Ja, mehr als Baden-Württemberg! Also, die rund 300 Multimedia- und Onlinefirmen, die es in Bremen gibt, so sagt eine ganz neue Studie, die hier in Bremen erstellt worden ist, sind gut gerüstet und bringen das notwendige Know-how mit, das sich durchaus mit anderen Regionen und größeren Medienakteuren vergleichen lassen kann. Das sagt die Untersuchung von Lothar Dorn, der am Institut für Arbeit und Wirtschaft hier in Bremen arbeitet. Dort wurden Unternehmen befragt. Die Studie sagt auch aus, dass die Nachfrage nach Fachkräften hier in Bremen ungebrochen ist und die nachgefragten Dienstleistungen der kleinen und mittleren Unternehmen in der Region komplexer werden. Die Nachfrage steigt also. Die Unternehmen lassen sich nicht nur Internetvisitenkarten machen, sondern der Bedarf nach komplexen E-Business- und E-Commerce-Lösungen steigt und muss auch weiter steigen, daran muss Bremen zweifelsohne noch arbeiten. Sicher, es wird keinen Gründungsboom mehr geben, und wir werden auch nicht mehr die Arbeitsplätze erleben, die zackzack entstehen, aber die Medienwirtschaft gehört meines Erachtens und nach Meinung der Grünen zu den im Augenblick wirtschaftlich interessantesten Bereichen, die die Bundesrepublik zu bieten hat. Wir Grünen sind davon überzeugt, dass es sich lohnt, das Bremer Faulenquartier, die Stadt am Fluss, konsequent weiter aufzuwerten und mit Firmen aus der wachsenden Medienbranche zu beleben. Wir sind davon überzeugt, dass sich um den Sender Radio Bremen andere Unternehmen ansiedeln werden und dass Synergieeffekte entstehen werden. Wie könnte das funktionieren? Wir stellen uns vor, dass sich das Faulenquartier durchaus entwickeln
kann, um eine Mischung von Arbeit, Ausbildung, Weiterbildung, Qualifizierung, Wohnen, Gastronomie und Tourismus zu beherbergen. Selbstverständlich muss dafür von der Stadtentwicklung ein Quartiersentwicklungskonzept angegangen und vorgelegt werden. Aber wie ich gehört habe, existiert dafür auch schon eine Vorlage. Das Quartier muss städtebaulich neu durchdacht, aufgewertet und umstrukturiert werden. Ältere schützenswerte Gebäude könnten Zuschüsse für Fassadensanierung erhalten, das Parkhaus Diepenau muss abgerissen werden. Das ist ohnehin nur zu 50 Prozent ausgelastet, und wenn Sie sich das einmal selbst anschauen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das verschenkter Platz in Bremen. Da könnte ein klasse Gebäude für Radio Bremen stehen mit einem gläsernen Studio zum Wasser hin, Radio Bremen könnte sich dort an der besten Adresse in der ersten Reihe neu aufstellen.
Radio Bremen ist bereit, selbst Geld in die Hand zu nehmen. 80 Millionen Euro will der Sender für ein neues Gebäude ausgeben, den Umzug würde Radio Bremen selbstverständlich selbst bezahlen, und in diesen 80 Millionen Euro, die der Sender dann investiert, steckt auch eine gesamte neue Technik, auch auf eigenem Grundstück mit einer Ausschreibung in einem schönen Gebäude in gutem Design. Vielleicht kommen wir darauf ja noch einmal zurück.
Gesetzt den Fall begrenzter inhaltlicher Kooperation, das ist ja der Knackpunkt an der ganzen Sache, Radio Bremen sagt, wir müssen auch outsourcen, dazu äußert sich die Medienwirtschaft in Bremen kritisch. Ich gehe jetzt einmal diesem Fall nach. Es gibt nur begrenzte Kooperation. Radio Bremen versucht, seine Arbeitsplätze zu halten, und die Medienwirtschaft auf der anderen Seite versucht ihrerseits auch, Arbeitsplätze und Aufträge abzusichern. Ich denke, es gibt aber durchaus die Chance, gemeinsam Infrastruktur zu nutzen. Es könnte gemeinsame Studios geben. Das Faulenquartier könnte technisch so gut verkabelt werden, dass man in einem Gründerzentrum im Bamberger-Kaufhaus beispielsweise jedem Gründer einen schnellen Internetzugang mit 155 Megabit liefern könnte. Das haben andere Medienstandorte auch gemacht, das hat man in Köln getan, und zwar mit gutem Erfolg.
Ich schlage auch vor, im Faulenquartier dann ein Locationbüro einzurichten. Was ist das? Das ist eine Anlaufstelle für Filmproduzenten, wohin Filmemacher gehen können, wenn sie einen Krimi oder Liebesfilm in Bremen drehen wollen, wo gesagt wird, wir brauchen eine Tiefgarage, eine Schifffahrt, ein Hotel, Übernachtung und technisches Equipment. Dort erhält man alles aus einer Hand. Alle anderen Bundesländer haben das, nur Bremen nicht. Wir finden und wissen, dass das eine lohnenswerte Sache
ist, denn gerade das Geld, das für Filmproduktionen ausgegeben wird, wird oft an dem Ort ausgegeben, an dem dann solche Filme gedreht werden. Davon kann Bremen nur profitieren.
Ich habe eben kurz ein Gründerzentrum im Bamberger-Kaufhaus umrissen. Das halten wir für eine ganz gute Idee. Ich denke, man müsste dann auch einen Manager oder eine Managerin für dieses Quartier engagieren, die nach möglichen Interessenten auf die Suche geht, die sich dort ansiedeln, die praktisch den runden Tisch Faulenquartier moderiert und die Entwicklung in diesem Quartier vorantreibt. Wir könnten uns ferner auch eine Kooperation von Radio Bremen mit dem Focke-Museum vorstellen, dass es ein Kino gibt, das für private Veranstaltungen vermietet werden kann, wo man sich aus dem Archiv von Radio Bremen Filme für Feiern und persönliche Veranstaltungen leihen kann. Man könnte ein Beat-Club-Museum machen, das wäre eine Sache.
Man könnte ein Studio einrichten, das man für private Musikaufnahmen mieten könnte. Also, Sie sehen, meine Damen und Herren, ich habe viele kreative Ideen, und meine Kollegen haben noch viel mehr kreative Ideen für dieses Faulenquartier. Wir glauben, das Ganze könnte Erfolg haben. Ich setze da auch ganz auf Herrn Bettermann, unseren ehemaligen Staatsrat de luxe, der jetzt ja Intendant der Deutschen Welle ist. Herr Bettermann hat Kontakt zu Herrn Glässgen aufgenommen und laut gesagt, das war auch eine Meldung bei „Buten un binnen“, er könne sich einen Ausbildungsgang in Bremen vorstellen.
Ich komme zum Ende! Herr Bettermann kann sich vorstellen, nach Bremen zu kommen, einen Ausbildungsgang für ausländische Studenten im Faulenquartier zu installieren, angesichts der Qualifizierungsbedarfe, die Bremen in dieser Branche auch unweigerlich hat. Voran mit dem Faulenquartier! Herr Hattig, ich setze ganz auf Sie! Taten statt warten! Herr Sieling ist jetzt nicht da. Ich freue mich jetzt auf Ihren Debattenbeitrag. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Stahmann, toll! Haben Sie eigentlich schon einmal zu Hause das Modell mit Ihrer Tochter gebastelt? Das kommt mir ja so vor. Das sollten Sie vielleicht einmal mitbringen unter dem Motto: I have a dream! Wenn das alles so einfach wäre!
Bevor ich auf den Antrag der Grünen speziell eingehe, möchte ich ein paar grundsätzliche Ausführungen zu diesem Thema machen. Wir hatten ja in den letzten Wochen eine reichhaltige Diskussion und Berichterstattung zum Thema Medienstandort Bremen und zum Medienzentrum oder Medienkompetenzzentrum im Speziellen. Es wurde hier der Eindruck vermittelt, wir bauen ein Medienzentrum mit Radio Bremen als Anker, nehmen also ein paar Millionen in die Hand, und alles wird gut. Wenn wir das alles dann auch noch im Faulenquartier machen, wird es noch viel besser, und wir haben blühende Landschaften.
Jetzt möchte ich das Märchenbuch aber wieder zuschlagen, denn so einfach, wie Sie sich das vorstellen, ist es leider nicht. Wenn diese Mechanismen so einfach wären, hätten wir, glaube ich, in dieser Stadt nicht so viele Probleme.
Das ist doch ein schöner Begriff, blühende Landschaften! Es ist aber auch ein Beweis, dass es auch bei blühenden Landschaften immer noch Probleme gibt.
Klar ist, Radio Bremen muss umstrukturieren. Dies ist die Sache von Radio Bremen und kann nicht mit Steuermitteln finanziert werden. Es sind sich auch alle darüber einig, dass ein Umzug nicht aus Steuermitteln bezahlt wird. Wir stehen nach wie vor hinter den Bemühungen unseres Senders, den veränderten Bedingungen im ARD-Finanzausgleich gerecht zu werden. Wie sagte doch der Intendant Dr. Glässgen, mit Erlaubnis des Präsidenten möchte ich zitieren: „Wir machen unser Ding.“
Um auch gleich einmal klarzustellen, dass der Vorwurf eines Aussitzens nicht richtig ist, möchte ich feststellen, dass eine Planung, wie auch immer, ohne Radio Bremen bisher eigentlich nicht so einfach war, denn Radio Bremen hat jetzt erst vor kurzem offiziell den Beschluss gefasst, sich auf einen Standort festzulegen mit zirka 16 500 Quadratmetern. Die Frage der Verkaufserlöse bei einem neuen Standort, wie ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
viel man für die alten Grundstücke und Immobilien bekommt, muss noch abschließend geklärt werden, dann kann Radio Bremen erst den restlichen Finanzbedarf darstellen.
Ein Medienzentrum mit Radio Bremen als Anker ist vom Grundsatz her keine schlechte Idee, und die CDU-Fraktion ist diesem Vorschlag auch nicht abgeneigt, obwohl Sie das ja immer so darstellen wollen, dass das der Fall wäre, wenn es dann auch mit Zahlen untermauert ist, und hier ist nämlich der Knackpunkt an der Sache! Wir können doch nicht alle Hurra schreien, und dann wird das ein Selbstläufer. Es gibt auch noch viele Fragen zu beantworten.
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Warum haben Sie das Gutachten so lange blockiert?)
Jetzt zum Medienzentrum! Gibt es Firmen, die sich in so einem Zentrum einmieten wollen? Sind das neue Firmen?
Ich meinte jetzt die, die wir noch nicht in Bremen haben! Ich glaube, ein internes Umziehen im großen Stil – ein oder zwei Fälle ist nicht die Frage – macht, glaube ich, für die Stadt als Medienstandort wenig Sinn. Wie entwickelt sich der Wettbewerb? Bei dem Hearing des Multimediavereins letzte Woche wurden auch Stimmen laut, dass es der Branche im Moment nicht so gut geht und hier ein zusätzlicher Druck, der dann noch staatlich unterstützt ist, entstehen könnte. Hamburg mit seinen Pleiten, obwohl es noch eine ganz andere Marktstellung hat, sollte uns zu denken geben, jede Entscheidung einmal mehr zu überprüfen.
Dann weiter: Wie soll das Modell der Kooperation eigentlich aussehen? Hier muss auch Radio Bremen noch ein paar Fragen beantworten und Konzepte vorlegen, wie Kooperationen gestaltet werden sollen, denn auf ein Wort, wir machen das schon, wird sich keine Firma einlassen. Wir wissen alle genau, eine private Produktionsgesellschaft arbeitet etwas anders als eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt. Hier fällt mir spontan noch die Frage ein: Warum wurde dies eigentlich nicht schon früher gemacht, um zusätzliche Einnahmequellen zu öffnen und Kosten zu sparen?
Dann weiter: Warum gibt es eigentlich kein Investorenmodell? Wenn dies ein solcher Selbstläufer mit sicheren Mieteinnahmen ist, müssten doch eigentlich die Investoren Schlange stehen! Der größte Brocken – das wissen wir auch – ist ja eigentlich immer der Ankermieter. Der wäre ja da, aber er allein reicht eben nicht aus. Fragen über Fragen, aber kei
Somit glaube ich, dass der Beschluss des Wirtschaftssenators, ein Gutachten über die Machbarkeit und Möglichkeiten eines Medienzentrums einzuholen, die einzige Konsequenz sein kann. Somit können die wirtschaftlichen und strukturpolitischen Entwicklungsmöglichkeiten eines Medienzentrums geprüft werden. Diese Untersuchung wird mit Radio Bremen abgestimmt, um nachher gegebenenfalls alles aus einem Guss zu haben. Es hat keinen Wert, auf Zuruf einiger Betroffener oder aus normalen Gesprächen bei Meetings oder Hearings solche Investitionen durchzuführen. Wir brauchen Marktanalysen, inhaltliche Konzepte und dann auch Standort- und Finanzierungsmöglichkeiten. Nur so kann der Weg sein.
Das ist der Stichpunkt zu Ihrem Antrag „Medienpolitische Entscheidung für Radio Bremen und die Medienwirtschaft treffen – für ein Medienzentrum Faulenquartier“. Ich bin schon sehr überrascht, sehr geehrte Frau Stahmann, ich stelle mir das gerade vor, Sie als Presslufthammer-Anja durch das Faulenquartier, wie Sie das Parkhaus hier einfach abreißen!
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Und Sie als Bedenkenträger! Das ist doch die Rollenverteilung!)
Aber andersherum, Sie haben Visionen, das ist gut, und wenn man die umsetzen kann, warum nicht? Grundsätzlich ist dagegen ja nichts einzuwenden, und wenn man dafür eintritt, ist das in Ordnung. Man muss natürlich die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten leider auch in Betracht ziehen, aber dafür ist ja die CDU-Fraktion da!
Danke für die Zustimmung! Wir werden uns bemühen, solche Visionen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, denn so, wie Sie sich das vorstellen, geht es nun beim besten Willen nicht. Man kann sich doch nicht schon festlegen, wo, wie und dann erst, wie sich das Ganze finanzieren soll und welche Entwicklungsmöglichkeiten sich daraus ergeben. Deshalb sind Sie ja in der Opposition und wir in der Regierung.
Wir dürfen uns auch nicht nervös machen lassen unter dem Motto: Die Zeit drängt, wir müssen jetzt gleich hier und heute entscheiden! Solche Entscheidungen werden meistens teuer. Natürlich haben wir nicht alle Zeit der Welt, aber auch über die Finan
zierung einer Umstrukturierung von Radio Bremen werden frühestens im September bei der ARD Entscheidungen fallen. Diese Zeit sollten wir nutzen, unsere Fragen zu beantworten. Zuerst muss aber geklärt werden: Macht solch ein Medienzentrum in unserer ganz speziellen Situation in Bremen Sinn? Es muss ein Mehr herauskommen, auch ein wirtschaftliches und ein arbeitspolitisches. Wir können keinen Blankoscheck ausstellen oder wie Sie über 50 Millionen Euro und dann sagen, wir machen das einmal, sondern wir müssen uns fragen, gibt es Bedarfe und Möglichkeiten, und wie könnte man gegebenenfalls dann Anlaufhilfen der Stadt und des Landes aus strukturpolitischen Gründen geben.
Wenn wir wissen, was wir wollen – denn das ist meistens das größere Problem, denn erreichen wollen wir viel, aber leider sind unsere Ressourcen begrenzt –, dann können wir auch sagen wo, und zwar mehrere Angebote, wo dies dann stattfinden kann. Diese Grundstücke gehören nicht der Stadt, sie müssen gekauft oder gepachtet werden, auch hier muss eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht werden.
Ja, man lernt ja nie aus! Sie wissen aus eigenen Erfahrungen, dass die Preise immer schnell steigen, wenn die Stadt etwas machen will. Es ist natürlich richtig, dass im Faulenquartier etwas passieren muss, doch ich sehe nicht so recht, ob nun gerade Radio Bremen Quotenbringer sein wird, aber ich lasse mich gern belehren und bin immer für einen guten Vorschlag aufgeschlossen.
Alles in allem: Die Vision ist nicht schlecht, nur an der in Ihrem Antrag vorgebrachten Vorgehensweise hapert es noch. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab, denn aus Ihrer Initialzündung, wie Sie ja schreiben, soll nachher kein Rohrkrepierer werden. Das wäre sehr tragisch für Radio Bremen und für unseren Medienstandort. – Danke schön!