Protocol of the Session on May 16, 2002

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Diese Verbände und Vereine wollen alle die Maut?)

Der Lückenschluss ist doch sonst gar nicht finanzierbar, das wissen Sie ganz genau! Sie vernachlässigen auch den Standortfaktor Deutschland. 100 Milliarden Euro betragen die Staukosten allein im Verkehrsbereich. Das ist ein Standortnachteil, und durch die Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturprojekten durch die Maut wird dieser Standortnachteil zu einem Standortvorteil für die Bundesrepublik Deutschland, meine Damen und Herren.

Nicht ohne Grund haben übrigens alle Küstenminister diese Maut auch befürwortet, wenn auch mit verschiedenen Kritikpunkten, die sie gern noch erfüllt hätten. Harmonisierung innerhalb der EU, das sind ja auch Forderungen, die korrekt sind, und da geht die Bundesregierung auch in die richtige Richtung, dass eine Harmonisierung in der europäischen Politik voranschreitet. Wenn Sie sich einmal die Vertreter der Binnenschifffahrt anhören oder Herrn Mehdorn von der Bahn AG, dann sind es gerade diese Vertreter, die sagen, die Maut ist viel zu gering, die muss viel höher sein, wenn man die tatsächlichen Wegekosten anrechnen will, um die Bahn auf den gleichen Stand zu bringen, wie es die Straße im Moment ist. Von daher sind die 15 Cent pro Kilometer eher eine moderate Gebühr, die man hier überhaupt nicht kritisieren kann, meine Damen und Herren. Wir sagen jedenfalls, die Preise müssen die ökologische Wahrheit sagen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Maut, das sei auch noch hier in Bremen gesagt, nutzt den deutschen Seehäfen und schadet ihnen nicht, weil es zu einer Verlagerung der Verkehrsströme von der Straße auf die Schifffahrtswege kommt und kommen soll. Das heißt, es kommt zu einem Standortvorteil für Bremen und alle Länder, die am Wasser liegen, meine Damen und Herren, das muss hier auch einmal gesagt werden.

Die Maut, das kann man auch noch einmal sagen, das steht auch im Gesetz, ist eher ein Vorteil für die inländischen Verkehrsträger, weil natürlich jetzt auch die ausländischen Nutzer der deutschen Straßen zum Entgelt herangezogen werden, was vorher nicht der Fall war, nur die deutschen mussten diese Wegekosten entrichten. Das heißt, es ist hier eine Wettbewerbsgleichheit durch die Maut zu erwarten. Das ist ein Standortvorteil und kein Nachteil, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die ganze Debatte gab es auch schon in der Schweiz. Hier liegt der Mautanteil pro gefahrenem Kilometer bei 64 Cent. Da hat man auch gesagt, die Wirtschaft bricht zusammen. Das ist eine Horrorvision, die auf uns zukommt. Nun sagt der schweizerische Verkehrsminister, das war gut so, dass wir es gemacht haben. Es ist zu Verlagerungen der Verkehrsströme auf andere Verkehrswege gekommen. Es war eine gute Politik, und alle Verkehrsverbände akzeptieren mittlerweile diese Entscheidung, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zum Schluss noch etwas zu Ihrer Glaubwürdigkeit, Herr Kastendiek, und zur Glaubwürdigkeit der CDU in diesen Fragen! Schauen Sie einmal nach Baden-Württemberg! Baden-Württemberg hat händeringend den Ausbau der A 8 gefordert. Man hat aber nun nicht gefordert, das aus der normalen Maut zu finanzieren, das sowieso, sondern hat beschlossen mit den Stimmen von CDU und FDP, eine Zusatzmaut einzuführen. Dort beschließen sie also eine Zusatzmaut für Lkw und Pkw, um ihre Straßenbaumaßnahmen zu finanzieren, und hier kritisieren Sie die Maut. Das kann doch wohl nicht zusammengehen, und das beleuchtet noch einmal, wie unglaubwürdig Ihre Argumente sind, Herr Kastendiek!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Fazit: Ökosteuer und Maut sind zwei Seiten einer Medaille, und diese Medaille ist ökologisch sinnvoll und richtig. Es ist ein Instrument der ökologischen Marktwirtschaft, und wir sind für die Einführung der ökologischen Marktwirtschaft im Zusammenhang mit der ökologischen Steuerreform. Das bringt Wirtschaft, Ökologie, Arbeitsplätze und Ressourceneinsparung zusammen, und das ist es doch, was wir wollen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Bevor ich dem Abgeordneten Beckmeyer das Wort erteile, begrüße ich auf dem Besucherrang den Generalkonsul Griechen

lands in Hamburg, Herrn Roussos Koundouros, der Bremen seinen Antrittsbesuch abstattet. – Herzlich willkommen im Hause!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie jetzt fragen, ob wir in der Debatte fortfahren wollen, auch wenn es gleich 13 Uhr ist. Ich habe noch vier Wortmeldungen, den Abgeordneten Beckmeyer, den Abgeordneten Tittmann, Herrn Kastendiek und Herrn Staatsrat Färber.

(Zurufe)

Das Wort hat der Abgeordnete Beckmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mich zu Beginn meiner Rede mit der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der CDU auseinander setzen, weil man diese Antwort erst einmal lesen muss und nicht nur einfach über Maut und über Ökosteuer generell etwas aussagen, sondern einmal in den Inhalt der Antwort gehen. Das möchte ich insbesondere Herrn Kastendiek empfehlen, weil eines auffällt: Die Einschätzung, mit der Sie Ihre Große Anfrage begründen und einleiten, wird von der Antwort des Senats in keiner Weise geteilt. Es klafft auseinander. Die Antwort des Senats sagt etwas anderes, als die fragende CDU am Anfang zur Begründung aufgeschrieben hat. Das ist, glaube ich, die erste Feststellung, die man machen muss.

Es gibt darin ein paar Elemente, die den kundigen Leser innerhalb dieser Antwort auf die Große Anfrage allerdings auch stutzig werden lassen, wenn zum Beispiel auf die Frage drei, in der gefragt wird: „Wie beurteilt der Senat die Befürchtungen des ZDS hinsichtlich der beschlossenen Regelung zur Einführung der Lkw-Maut für die Standortbedingungen der Häfen?“ gesagt wird: „Der Senat teilt die Befürchtungen.“ Aber als Antwort auf die Frage zwei: „Welche Maßnahmen hält der Senat für eine Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen für erforderlich?“ am Ende auf Seite vier dann ausgeführt wird, dass der vom Bundesrat auf Initiative Hamburgs und Bremens beschlossene Antrag, nämlich diesen ZDSGedanken aufzunehmen, leider im Vermittlungsverfahren nicht behandelt worden ist. Das macht mich allerdings sehr stutzig. Die Frage ist: Wer hat an diesem Vermittlungsverfahren teilgenommen? Bremen und Hamburg scheinbar wohl nicht! Das ist allerdings ein bedauerliches Ergebnis. Ich hätte erwartet, dass Bremen, das in dieser Frage im Verkehrsausschuss die Federführung hat, als Vorsitz im Verkehrsausschuss des Bundesrates diese Angelegenheit doch etwas intensiver vorangebracht hätte.

Unter dem Strich möchte ich sagen, dass wir, bezogen auf Maut, feststellen können, dass vor dem

Hintergrund des Wachsens unseres Verkehrsaufkommens, das prognostiziert wird und das ja bis 2015 um zirka 64 Prozent zunehmen wird auf der Straße, alles getan werden muss, dass auch Verkehrslenkungen durch Maut sowie durch entsprechende andere Maßnahmen stattfinden, damit mehr Verkehr auf die Schiene und auf die Wasserstraße kommt.

(Beifall bei der SPD)

Diese Maut als solche ist insofern auch sinnvoll, weil sie dem Staat und damit auch der öffentlichen Hand des Bundes und der Länder Finanzmittel zur Verfügung stellt, die dringend notwendig sind für Investitionsmaßnahmen, sowohl für die Straße als auch für die Schiene, als auch für die Wasserstraßen in der Bundesrepublik Deutschland. Das Antistauprogramm der Bundesregierung ist dafür ein Beleg, und die 7,4 Milliarden Euro, die dafür bereitgestellt werden, werden unter anderem aus der entfernungsabhängigen Mautgebühr für Lkw finanziert.

Aber es hat auch vorher schon eine Mautgebühr gegeben. Die wird ja nicht jetzt erfunden. Es hat immer eine zeitabhängige Mautgebühr für Lkw in der Bundesrepublik Deutschland gegeben. Das wird bei der ganzen Diskussion einfach verschwiegen und nicht dargestellt. Das muss man einfach einmal in Erinnerung rufen. Zukünftig wird eine streckenorientierte Mautgebühr abgeführt, aber nicht nur für deutsche Lkw-Betreiber und deutsche Speditionen, sondern für sämtliche auf deutschen Straßen fahrenden Unternehmen, und damit auch für die Holländer, für die Polen, für die Russen und so weiter. Insofern ist das, denke ich, eine zum ersten Mal auch stattfindende Beteiligung von ausländischen Speditionsunternehmen und Lkw-Betreibern, die für unsere Infrastruktur mitbezahlen müssen, und eine sinnvolle Maßnahme, die wir dringend auch für unseren Haushalt benötigen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kastendiek, noch zwei Worte zu Ihnen! Ich will das nicht überstrapazieren, aber Sie sind einem aufgesessen, und zwar im Grunde einem Streit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit den CDU- und CSU-regierten Ländern. Die haben nämlich unterschiedliche Positionen, und das haben Sie auch am Ergebnis des Vermittlungsausschusses gemerkt. Das Vermittlungsverfahren ist ja am Ende einvernehmlich im Bundesrat zu Ende gebracht worden mit den Stimmen der Länder, auch mit den Stimmen der CDU-regierten Länder. Das muss man einfach einmal auf sich wirken lassen. Die Maut gibt es jetzt mit ihren Stimmen, mit den Stimmen Bremens, mit den Stimmen Bayerns und Baden-Württembergs.

(Zuruf des Abg. K a s t e n d i e k [CDU])

Wir haben in dieser Frage am Ende des Vermittlungsverfahrens eine einhellige Meinung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zur Maut, und das ist gut so, und ich denke, das muss man auch einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ein Allerletztes zum Energieverbrauch! Es ist in Deutschland gelungen, auch der Regierung unter Bundeskanzler Kohl, in der Vergangenheit beim Energieverbrauch der Haushalte eine Senkung, immer gemessen am Bruttosozialprodukt der Republik, um ungefähr 15 Prozent über die Jahre herbeizuführen. Wir haben eine Abnahme des Energieverbrauchs bei der Industrie zu konstatieren. Das ist gut so. Einzig und allein im Verkehrsbereich haben wir eine dramatische Steigerung des Energieverbrauchs festzustellen. Darum ist momentan eine Politik, die unter anderem auch, ich denke einmal, parteienübergreifend, von der Position getragen wird, weg vom Öl, Energiemix in der Bundesrepublik Deutschland, die im Grunde doch auch konstatiert, welche Methoden und welche Mittel man nutzen kann, um eine solche Reduzierung auch für den Verkehr zu organisieren.

Da war unter anderem die Ökosteuer ein probates Mittel, weil natürlich das Minderverbrauchen von Öl und Benzin im Verkehr dazu geführt hat, dass auch wir hier in dieser Frage eine Reduzierung des Energieverbrauchs beim Verkehr organisieren müssen in der Bundesrepublik Deutschland. Ich denke, das ist doch wohl eine einigermaßen einhellige Position aller im Parlament vertretenen Parteien. Sonst würde ich allerdings Ihre Energiepolitik nicht verstehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dass dies, Herr Schramm hat es partiell gesagt, natürlich auch dazu geführt hat, dass gerade bei Energieeinsparprojekten der Industrie, im Bereich der Haushalte, aber auch im Bereich des Verkehrs, Arbeitsplätze geschaffen werden, das liegt auf der Hand, und natürlich auch beim Verkehr werden Arbeitsplätze geschaffen. Es ist selbstverständlich, und ich denke, das ist ein großer Fortschritt, der mit der Ökosteuer einhergeht.

Jetzt etwas zu Investitionen, das sei der letzte Gedanke! Bundeskanzler Kohl ha sich dadurch ausgezeichnet, dass er Herrn Ludewig, der ja gut mit ihm zusammengearbeitet hat, aus Spargründen drei Milliarden DM aus der Schiene herausgestrichen hat während seiner letzten Legislaturperiode. Er hat der Bahn jährlich drei Milliarden DM genommen! Jetzt zu sagen, diese neue rotgrüne Koalition hat es nicht geschafft, dass diese Schienen ordentlich ausgebaut

werden! Die haben erst einmal das korrigieren müssen, was dort vorher genommen worden ist!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann bitte ich Sie, sich doch auch noch einmal ernsthaft mit Ihrer eigenen Politik auseinander zu setzen! Das CDU-Wahlkampfprogramm konstatiert einen vierzigprozentigen Staatsanteil über alles am Bruttosozialprodukt dieser Nation. Das sind 270 Milliarden Euro. Wir haben zurzeit zirka 250 Milliarden Euro Volumen in der Bundeskasse, die wir jährlich vergeben. Allein 170 Milliarden Euro müssten wir einsparen, um von 49 Prozent Staatsanteil am Bruttosozialprodukt auf die 40 Prozent zu kommen. Weniger in der Kasse des Bundes, der Länder und der Gemeinden! Wie Sie da Verkehrsinfrastruktur finanzieren wollen, hier in Bremen, in den Ländern, im Bund, ist mir völlig schleierhaft. Sie privatisieren sämtliche Leistungen, Sie privatisieren sämtliche Vorgaben. Ich denke einmal, hier ist ein riesiger Kardinalfehler, eine völlige Verkennung der Aufgabenstellung des Bundes, der Länder und der Gemeinden.

(Beifall bei der SPD)

Insofern, Herr Kastendiek, Schuster bleib bei deinen Leisten, organisiere dich neu! Die Politik, wie sie da formuliert ist, taugt nicht für diese Republik und für dieses Land schon gar nicht. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollen wir diese Debatte jetzt unterbrechen. Ich unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 13.00 Uhr)

Vizepräsident Dr. Kuhn eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich ganz herzlich eine Gruppe Studenten der Universität Bremen.

(Beifall)

Sie sehen, noch sind Sie in der Mehrzahl!

Ich darf bekannt geben, dass nachträglich interfraktionell vereinbart worden ist, den Tagesord

nungspunkt 30, Finanz-Controlling – Jahresbericht 2001, auszusetzen.