Protocol of the Session on May 15, 2003

sollten wir hier deutlich und offen sagen! Ich bin Herrn Hattig ausgesprochen dankbar dafür, weil er sich da eben nicht so sehr von politischen Opportunitätsgesichtspunkten leiten lässt, sondern so ist, wie er ist, dass er dazu auch einfach einmal ganz offen Stellung genommen hat und es so deutlich gesagt hat, wie es gesagt werden muss. – Vielen Dank!

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Henkel, Sie haben gesagt, dass sich in der Bürgerschaft jeder sicher ist, wen er wählt. Bei 99 Kollegen bin ich mir sicher, dass sie es wissen, bei Ihnen wissen wir nicht genau, ob Sie bis zum 25. Mai vielleicht noch einmal die Seite wechseln, lieber Herr Henkel!

Lieber Herr Böhrnsen, ich fand Ihre Rede schon bemerkenswert,

(Zuruf von der SPD: Wir auch!)

denn Ihre Erinnerung scheint tatsächlich erst 1995 irgendwo mit Ihrem Einzug in die Bürgerschaft anzufangen. Ich gestehe Ihnen ja auch zu, dass Sie vorher vielleicht nicht ganz so intensiv das politische Geschehen verfolgt haben.

Aber zu den Fakten! Die stehen nun nicht in der Antwort, aber ich finde, darüber sollten wir auch reden. Wie war es denn mit dem Hemelinger Tunnel? Wann hat denn Ihre Partei, lieber Herr Böhrnsen, ihn in Hemelingen versprochen? Ende der siebziger Jahre! Wie lange ist dann nichts passiert? Wer war es dann in den Koalitionsvereinbarungen 1995 und anschließend im Koalitionsausschuss, wo das durchgesetzt wurde? Es war der Kollege Neumeyer im Koalitionsausschuss, der dann noch darauf gedrängt hat, es war der Bausenator Dr. Schulte, der die Planungen dafür gemacht hat. Es trägt alles CDU-Handschrift. Sie haben es 15 Jahre versprochen, und wir haben es umgesetzt!

(Beifall bei der CDU)

Oder wie war es mit dem ÖPNV?

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Linie vier!)

1974 hat es die letzten Verlängerungen von Straßenbahnlinien in Bremen gegeben, nach Huchting.

(Zuruf des Abg. P f l u g r a d t [CDU])

Der liebe Herr Kleen weiß das wahrscheinlich besonders gut. Dann ist 20 Jahre lang überhaupt nichts passiert, bis die CDU in die Regierung eintrat und

die Planungen zu einem vernünftigen Anschluss der Universität im Bereich der Linie sechs durchgesetzt hat. Auch das hat etwas mit Lebensqualität zu tun, Herr Böhrnsen!

(Beifall bei der CDU)

Bei der Linie vier wollen wir uns gar nicht verstecken, um Gottes willen, denn wie die Linie vier umgesetzt wurde, dass die Linie vier überhaupt noch mit einem vernünftigen Fluss des Individualverkehrs umgesetzt wurde, das ist auch der CDU zu verdanken. Sie hätten dort ganze Stadtbezirke mit dem Individualverkehr abgeklemmt, lieber Herr Böhrnsen.

(Beifall bei der CDU – Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Unterste Schublade!)

Wie sah es denn vorher aus? In den Jahren 1982 bis 1995 sind 150 Millionen DM Bundesmittel, die zur Gemeindeverkehrsfinanzierung anstanden, durch die damaligen SPD-geführten Senate, entweder allein regierend oder in der Ampelkoalition, gar nicht abgefordert worden. Das Geld, das für die Verlängerung der B 74 zur Verfügung stand, ist verfallen. Das Geld, das für den Fly-over zur Verfügung stand, ist verfallen. Das ist die Realität Ihrer gescheiterten Politik, lieber Herr Böhrnsen!

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Böhrnsen, wenn ich das für mich persönlich sagen kann, was für mich persönlich der wichtige Antrieb ist, dass wir die Sanierung schaffen, und was für mich die Grundlage ist, Sie haben das, finde ich, sehr technokratisch gesagt: Als obersten Antriebspunkt, und ich hatte das gerade schon gesagt, finde ich, müssen wir uns darum kümmern, hier neue Arbeitsplätze entstehen zu lassen, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass hier neue Arbeitsplätze durch Unternehmer geschaffen werden, eine entsprechend investitionsfreundliche Politik zu verstärken.

Mein lieber Herr Böhrnsen, ich glaube, wir dürfen über dieses Problem nicht technokratisch reden. Das ist das, was die Menschen bewegt. Wenn ich mir anschaue, dass wir es in den letzten Jahren hier tatsächlich geschafft haben, mehr Erwerbstätige zu haben, dann ist das auch die Herausforderung für die nächsten Jahre, und daran müssen wir auch unsere Politik ausrichten. Da haben wir es mit Rahmenbedingungen zu tun. Diese Rahmenbedingungen, und das wissen Sie selbst auch, durch den Bund sind im Endeffekt katastrophal.

Während die Arbeitslosenzahl in Bremen im Vergleich zum Vorjahr Gott sei Dank nur um 1,7 Prozent zugenommen hat, waren es im Bund 5,4 Prozent. Wir haben mittlerweile im Bundesgebiet 500 000 Arbeitslose mehr als im letzten Jahr. Das sind die

schlimmen Rahmenbedingungen, unter denen wir hier im Moment Wirtschaftspolitik machen und damit auch Arbeitsplätze zu schaffen versuchen. Wir müssen dafür alles tun.

Ich kann Ihnen zur Zukunft von Josef Hattig nur einen Satz sagen: Ihre Bundesregierung wäre froh und glücklich, wenn sie einen Menschen mit dem wirtschaftspolitischen Verstand von Herrn Senator Hattig in ihren Reihen hätte, lieber Herr Böhrnsen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)

Als Kronzeugen dafür möchte ich ein Zitat vortragen, ich hoffe da auf die Genehmigung des Präsidenten: „Es hat uns nicht an sozialer Kompetenz gefehlt, sondern an ökonomischer.“ Gerhard Schröder, Bundeskanzler, zur Politik seiner Regierung in den vergangenen Monaten! Lieber Herr Böhrnsen, das ist die Realität, das sind die Rahmenbedingungen, unter denen wir hier im Moment versuchen, Wirtschaftspolitik zu gestalten.

(Abg. S c h i l d t [SPD]: Ja, dann nehmen wir Herrn Hattig auf!)

Sie haben gesagt, Sie wollen mit uns darüber diskutieren, wie man Leben, Arbeiten und Wohnen zusammenbringen kann, wir haben die Vorschläge mit einem Technologiestadtteil gemacht. Das ist genau das, wo das zusammengebracht wird. Aber nein! Auch Sie trauen sich nicht, den schwierigen Weg zu gehen, auch die Umweltschützer davon zu überzeugen, dass natürlich dieses Erfolgsmodell Technologiepark, in dem mittlerweile mehr als 6000 Menschen in den letzten Jahren Arbeit gefunden haben, auch fortgesetzt werden kann. Wir wollen es fortsetzen – auch über die Autobahn hinaus – und dort 10 000 neue Arbeitsplätze entstehen lassen, Sie wollen es leider nicht. Auch das müssen wir den Wählern vor dieser Wahl sagen.

(Beifall bei der CDU)

Eines muss man auch feststellen: Natürlich sind bestimmte Projekte schwieriger geworden, es macht keiner einen Hehl daraus, Sie haben auch selbst das Thema Musical hier in Ihrer Rede angesprochen. Einen Schluss darf man daraus aber nicht ziehen: Wenn man weiß, dass der Tourismus in den nächsten Jahren zunehmen wird, insbesondere auch der Städtetourismus, dass der Tourismus der Bereich ist, der mit die meisten Arbeitsplätze generiert, wo die meisten Arbeitsplätze entstehen können, dass wir in den letzten Jahren in Bremen im Bereich des Tourismus auch eine erfreuliche Entwicklung hinter uns haben und auch zusätzliche Arbeitsplätze entstanden sind, darf man nicht, wenn ein Projekt wie das Musical scheitert, sagen, ich stecke jetzt den Kopf in den Sand

und will überhaupt keine neuen Tourismusprojekte mehr. Dies ist der falsche Weg,

(Beifall bei der CDU)

wenn Sie eine generelle Absage an Großprojekte für die nächste Legislaturperiode oder die nächsten Jahre erteilen, auch dies müssen wir den Leuten sagen.

Wir müssen jeden Projektvorschlag, den es gibt, genau prüfen, genau analysieren, was er bringt,

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Allerdings!)

und wenn er neue Arbeitsplätze nach Bremen bringt, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, müssen wir auch weiter solche Projekte entsprechend umsetzen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. B ö h r n s e n [SPD] – Abg. T e i s e r [CDU]: Aber prüfen kann man es doch!)

Wir werden in den nächsten Jahren unsere Anstrengungen darauf konzentrieren, weiter neue Arbeitsplätze in Bremen zu schaffen. Dafür haben die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, am 25. Mai, das sage ich so ganz deutlich, das Kreuz bei der CDU zu machen. Nur sie ist der Garant für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik und damit auch für die Schaffung neuer Arbeitsplätze. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster erhält das Wort Herr Senator Hattig.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Parlament kann ja richtig Spaß machen, ich werde mich bemühen, meinen Beitrag zu leisten.

Lieber Herr Schramm, auch von dieser Stelle aus, ich weiß gar nicht, ob mir das zusteht, alles Gute! Sie scheiden aus dem Parlament aus. Sie liefern mir immer wieder Vorlagen, bei denen ich als alter Sportler nicht widerstehen kann, ich schieße den Ball ins Netz. Das versuche ich jetzt auch einmal mit Ihrer Bemerkung: Bremerhaven und was habt ihr Bremer damit gemacht! Übrigens ist es für Bremen sowieso gut, schon gar für einen bremischen Senator, dass er mit Bremerhaven so beginnt, dass alle glauben, dass der Stadtstaat aus zwei Städten besteht, Bremerhaven und Bremen.

Ich fange jetzt also einmal an, ich habe mich gerade bemüht, aus dem Kopf heraus alles zu erinnern. Ich war in letzter Zeit ja so oft in Bremerhaven, dass es mir fast schwer fällt: Innenstadt verändert, das Bioinstitut, das Fischereiökologieinstitut aus Ham

burg geholt, das Designzentrum eröffnet, Alter und Neuer Hafen in einen finanziellen Rahmen gelegt, dass die Bremerhavener kaum wissen, was sie zuerst umgraben sollen!

(Heiterkeit)

CT III a, CT IV, Wilhelmshaven, Osthafenerweiterung und nun auch noch die Kaiserschleuse!

(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Aus- sichtsplattform!)

Ich bin in diesem Parlament in meinen Erwartungen ja schon sehr zurückhaltend. Ich erwarte weder, dass Sie mich zum Ehrenbürger ernennen noch erwarte ich, dass Sie mir eine Plakette verleihen, aber ich hätte wenigstens gedacht, dass Sie mir zum Abschied sagen würden, Hattig, Sie waren super, wir gehen in Bremerhaven einmal zusammen „umzu“!

Leider ist das nicht der Fall, aber erlauben Sie mir noch eine Feststellung! Ich führe mit dem Finanzsenator, der seinen Job verdammt ernst nimmt und aus meiner Sicht hervorragend macht, eine harte Diskussion zu der Frage, können wir vor der Wahl die Osthafenerweiterung beschließen, können wir die Kaiserhafenschleuse planen. All das setze ich durch! Da laufen doch nicht zwei Parteibücher aufeinander, die sich schon deswegen zunicken, sondern es kommen zwei Köpfe, die Sachverantwortung für ihre Ressorts haben. Dass wir sparen müssen, ist doch hier jedem klar, und dass der Wirtschaftssenator investieren muss und dass das gelegentlich unüberbrückbar erscheint, setzt doch voraus, dass man sich miteinander verzahnt, dass man diskutiert. Die Diskussion mit Herrn Perschau ist auf dem Sektor nicht ganz einfach, der sitzt auf dem Geld, so wenig er auch hat, aber er sitzt darauf.

(Beifall bei der CDU)

Wenn das alles gelingt und mir hier jemand erzählt, was tut ihr eigentlich für Bremerhaven, kann ich Herrn Eckhoff nur wiederholen. Haben wir eine gestörte Wahrnehmungsfähigkeit, und wenn ja, sollen wir unsere Brillen austauschen? Vielleicht ist meine bei Ihnen besser aufgehoben als Ihre bei mir.