Keine Frage, dass es in diesen Gebieten schon immer Überflutungen gab, doch früher ist das Wasser sofort wieder abgeflossen und hat nicht wochenlang als Kloake auf den Feldern gestanden. Wichtig ist, dass das Wasser, wenn es denn da ist, auch wieder abfließen kann. Um dies in Zukunft besser in den Griff zu bekommen, ist ein Gutachten beim Franzius-Institut in Hannover in Auftrag gegeben worden. Ein erster Zwischenbericht wird in diesem Frühjahr erwartet. Der Abschlussbericht wird aber leider erst im Jahr 2004 fertig sein.
Meine Damen und Herren, ich werde nicht zu Schnellschüssen auffordern, doch auch Politik muss kurzfristig handlungsbereit sein. Wenn es wieder solche Niederschläge wie im letzten Jahr gibt, dann gehen die betroffenen Betriebe langsam den Bach hinunter. Das, meine Damen und Herren, darf einfach nicht sein. Wenn man in der Mitteilung des Senats unter „Ausblick und weiterer Handlungsbedarf“ schaut, findet man dort auch ganz nebenbei die Aussage, dass in den Folgejahren eventuell ein erforderliches Maßnahmenprogramm entwickelt werden soll! Da frage ich mich, wie ich diesen Satz auffassen soll. Wieso eventuell erforderlich? Für mich und die CDU-Fraktion steht jedenfalls fest, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, um solche Hoch
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Warum haben Sie denn das Gut- achten in Auftrag gegeben? Hätten Sie sich doch schenken können, wenn es nicht ge- wollt ist!)
Nun ist mir also mündlich berichtet worden, dass erste Ergebnisse des Franzius-Instituts vorgestellt worden sind. Dabei ist herausgekommen, dass eine grundsätzliche Vertiefung der Wümme, wie sie vielerorts gefordert worden ist, nicht den gewünschten Effekt bringt. Es ist wohl so, dass, wenn man die Wümme vom Lesum-Sperrwerk bis nach Kuhsiel um einen Meter vertiefen würde, das den Wasserspiegel um nicht einmal zehn Zentimeter senken würde, sondern wie mir berichtet worden ist, würde das nur dazu führen, dass die Ufer einbrechen, aber nicht den gewünschten Effekt bringen.
Dennoch müssen die Sandbänke, die nach wie vor noch in der Wümme sind, ausgebaggert werden. Sie müssen auch jährlich kontrolliert und dann ständig ausgebaggert werden. Vor allen Dingen muss geklärt werden, wo man in Zukunft damit bleibt, damit das nicht ein paar Kilometer weiter hinten hineingeschüttet wird, so dass dort wieder neue Sandbänke auftreten. Ein weiterer Knackpunkt: Es ist auch untersucht worden, dass der Uferbewuchs regelmäßiger abgeschnitten oder entfernt werden muss, weil dieser den Wasserabfluss erheblich mindert.
Der Hauptpunkt, warum im letzten Jahr das Wasser nicht abgeflossen ist, ist, wie mir berichtet worden ist, dass das Sperrwerk der Lesum nicht richtig gefahren worden ist. Es sieht nämlich so aus, dass man die drei Sperrwerke wohl nur in einem Zusammenhang fahren kann. Das heißt, dass man die Schotten nicht schließen konnte, als Hochwasser in der Weser war. Insofern ist nicht nur zwölf Stunden etwas abgeflossen, sondern es wurde auch zwölf Stunden wieder etwas hineingedrückt.
Untersuchungen haben dabei ergeben, dass es einen Höhenunterschied von einem Meter bringen würde, wenn man eine Vollsperrung des LesumSperrwerks macht. Dabei muss man auch bedenken, dass die Pumpen beim letzten Hochwasser nicht richtig zum Einsatz gekommen sind. Im Lesum-Sperrwerk gibt es drei Pumpen, die bis zu 45 Kubikmeter pro Sekunde pumpen können. Sie werden jedoch nur bei einem Wasserstand von 3,30 Meter über NN angeschaltet. Ich meine, in solchen Extremsituationen muss man die Pumpen anstellen und das Sperrwerk schließen, dann bekommt man das Wasser nämlich auch weg. Daran muss schnellstens gearbeitet werden.
Fest steht auch, dass der Südarm, der hauptsächlich in Borgfeld und Oberneuland entwässert, 70 Zentimeter hoch und über eine Länge von dreieinhalb Kilometern versandet ist. Das ist natürlich auf niedersächsischem Gebiet. Es muss mit Nachdruck mit denen verhandelt werden, damit dieser Südarm entsprechend geräumt wird.
Dann gibt es da natürlich dieses Nadelöhr, diesen Engpass in Borgfeld in Höhe der Wümmebrücke. Hier muss man schnellstens zu einem Ergebnis kommen, ob ein zweiter Seitenarm die gewünschte Entlastung an diesem Engpass bringen kann. Nach ersten Schätzungen, so ist mir berichtet worden, könnte dies den Wasserpegel um bis zu 20 Zentimeter senken. Dieser Seitenarm würde da auch sehr gut hinpassen, denke ich einmal, weil er durch ein Ausgleichsgebiet fließen würde. Von daher würde da nichts zerstört werden.
Festzuhalten bleibt, dass es keiner Panikmache bedarf, was den Sturmflutschutz im Land Bremen betrifft, doch im Bereich des Binnenhochwassers muss aus Fehlern der Vergangenheit gelernt werden. Hier müssen zeitnah und zügig Maßnahmen getroffen werden, damit überflutete Flächen auch wieder entwässern können. Dabei muss vor allen Dingen beachtet werden, dass dieser Hauptpunkt, dass dieses Lesum-Sperrwerk anders gefahren werden muss, in das Augenmerk genommen werden muss.
Ich komme noch zu dem Antrag der Grünen. Ihr Antrag zur gesetzlichen Absicherung von vorhandenen Überschwemmungsgebieten kann meiner Meinung nach, wie gefordert, nicht unverzüglich beschlossen werden. Das ist Ihr Punkt eins. Die Begründung hierbei liegt darin, dass zwar nach dem Beispiel der großen Sturmflut im Jahr 1962 Überflutungsgebiete festgeschrieben worden sind, die Lage jedoch durch die Veränderung in der Wasserwirtschaft und auch den Bau des Sperrwerkes eine andere Sichtweise bekommen sollte und hat. Daher, meine lieben Damen und Herren, müssen diese festgeschriebenen Gebiete erst einmal neu überprüft werden, bevor man sie gesetzlich festschreibt.
Zu Ihrem Punkt zwei, in dem von einer weiteren Vertiefung der Außen- und Unterweser Abstand genommen werden sollte, möchte ich Ihnen sagen, dass es keinerlei fundierte Untersuchungen gibt, in denen eine solche Vertiefung eine größere Gefährdung durch ein eventuelles Hochwasser darstellt. Hierbei kann ich die Grünen auch nicht verstehen, dass sie einerseits ökologisch vertretbare Verkehrswege fordern, zu denen die Schifffahrtswege nun wirklich gehören, und andererseits jedoch den Schritt in die
verkehrte Richtung gehen und durch einen Antrag diese Verkehrswege in ihrer Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit zerstören wollen.
Zu Ihrem Punkt drei über die Schaffung von Voraussetzungen einer Deichrückverlegung in der Arberger und Mahndorfer Marsch muss insofern derzeit noch nichts beschlossen werden, als die Bauabschnitte eins und drei schon ohne Deichrückverlegung ausgeglichen sind oder werden und wir erst wieder bei den Bauabschnitten vier und fünf erneut darüber sprechen müssen.
Zu dem letzten Punkt Ihres Antrages, dass wir mehr Brachflächen nutzen sollen, muss man sagen – zum hunderttausendsten Mal, haben Sie gesagt, fordern Sie es, und wir können es zum hunderttausendsten Mal sagen –, dass wir doch wirklich viel gemacht haben, ob es am Flughafen ist, Vulkangelände, in den alten Hafenrevieren oder bei der alten Kaserne Grohn. In unserem IFP, dem Integrierten Flächenprogramm, sind fast 60 Prozent alte Brachflächen enthalten. Ich denke einmal, da sind wir auf einem besseren Weg, als es damals die Ampelkoalition in ihrem IFP-Programm im Jahr 1993 war.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, Sie sehen also, dass Ihr Antrag von Ihnen nicht tiefgründig genug durchdacht worden ist und somit bei uns auf keinen Fall auf fruchtbaren Boden stößt. Deshalb kann er von uns auch nicht akzeptiert werden. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Imhoff, das war wirklich eine gute Begründung, für die Ablehnung des Antrages der Grünen nicht tiefgründig genug! Das hatten wir in der Tat wirklich selten.
Ich möchte zu einigen Punkten Stellung nehmen. Zum einen muss man sich noch einmal vergegenwärtigen, dass die Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr nicht auf die leichte Schulter genommen werden darf.
Es wird immer von Jahrhunderthochwasser geredet. Dies suggeriert, das war einmal in einem Jahrhundert, jetzt haben wir für die nächsten 100 Jahre Ruhe.
Dann wären wir vor dem Jahr 2100 ja nicht mehr an der Reihe. Eine solche Sichtweise unterschätzt die Lage völlig. Wir haben es mit einem beginnenden, mit einem sich vollziehenden Klimawandel zu tun. Man kann dabei jetzt nicht sagen, wie die Auswirkungen genau sein werden. Wird es dauernd diese Hochwasser geben? Wie werden sich die Sturmfluten entwickeln? Das ist im Moment sicherlich noch nicht genau vorhersagbar. Die bisher vorhandenen Prognosen schwanken sehr stark.
Wichtig ist aber zu realisieren, dass wir einen gravierenden Wandel vor uns haben, der nicht zu unterschätzen sein wird. Das ist ein Punkt, den wir heute nicht debattieren, den wir wahrscheinlich in der nächsten Bürgerschaftssitzung debattieren werden, den man aber immer im Hinterkopf haben muss. Man muss alles Mögliche tun, um diesen Klimawandel zu stoppen oder zumindest abzubremsen. Das ist vorrangig eine Frage von Energiepolitik, eine Frage von Umbau der Wirtschaftsstrukturen und auch der Lebensgewohnheiten.
Nein, das können wir nicht allein, aber wir müssen auch in Bremen Schritte machen! Ich wollte das vorwegstellen, um die Dimensionen dieser Punkte, über die wir im Moment reden, auszuleuchten.
Die zweite Sache ist sicherlich, und dazu haben wir jetzt die Mitteilung des Senats vorliegen, dass wir uns in Bremen um den Hochwasserschutz kümmern müssen. Man darf nicht vergessen, ohne Deiche und ohne Hochwasserschutz gäbe es Bremen nicht, weil wir hier zum großen Teil unter dem Meeresspiegel liegen. Das ist die Hauptproblematik für Bremen. Deswegen haben wir ein existentielles Interesse daran als Grundvoraussetzung, damit hier überhaupt etwas funktionieren kann.
Das ist die erste wichtige Botschaft der Senatsmitteilung, und die sollte man nicht gering schätzen: Zurzeit sind alle Deiche sicher! Wir brauchen jetzt also weder vor Binnenhochwasser noch vor Sturmfluten besondere Angst zu haben. Dass es immer irgendwelche Ereignisse geben kann, die man nie vorhergesehen hat, das ist sicherlich möglich. Man kann aber sagen, dass mit erheblichen Sicherheitsmargen noch Platz bei unseren Deichen ist, so dass wir vor einer aktuellen Sturmflut keine Angst haben müssen. Das zeigt, dass der Senat und Bremen insgesamt – maßgebliche Akteure sind die Deichverbände – ihre Verantwortung wahrgenommen haben und entsprechend Vorsorge getroffen haben.
Zwei Bereiche sind angesprochen worden, auf die ich kurz eingehen möchte. Hier gibt es unter Umständen – ich sage bewusst, unter Umständen – Handlungsbedarf. Ich möchte zuerst noch einmal auf Sie, Herr Imhoff, und das Wümmehochwasser eingehen. Es ist richtig, dass es für die betroffenen Land
wirte kein leichtes Problem ist. Man sollte es überhaupt nicht herunterreden und sagen, na ja, was sind denn 35 Landwirte. Das wäre das völlig falsche Herangehen. Allerdings müssen wir sorgfältig prüfen, welche Möglichkeiten wir haben, um dies zu mindern.
Sie haben jetzt vom Hörensagen berichtet, welche Ergebnisse das Gutachten wohl habe. Ich habe auch gehört, dass der angekündigte Zwischenbericht jetzt vorliegen soll. Wir werden uns in der Umweltdeputation damit noch einmal genau auseinander setzen müssen. Ich will bloß eines betonen: Das Wümmehochwasser an sich ist nichts Ungewöhnliches. Das haben wir jeden Winter. Die Ursache ist schlicht, dass bei entsprechenden Regenfällen so viele Wassermassen ankommen, dass sie nicht abfließen können. Im Winter ist dies in der Regel auch kein Problem.
(Abg. I m h o f f [CDU]: Im Winter ist es auch ein Problem! Es geht nicht, dass die Wassermassen dort so lange stehen! Die Deiche weichen auf, und dann haben wir ein Problem! Wenn die Deiche aufweichen, dann haben wir ein Problem! – Unruhe)
Herr Abgeordneter, Sie können dem Redner eine Zwischenfrage stellen, aber bitte keine private Unterhaltung! – Bitte, Herr Kollege Dr. Schuster!
Ich kann noch mehr Worte ertragen. Diese Dimension, dass die Deiche aufgeweicht sind und es darüber Gefahren gibt, ist auch bei dem Sommerhochwasser nicht eingetreten. Das wäre ein schlimmer Fall, aber der ist nicht eingetreten. Es handelt sich um ein relativ normales Hochwasser. Wir haben nicht umsonst einen Feuchtwiesenring um Bremen herum. Das hängt auch mit dem Grundwasser und all den Sachen zusammen.
Wenn sich aber plötzlich die Wassermenge, die im Sommer kommt, verhundertfacht, dann ist es in der Tat für so einen kleinen Fluss immer ein Problem, diese Menge abfließen zu lassen. Deswegen wäre ich vorsichtig, ob Ihre Maßnahmen wirklich zum Erfolg führen. Wenn sie dazu führen, muss man bestimmte Maßnahmen ergreifen, weil es gar keine Frage ist, dass wir auch dort die Situation nicht so hinnehmen können.
Herr Dr. Schuster, würden Sie mir Recht geben, wenn ich sage, dass das Wasser einfach nicht schnell genug wegkonnte, es zu lange gestanden hat und es, wenn es auch im Winter zu lange steht, auch Probleme gibt und wir deswegen die Probleme hatten und dass nicht die Überflutung selbst das Problem ist, sondern dass das Wasser zu lange gestanden hat?
Ja, es ist ein Problem, dass es lange steht. Die Frage, die man stellen muss, ist aber: Warum steht es so lange? Weil immer zuviel hinterherkommt? Wir hatten ja eine sehr lange Starkregenperiode. Steht es, weil dauernd wieder etwas hinterherkommt, oder aufgrund mangelnder Abflüsse? Wenn ich das richtig verstanden habe, was Sie vorhin gesagt haben – ich habe das Gutachten auch noch nicht gesehen –, dann scheint es so zu sein, dass das Vertiefen der Abflüsse wenig bringt. Das müssen wir aber prüfen und schauen, welche anderen Möglichkeiten es gibt. Wir hängen nicht der These an, dass man da nichts tun darf, weil nur 35 Landwirte betroffen sind. Wenn man da etwas tun kann, dann muss man das auch machen. Man muss aber vorher genau prüfen, ob Erfolge zu erwarten sind.