich bitte die Schriftführer, die Auszählung vorzunehmen.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer der Meerestechnischen Universität aus St. Petersburg, die im Rahmen eines Austauschs zwischen Bremerhaven und St. Petersburg gerade Bremen besuchen.

Seien Sie herzlich willkommen, und ich wünsche Ihnen schöne Tage hier in unserem Bundesland!

(Beifall)

Ich unterbreche jetzt die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) für zirka 15 Minuten, um das Wahlergebnis festzustellen.

(Unterbrechung der Sitzung 11.16 Uhr)

Abg. Frau Berk eröffnet die Sitzung wieder um 11.26 Uhr.

Meine Damen und Herren, die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich gebe Ihnen jetzt das Ergebnis der Wahl des Präsidenten bekannt: Bei der Wahl des Präsidenten wurden 82 Stimmzettel ausgegeben, abgegebene Stimmzettel auch 82, vernichtete Stimmzettel gibt es nicht.

Auf den Kollegen Christian Weber entfielen 76 Jastimmen, vier Neinstimmen und zwei Enthaltungen.

(Beifall)

Ich stelle fest, dass der Abgeordnete Christian Weber die Mehrheit erreicht hat, die nach Paragraph 9 Absatz 1 der Geschäftsordnung erforderlich ist.

Ich frage den Abgeordneten Christian Weber, ob er die Wahl annimmt.

(Abg. W e b e r [SPD]: Frau Präsidentin, ich nehme die Wahl an!)

Meine Damen und Herren, ich darf im Namen aller Abgeordneten dieses Hauses Herrn Christian Weber zu seiner Wahl als Präsident der Bürgerschaft die herzlichsten Glückwünsche aussprechen.

Herr Präsident, jetzt kommt der obligatorische Platzwechsel.

(Beifall – Präsident W e b e r übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mich bei Ihnen ganz herzlich für diesen wunderbaren Vertrauensbeweis, den Sie mir entgegengebracht haben, bedanken.

(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: Ein Geburtstagsgeschenk!)

Ein kleines verspätetes! Trotzdem ganz herzlichen Dank dafür! Ich hoffe, dass ich Ihre Erwartungen, die Sie mir gegenüber haben, erfüllen kann. Ich werde alles tun, das Parlament im Lande Bremen für die

Abgeordneten zu repräsentieren, und ich glaube, wenn wir gemeinsam als Parlamentarier die nächsten vier Jahre zusammenstehen, werden wir in der Öffentlichkeit ein wahrnehmbares Verfassungsorgan Legislative, das sich nicht gegenüber, aber neben dem Verfassungsorgan Exekutive behaupten können wird und auch behaupten muss. Ganz herzlichen Dank für Ihren Vertrauensbeweis!

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, heute beginnt die sechzehnte Legislaturperiode der Bremischen Bürgerschaft, und wir alle wissen, dass eine besonders schwierige Wahlperiode vor uns liegt. Wir müssen die Zukunft unseres Zwei-Städte-Staates sichern, wir müssen beweisen, dass das Land Bremen eine Existenzberechtigung hat, dass seine Bewohner, ihre Vertreter im Parlament und die Regierung alles tun, was in ihrer Kraft steht, um ihren Part der großen Aufgabe zu erfüllen.

In dieser Legislaturperiode läuft das Ultimatum des Bundes ab, bis zum Jahr 2005 müssen unsere Finanzen geordnet sein. Dass das kein Spaziergang werden wird, ist uns allen klar, denn in den nächsten vier Jahren steht viel auf dem Spiel. Wir müssen den Beweis erbringen, dass unser Land aus eigener Kraft lebensfähig ist, dass die finanzielle Hilfe des Bundes und der Länder berechtigt war und ist, dass sie sich gelohnt hat als Hilfe zur Selbsthilfe, dass wir das Geld genutzt haben, um in absehbarer Zeit wieder auf eigenen Füßen zu stehen.

Als dramatische Folge des Sanierungskurses nimmt die Bevölkerung vor allem wahr, dass in den nächsten Jahren noch strenger gespart werden muss. Was das wirklich bedeutet, das wird jetzt offenbar. Beamtengehälter, Freibäder und andere Einrichtungen stehen zur Disposition. Aus Sicht der großen Koalition ist es unvermeidlich, dass dort gespart werden wird. Die Opposition wird das in dem einen oder anderen Fall differenzierter betrachten. So oder so, ob Freibäder geschlossen werden oder die Gewerbesteuer angehoben wird, wir werden uns in den nächsten Jahren zu Entscheidungen gezwungen sehen, die unpopulär sind und mit denen man sich nicht beliebt macht.

Die Bürger protestieren gegen die Schließung der Bäder. Die Handelskammer hat davor gewarnt, die Gewerbesteuer zu erhöhen. Wir müssen diese Kritik ernst nehmen, sie muss uns Anlass sein, unsere Pläne sorgfältig zu bedenken, aber wir müssen den Mut aufbringen, Entscheidungen zu treffen, von deren Richtigkeit wir überzeugt sind. Wir müssen konsequent handeln, unsere Politik muss verlässlich sein, schlimmstenfalls auch im negativen Sinne. Wir dürfen keine falsche Hoffnung erwecken, das ist unseriös und führt zu großen Enttäuschungen.

Norbert Blüm hat einmal gesagt, nicht alles, was populär ist, ist richtig, und ich möchte anfügen, dass das ganz gewiss auch für Populismus gilt. Wir Abgeordnete müssen uns darauf gefasst machen, dass wir kritisiert, dass wir angegangen werden. Wir werden noch mehr als bisher Rechenschaft über unser Tun ablegen müssen gegenüber den Wählern, gegenüber den Bürgern. Wenn wir von ihnen verlangen, den Sanierungskurs mitzutragen und Kürzungen schweren Herzens zu akzeptieren, sind wir in der Pflicht, die Hintergründe zu erhellen, die uns zu der Entscheidung bewogen haben. Je mehr wir den Bürgern abverlangen, desto größer wird unsere Verantwortung. Geld verteilen ist angenehm, da braucht man nicht viel zu sagen, aber wenn man Geld einsparen will, sieht es ganz anders aus.

Unsere Aufgabe im Parlament ist es, die Regierung, die wir morgen wählen, zu beauftragen, Politik in unserem Sinne zu gestalten. Unsere Aufgabe ist auch, die Regierung zu kontrollieren. Das wird, wie Sie wissen, immer schwieriger, weil in den vergangenen Jahren ein Geflecht von Eigenbetrieben und Gesellschaften entstanden ist. Im Finanzressort ist inzwischen ein Controllingsystem entwickelt worden, das uns Einblick in die Kinder und Kindeskinder des so genannten Konzerns Bremen erlaubt, aber es liegt in unserer Hand, uns diese Fakten und Unterlagen zunutze zu machen und/oder, wenn es angebracht erscheint, weitere Auskünfte einzufordern. Das kann enervierend sein und macht viel Arbeit, aber es liegt an uns. Wenn wir auf Zack sind, können Gesellschaften kein unkontrolliertes Eigenleben entwickeln, aber wir müssen uns dazu befähigen, unsere Kontrollfunktion wahrzunehmen, und ich hoffe, dass die Fachleute in der Verwaltung wie in der Vergangenheit dazu bereit sind, unsere Kontrollkompetenzen gelegentlich mit ein bisschen Nachhilfe zu erweitern.

Wir Abgeordnete müssen nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden, wie wir die Interessen der Bürger am besten und am fairsten wahrnehmen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Partikularinteressen dabei in den Hintergrund treten müssen. Unter uns sind Abgeordnete aus Bremen und Bremerhaven, aus allen Stadtteilen. Ich als alter Hemelinger weiß sehr gut, dass von jedem von Ihnen erwartet wird, die Interessen Ihres Stadtteils zu vertreten. Sie werden auch daran gemessen werden, was Sie für Ihr Viertel erreicht haben, und Sie werden sich Vorwürfe gefallen lassen müssen, wenn Sie diese Erwartungen nicht erfüllen können. Ich möchte an Sie appellieren, sich nicht beirren zu lassen. Verlieren Sie das Große und Ganze, unsere gemeinsame Sache nicht aus den Augen, unser Land Bremen! Wenn Bremen keine Zukunft hat, haben Gröpelingen, Oberneuland, Kattenturm, Schiffdorf und Lehe auch keine.

Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie mit sich selbst im Reinen bleiben, dass es Ihnen gelingt, Gewissens

konflikte auszuhalten, fair und sachlich abzuwägen. Das gilt vor allem für die 20 Parlamentsnovizen unter uns. Ihnen wünsche ich viel Geduld und Humor, denn ich kann mich noch gut an meine ersten Monate in der Bürgerschaft erinnern, und ich muss Ihnen gestehen, es gab viele Momente der Frustration, aber wie Sie sehen, ich habe mich nicht vergraulen lassen, nicht einmal von meinen eigenen Leuten,

(Heiterkeit)

und ich habe dazugelernt. Man entwickelt erstaunliche Fähigkeiten, Nerven wie Drahtseile, Engelsgeduld, Selbstkontrolle, Disziplin, auch rhetorisch lernt man dazu, selbst wenn sich das weniger im Plenarsaal, sondern am nächsten Tag in der Presse widerspiegelt.

Als ich ein Neuling war, ging es mir wie Ihnen, ich wollte mich einbringen, wollte Großes bewegen und stellte schnell fest, dass politische Prozesse zäh sind, dass nichts über Nacht geht, dass aber viel zu erreichen ist, wenn man im Team denkt. Man kommt auch mit kleinen Schritten zum Ziel, nicht nur mit dem großen Wurf. Also, lassen Sie sich Ihre Leidenschaft und Ihren Idealismus nicht so schnell vermiesen! Es wird der Tag kommen, da haben Sie ein erstes Erfolgserlebnis, nicht weil Sie die Welt verändert haben, aber weil Sie etwas erreicht haben, wenn auch als kleines Rad im großen Getriebe.