Protocol of the Session on April 3, 2003

Ich finde, da liegen echte Chancen auf neue Jobs und Ausbildungsplätze, gerade auch bei Betrieben, deren Inhaber ausländischer Herkunft sind. Gerade auch diese Betriebe sind durch die verstärkte Werbung des Arbeitsressorts in den letzten Jahren dazu aufgefordert worden, mehr Jugendliche auszubilden, gerade gezielt jugendliche Migranten. Dort zeichnet sich auch eine deutliche Steigerung der Ausbildungsbereitschaft ab. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen findet, das ist ein richtiger Weg, und der sollte auch auf alle Fälle sehr verstärkt fortgesetzt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich komme zu dem Punkt, dem Sie wahrscheinlich als Koalition nicht zustimmen wollten! Wir haben noch einmal in den Antrag aufgenommen, dass wir dafür plädieren, dass der Meisterzwang in Deutschland gelockert wird. Wir sind ja nun eines der wenigen Länder außer Österreich, die noch den Meisterzwang haben. Man muss einen Meister haben, um eine Existenz gründen zu können, und man braucht auch, um ausbilden zu können, eben diesen Meisterbrief oder die Ausbildereignungsprüfung. Andere Länder in Europa machen das nicht und bilden deutlich mehr aus. Deshalb bekräftige ich an dieser Stelle noch einmal die Forderung.

(Abg. P i e t r z o k [SPD]: Von Gerhard Schröder!)

Nein, Gerhard Schröder bleibt auf halbem Weg stehen, der will das doch nur für fünf Jahre machen, Herr Pietrzok!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann soll er das doch einmal richtig machen!

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Das ist doch Ihr Bundeskanzler!)

Das ist doch nicht mein grüner Bundeskanzler! Wir haben einen ganz schicken Vizekanzler!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir meinen, mit herkömmlicher Berufsausbildung und Maßnahmen kommen wir nicht weiter. Wir brauchen Bausteinqualifizierung und Module gerade für besonders benachteiligte Jugendliche. Wir müssen nicht mehr 08/15 innerhalb von drei Jahren ein Ausbildungsbild anbieten, sondern wir müssen den Jugendlichen einzelne Bausteine anbieten, damit wir auch die Jugendlichen mitnehmen, die eben nicht so schnell lernen können oder die auch Probleme haben. Es gibt viele junge Frauen, die bereits Kinder haben und deshalb ihre Berufsausbildung auch einmal für eine gewisse Zeit unterbrechen müssen, und da wollen wir in Bremen moderne Wege gehen, das auch ganz ge

zielt anbieten und auch auf andere und neue Berufsfelder ausweiten. Damit könnte Bremen auch eine Vorreiterrolle einnehmen.

Zu Beginn habe ich gesagt, mit Reparaturmaßnahmen kommen wir auf Dauer nicht weiter und stoßen auch an Grenzen. Derzeit liegt ein zu großer Schwerpunkt auf der Bekämpfung der Symptome und nicht bei den Ursachen. Wir müssen in der Bildungspolitik in den nächsten Jahren viel genauer darauf achten, die Jugendlichen ganz individuell zu fördern. Wir haben in den letzten Tagen mehrere Debatten darüber gehabt, wie wir Jugendliche auch fitter oder wie wir auch Schule attraktiver machen und wie wir die Qualität in den Schulen ganz gezielt steigern können. Ich finde, wir können es uns nicht leisten, dass 21 Prozent der ausländischen Jugendlichen die Schule ohne Schulabschluss verlassen. Das ist einfach ein großer gesellschaftlicher Skandal, und da müssen wir doch ganz dringend handeln!

Jugendarbeitslosigkeit ist ein bundesweites Problem, und alle Länder müssen sich mit den Folgen auseinander setzen. Ich finde, wenn wir heute wissen, dass der schulische Erfolg über die berufliche Laufbahn sehr stark mitentscheidet, dann kann die Antwort doch nicht sein, dass jetzt jedes Bundesland – die Ministerpräsidenten und die CDU haben das jedenfalls ganz laut gefordert – seine eigene Bildungspolitik macht, dass jedes Land seine eigenen Bildungspläne vorlegt und Bildungsrahmenpläne macht. Ich finde, wir können uns diese bildungspolitische Kleinstaaterei angesichts der aktuellen Probleme einfach nicht leisten.

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Uns geht es aber besser als beim Bund!)

Nein, Frau Dreyer, es kommt darauf an, dass alle Bundesländer sich an einen Tisch setzen und sich über die Rahmenpläne für die Kindergärten, über die Rahmenpläne für die Grundschulen verständigen, was wir in der Sekundarstufe I und II brauchen, wie unsere Berufsschulen in diesem Land aussehen sollen, was die Schulen den Jugendlichen vermitteln sollen und welches die Ziele sind! Das kann nicht – –. Ich halte es geradezu für schwachsinnig, dass sich jedes Bundesland auf einen eigenen Weg macht. Da ist der Föderalismus vielleicht nützlich, weil viele Ideen an einen Tisch kommen, aber es muss eine gemeinsame Linie hier in diesem Land geben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Frau Ziegert ist gleich nach mir an der Reihe, und sie sagt immer – das finde ich wichtig, deswegen möchte ich das hier jetzt noch einmal verstärken, weil ich ganz sicher bin, dass das gleich kommt –, die Wirtschaft ist gefordert, dass sie ausbildet, auch heute schon. In den nächsten Jahren wird die Wirtschaft sehr viele Fachkräfte brauchen. Ich kann nur

davor warnen, dass jetzt Ausbildungsplätze nicht besetzt werden, denn auch die Wirtschaft muss sich zusammen mit der Politik an einen Tisch setzen, die Handelskammer, die Handwerkskammer müssen auch auf die Senatorin zugehen. Ich denke auch, dass die Arbeitssenatorin noch einmal das Gespräch mit den einzelnen Kammern suchen wird. Wir können aber nicht darauf verzichten, dass die Wirtschaft auch ihrer Verpflichtung nachkommt, Jugendliche auszubilden, auch wenn das nicht immer ganz so einfach ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nun zum Antrag der großen Koalition! Ich habe es eben schon gesagt, unser Antrag ist der bessere, weil er weitgehender ist. SPD und CDU bleiben auf halbem Weg stehen. Wir haben eben das Beispiel gehabt, Gerhard Schröder, der nur für fünf Jahre die Handwerksordnung lockern möchte. Wir wollen da gern weiter gehen. Wir werden Ihrem Antrag aber trotzdem zustimmen, obwohl ich finde, dass dabei nicht so deutlich herauskommt, dass wir ein Gesamtkonzept brauchen. Ich habe das eben aus Ihrer Rede herausgehört, Frau Dreyer, dass Sie das eigentlich auch wollen. Das fände ich noch einmal sehr wichtig, dass es eigentlich das Ziel dieser Anträge sein muss, dass sich eben alle Ressorts dringend gemeinsam an den Tisch setzen und ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Bremen erarbeiten. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Ziegert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist so, dass wir uns eigentlich in der Deputation weitgehend über die Parteien hinweg einig sind in dieser wichtigen Frage. Ich glaube fast, dass das für die praktische Politik in Bremen und für das, was wir für Jugend tun müssen, auch zu diesem wichtigen Thema bedeutungsvoller ist, als dass wir jetzt hier in der Debatte noch einmal parteipolitische Differenzen herausarbeiten. Ich weiß natürlich, wo die Differenzen liegen zwischen vielleicht der CDU oder der SPD oder den Grünen. Sie werden ja auf anderer Ebene ausgetragen, ich finde, das muss aber hier eigentlich nicht unbedingt sein.

Frau Stahmann, zu Ihrem Gesamtkonzept: Sie haben selbst gesagt, es gibt keine Patentlösung. Das ist ja richtig. Es wird nicht nur darauf ankommen, dass der Senat sich zusammensetzt, ein Gesamtkonzept macht, sondern wichtig ist vor allen Dingen, dass sich die vielen Akteure, die in der beruflichen Ausbildung eine Rolle spielen, zusammensetzen und ihren Part beitragen. Zum Wichtigsten, nämlich dass wir genügend Ausbildungsstellen in den Betrieben haben, können wir als Politik einen Teil beitragen.

Wir haben eine ganze Menge Programme, die sich auf die betriebliche Ausbildung richten, aber den Löwenanteil muss nun einmal die Wirtschaft bringen.

So ganz unkoordiniert sind wir da nicht, sondern ich darf daran erinnern, dass es so etwas Ähnliches, wie es das mit dem runden Tisch in Bremerhaven gibt, in Bremen mit dem Bündnis für Arbeit gibt, in dem auch die Kammern sind, Handelskammer, Handwerkskammer, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Bildungsressort und Arbeitsressort, und hier an gemeinsamen Konzepten gearbeitet wird. Frau Dreyer hat die Ergebnisse des Bündnisses für Arbeit zitiert, die darauf beruhen, auch die gesamte Politik der Maßnahmen für arbeitslose Jugendliche zu überprüfen und in ein Gesamtkonzept zu bringen. Da sind wir uns, glaube ich, alle drei einig, dass das notwendig ist.

Zu ein paar Dingen möchte ich dann aber doch noch einmal etwas sagen! Was ich nicht so gut und auch nicht zutreffend fand, ist, dass Sie, Frau Stahmann, gesagt haben, dass Jugendliche in Bremen jetzt sehen, dass sie überhaupt keine Perspektive haben. Ich denke, wir haben zirka 4400 arbeitslose Jugendliche, und, das gebe ich auch zu, das sind 4400 zu viel, überhaupt keine Frage! Trotzdem ist es richtig, und Frau Dreyer hat darauf hingewiesen, dass wir in der Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit hier in Bremen im bundesweiten Vergleich angesichts dieser Misere, die wir haben, noch relativ gut liegen. Das Landesarbeitsamt Niedersachsen/ Bremen hat, was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft, im Landesarbeitsamtsbezirk die günstigste Entwicklung. In Niedersachsen hat es sogar einen leichten Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit gegeben, und in Bremen, kann man sagen, stagniert diese Zahl. Ganz genau haben wir im Februar 2003 einen arbeitslosen Jugendlichen weniger, es ist also ungefähr plus/minus null.

Ich will nicht sagen, dass wir uns da befriedigt zurücklehnen könnten. Ich will aber sagen, dass es uns hier doch gelungen ist durch die Vielzahl von Maßnahmen und Anstrengungen, die wir unternommen haben, hier mindestens Jugendlichen doch so weit, in welcher Form auch immer, Perspektiven zu geben – die Wirtschaft beteiligt sich daran auch, wir hatten letzte Woche die Eröffnung der Beratungsbüros Exam hier in Bremen, und alle Beteiligten haben gesagt, dass sie nicht nur willens sind, sondern dass sie es auch so einschätzen –, dass mindestens das Ausbildungsplatzniveau des letzten Jahres gehalten werden kann, obwohl im Augenblick immer noch etliche hundert Ausbildungsplätze fehlen.

Inzwischen ist es wieder gelungen, für die Bildungseinrichtung der Handwerkskammer den Zuschuss von Seiten des Senats sicherzustellen, so dass die Umlage nicht erhöht werden muss, und auch das Handwerk hat zugesagt, die Zahl der Lehrstellen mindestens auf dem Niveau des Vorjahres zu halten. Auch die Handelskammer hat schon Erfolge vermeldet, dass große Betriebe zugesagt haben, die

Zahl ihrer Ausbildungsplätze zu erhöhen. Somit denke ich, dass sich unsere Anstrengung jetzt darauf richten muss, noch gemeinsam bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres alle Anstrengungen zu unternehmen, um zumindest das Niveau des Vorjahres in Bremen und in Bremerhaven zu halten, damit wieder jeder Jugendliche, der dies nachfragt, auch einen Ausbildungsplatz erhält.

Ich kann auch nicht bestätigen, Frau Stahmann, dass jetzt hier die einen sagen, wir benötigen einen Ausbildungsplatz, und die anderen sagen, wir können Ausbildungsplätze nicht besetzen. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist so niedrig wie noch nie. Das heißt, der Ausschöpfungsgrad der gemeldeten Ausbildungsstellen ist so hoch wie noch nie. Er ist auch in den vergangenen Jahren kontinuierlich besser geworden, so dass immer nur noch ein kleiner Teil von Ausbildungsstellen unbesetzt bleibt. Ich möchte nicht bestreiten, dass das dann vielleicht auch mit einer gewissen Zahl der Abbrüche zusammenhängt, weil Jugendliche sich dann letztlich entscheiden, einen Ausbildungsplatz anzunehmen, bei dem sie dann merken, dass er ihnen doch nicht liegt.

Ich finde es richtig, durch vorherige Beratung und auch durch eine Lehrstellenbörse, die eine möglichst schnelle Wiederbesetzung von solchen Ausbildungsplätzen ermöglicht, bei denen die Ausbildungsverhältnisse gelöst sind, diese Ausbildungsstellen noch auszunutzen. Wichtig ist auch, dass wir mit dem Ausbildungsprojekt „Bleib dran“ für die Jugendlichen ein Beratungsprojekt haben, damit es solche Ausbildungsabbrüche, die vielleicht durch Differenzen zwischen Ausbilder, ausbildendem Betrieb und Auszubildendem entstehen, nicht gibt und die Differenzen geklärt werden können.

Ich möchte noch einmal kurz auf die Maßnahmen, die wir anbieten, eingehen! Wir sind uns darüber einig gewesen, dass wir diese vielfältigen Angebote für benachteiligte Jugendliche, die ich auch wichtig finde – denn es gibt Jugendliche, die aufgrund ihrer schulischen Vorbildung, ihrer sozialen Herkunft, nicht ohne weiteres in der Lage sind, eine betriebliche Ausbildung zu machen –, wirklich auf den Prüfstand stellen müssen, ob sie effektiv sind, und zwar nicht nur effektiv im Hinblick darauf, dass wir sagen, was haben wir da an Geld eingesetzt, und was ist der Effekt, sondern, was bringen sie auch letztlich für die jungen Leute? Das ist unbefriedigend, wenn solche Maßnahmen letzten Endes nur als Warteschleifen und als vertane Zeit gesehen werden.

Deswegen glaube ich, ist es richtig, dass wir anfangen, solche Maßnahmen stärker an die betriebliche Wirklichkeit zu binden, um den ernsten Charakter solcher Maßnahmen zu unterstreichen. Es gibt Jugendliche, die ohnehin bereits schulmüde sind. Denen nützt es nichts, wenn man ihnen anstelle einer Ausbildungsstelle nun wieder eine Art von Schule oder eine Art von pädagogisch geschütztem Raum anbietet, wo sie eigentlich nicht wirklich etwas schaf

fen und nicht wirklich etwas machen möchten. Ich finde es deswegen gut, dass im Zuge der Hartz-Reform die Berufsvorbereitungsmaßnahmen so reformiert worden sind, dass sie stärker betrieblich orientiert sind und auch als ein Teil einer modularen Ausbildung anerkannt werden. Das gibt den Jugendlichen dann die Gewissheit, dass sie nicht umsonst in eine Warteschleife geschickt werden, sondern dass sie während dieser Maßnahme auch wirklich etwas für sich erreichen können und ihnen das angerechnet wird.

Ich hoffe nur, dass wir Betriebe, so, wie die Betriebe sich auch jetzt bereits an Praktika beteiligen, dafür gewinnen können, auch in stärkerem Maße Praktika für solche Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Das erhöht die Chance, dass aus solchen Berufsvorbereitungsmaßnahmen dann wirklich betriebliche Ausbildungsverhältnisse werden.

Zum Programm JUMP! Da denke ich, dass es ein wichtiges und richtiges Programm war, vor allen Dingen, weil auch in der Zeit, als dieses JUMP-Programm begonnen hat, viele Jugendliche durch dieses Programm angesprochen und erreicht worden sind, die wir sonst nicht erreicht haben, die nicht bei den Beratungsstellen vorgesprochen haben, auch nicht beim Arbeitsamt. Um die Dimensionen zu zeigen: Es sind jetzt immer noch beim Arbeitsamt Bremen 900, und ich glaube, in Bremerhaven 300 Jugendliche in diesen JUMP-Maßnahmen, und davon im Arbeitsamt Bremen 700, die zuvor arbeitslos gewesen sind. Das ist immer noch eine ganze Reihe von denen, die vorher vom Arbeitsamt und anderswo nicht erfasst worden sind und die zum ersten Mal über dieses Programm angesprochen und auf den Weg gebracht worden sind, eine Ausbildung zu machen.

Über die Notwendigkeit, jetzt auch eine entsprechende schulische Vorbildung zu schaffen, haben wir, glaube ich, gestern bereits ausführlich an verschiedenen Stellen debattiert. Es besteht in der Tat – Senator Lemke ist im Augenblick gerade nicht da – Einigkeit, dass es nicht geht, dass ein großer Teil ohne Schulabschluss aus der Schule kommt und dann die Arbeitsämter dazu da sind, aus Mitteln der Beitragszahler den Hauptschulabschluss nachholen zu lassen oder Ähnliches. Das ist, glaube ich, wirklich kein Zustand, den man länger hinnehmen kann. Hier ist dringend Abhilfe geboten.

Dies gilt ebenfalls für eine bessere Organisation des Übergangs von der Schule in den Beruf. Damit meine ich nicht, dass wir jetzt als eine Form von Planwirtschaft die Zuteilung der Jugendlichen auf die Ausbildungsgänge in Bremen vornehmen oder Ähnliches. Ich meine, dass Jugendliche schon während ihrer Schulzeit eine stärkere Verbindung zur Arbeitswelt und zur Wirtschaft bekommen, möglicherweise durch Praktika auch schon Betriebe kennen lernen können, bis hin zu solchen Experimenten, wo auch schon in der neunten oder zehnten Klasse ein

Teil des Unterrichts in Verbindung mit Betrieben stattfindet, um hier eine bessere Anbindung zu finden.

Es gibt sicher viel zu tun, und ich glaube, wir sind uns auch alle einig in der Einschätzung, dass die Situation für die Jugendlichen schwierig und ernst ist. Ich finde es völlig richtig, dass ein großer Teil der Finanzmittel – die 100 Millionen Euro, die Frau Dreyer genannt hat – in die Ausbildung oder in Maßnahmen für benachteiligte Jugendliche geflossen sind. Ich finde, das muss, und ich bin sicher, es wird auch ein hauptsächliches und dringliches Politikfeld für uns in den nächsten Jahren bleiben. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich melde mich nur noch einmal, da Frau Stahmann ja behauptet, ich hätte ein Gesamtkonzept angemahnt. Nein, Frau Stahmann, so naiv bin ich nicht! Das mag bei den Grünen der Gedanke sein, mit einem Gesamtkonzept hätten wir irgendetwas beendet. Das ist nicht so!

Sie haben in Ihrer Rede die Frage gestellt, Frau Stahmann, wo die Ursachen dafür liegen, dass junge Leute beim Übergang von der Schule in den Beruf stolpern. Sie wissen doch genauso gut wie wir alle hier im Haus, dass diese Ursachen vielfältig sind. Schauen Sie doch in die Schulklassen, zehn und mehr Nationalitäten, von denen nicht alle der deutschen Sprache wirklich richtig mächtig sind! Das meine ich nicht als Vorwurf, das meine ich als Systembeschreibung. Elternhäuser, die sich nicht ausführlich kümmern, auch nicht mit einem Vorwurf verbunden, sondern einfach als Fakt noch einmal dargestellt, Schulverweigerer, alle diese Fragen!

Da geht doch die große Koalition jetzt auch nach der Pisa-Studie richtig Stück für Stück daran. Deshalb muss man überall da, wo man nur eine Chance hat, einem Jugendlichen über diese Hürde zu helfen, mit einem relativ individuellen Konzept herangehen, nicht mit einem Gesamtkonzept! Wir wollen hier keinen Sozialismus,

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das habe ich auch gar nicht gefordert!)

wir wollen hier keine Gleichmacherei. Wir wollen ganz individuell auf jede Fragestellung des einzelnen Jugendlichen eingehen.

Ich will es nur noch einmal deutlich machen, Frau Stahmann, wir reden von zwei unterschiedlichen Dingen. Wir haben da schon den anderen Blickwin

kel, nämlich zu schauen, was bringt der einzelne Jugendliche mit, und vor allen Dingen bei den Stärken zu schauen, Frau Stahmann, nicht bei den Schwächen, und nicht alle über einen Kamm zu scheren. Das wäre nämlich wirklich völlig falsch. Schuldefizite, ja, die beklagen Sie zu Recht, die beklagen wir schon lange. Wenn wir den Grünen einen Vorschlag machen, sind diese sowieso immer einer Meinung, und zwar irgendeiner Meinung, die sonst auch wirklich kaum noch jemand teilt.

Wissen Sie, Frau Stahmann, richtig ist ja, wenn wir junge Leute zehn Jahre in die Schulpflicht nehmen, dass sie nicht nach zehn Jahren die Leute bei uns in der Arbeitsdeputation mit der Aussage abgeben können: Schulpflicht erfüllt, Schreiben und Lesen können sie leider nicht. Da teile ich wirklich Ihre Meinung, Frau Stahmann. Kinder, die wir zehn Jahre lang in der Schule haben, müssen zumindest Schreiben und Lesen können und einen Abschluss haben. Dass fast neun Prozent der Jugendlichen, wenn sie die Schule verlassen, nicht über einen Schulabschluss verfügen und dass ausländische Jugendliche nach zehn Jahren zu 22 Prozent ohne Schulabschluss aus der Schule entlassen werden, ist wirklich kein gutes Zeugnis, und zwar für uns nicht.