Protocol of the Session on May 15, 2002

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die neunte Anfrage in der Fragestunde befasst sich mit dem Thema „Anerkennung von Vaterschaften“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Karl Uwe Oppermann, Eckhoff und Fraktion der CDU.

Ich bitte den Fragesteller, die Anfrage vorzutragen!

Wir fragen den Senat:

Wie groß war die Anzahl der nachträglich anerkannten Vaterschaften im Land Bremen in den Jahren 1998, 1999, 2000 und 2001?

Inwieweit hat der Senat Kenntnis davon, dass deutsche Männer zum Beispiel im Bundesland Berlin bewusst wahrheitswidrig Vaterschaften zu Kindern ausreisepflichtiger unverheirateter ausländischer Frauen anerkennen, um die Ausreiseverpflichtung aufzuheben?

Inwieweit bestehen solche Verdachtsmomente auch im Land Bremen, und wie hoch wird die dadurch gegebenenfalls entstehende Belastung des Sozialhilfehaushaltes geschätzt?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Senator Dr. Böse.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Vaterschaftsanerkennungen erfolgen unabhängig vom Nachweis der biologischen Abstammung des Kindes vom Anerkennenden und werden beurkundet. Diese Lösung des Gesetzgebers beruht auf familienpolitischen und familienrechtlichen Überlegungen.

Die Beurkundung von Vaterschaftsanerkennungen wird von Notaren, Standesbeamten und den hierfür zuständigen Fachdiensten des Amtes für Soziale Dienste Bremen und des Amtes für Jugend und Familie Bremerhaven vorgenommen.

Statistische Erhebungen über die Zahl der Vaterschaftsanerkennungen im Lande Bremen oder über die von den Fragestellern benannte Fallkonstellation liegen nicht vor. Die Zahl der insgesamt beurkundeten Vaterschaftsanerkennungen gäbe auch keinen Aufschluss über die von den Fragestellern angesprochene Fallkonstellation, die ausschließlich Bezug nimmt auf die Fälle, in denen ein Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit die Vaterschaft für ein ausländisches Kind anerkennt, dessen ausländische Mutter ausreisepflichtig ist. Statistisch nicht verifizierte Beobachtungen der Ausländerbehörde in Bremen ergeben jedoch, dass in jüngerer Zeit vermehrt Vaterschaftsanerkennungen von Männern mit ausländischer Staatsangehörigkeit bei Kindern von Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit erfolgen.

Fälle einer im Lande Berlin erfolgten wahrheitswidrigen Anerkennung von Vaterschaften von Kindern ausländischer Frauen durch deutsche Staatsangehörige mit dem Ziel der Vermeidung einer bestehenden Ausreisepflicht sind dem Senat durch

zwei Rundschreiben der Senatsverwaltung für Inneres in Berlin und aus einer Presseberichterstattung bekannt. Danach hatte die Berliner Senatsverwaltung für Inneres im Oktober 2001 den Innenministerien beziehungsweise den Senatsverwaltungen für Inneres von Bund und Ländern mitgeteilt, dass im Zeitraum 2000/2001 in Berlin mindestens 50 missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen bekannt geworden seien, wobei es sich in der Regel um bosnische und herzegowinische Mütter gehandelt haben soll, die bereits mehrere Kinder hatten, die unstreitig von einem ausländischen Staatsangehörigen abstammten und lediglich für das zuletzt geborene Kind ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft geltend machte. In einem weiteren Schreiben der Berliner Senatsverwaltung für Inneres vom Februar 2002 soll die Fallzahl im Lande Berlin zwischenzeitlich weiter deutlich gestiegen sein und im Februar bei etwa 70 bis 80 Fällen gelegen haben. In einem Einzelfall wurde eine Entscheidung des Berliner Kammergerichts hinsichtlich der bestehenden Zweifel an der Vaterschaft eines der Betroffenen herbeigeführt. Nach dieser Entscheidung kommt es auf die biologische Abstammung bei Abgabe der Vaterschaftsanerkennung in keiner Weise an. Die Vaterschaftsanerkennung ist danach selbst dann nicht unwirksam, wenn deren Abgabe ganz offensichtlich zur Umgehung der ausländer- oder staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften dienen sollte. Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres folgert daraus dringenden Handlungsbedarf auf gesetzgeberischer Ebene. Erkenntnisse über entsprechende Fälle, bei denen nach einer wahrheitswidrigen Vaterschaftsanerkennung des Vaters mit deutscher Staatsangehörigkeit das ausländische Kind die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt und damit die ausländische Mutter einen Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht erhält, bestehen im Land Bremen nicht. Sollten sich in Zukunft Anhaltspunkte für eine deutliche Entwicklung in diesem Bereich der Vaterschaftsanerkennungen ergeben, müsste gegebenenfalls über eine Änderung im Bereich der familienrechtlichen Regelungen nachgedacht werden.

Zusatzfrage? – Bitte, Herr Oppermann!

Herr Senator, sollten sich in Bremen diese Erkenntnisse verdichten und die Bundesländer Hamburg und Berlin, wie es der Presse zu entnehmen war, eine Bundesratsinitiative ergreifen, um dieses Vaterschaftsrecht wieder zu verändern, würden Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen im Senat dann raten, dem beizutreten?

Bitte, Herr Senator!

Herr Abgeordneter Oppermann, mir ist nicht bekannt, dass die Länder Berlin und

Hamburg hier eine Bundesratsinitiative ergreifen wollen, aber ich habe als gegenwärtiger Vorsitzender der Innenministerkonferenz dieses Thema in die Sitzung, die wir demnächst Anfang Juni in Bremerhaven haben werden, mit dem Ziel der Beratung eingebracht, wie wir denn mit dem Fall umgehen, dass über Vaterschaftsanerkennungen die Ausreisepflicht umgangen wird, indem nach Artikel 6 des Grundgesetzes, der ja die Familie schützt, dann ein dauerhaftes Bleiberecht oder zumindest ein verfestigter Status der ausreisepflichtigen Ausländer erreicht wird.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, teilen Sie mein Bedauern darüber, dass durch diese vorsätzlichen falschen Vaterschaftsanerkennungen den Kindern auch der natürliche Unterhaltsschuldner genommen wird und im Fall, dass der Unterhalt von dem biologischen Vater nicht gezahlt werden kann, durchaus besser gestellt werden können und dass den Kindern, die so im Grunde genommen den wahren Vater verlieren, auch ein Stück ihrer Identität geraubt wird?

Bitte, Herr Senator!

Herr Abgeordneter Oppermann, ich bitte um Verständnis, dass ich hier nicht für den Senat auf diese Frage antworten kann, weil das eine familienrechtliche und eine familienpolitische Frage ist, für die ich nicht kompetent antworten kann.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die zehnte Anfrage steht unter dem Betreff „Zukunft des Bereiches ‚Deutsch als Zweitsprache’ an der Universität Bremen“. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Dr. Kuhn, Dr. Güldner, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Ich bitte den Fragesteller, die Anfrage vorzutragen!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Welche personelle Entwicklung nahm der Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ in der Lehrerausbildung an der Universität Bremen in den letzten drei Jahren, und wie ist seine personelle Zukunftsperspektive?

Zweitens: Welche strukturellen Veränderungen durch die Lehrerprüfungsordnung und die Immatrikulationsordnung fanden in den letzten drei Jahren statt, und wie wirkten sich diese auf die Arbeitsfähigkeit des Bereiches aus?

Drittens: Sieht der Senat angesichts des im Integrationskonzept des Senats, im Zuwanderungsge

setz des Bundes und nicht zuletzt in der Pisa-Studie festgestellten Handlungsbedarfs die Notwendigkeit eines Ausbaus dieses Bereiches der Lehrerausbildung?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Staatsrat Köttgen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt: Zu Frage eins: Der Bereich Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache war im Jahr 1999 mit einem Professor und einer Professorin sowie einer Lehrkraft für besondere Aufgaben ausgestattet. Durch vorzeitigen Eintritt der Professorin in den Ruhestand ist eine Stelle im November 2001 frei geworden. Sie wurde inzwischen als Juniorprofessur ausgeschrieben und wird voraussichtlich bis zum Ende dieses Jahres besetzt sein.

(Vizepräsident D r. K u h n übernimmt den Vorsitz.)

Außerdem ist vorgesehen, eine in Kürze zu besetzende Vertretungsprofessur ebenfalls in diesem Bereich einzusetzen. Zu Frage zwei: Bis zur Neufassung der Immatrikulationsordnung der Universität im Juli 2000 und der Neufassung der Lehrerprüfungsordnung im Dezember 1999 bestand folgende widersprüchliche Situation: In der Immatrikulationsordnung von 1986 war als ein Lehramtsfach neben dem Fach Deutsch mit dem Schwerpunkt Deutsch als Fremdsprache aufgeführt. Demgemäss wurden Studierende auch für dieses Fach zugelassen. In der damals geltenden Lehrerprüfungsordnung konnte Deutsch als Fremdsprache jedoch nicht gesondert, sondern nur als Schwerpunkt im Rahmen des Lehramtsfaches Deutsch studiert werden. Im Zuge der Neufassungen beider Ordnungen ist dieser Widerspruch ausgeräumt worden. Einen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit dieses Bereiches hat die Änderung nicht gehabt, denn Deutsch als Fremdsprache war und ist eine Vertiefungsrichtung im Wahlpflichtbereich des Lehramtsfaches Deutsch und steht weiterhin allen Studierenden offen. Geändert hat sich seit dem Wintersemester 2000/ 2001 lediglich das Einschreibverfahren. Zu Frage drei: Angesichts der zunehmenden Zahl von Schülerinnen und Schülern, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen, und der daraus resultierenden Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer, Deutschunterricht für Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Herkunftsländer zu gestalten, ist eine Weiterentwicklung des Bereichs Deutsch als Zweitsprache aus der Sicht des Senats erforderlich.

Dem muss durch eine Revision und Fortschreibung des derzeitigen Curriculums in der Lehrerausbildung

an der Universität Bremen Rechnung getragen werden. Der Senator für Bildung und Wissenschaft prüft derzeit die sich aus den Erkenntnissen der Pisa-Studie sowie in Auswertung der bisherigen Ausbildungspraxis ergebenden Änderungsbedarfe. Ob eine Kapazitätserweiterung erforderlich sein wird, kann gegenwärtig noch nicht abschließend beurteilt werden. In jedem Fall wird jede neu zu besetzende Professur bundesdurchschnittlich ausgestattet werden, so dass künftig – anders, als es bisher möglich war – eine angemessene Mittelbauausstattung vorhanden sein wird.

Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte, Herr Dr. Güldner!

Herr Staatsrat, Sie haben in dem letzten Teil Ihrer Beantwortung ja die Bedeutung des Bereiches hervorgehoben gerade angesichts der Tatsache, dass, Sie haben es ja erwähnt, die Frage des Deutschlernens von ausländischen Kindern in der Zukunft eine solch große Bedeutung haben wird. Sie haben das am Anfang so ein bisschen verklausuliert, dass dort ab dem Jahr 2000 über 50 Prozent der real existierenden Lehrkräfte weggefallen sind, weil Stellen nicht besetzt waren oder vorübergehend an anderer Stelle eingesetzt worden sind. Wie passt das zusammen, einerseits diese Reduktion, andererseits Ihre Aussage, dass die Bedeutung so groß ist, dass es hier einen Schwerpunkt geben muss?

Bitte, Herr Staatsrat!

Im Jahr 2001 ist im November eine Stelle einer Professorin durch vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand frei geworden. Diese Stelle ist sofort als Juniorprofessur wieder ausgeschrieben worden und wird in diesem Jahr wieder besetzt werden. Das ist das durchaus übliche Verfahren in Universitäten. Schneller geht das in der Regel nicht, insbesondere dann, wenn Hochschullehrer vorzeitig in den Ruhestand gehen.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Können Sie uns hier auch zusagen, dass diese Stelle, die Sie gerade ansprachen, und auch zukünftig frei werdende Stellen, da stehen einige auch in nächster Zukunft an, die durch Ausscheiden des Stelleninhabers frei werden, nicht in anderen Bereichen eingesetzt werden, sondern dass die Kapazitäten in diesem Bereich verbleiben werden?

Bitte, Herr Staatsrat!

Wir haben festgestellt, dass das ein sehr wichtiger Bereich ist. Wir werden in den

jährlichen Verhandlungen mit der Universität über die Freigaben der Stellen die Bedeutung gerade dieses Faches angemessen berücksichtigen.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Dann möchte ich die gleiche Frage noch einmal stellen und um eine Antwort bitten: Werden die Stellenkapazitäten in diesem Bereich erhalten bleiben, die Sie genannt haben?

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich gehe davon aus, dass es in diesem Bereich keinen Kapazitätsabbau gibt.