Protocol of the Session on December 12, 2002

Ich eröffne die 71. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag). Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Presse. Folgende Gruppen sind anwesend: eine neunte Klasse der Körnerschule aus Bremerhaven, eine zehnte Klasse des Schulzentrums an der Helgolander Straße, ein Grundkurs Politik des Schulzentrums Bürgermeister-Smidt-Gymnasium und eine Gruppe des Bildungszentrums der Wirtschaft. Seien Sie ganz herzlich willkommen heute im Haus der Bremischen Bürgerschaft!

(Beifall)

Gemäß Paragraph 21 der Geschäftsordnung gebe ich Ihnen folgenden Eingang bekannt: Nachtragshaushaltsgesetze und Nachtragshaushaltspläne der Freien Hansestadt Bremen für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 einschließlich Veränderungen im Produktgruppenhaushalt, Bericht und Dringlichkeitsantrag des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses vom 11. Dezember 2002, Drucksache 15/1328. Ich gehe davon aus, dass wir diese Vorlage mit dem Tagesordnungspunkt 30, nämlich Nachtragshaushalte für die Jahre 2002 und 2003, verbinden. Meine Damen und Herren, wir treten in die Tagesordnung ein.

Nachtragshaushaltsgesetze und Nachtragshaushaltspläne der Freien Hansestadt Bremen für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 (einschließlich Verände- rungen im Produktgruppenhaushalt) Mitteilung des Senats vom 26. November 2002 (Drucksache 15/1305) 2. Lesung

D a z u

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD vom 10. Dezember 2002 (Drucksache 15/1324)

Wir verbinden hiermit:

Nachtragshaushaltsgesetze und Nachtragshaushaltspläne der Freien Hansestadt Bremen für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 (einschließlich Verände- rungen im Produktgruppenhaushalt) Bericht und Antrag des staatlichen Haushaltsund Finanzausschusses vom 11. Dezember 2002 (Drucksache 15/1328)

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Perschau.

Meine Damen und Herren, die Nachtragshaushaltsgesetze der Freien Hansestadt Bremen für die Jahre 2002 und 2003 wurden gestern in erster Lesung beschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD, Drucksache 15/1324, die Nachtragshaushaltsgesetze der Freien Hansestadt Bremen für die Jahre 2002 und 2003, die Nachtragshaushaltspläne für die Jahre 2002 und 2003 und die Nachtragshaushalte für den Produktgruppenhaushalt für die Jahre 2002 und 2003 zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Der staatliche Haushalts- und Finanzausschuss legt nunmehr mit der Drucksachen-Nummer 15/1328 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Ich weise darauf hin, dass im Rahmen der jetzt folgenden Aussprache auch der Nachtragshaushalt der Stadt besprochen werden soll, da eine gesonderte Aussprache darüber nicht stattfindet.

Wir kommen jetzt zur zweiten Lesung der aufgerufenen Gesetzesvorlagen.

Meine Damen und Herren, die gemeinsame Beratung der miteinander verbundenen Punkte ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Schrörs.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Präsident hat es eben gesagt, der Haushaltsausschuss hat gestern Mittag getagt, und wir haben abweichend von der üblichen Regelung keinen mündlichen Berichterstatter gemeinsam verabredet, sondern haben Ihnen das Ergebnis schriftlich mitgeteilt, es liegt Ihnen vor. Die Fraktionen der CDU und der SPD empfehlen der Bürgerschaft einstimmig, den Änderungsanträgen zuzustimmen und die Nachtragshaushaltsgesetze entsprechend in zweiter Lesung zu beschließen.

Wir haben gestern vom Finanzressort im Rahmen dieser Sitzung, und das ist hier auch verteilt worden, den Controllingbericht des Gesamthaushaltes als Zwischenbericht Januar bis November 2002 erhalten. In diesem Zwischenbericht kann man sehr schön erkennen, was Bremen und die große Koalition in Bremen geleistet haben. Wir sehen hier auf dem Sanierungsblatt drei für das Jahr 2002, dass Bremen seine Sanierungsauflagen eingehalten hat.

Wir haben in diesem Jahr von Januar bis November 2002 eine Ausgabenzuwachsrate von 0,6 Prozent. Damit liegen wir deutlich unter der jährlichen Gesamtausgabenzuwachsrate von unter zwei Prozent, zu der Bremen verpflichtet ist, und wir haben eine konsumtive Ausgabenzuwachsrate von sage

und schreibe 0,0 Prozent. Bremen ist verpflichtet, auf einer Ausgabenzuwachsrate von unter 1,5 Prozent zu bleiben, auch hier sind wir deutlich unter der vorgegebenen Regelung!

Die Sanierungsfortschritte sind deutlich, die Rahmendaten werden erläutert, was die Einwohnerentwicklung und die Beschäftigtenentwicklung angeht. Bei der Einwohnerentwicklung haben wir ein Plus in Bremen, leider ein Minus in Bremerhaven, daran müssen wir gemeinsam weiter sehr intensiv arbeiten, dass auch dies zu einem Plus wird. Wir haben eine positive Beschäftigungsentwicklung, indem wir in den letzten beiden Jahren insgesamt 8200 Erwerbstätige mehr in Bremen haben.

Die Finanzkraftrelation ist leider gesunken, das konsumtive Defizit bewegt sich mittlerweile auf 780 Millionen Euro, dagegen steht aber der Kanzlerbrief, der uns eine Zusage gibt, zurzeit macht es etwa 400 Millionen Euro jährlich ab 2005 aus. Soweit, meine Damen und Herren, zur Ausgabenseite!

Nun kommen wir zur Einnahmenseite. Bisher war die Welt in Ordnung, wenn nicht unser Koalitionspartner in Berlin solche hausgemachten Probleme hätte.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Wenn Sie den Blätterwald anschauen von gestern

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Das war aber noch untertrieben, Wolfgang!)

und lesen „Der große Frust“,

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Wir in Bremen auch!)

„Endzeitstimmung in der SPD-Führung“, „Rotgrün am Rande des Nervenzusammenbruchs, abgeschottet in der Wagenburg“ – –. Ich habe gesagt, Blätterwald dieser Republik von links bis rechts!

(Abg. T e i s e r [CDU]: Das muss ja nicht alles stimmen!)

Das muss gar nicht stimmen, das schreibt ja die Presse! Es ist ja nicht alles richtig, was in der Presse steht.

(Heiterkeit bei der CDU)

„Diffuses Erscheinungsbild“, „Zeichen der Panik“, gestern in der „Welt“ eine, wie ich finde, sehr schöne Überschrift: „Machtwort ohne Macht, panisch depressiv“!

Meine Damen und Herren, das sind die Schlagzeilen über die Regierung in Berlin, und täglich gibt

es mehr Witze über die Regierung, mehr Witze über den Kanzler. Im Internet kann jeder nachschauen. Was passiert, wenn Kanzler Schröder in die Wüste geht? Vier Jahre nichts, und danach wird der Sand teurer!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, aus der SPD-Fraktion hört man, die von Schröder beklagte Kakophonie in der SPD sei ein selbst gemachtes Problem. Der niedersächsische Ministerpräsident Gabriel kritisiert das Erscheinungsbild der Bundesregierung und sagt über Schröder, er würde ihm raten, die Konsistenz zu stärken.

(Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Herr Schrörs, der Wahlkampf ist vorbei!)

Herr Böhrnsen, Sie müssen schon ertragen, dass ein Christdemokrat das kritisiert, was die Sozialdemokraten selbst kritisieren.

(Beifall bei der CDU – Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Sagen Sie etwas zu Ihrer bremischen Verantwortung!)

Oder, meine Damen und Herren, das was sich zurzeit mit der Vermögensteuer abspielt! Herr Steinbrück und Herr Gabriel sind für die Vermögensteuer, Herr Schröder will sie nicht mehr, Herr Clement sagt, eine Wiedereinführung sei kein Projekt der Bundesregierung. Heute Morgen lesen wir in der Zeitung, Herr Beck, der erst dafür war, ist jetzt dagegen.

(Abg. T e i s e r [CDU]: Er ist selbst be- troffen!)

Meine Damen und Herren, man muss sich fragen, für welche Politik die Genossen überhaupt noch stehen. Aber lassen Sie uns vielleicht zu einer Beschreibung der Situation kommen!

(Zurufe von der SPD)

Das hat alles etwas mit dem Haushalt zu tun, alles! Wir reden über die Einnahmesituation,

(Beifall bei der CDU)

wir reden über das, was wir nicht beeinflussen können, sondern was diejenigen beeinflussen können, die in Berlin sitzen. Da sitzt, wenn ich das richtig weiß, noch die rotgrüne Regierung.

(Beifall bei der CDU)

Ein Aufschwung ist leider nicht in Sicht. 40 000 Firmenpleiten werden in diesem Jahr ein Rekordni

veau darstellen. Die Unternehmensinsolvenzen und das fehlende Wirtschaftswachstum werden ihre deutlichen Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen, und dieser Anstieg hat katastrophale Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte und für die Sozialkassen, und damit wären wir wieder beim Bremer Haushalt.

Die Defizite bei den Kranken- und Rentenkassen werden die Bürger und die Betriebe über höhere Beitragssätze bezahlen. Die Kosten der wachsenden Arbeitslosigkeit beschleunigen die dramatische Ausweitung der Defizite der öffentlichen Haushalte. Das lässt sich nun nicht verleugnen, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, neben dem dramatischen Anstieg der Ausgaben haben Sie den dramatischen Einbruch bei den Steuereinnahmen mit zu verantworten. Sie haben damit nicht nur den Bundeshaushalt in eine gefährliche Schieflage gebracht, sondern dies gilt mittlerweile auch für Länder und Kommunen, denn auch diese sind finanziell am Ende, und es ist kein Geheimnis, dass die meisten Bundesländer im kommenden Jahr keinen verfassungskonformen Haushalt mehr aufstellen können. Wir steuern damit auf eine Finanzkrise ungeahnten Ausmaßes zu.

Die Politik Ihrer ersten Amtszeit ist so mitnichten eine der Konsolidierung und des Sparens gewesen, anders als wir es hier als große Koalition in Bremen gemacht haben. Die konsumtiven Ausgaben sind um fast neun Prozent gestiegen, die Investitionen sind um 14 Prozent gesunken. Das ist ein historisch niedriges Niveau. Die strukturelle Verschlechterung des Bundeshaushaltes zeigt, dass rotgrüne Haushaltspolitik alles andere als nachhaltig und damit auch nicht zukunftsfähig ist. Daran, meine Damen und Herren, sollten die Bürger in Bremen denken, wenn sie im Mai 2003 zur Wahl gehen.