Die Zahl sechs ist für mich jetzt eine wichtige Zahl geworden. Die sechs ist bei den 26 Parlamentsjahren dabei, ich war davon sechs Jahre Sprecher der Umweltschutzdeputation. Das war eine schöne Zeit mit der Senatorin Eva-Maria Lemke, Schulte hieß sie zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ich habe aber heute Morgen bei uns in der Fraktion erklärt, wie da die Zeiten waren. Ich war jetzt sechseinhalb Jahre Vorsitzender des Landeshafenausschusses und bin für sechs Jahre als hauptamtliches Magistratsmitglied gewählt.
Ich wechsle also von der Legislative in die Exekutive. Ich bin mir sicher, dass das eine große Umstellung sein wird, nicht nur wegen meines Archivs, da glaube ich, dass ich weiter mit Handakten arbeiten werde, aber eines ist schon klar, als Herr Senator Hattig von der Nachricht hörte, dass ich in Bremerhaven nominiert worden bin, hat er zu mir gesagt, Herr Töpfer, Sie werden es schon merken, es ist einfacher, Fragen zu stellen, als Fragen zu beantworten.
Die Verantwortung, die hinter dieser Aussage steht, spüre ich jetzt schon, denn es ist klar, ich bin zwar noch immer Parlamentarier, aber es kommt schon das eine oder andere auf mich zu. Ich muss sagen, ich gehe hier wirklich auch mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Weinend, weil ich gern Abgeordneter war, ich war auch gern hartnäckiger Patriot für Bremerhavener Anliegen, wenn ich das einmal sagen darf. Das war nicht immer leicht hier im Parlament und auch nicht leicht in unserer Fraktion.
Vielleicht haben auch einige den Umgang mit mir deswegen nicht so leicht gefunden, weil ich es ihnen vielleicht auch schwerer gemacht habe. Sollte ich jemanden verletzt haben, möchte ich mich entschuldigen, denn das war im Eifer des Gefechts!
Nun hat sich – gestatten Sie, dass ich noch einmal auf drei, vier Punkte eingehe – doch im Laufe dieser Jahre in diesem Haus eine ganze Menge verändert. In den ersten Jahren wurden die Antworten des Se
nats auf Große Anfragen der Fraktionen noch von den Senatoren verlesen. Vielleicht erinnern sich einige daran. Das gesamte Haus kannte die Antworten nicht, nur die SPD-Sprecher kannten sie.
Bei einigen wurden auch noch die Reden in den Ressorts geschrieben. So hat sich das Ressort zweimal wiedererkannt, einmal wenn der Senator hier gesprochen hat, und dann, wenn der Sprecher hier gesprochen hat. Diese Zeiten sind endgültig vorbei.
Was auch positiv geworden ist: Heute ist um 18 Uhr in der Regel Schluss. Ich kann mich an die Zeiten erinnern, als Bernd Neumann unbedingt die SPD hier im Parlament in Zeiten von knappen Mehrheiten stürzen wollte. Da gingen die Debatten manchmal bis in die Nacht, und es ist sogar vorgekommen – an ein oder zwei Male kann ich mich erinnern –, dass wir schon den letzten Zug verpasst hatten, und dann wurden die Bremerhavener mit dem Bus nach Hause gebracht. So stürmisch waren die Zeiten! Das Schönste daran war, dass es abends kostenlos warme Würstchen und Kartoffelsalat gab! Da konnte man feststellen, dass manche ganz schön zugelangt haben. Es war ja kostenlos!
Es gab in diesen Zeiten natürlich auch eine ganze Reihe von, heute würde man Privilegien sagen, das Parkhaus war frei, die Bremer Straßenbahn war frei und Ähnliches war frei,
Die Schwampelzeit habe ich miterlebt, das war ja ein kurzes Aufbäumen von CDU, Grünen und FDP, mit dem Vorteil allerdings, finde ich, das muss ich auch im Nachhinein als Parlamentarier sagen, dass sich viel im Parlamentarismus dadurch verändert hat. Sie haben sich als Erstes sofort die Geschäftsordnung vorgenommen, haben Oppositionsrechte verbessert, haben aber auch die Rechte einzelner Parlamentarier verbessert. Wir durften damals als einzelne Parlamentarier noch nicht einmal eine Frage im Rahmen der Fragestunde stellen, sondern es musste immer in den Fraktionen abgesegnet werden, und bei uns war es so, dass, wenn die Senatskanzlei nicht zugestimmt hatte, keine Frage eingebracht werden konnte!
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Abg. F o c k e [CDU]: Wir haben uns schon im- mer so etwas gedacht!)
Bei der Sprecherverteilung war es klar: Nur die SPD stellte die Sprecher, die CDU die stellvertretenden Sprecher, und die arme FDP hatte ab und zu einmal einen zweiten Sprecher stellen dürfen. Die Grünen waren zu dem Zeitpunkt noch nicht im Parlament. Wie gesagt: Mit der Schwampel hat sich etwas verändert, ich finde, zum Wohl des Parlamentarismus, muss ich heute wirklich sagen. Die alten Zeiten möchte ich auch nicht mehr erleben.
Die Diäten kamen regelmäßig und ohne öffentliche Begleitmusik. Erst ab 1979, als das neue Recht in Kraft aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts trat, haben wir bei jeder Erhöhung die öffentlichen Diskussionen gehabt.
Nun zum lachenden Auge! Ich wollte nicht unbedingt den Rekord meines ehemaligen SPD-Kollegen Manfred Fluß hier brechen. Ich glaube, er war 30 Jahre ununterbrochen Parlamentarier. Ich denke aber, dass Helmut Pflugradt und Bernd Ravens das wohl noch schaffen könnten,
wenn ich so die Erklärungen verfolgt habe, als wir im letzten Jahr gemeinsam ein bisschen unter die Lupe genommen worden sind, als wir 25 Jahre schon im Parlament waren.
Ich habe mich in Bremerhaven beworben, um eine neue Herausforderung zu suchen. Ich werde mit einer ganzen Reihe von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, weiterhin politischen Kontakt haben. Gerade in diesem Aufgabenbereich ist es wichtig. Ich bedanke mich bei allen. Es war eine interessante Zeit. Die schönste war, als die SPD allein regiert hat bis 1991.
Die anstrengendste war in der Ampel. Es musste aber auch alles abgestimmt werden vom Punkt bis zum Komma. Hatte man sich mit den Grünen geeinigt, kam die FDP wieder dazwischen oder umgekehrt.
Ja, es wurden viele Dinge auf den Weg gebracht. Das ISP, das dürfen wir dabei nicht vergessen, war eine Erfindung der Ampel. Das muss man noch einmal sagen! Für das Land ist mit Sicherheit die Zeit der großen Koalition von Vorteil, ohne Zweifel. Ich frage mich aber, ob sie auch von Vorteil für den Parlamentarismus ist.
Meines Erachtens sind der Wert und die Bedeutung des einzelnen Abgeordneten erheblich gesunken, wenn ich das einmal so am Schluss meiner Ausführungen sagen darf. Ich denke, dass darüber noch ein bisschen nachgedacht und diskutiert werden kann beim Parlamentarischen Abend.
Gestatten Sie mir noch einen Nachsatz zu Bremerhaven! Wie Bremen, und damit meine ich nicht nur das Land, sondern die Stadt Bremen, auf Hilfen der Bundesregierung und anderer Bundesländer angewiesen ist, um die kritische Situation zu meistern, und diese Hilfe und Solidarität auch weiterhin braucht, möchte ich an dieser Stelle in diesem Haus daran appellieren, dass Bremerhaven auch weiterhin diese Solidarität von Bremen benötigt. Ich habe hier einmal gesagt: Was gut ist für die Seestadt Bremerhaven, ist auch gut für das Land Bremen! Ich bitte Sie, in Zukunft, auch wenn ich dieses Pult verlassen habe, sich daran hin und wieder einmal zu erinnern. – Danke schön!