Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war sehr über die große und breite Zustimmung zu diesem wichtigen Gesetz erfreut. Ich bedauere es ein bisschen, dass diese wirklich gute und wichtige Debatte hier mit so einem kleinen Missklang beendet werden soll. Deswegen würde ich mich gern bemühen, das noch einmal klarzustellen, Frau Linnert.
Wir haben uns natürlich als Länder sehr frühzeitig in dieses wichtige Gesetzgebungsvorhaben eingebracht, das haben übrigens alle Länder, und haben uns sehr frühzeitig natürlich auch mit möglichen Auswirkungen auf die Ländergesetzgebung und die Länderhaushalte beschäftigt. Das ist unsere Pflicht, das müssen wir tun. Wir müssen das sozialpolitisch Notwendige und Sinnvolle mit dem finanziell Machbaren verbinden, das ist unsere Aufgabe.
Dieser Aufgabe sind wir gerecht geworden. Es hat im Gesetzgebungsverfahren mehrere Klarstellungen im Gesetz selbst gegeben. Sie wissen vielleicht, dass am Anfang unklar war, wie einzelne Formulierungen gemeint waren, wenn davon die Rede war, dass Bundesgesetze im Auftrag durch die Länder wahrgenommen werden und bestimmte Anforderungen auch für entsprechende Landesbehörden gelten sollten. Da sind Klarstellungen vorgenommen worden. Dennoch hat es im Bundesrat diesen Beschluss gegeben.
Wir haben in der Sache, daran haben wir nie einen Zweifel gelassen, dieses Gesetz unterstützt. Wir haben dieses Gesetz während der gesamten parlamentarischen Beratung im Bundesrat und, soweit unsere Einflussmöglichkeiten reichen, auch im Bundestag nachdrücklich unterstützt. Die Unterstützung geht so weit, dass wir uns jetzt bemüht haben, auch eine möglichst breite Mehrheit zustande zu bringen. Ich halte es nämlich bei einem so wichtigen Gesetzgebungsvorhaben auch für zentral, dass wir so ein Gesetz nicht mit Mehrheiten durchziehen, sondern
wir wollen im Sinne dessen, was Herr Oppermann sagt, damit das Gesellschaftsbewusstsein verändern. Dafür sind breite parlamentarische Mehrheiten im Bundestag und hoffentlich dann auch im Bundesrat notwendig.
Was unser Abstimmungsverhalten im Bundesrat betrifft, das hat Frau Senatorin Wischer schon gesagt, bin ich ganz optimistisch, dass wir dieses Gesetzgebungsvorhaben auf der bisherigen Linie unterstützen werden. – Danke!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 15/1032 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/1075 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstbewusste Kinder fühlen sich sicherer. Wir debattieren heute über Wege, auf denen wir Kindern durch ihr eigenes Selbstbewusstsein ein subjektives Sicherheitsgefühl vermitteln können.
In der Folge der schrecklichen Verbrechen an Dennis und Adelina entwickelte sich eine Debatte über die Sicherheit von Schullandheimen und Schulgebäuden. Es wurde diskutiert, ob Schullandheime eingezäunt oder wie auch immer bewacht werden. Das ist wichtig, trifft aber nicht den Kern des Problems. Wir können Kinder nicht einzäunen und ständig bewachen. Wir müssen akzeptieren, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt. Wir können unsere Kinder nur durch eine Erziehung zur Selbständigkeit zu einem gesunden Selbstbewusstsein begleiten. Ein gesundes Selbstbewusstsein kann die Kinder und nicht nur sie vor der Gewalttätigkeit anderer schützen.
Ich erinnere mich an eine Aussage meines Lehrers im Taekwondo-Unterricht, der einmal sagte: Nur wenn du beim Angriff deine mentale und physische Leistungsfähigkeit richtig einschätzen kannst, wirst du eine angemessene Strategie entwickeln, die dich schützt, sonst gefährdest du dich nur. Solch ein Selbstbewusstsein schützt Kinder auch davor, selbst gewalttätig zu werden, denn sie brauchen keine negative Aufmerksamkeit.
Es ist Aufgabe von Elternhaus und Schule, die Kinder auf ein Leben vorzubereiten, das nicht nur schöne Seiten hat, sondern auch bedrohlich sein kann, dem Kinder aber nicht mit Angst begegnen müssen. Diese Gratwanderung ist nicht leicht und oft auch unbequem. Das ist eine Aufgabe, bei der weder Eltern noch Kindergärten, noch Schule allein gelassen werden dürfen. Wer und was kann dabei helfen? Ist es die moderne Grundschulpädagogik, die zwar auf eine Stärkung des Selbstbewusstseins zielt, dabei aber die Selbständigkeit und die Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit doch eher als zweitrangig ansieht?
Meine Damen und Herren, wir sollten die Kinder in ihren Fähigkeiten stärken, nicht auf ihre Defizite schauen und nur Defizite abarbeiten wollen. Wir sollten sie ermutigen, die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit auszuprobieren und auszudehnen. Wir sollten auch sehen, was sie können und sie darin bestärken, ihnen Mut machen und ihre Neugier auf Neues bestärken. Moderne Grundschulpädagogik kann ermutigen, durch eigene Leistung ein Selbstbewusstsein zu entwickeln, sie kann das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, wenn sie versucht, den Negativzirkel von Scheitern und Gewalttätigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen oder ihn zu durchbrechen. Das sollte so sein, ist aber sicher nicht nur durch Unterricht zu erreichen. Dazu brauchen wir auch selbstbewusste Lehrer, die sich und ihre Arbeit anerkannt fühlen.
Viele Schulen holen sich mittlerweile Unterstützung und Impulse von außen. Das ist gut so. Dadurch kommen viel Know-how und ganz unterschiedliche Kompetenzen in die Schulen. Die Antwort des Senats listet auf, dass bereits 40 von 74 Grundschulen Angebote zur Selbstbehauptung, zur Prävention im Stadtteil und zu Streitschlichterprojekten machen, mit Schattenriss zusammenarbeiten und über Formen von sexuellem Missbrauch informieren. Das heißt, die Grundschulen nutzen ihre Autonomie, greifen aktuelle Themen auf und versuchen, sie aufzuarbeiten. In den Sek-I-Zentren und Gesamtschulen sieht es noch nicht so gut aus. Dort sind nach der Auflistung in der Antwort erst acht von 35 Schulen aktiv.
Wie können wir helfen, wie kann die Verwaltung die Schulen unterstützen? Ich habe zwei Vorschläge, die ich Ihnen vorstellen möchte. Wenn wir über die Qualität von Schule reden und die Qualität verbessern wollen, müssen wir die Qualität der Angebote und Programme, die die Schulen nutzen, kennen. Die Angebote müssen der Verwaltung bekannt sein.
Außerdem muss es ja nicht sein, dass jede Schule aufs Neue nach einem für sie passenden Angebot sucht und damit viel Zeit verbraucht, bis herausgefunden wird, welches Programm für Schüler oder besser doch für Lehrer geeignet ist. So werden zum Beispiel die Streitschlichterprogramme vom Täter
Opfer-Ausgleich, ganz bestimmte Möglichkeiten, Schüler auszubilden, in der Streitschlichtung aktiv zu werden, genutzt. Das Lions-Quest-Programm dagegen bietet den Lehrern Unterstützung. Vorstellbar wäre nach unserer Idee ein Pool, dem Schulen und außerschulische Anbieter eine Projektbeschreibung mitteilen und ihre Kooperationspartner nennen. Damit könnte das vielfältige und mittlerweile auch unübersichtliche Angebot strukturiert und beispielsweise ein Workshop organisiert werden, in dem die verschiedenen Programme und die Erfahrungen damit vorgestellt werden. Es könnte durch dieses Verfahren einerseits eine Qualitätsprüfung betrieben werden, und andererseits könnten für die Schulen an einer Stelle alle Informationen über aktuelle Angebote zusammenfließen. Den Schulen würde damit der Zugriff erleichtert, und sie könnten sich ein zu ihrem Thema oder Problem passendes Angebot auswählen. Außerdem können Schulen, die noch nicht aktiv geworden sind, von diesen Informationen profitieren, und ihre Entscheidung für ein Engagement würde möglicherweise erleichtert. Ziel sollte doch sein, dass sich alle Schulen sowohl um aufbauende und stärkende Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse und Sozialtrainings kümmern als auch um negativ besetzte Themen wie sexuellen Missbrauch, Gewaltprävention und Schulvermeidung. Die Agentur Schule-Wirtschaft, die im Oktober des vergangenen Jahres gegründet wurde, funktioniert ganz ähnlich, wie ich mir diesen Pool vorstelle. Weiter könnten wir überlegen, den Dialog zwischen Schule und Elternhaus zu intensivieren. Es ist vorstellbar, dass die Verwaltung oder das LIS Elternbriefe herausgibt, ähnlich denen, die die Eltern jüngerer Kinder vom Sozialressort erhalten. Diese Briefe könnten durch die Schulen über die Kinder in die Familien gelangen, und die Schulen könnten versuchen, über themenorientierte Elternabende oder Gesprächskreise, die nicht unbedingt von Lehrern organisiert werden müssten, auch Eltern zu erreichen, die die regelmäßigen Elternabende nicht besuchen und die für die Schule oft schwer zu erreichen sind. Ziel sollte sein, dass Lehrer und Eltern über vielfältige Themen miteinander ins Gespräch kommen und sich kennen lernen. Akzeptieren und schätzen können beide Seiten doch nur, was und wen sie kennen. Eltern, die das Engagement der Lehrer kennen, schimpfen vermutlich weniger über sie und zeigen mehr Verständnis für Situationen, in denen etwas nicht klappt.
Schule muss in der Familie wieder wahrnehmbar werden. Kinder verbringen den größten Teil ihrer Zeit in der Schule,
Das stärkt nicht gerade das Selbstbewusstsein der Kinder. Ich denke, Frau Hövelmann, das Problem wird sich noch vergrößern, je mehr Ganztagsangebote wir machen, die Kinder noch länger in der Schule sind und die Familie noch weniger Kontakt hat.