Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausgangspunkt der Großen Anfrage, die die Koalition eingebracht hat, war eine Untersuchung des Bremer Ausschusses für Wirtschaftsforschung, BAW, über die Nutzung der bremischen Programme zur Wirtschafts- und Arbeitsmarktförderung in Abhängigkeit von der Betriebsgröße, die uns Ende letzten Jahres vorgelegt wurde. Nach dieser Untersuchung nehmen 65 Prozent der mittleren und großen Betriebe Lohn- und Gehaltskostenzuschüsse in Anspruch, während dies Kleinbetriebe mit weniger als 20 Beschäftigten nur zu acht Prozent tun. Parallel dazu nehmen 14 Prozent der mittleren und großen Betriebe Investitionskostenzuschüsse, die das Land gewährt, in Anspruch, wäh
rend bei den Kleinbetrieben mit weniger als 20 Beschäftigten nur drei Prozent aller Betriebe diese Programme nutzen.
Diese Zahlen waren für uns Ausgangspunkt, eine Anfrage an den Senat zu richten, denn diese Zahlen deckten sich mit Erfahrungen, die wir Sozialdemokraten in vielen Gesprächen mit Selbständigen, mit Handwerkern, mit Inhabern kleiner Betriebe geführt haben, mit den dort häufig vorgebrachten Klagen, ich sage es einmal etwas salopp, den Großen hier in der Stadt werde der rote Teppich ausgerollt, und die kleinen Krauter gucken in die Röhre. Meine Damen und Herren, die hohe Bedeutung der Klein- und Kleinstbetriebe für Beschäftigung und Ausbildung muss wohl niemandem im Hause hier deutlich gemacht werden. Sie bilden das Rückgrat für Beschäftigung und Ausbildung in unserer Stadt Bremen, in unserer Stadt Bremerhaven, in unserem Land.
Daher haben wir den Senat gebeten darzulegen, wie Zugangsbarrieren zu den Förderprogrammen gesenkt werden können, wie der Informationsfluss über die Förderprogramme von den Behörden zu den Unternehmen verbessert werden kann, wie Antragsverfahren vereinfacht werden können, wie die Programmstruktur verschlankt werden kann, wie das Angebot transparenter gemacht werden kann, was bereits getan wurde, und wie es weiter verbessert werden kann. Der Senat hat nicht sehr ausführlich geantwortet, und die Antworten des Senats nach dem Motto „Da gibt es nichts zu optimieren“ sind selbstverständlich aus Sicht von uns Sozialdemokraten nicht befriedigend.
Wir werden weiter in der Deputation für Wirtschaft und auch in der Deputation für Arbeit darauf drängen, dass die knappen Fördermittel, die wir als Land bereitstellen können, auf kleine und mittlere Unternehmen konzentriert werden. Details, wie wir genau verfahren und an welchen Schrauben wir drehen möchten, gehören in der Tat allerdings in die Deputationen, das sind keine Diskussionen, die hier im Plenum geführt werden sollen. Wir wollen Sie ja nicht überstrapazieren.
Ich möchte darüber hinaus aus Sicht der Sozialdemokraten sagen, die Analyse des Senats, hier liege lediglich eine Fehlinterpretation von Statistiken vor, kann uns selbstverständlich ebenfalls nicht befriedigen. Es ist wohl wahr, die bestehenden Programme kommen zwar überwiegend kleinen und mittleren Unternehmen zugute. Man muss hier aber beachten, dass die Grenze, was kleine und mittlere Unternehmen sind, bei 250 Beschäftigten gezogen wird gemäß der Definition der Europäischen Union über kleine und mittlere Unternehmen. Nun ist es
ja relativ, was groß und klein ist. Alles ist eine Frage der Sichtweise. Wir als Menschen betrachten eine Maus als klein und einen Elefanten als groß. Versetzt man sich aber in die Sichtweise der Maus, dann sind Mensch und Elefant ziemlich gleich groß. Ähnlich verhält es sich beim Blick auf die – gemäß EUDefinition – mittleren Unternehmen aus der Sicht der Kleinstbetriebe. Da erscheinen die riesig.
Kleinstbetriebe mit weniger als 20 Beschäftigten, und um die ging es in der Analyse des BAW, haben es erfahrungsgemäß schwerer, Personal abzustellen, sich durch die mehr als 30 Förderprogramme des Landes allein in Bremen – die Programme des Bundes und der EU gar nicht mitgezählt – durchzuarbeiten, auf dem Laufenden zu bleiben und dann dementsprechend natürlich auch an ihnen zu partizipieren. Ich denke, das sind Fakten, die kann man nicht einfach beiseite schieben und sich als Senat auf der Definition ausruhen, KMU gemäß EU sind 250 Beschäftigte, und andere fördern wir sowieso nicht.
Was kann nun unserer Meinung nach besser werden? Wie kann die Wirtschaftsförderung gezielter auf Kleinstunternehmen ausgerichtet werden? Diese Fragen haben wir auch dem Senat gestellt, und hier möchte ich doch – der Staatsrat hat ja vorhin darauf verzichtet – einmal einen Absatz aus der Antwort des Senats zitieren.
Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Förderfähigkeit eines Investitionsvorhabens ist daher deren sogenannter Primäreffekt, das heißt, wenn durch die Investition das regional verfügbare Einkommen erhöht und dadurch zusätzliches Einkommen und zusätzliche Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden. Dies ist dann der Fall, wenn Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen überwiegend überregional absetzen beziehungsweise wenn das geplante Investitionsvorhaben dazu führt, dass die Geschäftstätigkeit zukünftig überregional ausgerichtet sein wird. Insoweit bedarf es einer gezielten Veränderung der Kriterien der Investitionsförderung zugunsten von Kleinunternehmen nicht, da diese bei Nachweis des Primäreffekts ohnehin förderfähig sind. Unternehmen mit vorwiegend lokaler Marktausrichtung profitieren von der betrieblichen Investitionsförderung indirekt dadurch, dass zusätzliches Einkommen zu einer Nachfragesteigerung nach lokalen und regionalen Gütern und Dienstleistungen führt. Von diesem Sekundäreffekt der betrieblichen Investitionsförderung des Landes Bremen profitieren damit auch vor- und nachgelagerte Bereiche wie das Handwerk, der Einzelhandel und lokale Dienstleistungen.“ Soweit der Senat!
Ich fasse es noch einmal mit meinen Worten kurz zusammen: Wer nur im lokalen Markt wirtschaftet, für den bleiben nur die Sekundäreffekte übrig, die Brotkrumen, die vom Tisch fallen. Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren! Die Stärkung lokaler ökonomischer Zusammenhänge und Kreisläufe
sollte unserer Auffassung nach die überregional ausgerichtete Wirtschaftsstrukturpolitik ergänzen, selbstverständlich nicht ersetzen, aber ergänzen. Eine Stärkung der stadtteilbezogenen lokalen Ökonomie fördert den Mittelstand, das Handwerk, den Einzelhandel und die Existenzgründer. Sie leistet einen Beitrag zur sozialen Stabilität in unseren Stadtteilen.
Vorbild für eine derartige Ergänzung unserer Wirtschaftspolitik könnte das Modernisierungsprogramm für Kleingewerbetreibende der Stadt Hamburg aus dem Jahr 1994 sein.
Dieses Programm ist auf Kleinstunternehmen bis 15 Beschäftigte beschränkt und ermöglicht Investitionszuschüsse in einer Größenordnung unter 100 000 DM beziehungsweise 50 000 Euro, eine Größenordnung, die in der sonstigen Wirtschaftsförderung oder von Banken unter ferner liefen behandelt wird.
Warum ist das bei uns nicht möglich? Nun, wir kommen in unserer Koalition in dieser Frage nicht auf einen gemeinsamen Nenner! Unser Koalitionspartner will keine neuen Programme auflegen. Das können wir akzeptieren. Das muss auch nicht sein. Aber die gezielte Förderung von Kleinstunternehmen, von Selbständigen und Handwerkern wäre schließlich auch im bestehenden Stadtteilzentrenkonzept realisierbar.
Hieran arbeiten wir koalitionär, wobei wir Sozialdemokraten darauf drängen, dass der Wirtschaftssenator die bisherige strenge Fokussierung auf den Einzelhandel in den Stadtteilzentren aufgibt zugunsten einer breiteren Förderung der lokalen ökonomischen Zusammenhänge in den Stadtteilen.
Die Sozialdemokraten setzen hier auf die Einsicht des Senators. Ich bin guter Hoffnung, dass wir seitens des Senators auch gleich zu diesem Punkt noch etwas Neues erfahren können. Wir haben ja noch ein Jahr Zeit in der Koalition, uns diesem Thema ausführlich zu widmen, und ich freue mich darauf, dass wir noch etwas schaffen können in dieser Richtung. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass mit dieser Großen Anfrage nun bewiesen worden ist, dass wir nur große Unternehmen fördern und kleine nicht, das halte ich für völligen Unsinn. Herausgestellt hat sich, dass unsere Programme, die wir vielfältig anbieten, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommen, und das zieht sich ja auch durch die Antwort auf die Große Anfrage hindurch. Insofern sage ich einmal vorweg: Die Förderprogramme, die existieren, haben sich bewährt, meine Damen und Herren.
Ja, das hat sich natürlich bewährt! Wenn Sie einmal sehen, wie die Inanspruchnahmen aus dem Landesinvestitionsförderprogramm sind oder aus der Gemeinschaftsaufgabe, dann sehen Sie, dass da 100 Prozent auch gefördert worden ist, und es sind auch 100 Prozent ausgegeben worden. Es gibt aber natürlich Programme, die abgefordert worden sind, und das sagt, dass die Programme erfolgreich sind, sonst würden sie ja nicht abgefordert werden, meine Damen und Herren!
Das ist doch einfach zu albern, wir brauchen doch nicht schon wieder einen wirtschaftspolitischen Exkurs zu machen!
Es gibt aber auch Programme, die werden nicht abgefordert, und das hat unterschiedliche Gründe, die auch hier beschrieben worden sind. Zum einen, die Betroffenen kennen die Programme gar nicht, das heißt, sie sind nicht bekannt genug. Jetzt ist die Frage: Muss man sie bekannter machen, oder ist es vielleicht nicht auch so, dass jemand, der gefördert werden möchte oder der Geld benötigt für eine Existenzgründung, egal wofür, oder Lohn- und Gehaltskostenzuschuss, sich natürlich auch erkundigen muss, wo und ob er etwas bekommen kann?
Das kann natürlich im Zusammenhang mit den Kreishandwerkerschaften, mit der Handwerkskammer oder der Handelskammer, dem Arbeitsamt und auch dem Senator für Arbeit und dem Senator für Wirtschaft passieren, da gibt es diverse Ansprechpartner. Es ist aber ja auch schon so gemacht worden, dass wir es gebündelt haben, so dass auch aus einer Hand informiert werden kann. Wir können nicht überall hingehen und uns selbst diejenigen su––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
chen, die diese Programme gern in Anspruch nehmen wollen. Wir müssen auch davon ausgehen können, dass, wenn wir solche Programme auflegen, die Nachfrage dadurch suggeriert wird, dass sich die Unternehmen auch darum kümmern, wie sie etwas bekommen können. Da hat man vielleicht auf beiden Seiten noch ein bisschen Nachholbedarf. Das ist meines Erachtens nicht einseitig hier gelagert und schon gar nicht beim Senator für Wirtschaft allein angesiedelt.
Dabei ist insbesondere sowieso die Zusammenarbeit mit dem Senator für Arbeit und dem Senator für Wirtschaft, was diese Programme betrifft, Investitions- und Lohnkostenzuschuss, ausführlich hier beschrieben worden. Ich glaube auch nicht, dass es da große Nachholbedarfe gibt. Man kann nicht immer nur versuchen, etwas negativ darzustellen, insbesondere dann, wenn es nur ganz wenige Unternehmen sind, die überhaupt diese Investitionskostenzuschüsse in Anspruch genommen haben in Bremen. Die sind untersucht worden in dieser BAW-Studie, und dann hat man gesehen, dass dies alles auf sieben Unternehmen beruht. Das hat natürlich keine Aussagekraft, die man dann dazu benutzen kann, eine generelle Aussage zu machen.
Sehr erfreulich ist, dass diese Auswertung ausgeweitet werden soll für das Jahr 2001 und dass das dann auch fortgeschrieben wird, so dass man auch sehen kann, was diese Zuschüsse bei den Unternehmen bewirkt haben in den Folgejahren. Das ist ja eine ganz entscheidende Frage. Wenn diese Zuschüsse aus den Programmen sich bewährt haben, das heißt, das Unternehmen sich entwickelt hat und für uns dadurch ja auch positive Effekte entwickelt, dann hat sich das bewährt und ist positiv. Insofern muss man vielleicht auch noch einmal ein Jahr warten, um diese Effekte nachher auch in die Diskussion einbeziehen zu können.
Im Übrigen glaube ich, dass wir in den Deputationen sehr ausführlich über diese einzelnen Programme diskutiert haben und auch diskutieren werden, weil diese Berichte ständig vorgelegt werden. Wir haben gerade im Mai 2002 wieder das Landesinvestitionsprogramm und die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vorliegen gehabt und konnten im Detail nachschauen, wie viel dort gefördert worden ist, wie viele Unternehmen, wie viele Arbeitsplätze, wie viele Zuschüsse. Das kann man hier im Einzelnen vor dem Parlament jetzt nicht ausbreiten. Das gehört auch eher in die Deputation.
Ich finde, bei den nachfolgenden, jetzt weitergehenden Untersuchungen, die ja auch vom BAW für das Jahr 2001 gemacht werden, sollte man sich das noch einmal im Einzelnen genau vornehmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss gestehen, dass wir in der Fraktion der Grünen im Vorfeld dieser Debatte etwas gerätselt haben, welche weittragenden, substantiellen Fragen die große Koalition damit eigentlich bewegen möchte. Ich würde jetzt einmal so, nachdem ich die Kollegen gehört habe, sagen, dass meine Redezeit sich jetzt sozusagen an der Substanz dieser Debatte bemessen soll.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zu- ruf von der [CDU]: Vielen Dank! – Abg. F o c k e [CDU]: Wo Sie ja jetzt aufhören!)
Ich habe jetzt aber gelernt, deswegen nur einige ganz kurze Bemerkungen! Die SPD hat wieder einmal ein Problem mit dem Koalitionspartner.
Doch! Frau Lemke-Schulte, wenn Sie zugehört hätten, das hat Herr Käse gesagt. Die SPD hat sich darüber beschwert, dass die CDU einiges, was Sie wollen, nicht will und dass Sie deutlichen Optimierungsbedarf sehen. Der Informationsfluss soll verbessert werden, die Angebote sollen transparenter gestaltet werden, man will sich mehr auf kleine und mittlere Unternehmen konzentrieren. Herr Käse sagte wörtlich: „deutlicher Optimierungsbedarf“. Da stellen wir die Frage, warum Sie eigentlich keinen Antrag stellen. Wenn Sie hier angeblich wissen, was Sie wollen, dann kann man doch von den Sozialdemokraten verlangen, dass sie hier nicht nur ankündigen, dass sie in der Deputation ein bisschen genauer hinschauen wollen. Dann machen Sie daraus eine politische Initiative! Ich würde zu diesen Punkten sagen, dass wir sie teilen und das zusammen machen könnten. Tun Sie etwas! Beschweren Sie sich nicht nur, dass der Koalitionspartner das offensichtlich nicht will! Von Herrn Focke haben wir auch etwas revolutionär Neues gehört, dass sich nämlich die Förderprogramme bewährt haben. Das hat man aus seinem Mund noch nie gehört, und das musste endlich einmal gesagt werden.
Einen Punkt will ich noch anfügen! Ich fand es doch interessant, dass Herr Dr. Käse dann auf das Ham––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
burger Beispiel verwiesen hat, wo nämlich in den letzten Jahren insbesondere an Förderungen auch für kleine Handwerker gedacht worden ist und hier doch ein ziemliches Augenmerk auch schon mit der Richtlinie von 1994 auf die Clusterbildung und die Regionalökonomie gelegt worden ist. Das konnte man übrigens in der vergangenen Legislaturperiode bei den Stadtentwicklungsgesprächen, die Herr Senator Schulte durchgeführt hat, des Öfteren hören.