Protocol of the Session on February 20, 2002

Das stärkt nicht gerade das Selbstbewusstsein der Kinder. Ich denke, Frau Hövelmann, das Problem wird sich noch vergrößern, je mehr Ganztagsangebote wir machen, die Kinder noch länger in der Schule sind und die Familie noch weniger Kontakt hat.

(Beifall bei der CDU)

Ein weiterer Punkt scheint ein Problem zu sein. Ich wurde darauf aufmerksam, als unser Austauschschüler Philippe, ein 14-jähriger Brasilianer, seine Zeit an einer Bremer Schule kommentierte: Es gibt ja über den Unterricht hinaus gar keinen Kontakt zu den Lehrern. „Das ist bei uns anders“, sagt er, „an unserer Schule sind Eltern, Schüler und Lehrer fast Freunde; man sieht sich auch privat, beim Sport und bei Festen.“

Dann soll es bei uns Schulen geben, da geben die Lehrer den Schülern nicht einmal ihre Telefonnummern bekannt und sind kaum zu erreichen. Es soll auch vorkommen, dass Eltern versuchen, einen Lehrer über die Schule zu erreichen und um Rückruf bitten, und dieser Rückruf findet nicht statt.

Ein weiterer Punkt in der Antwort des Senats sind die Kooperationen zwischen Schule und Polizei. Wir begrüßen dies außerordentlich und ausdrücklich, weil dadurch in den Regionen Netzwerke entstehen, in denen allen Beteiligten Informationen aus ganz unterschiedlichen Bereichen zugänglich sind. Die gemeinsam bearbeiteten Themen sind Verkehrserziehung, Schulvermeidung, Gewalt an Schulen, Drogen und auch sexueller Missbrauch. Wir erwarten, dass diese Kooperationen zügig vorangetrieben und in allen Regionen installiert werden.

Im Zusammenhang mit der Elternarbeit in den Kindergärten sollte vielleicht noch einmal über den Vorschlag von Frau Striezel nachgedacht werden, die Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen und ihnen Mut zu machen, sich einzugestehen, dass sie manchmal überfordert sind und Hilfe brauchen. Die Ausgabe von Erziehungs- oder Bildungsgutscheinen und das Angebot von kontinuierlichen Informationsveranstaltungen könnten den Eltern deutlich machen, dass sie mit ihren Fragen nicht allein sind und auch andere Eltern Fragen haben.

Meine Damen und Herren, ich kann mir vorstellen, dass wir zuerst den Geist in den Schulen verändern, uns intensiv um Kinder, Lehrer und Familien kümmern müssen, um danach wieder bessere Ergebnisse in den Schulen zu erzielen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Kauertz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Selbstbewusste Kinder fühlen sich sicherer“, so lautet der Titel unserer Großen Anfrage. Er könnte auch heißen: Selbstbewusste Kinder leben sicherer, denn es ist bekannt, dass ängstliche und unsichere Kinder besonders gefährdet sind und bevorzugt Opfer von Gewalt und Verbrechen werden. Das allein ist Grund genug, alles zu tun, um Kinder zu stärken und zu selbstbewussten Persönlichkeiten zu erziehen.

Die Ereignisse des letzten Jahres, die für uns insbesondere mit den Namen Dennis und Adelina verbunden sind, haben nicht nur bei den Eltern Ängste und Verunsicherungen ausgelöst. Die Nachrichten jener Tage wurden auch von vielen Kindern wahrgenommen und haben bei ihnen Angstgefühle geweckt. Das ist nicht gut, das fördert nicht das Selbstbewusstsein der Kinder, und deshalb dürfen Kinder mit derartigen Wahrnehmungen auch nicht allein gelassen werden. Diese Eindrücke müssen im Elternhaus, in den Kindertageseinrichtungen und natürlich auch in der Schule durch gemeinsame Gespräche aufgearbeitet werden. Wir müssen uns fragen, ob unsere Kinder das notwendige Rüstzeug bekommen, um möglichst sicher in einer Welt und in einer Gemeinschaft zu leben, die hundertprozentigen Schutz vor Verbrechen nicht gewährleisten kann.

Viele Eltern in Kattenturm haben nach dem Verbrechen an Adelina ihre Kinder nur noch in Begleitung zur Schule geschickt und sie ansonsten nach Möglichkeit im sicheren Zuhause unter ihrer Aufsicht gehalten, aber man merkt dann doch sehr schnell, dass das nicht die Lösung des Problems sein kann. Man kann Kinder nicht wegschließen, um Gefahren von ihnen abzuwenden.

In diesem Zusammenhang muss auch noch einmal deutlich gemacht werden, dass die Täter, wenn es um Missbrauch und Gewalt geht, häufig im vertrauten Umfeld, im Bereich von Familie und im Familienumfeld zu finden sind. Deshalb ist es zwangsläufig notwendig, die Kinder selbst stärker zu machen. Sie brauchen ein gesundes Selbstbewusstsein, sie müssen befähigt werden, nein zu sagen zu falschen Freunden, Bekannten oder anderen erwachsenen Bezugspersonen. Sie brauchen Anleitung, wie sie sich in ihrem Alltag im Schul- und Wohnumfeld möglichst sicher bewegen können. Sie müssen Gefahrensituationen erkennen lernen und in die Lage versetzt werden, sich selbst oder anderen zu helfen oder Hilfe zu organisieren, miteinander füreinander durch die Gemeinschaft mit anderen sicherer und stärker zu werden.

Diese Große Anfrage soll nicht dazu dienen, Panikstimmung anzuheizen. Dazu besteht, trotz der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Vorkommnisse, die uns alle sehr betroffen machen, kein Grund. Wir haben aber die Pflicht, durch geeignete Maßnahmen dazu beizutragen, dass unsere Kinder das höchste Maß an Sicherheit und vor allem auch ein gutes Maß an subjektiver Sicherheit erfahren. Um diese Sicherheit zu verbessern, müssen präventive Maßnahmen schon in den Kindertageseinrichtungen ergriffen werden.

(Beifall bei der SPD)

Es stimmt, was der Antwort des Senats hier zu entnehmen ist, dass man sich in den Kindertagesheimen nicht erst im Zusammenhang mit den aktuellen Fällen dieser Aufgabe stellt. Gewalt gegen Kinder, Kinder stark zu machen, mehr Respekt für Kinder, das sind einige Themen, die hier aufgegriffen wurden und die auch immer wieder Themen von Elternabenden und Informationsveranstaltungen sind.

Darüber hinaus wird verstärkt die Kooperation mit Beratungsstellen und dem Kinderschutzbund gesucht, um Rat und Hilfe für Kinder und Eltern zu ermöglichen. Die SPD-Fraktion begrüßt das hohe Engagement im Bereich der Kindertageseinrichtungen, weil hier zu einem besonders frühen Zeitpunkt wesentlich zur Entwicklung des Selbstbewusstseins der Kinder beigetragen wird und durch enge Kooperation mit den Eltern wertvolle Erziehungshilfe gegeben werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Das muss sich später natürlich entsprechend fortsetzen und verstärken. Eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe liegt somit danach bei den Schulen. Wenn man sich das Alter der Kinder in Erinnerung ruft, die hier Opfer wurden – neun, zehn, elf Jahre –, dann wird deutlich, warum die Schule hier ganz besonders gefordert ist. In der Schule sollten die Kinder noch mehr als vorher ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln, um sich zu selbstbewussten Persönlichkeiten entwickeln zu können. Schule muss den Erfahrungsraum altersangemessen erweitern und dazu befähigen, Gefahrensituationen zu erkennen, genau zu beobachten oder auch nein zu sagen.

Die Antwort des Senats hinsichtlich dessen, was Schule diesbezüglich leistet, ist sehr umfassend und macht deutlich, dass die Schule schon im Rahmen des regulären Sachunterrichts beziehungsweise über das Fach Welt/Umwelt eine Erkundung des Umfeldes und eben das Erkennen von Gefahren auch im sozialen Umfeld neben dem schon selbstverständlichen Verkehrsunterricht bietet. Rollenspiele tragen dazu bei, dass das Vermittelte besser nachempfunden und nachhaltig vertieft werden kann. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Präventions- und Streitschlichterprogrammen an Primar- und Orientierungsstufen und darüber hinaus bis in den Sek-I-Bereich.

Ich habe übrigens, entgegen der Wahrnehmung von Frau Jamnig-Stellmach, schon den Eindruck, dass nicht jede Schule allein für sich die richtigen Programme sucht, sondern dass es da durchaus Gespräche miteinander gibt und nicht jeder das Rad neu erfindet, sondern dass man die Angebote, die sich woanders bewährt haben, auch übernimmt und von diesen Erfahrungen dann auch Gebrauch macht. Die Auflistung der Programme im Einzelnen zeigt uns, dass Schule die Notwendigkeit dieser Maßnahmen erkannt und offenbar schon gut umgesetzt hat. Meine Fraktion erwartet, dass die Schule sich dieser Aufgabe im Rahmen ihrer Verantwortung für die Schülerinnen und Schüler stellt.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion möchte aber trotzdem den Lehrkräften, die sich hier in hohem Maße auch über den Unterricht hinaus engagieren, an dieser Stelle ausdrücklich danken!

(Beifall bei der SPD)

Diese Angebote, die überwiegend in Kooperation mit Beratungsstellen, Institutionen des Stadtteils, Vereinen, der Polizei und unter Einbeziehung der Eltern zustande kommen, erfordern nicht wenig Einsatz und Zeit. Die Schule informiert außerdem über die verschiedenen Freizeitmöglichkeiten für die Kinder im Stadtteil und stellt die verschiedenen Kooperationspartner vor. Gerade die SPD-Fraktion ist außerordentlich erfreut über die Entwicklung, dass Schule immer mehr zum Lebensraum für Kinder über den Unterricht hinaus wird. Über den Unterricht hinaus bieten immer mehr Schulen am Nachmittag Betreuungs-, Förderund Freizeitangebote an, die sie gemeinsam mit den Kooperationspartnern umsetzen. Die SPD-Fraktion hat diese Entwicklung vorangetrieben und unterstützt das Bemühen der Schulen. Deutlich wird dies durch die Entwicklung im Sek-I-Bereich, wo wir die Weichen gestellt haben, um die Öffnungszeit der Schule durchgängig bis 16 Uhr möglich zu machen. Von Ganztagsschule zu sprechen wäre inhaltlich noch nicht korrekt, aber wir sind auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der SPD)

Schule ist der geeignete Raum, um mit Unterstützung weiterer Partner durch präventive Maßnahmen dazu beizutragen, dass unsere Kinder ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln. Schule ist der Raum, in dem Kinder lernen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Die entsprechenden Angebote der Schule müssen aber auch allen Schülerinnen und Schülern zugänglich sein. Insofern habe ich zum Schluss meiner Ausführungen schon noch eine kleine Kritik anzubringen:

Wenn ich in der Antwort des Senats den Hinweis finde, dass an sechs Schulen vielleicht als jeweils einziges präventives Angebot Selbstbehauptungskurse angeboten werden, die kostenpflichtig sind, dann befremdet mich das. Wenn es sich hierbei um ein Angebot handelt, das so gut ist, dass man es einkaufen muss oder sollte, dann muss es aber auch auf jeden Fall für alle Schülerinnen und Schüler zugänglich sein.

(Beifall bei der SPD)

So, wie die SPD-Fraktion der Meinung ist, dass Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf, so sind wir erst recht der Meinung, dass die Sicherheit unserer Kinder, zu der gute präventive Maßnahmen einen wesentlichen Beitrag leisten, ebenso keine Frage des Geldbeutels oder der sozialen Herkunft sein darf. Insofern wäre hier eine Prüfung angebracht.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt bin ich mit dem Ergebnis unserer Anfrage nicht zuletzt deshalb zufrieden, weil auch in den verschiedenen Schullandheimen einiges unternommen wurde, um den Aufenthalt der Schülerinnen und Schüler dort noch sicherer zu machen. Wie eingangs schon gesagt, hundertprozentigen Schutz kann niemand garantieren. Aber wenn gemeinsam daran gearbeitet wird, dass aus unseren Kindern starke und selbstbewusste Menschen werden, dann ist dies ein bedeutender Beitrag, um aus diesen Kindern keine Opfer zu machen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

(Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein!)

Nach den Aufzeichnungen der Schriftführerin haben Sie sich jetzt gerade gemeldet. Das Wort hat der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bedanke mich ausdrücklich bei meinen Kolleginnen Frau Jamnig-Stellmach und Frau Kauertz für ihre ausführlichen, eindringlichen und auch vielfältigen Überlegungen zum Thema selbstbewusste Kinder, weil ich denke, dass sie in der Sache Recht haben. Ich würde es sehr schätzen, wenn es in dieser Stadt in vielen pädagogischen Gremien, bei Elternabenden, Fachtagungen und Workshops eingehend und ernst––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

haft behandelt würde und daraus ein Teil der Konsequenzen, die Sie vorgeschlagen haben, aber vielleicht auch noch viele andere Konsequenzen in den Bildungseinrichtungen, aber auch in der Bildungsarbeit mit Eltern, gezogen würden. Wir hier als Bürgerschaft, ich glaube, das müssen wir uns aber auch eingestehen und klar sagen, haben in diesem Zusammenhang nur sehr beschränkte Möglichkeiten, nämlich die, die die Politik hat. Da möchte ich eigentlich nur auf drei Punkte und einen Ausgangspunkt verweisen. Warum haben wir nur beschränkte Möglichkeiten? Beschränkte Möglichkeiten haben wir, weil die Erziehung der Kinder in unserer Gesellschaft, bei unserer Schulorganisation, bei unserer jetzigen Organisation der Kindergärten zuallererst immer noch Angelegenheit der Elternhäuser ist. Was in den Elternhäusern oder bei den Erziehungsberechtigten passiert oder nicht, ist sehr viel entscheidender für die Entwicklung des Selbstbewusstseins der Kinder als das, was Kindergarten und Schule dann reparieren oder verstärken können. Ich finde, das ist das Hauptproblem.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, da kann ich es uns nicht ersparen, darauf hinzuweisen, was in vielen Elternhäusern passiert und wo die Arbeit ansetzen muss. Eine Umfrage in hannoverschen Schulen unter Neuntklässlern, wobei alle Schularten erfasst worden sind und es sich nicht auf Hauptschüler beschränkt, hat ergeben, dass über 60 Prozent der Kinder in der neunten Klasse davon berichten, selbst zu Hause noch geschlagen zu werden oder dass in ihrem Elternhaus Gewalt zwischen den Eltern oder Lebenspartnern nicht unüblich ist. Über 40 Prozent dieser Kinder haben gesagt, dass sie regelmäßig noch von ihren Eltern auf die eine oder andere Weise körperlich gewalttätig behandelt werden, und sieben Prozent der Kinder haben angegeben, dass sie tatsächlich häufiger von den Eltern misshandelt werden. Bei all diesen Untersuchungen sind die Kinder im geschützten Raum und nicht irgendwelchen Pressionen ausgesetzt gewesen. Nun muss man diese Zahlen vielleicht immer mit einem Körnchen Salz betrachten, aber im Kern sind sie sicherlich durch andere Untersuchungen bestätigt und richtig. Das Problem ist, dass es in Elternhäusern, in denen schon solche Zustände herrschen, für Kinder schwer ist, Selbstbewusstsein und Selbständigkeit zu entwickeln.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deshalb, sage ich, haben Kindergarten und Schule eine Aufgabe, aber nur eine Aufgabe, die häufig bei schon selbstbewussten Kindern zur Bestärkung dient und bei den anderen Kindern nur das beseitigen muss und kann, was zu Hause passiert ist.

Meine Damen und Herren, was kann die Politik da tun? Ich sage, wir haben eigentlich drei Möglichkeiten, bei denen wir Einfluss haben. Diese schlichten materiellen Vorgaben wie Zäune um Schullandheime und andere Einrichtungen lasse ich jetzt einmal beiseite. Die erste Möglichkeit ist, sehr früh im Kindergarten und in der Schule so genannte – ich mag diesen Begriff nicht – Erziehungspartnerschaften direkt zwischen Elternhäusern und Schule beziehungsweise Kindergarten zu organisieren. Das erfordert ein hohes Engagement der Personen, die da arbeiten, und eine hohe Kompetenz. Ich komme darauf gleich zurück. Das Zweite ist, und das ist genauso wichtig, in diesen Einrichtungen, in den Kindergärten, aber insbesondere in den Schulen, überhaupt ein Klima zu haben, das Selbstbewusstsein erlaubt. Ich mische mich hier nicht in den pädagogischen Streit ein, ob das nun besser durch mehr Leistungsbereitschaft oder wie auch immer geht, das sollen die Fachleute machen. Das Klima insgesamt muss aber so sein, dass die Kinder Selbstbewusstsein entwickeln können. Das hat natürlich etwas mit Unterrichtsstilen, Methoden und der gesamten Organisation des Schullebens zu tun. Darauf haben wir in der Tat als Politiker Einfluss, das zu gestalten. Als Drittes haben wir Einfluss, dafür zu sorgen, dass die Personen, die da arbeiten, die der Staat im Regelfall einstellt oder bei freien Trägern bezuschusst, kompetent und dafür ausgebildet sind, erstens richtig zu diagnostizieren, was bei den Kindern vorliegt, und zweitens in der Lage sind, die Eltern aufzusuchen, zu finden und mit ihnen arbeiten zu können. Wer sich einmal mit ausländischen Familien beschäftigt hat, insbesondere aus dem muslimischen Religionskreis, die gerade frisch zugewandert sind und in Großfamilien leben, und weiß, welche Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen in den Familien gemacht werden und welche verschüchterten Mädchen dann in die Bildungseinrichtungen kommen, der weiß, welche Arbeit, welche Kompetenzen und welche Zeit dafür notwendig sind, das einzurichten. Zudem brauchen diese Personen auch Kompetenz im Umgang mit den Jugendlichen selbst, um das dann zu entwickeln. Darauf haben wir Einfluss, aber daran fehlt es auch. Im Lehrerfortbildungsangebot des Landesinstituts für Schule gibt es im laufenden Jahr immerhin fünf Veranstaltungen, die sich näher mit dem Kreis, meistens mit Gewalt beschäftigen. Schauen Sie ins Veranstaltungsverzeichnis der Universität, wo junge Lehrer ausgebildet werden, die demnächst hoffentlich in unseren Schulen sind, dann finden Sie so gut wie nichts zu diesem Thema in der erziehungswissenschaftlichen Ausbildung! Hier sind Punkte, an denen wir eingreifen können und an denen Politik aktiv werden kann. Ich sage es noch einmal: Bei der Gründung von Erziehungspartnerschaften, beim Schulklima und bei der Auswahl, Ausbildung und Fortbildung des Personals, das sind unsere Bereiche!

All das geht nicht ohne Geld, entweder zusätzlichem Geld oder durch Umsteuern. Das ist eine Debatte, die wir führen müssen, wenn die Pädagogen und Fachleute Vorschläge vorgelegt haben, wie sie es machen. Mich würde es freuen, wenn das passiert. Dann wäre ich sehr dafür, dass dieses Haus bereit ist, auch materielle Unterstützung für solche Programme zu gewähren. Das ist die Aufgabe, die wir als Politiker dann leisten können. Alles andere ist moralische Unterstützung, für die ich mich bei den Kolleginnen schon bedankt habe. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich angesichts des Themas sehr kurz fassen, denn den drei Vorrednern habe ich im Prinzip in der Sache überhaupt nichts Kontroverses zu entgegnen, sondern ich kann ausdrücklich begrüßen, dass das Thema einmal auch hier im Landtag diskutiert wird. Allerdings möchte ich zu drei kleinen Unterpunkten doch etwas differenzierter Stellung nehmen.

Erstens, Herr Mützelburg hat darauf hingewiesen, wir überfordern den Staat und die Schulen, wenn wir sagen, dass die Schulen es schon schaffen, was im Elternhaus versäumt wird. Was Sie im Elternhaus nicht säen, werden Sie in der Schule nicht ernten können, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Wenn es nicht die Liebe, die Stärke des Elternhauses gibt und das Lob für unsere Kinder, dann werden Sie es auch in der Schule nicht erreichen, dass Sie die Kinder so stärken, wie gerade die ersten Debattenrednerinnen das hier gefordert haben. Deshalb kann ich, Herr Mützelburg hat das sehr deutlich gesagt, Herrn Mützelburg in dieser Position nur ausdrücklich unterstützen. Gerade in diesem Bereich muss es in der Familie begonnen werden.