Protocol of the Session on August 29, 2001

Es wurde auch bereits angesprochen, dass wir uns jetzt mit dem Problem in Bremen auseinander setzen müssen, dass im Bioprofile-Wettbewerb der Zuschlag nicht in unsere Region, sondern an drei andere Regionen ging. Wir hatten etwa fünf Millionen DM an eigenen Mitteln für diesen Bereich in Aussicht gestellt, das Land Niedersachsen den gleichen Betrag. Ich denke, es ist eine Aufgabe des Wirtschaftssenators, sich jetzt zügig mit den Kollegen und Kolleginnen in Niedersachsen zusammenzusetzen, um mit dem vorhandenen Geld etwas für die Region zu machen. Ich bin sehr gespannt auf den Beitrag des Senats gleich. Ich würde auch gern wissen, ob die Zeit, die ins Land gezogen ist, seit diese Entscheidung getroffen wurde, schon genutzt wurde, um entsprechend im Land Bremen und in der niedersächsischen Umgebung hier etwas anzuschieben. Wir begrüßen auf jeden Fall, dass dieses Geld nicht für andere Zwecke verwendet wird, sondern dass es der Biotechnologieförderung zugute kommt.

Ein weiterer Punkt ist die Beschaffung von Venture-Capital, von Wagniskapital. Auch da muss die BIA, denke ich, noch eine Menge tun, denn wir können unseren Anspruch, Start-up-Unternehmen zu fördern, nur vernünftig realisieren, wenn dieses zentrale Problem, das fast alle Kleinunternehmen haben, gerade die technologieorientierten, die einen sehr hohen Kapitalbedarf haben, gelöst wird.

(Beifall bei der SPD)

Zu guter Letzt noch der Punkt, auch den hat bereits meine Kollegin Frau Tuczek eben kurz angerissen: das Kompetenznetzwerk Biotechnologie! Das ist eine ganz wichtige Frage, denn ich glaube, mit den bescheidenen Mitteln, die wir hier in der Region haben – das muss man schon im internationalen und selbst im nationalen Wettbewerb so sehen –, müssen wir schauen, dass die Akteure, die da sind, auch zu einem starken Netzwerk verknüpft werden, dass sie nicht einzeln agieren. Das ist moderne Wirtschaftsförderung, wenn man eben in Netzwerkstrukturen denkt und ihre Ausbildung unterstützt. Ein Newsletter ist schön und ein guter Anfang, aber dahinter muss eben noch ein bisschen mehr Power.

Ich meine, wir haben ein gutes Konzept hier vorgelegt bekommen vom Senat. Der Senator für Wirtschaft, der Senator für Wissenschaft, die BIA und die BIS in Bremerhaven müssen dieses Konzept jetzt aber mit Leben füllen, müssen zeigen, dass wir hier

nicht nur Papier beschreiben, sondern dass wir eben auch etwas daraus machen und Bremen und Bremerhaven zu einer starken Biotechnologieregion weiterentwickeln. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schramm.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten ja bereits im Dezember 2000 eine ausführliche Debatte über die Förderung von Biotechnologie im Lande Bremen, und es gab eine Große Anfrage und eine Antwort des Senats. Nun haben wir eine Mitteilung des Senats noch einmal zu demselben Thema. Da stellt sich natürlich für diese Debatte hauptsächlich die Frage, was hat sich verändert, wo liegen die Unterschiede, außer der Tatsache, dass damals mit der Antwort des Senats alle Fraktionen eigentlich mehr oder weniger nicht zufrieden waren und der Senat den Auftrag erhalten hatte per Beschluss der Bürgerschaft, hier nachzuarbeiten und ein Konzept vorzulegen, wie die Biotechnologie im Lande Bremen gefördert werden kann.

Es gab seitdem verschiedene Änderungen in dieser Szene. Es hat einen großen Kongress gegeben im Kongresszentrum in Hamburg, in dem noch einmal die Bundesregierung deutlich gemacht hat, wie wichtig sozusagen im Forschungsprogramm die Biotechnologie der Bundesregierung ist. Sie hat Programme aufgelegt in Höhe von 1,5 Milliarden DM und zusätzlich in Höhe von 350 Millionen DM aus den frei werdenden UMTS-Mitteln. Das ist die erste Änderung, die eingetreten ist und die man berücksichtigen muss.

Die zweite Änderung, die eingetreten ist, ist eben auch schon genannt worden, nämlich sozusagen der Wegfall, leider, von mindestens 30 Millionen DM für die Bioprofile der Region Bremen und Bremerhaven, weil eben das Projekt „blaue“ Biotechnologie nicht so zum Zuge gekommen ist, wie man sich das vorgestellt hat. Nun ist es für die Bürgerschaft wichtig zu erfahren: Wie gedenkt der Senat aus dem zusätzlichen Push, den die Bundesregierung zur Förderung der Biotechnologie angekündigt hat, zu profitieren?

Das ist die erste Frage, und die zweite Frage ist: Wie setzt der Senat seine Ankündigung um, die Förderung für die „blaue“ Biotechnologie dann doch noch, also obwohl Bremerhaven aus der Preisverleihung herausgefallen ist, so durchzuziehen, wie der Senat es angekündigt hat? Meine Damen und Herren, Sie müssen jetzt wirklich sagen, wie es gehen soll!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Der Kollege Hermann Kuhn hat das schon antizipiert und eine Anfrage in der Wissenschaftsdeputation vorgelegt, in der er genau diese Fragen gestellt hat. Wenn man sich die Antworten dort anschaut, erweckt das wenig Hoffnung. Da wurde sozusagen überhaupt keine konkrete Antwort darauf gegeben, wie es weitergehen soll, mit welchen Projekten, mit welcher Förderung die „blaue“ Biotechnologie weiterhin gefördert werden soll. Vor allen Dingen taucht ja die Frage auf: Wie soll der Leuchtturm, der jetzt immer in der Diskussion ist, die internationale Spitzenstellung, das Alleinstehungsrecht, eigentlich für diese Technologie in Bremen errichtet werden, wenn doch jetzt die 30 Millionen DM fehlen? Darauf ist der Senat bisher noch jede Antwort schuldig geblieben, und wir warten hoffnungsvoll auf die Äußerungen des Senators Hattig in dieser Frage.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dabei sind die Voraussetzungen für diese Potentiale eigentlich gut. Die „blaue“ Biotechnologie ist positiv besetzt. Es gibt hier weniger Akzeptanzprobleme als in anderen Bereichen, ich glaube, das muss ich nicht ausführen. Die Förderung von funktionellen Lebensmitteln aus dem Meer ist eine erfolgversprechende Geschichte. Die wissenschaftlichen Potentiale im Land Bremen sind vorhanden und vielfach genannt worden.

Meines Erachtens ist es in diesem Bereich auch erstmalig in der Wissenschaftspolitik, aber auch in der Wirtschaftspolitik gelungen, hier eine konstruktive Klammer zwischen den beiden Standorten Bremen und Bremerhaven hinzubekommen. Auf der einen Seite ist Bremen mit seiner hervorragenden Grundlagenforschung, aber auch das AWI, aber auch dann mit der anwendungsbezogenen Forschung am Standort Bremerhaven. Hier gibt es sozusagen eine Korrespondenz und eine Klammer, die im Netzwerk verbunden werden kann. Das ist bisher meines Erachtens auch ganz gut gelungen.

Der Markt für naturbelassene, gesunde Lebensmittel und Heilmittel – auch das ist wieder eine Diskussion, die zunehmend kommt – wächst ständig. Alle großen Lebensmittelkonzerne setzen auf diesen Zug, vernünftige und naturbelassene Lebensmittel zu produzieren, die auch gleichzeitig gesund sind. Das hat auch etwas mit der Altersversorgung und so weiter zu tun. Hier gibt es einen riesigen Markt, der sich bereits jetzt in einem Volumen von sieben Milliarden Euro bewegt.

Noch eine Frage, die beim Studium der Antwort des Senats auftaucht: Müssen es nur diese beiden Felder sein, die eben angesprochen worden sind, grau und blau – die sind natürlich sehr wichtig –, oder können es nicht auch noch andere Felder zum Beispiel im Bereich der Medizin sein? Hier gibt es hervorragende medizinische Potentiale, aus dem Meer Insektizide, Antikrebsstoffe oder Antibiotika

zu produzieren oder Bau- und Hilfsstoffe für die Industrie zu gewinnen, Klebstoffe zum Beispiel aus Muschelsekreten und so weiter. Die Universitäten in Greifswald und in Wilhelmshaven sind da sehr weit. Inwieweit hier jetzt eine Kooperation oder eine Vernetzung mit diesen Ergebnissen zustande kommen kann, finde ich sehr spannend, aber darauf lässt die Antwort im Moment noch nichts schließen.

Meines Erachtens ist es wichtig, das Profil der „blauen“ Biotechnologie so ein bisschen aus dem Schatten der Euphorie für die IuK-Technologien herauszuholen. Im Moment stürzt sich alles auf die IuKTechnologien, und die Biotechnologie führt so ein bisschen ein Schattendasein im Lande Bremen. Sie verdient es, aufgrund der Potentiale stärker gefördert zu werden. In diesem Zusammenhang ist es, glaube ich, sehr sinnvoll, dem Bereich der Bioinformatik, auch das ist hier noch einmal angesprochen worden, eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist schon lange in der Debatte, das an der Hochschule zu etablieren, Ergebnisse gibt es meines Erachtens noch nicht darüber. Ich finde, auch dieser Studiengang und dieser Aspekt der Wissenschaft müssen Eingang in das neue IuK-Zentrum in Bremerhaven finden, in welcher Form auch immer, personell oder inhaltlich. Hier sind wichtige Maßnahmen zu ergreifen. Man darf also diese Chance der Integration und Vernetzung der Bioinformatik hier nicht vernachlässigen.

Zum Schluss der wichtige Punkt der Verwertungsgesellschaft, auch das ist ein Punkt, der bereits angesprochen worden ist! Das Akquirieren von Wagniskapital ist wohl der entscheidende Punkt zur Förderung der Biotechnologie. Hier sind Vorbilder die Bio AG in München oder die Firma Bioagency in Hamburg. Das sind alles privat organisierte Gesellschaften, die die Vernetzung von regionalen Potentialen auf europäischem Markt herstellen und in der Lage sind, hier auch großes Kapital zu akquirieren. Ich persönlich habe eine gewisse Skepsis, ob die BIA mehr oder weniger als Verwaltungsapparat in der Lage ist, das zu leisten, ich kann es nicht beurteilen. Ich hege eine gewisse Skepsis und würde sagen, dass es besser wäre, hier dem privaten Engagement den Vorrang zu geben und alle Initiativen, die in diese Richtung gehen, auch verstärkt zu unterstützen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Hattig.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie haben es angesprochen, wir haben die

ses Thema sehr eingehend im Dezember besprochen. Alle Perspektiven für diesen Markt sind positiv, der Bericht des europäischen Biotechnologie-Reports bestätigt das. Ich muss das hier nicht alles wiederholen.

Der Senat lässt sich bei der Förderung dieses Gebietes von folgenden Aspekten leiten: Wir fördern und nutzen die Bio- und Gentechnologie in Bremen, um den Strukturwandel zu unterstützen, und damit generieren wir neue Wirtschaftskraft. Wir berücksichtigen dabei die regionalen Stärken, vor allem den Bezug zum Meer und zum Welthandel, der Nahrungsmittelindustrie und des vorhandenen wissenschaftlichen Potentials, das, wie Sie alle zu Recht ausgeführt haben, ja im Land Bremen beachtlich ist.

Wir bemühen uns um die Ausrichtung durch Erzielung synergetischer Effekte, dazu gehört eben auch, Herr Dr. Käse, die Vernetzung zu organisieren. Wir fördern Start-ups und die kleinen und mittelständischen Unternehmen, wir stärken den Technologietransfer eben über diese Netzwerkbildung. Wir versuchen, sinnvolle, marktfähige Produkte zu fördern und zu erzielen, und wir bemühen uns, dabei gesellschaftliche und ethisch nicht akzeptierte Gebiete zu vermeiden.

Der Senat sieht als sinnvolle Maßnahmen weiterhin den Ausbau des wissenschaftlichen und transferorientierten Potentials an, das, ich sage es zusammenfassend, in Bremen und Bremerhaven hervorragend ist. Wir unterstützen bei der Umsetzung des Know-hows in Produkte und Dienstleistungen solche Bemühungen. Wir fördern weitere strukturbildende Maßnahmen, insbesondere gilt es, die Biound Gentechnologie so sinnvoll zu nutzen, ihre Vorzüge auszuschöpfen, wie auch Gefahren zu diskutieren und zu erkennen. Insgesamt bietet dieses Feld – das haben Sie alle zutreffend ausgeführt, ich kann das so aufnehmen und zurückgeben – eine gute Chance, uns zu positionieren. Das Konzept, mit dem wir arbeiten, ist zwischen Wissenschaft und Wirtschaft eng abgestimmt, wir arbeiten gut zusammen.

Nun wollen wir aber auch nicht wie die Katze um den heißen Brei herumreden: Die Finanzierung ist nicht ausreichend. Wir bemühen uns, Herr Schramm, alle Möglichkeiten, die der Bund und andere Gestaltungsformen uns bieten, zu nutzen. Gleichwohl ist das Ganze aber nicht ausreichend. Ich sehe meine Verantwortung, gebe aber auch selbige insoweit an Sie zurück, als die Bürgerschaft die notwendigen Mittel eben fördern und beschließen muss. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 15/684, Kenntnis.

Wettbewerb um die Köpfe – Internationales Marketing für den Bildungs- und Forschungsstandort Bremen

Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 6. April 2001 (Drucksache 15/686)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 15. Mai 2001

(Drucksache 15/722)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Lemke.

Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Herr Senator, ich setze voraus, dass Sie darauf verzichten möchten.

(Senator L e m k e : Ja!)

Meine Damen und Herren, wir treten dann in die Aussprache ein.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte in einem ersten Beitrag auf einige grundlegende Fragen im Zusammenhang mit unserer Großen Anfrage eingehen, und mein Kollege Hermann Kuhn wird dann in einem zweiten Beitrag dies fortsetzen und ergänzen.

So schwer es vielleicht dem einen oder anderen fallen mag, wenn wir das Thema der heutigen Großen Anfrage und der heutigen Debatte „Wettbewerb um die Köpfe – Internationales Marketing für den Bildungs- und Forschungsstandort Bremen“ anschauen, dann geht es einmal nicht um die Frage und das Problem, von mir natürlich in Anführungszeichen gesetzt, von zu vielen Ausländern, sondern es geht eindeutig um das Gegenteil, um das ziemlich gravierende Problem von zu wenig Ausländern in einem bestimmten Bereich, nämlich an unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Vielleicht müssen sich einige noch an diese Perspektive gewöhnen, dass sich die Fragen in unserem Land so verändert haben. Es ist ja noch nicht so lange her, dass dies von sehr vielen geteilt wird. Die USA haben es uns vorgemacht. Die große Attraktivität ihrer Universitäten und Forschungseinrichtun––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

gen hat so viele Menschen aus aller Welt angezogen, dass sich der wissenschaftliche und ökonomische Output in den letzten Jahrzehnten nicht nur quantitativ, sondern, wie man an den Nobelpreisen und vielen anderen Auszeichnungen ablesen kann, auch qualitativ vervielfacht hat. Das heißt, die USA haben von dem Zuzug ausländischer Studierender, aber auch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern enorm profitiert. Diese Chancen haben wir insgesamt in Deutschland, und da ist Bremen nur ein Teil, lange Zeit verschlafen.

In unserer Großen Anfrage sind einige der neuralgischen Punkte, die in Deutschland verschlafen wurden, erwähnt: schlechtes Marketing, schlechte Kommunikation, Darstellung, Verkauf unserer Studienangebote im Ausland, unklare Fragen der Anerkennung der Abschlüsse – wenn Leute hierher kommen, können sie wirklich aufbauend auf ihren Bildungsabschlüssen hier weitermachen? –, fehlende oder nur mangelhafte soziale Integrationsbemühungen, Schikane im Ausländeramt, fehlende Arbeitsmöglichkeiten an den Hochschulen oder außerhalb für Studierende auch während des Semesters.