Wir sind der Auffassung, wir dürfen keine Experimente an lebenden Körpern von Tieren machen, die wie die Primaten uns, den Menschen, sehr ähnlich sind. Das ist ja gerade der Grund dafür, dass diese Experimente an diesen Tieren gemacht werden, weil sie uns so ähnlich sind. Schließlich machen wir diese Experimente ja auch nicht an uns selbst. Weil wir eben wegen dieser Ähnlichkeit davon ausgehen müssen, dass sie Empfindungen, Schmerz und so weiter auch kennen und wahrnehmen, aus diesem Grund sind ja übrigens, das bezweifelt ja auch niemand, Experimente an Menschenaffen allgemein geächtet.
Wir ziehen in diesem Falle die Grenze enger, das ist die Debatte. Natürlich kann man über Grenzen immer streiten, wir tun dies auch mit Herrn Dr. Kreiter. Auch dann, wenn er absurderweise der Meinung ist, dass er uns in die Nähe von Totalitären oder gar von Nazis rücken sollte. Wenn Herr Dr. Kreiter meint, dass die öffentliche Debatte über Wissenschaft schon irgendetwas mit totalitär zu tun hat, dann hat er das Wesen von einer in einer demokratischen Gesellschaft vollzogenen Wissenschaft überhaupt nicht erkannt.
gleichzeitig sagt: Meinen Affen geht es bei den Versuchen prima, viel besser, als wenn sie draußen frei herumlaufen würden. Das finde ich wirklich nicht akzeptabel und zynisch! So weit zu unserem grundsätzlichen Standpunkt, den wir Grüne ja mit sehr vielen Bremerinnen und Bremern teilen, ich erinnere nur an die Petition von 40 000 Bürgern vor drei Jahren! Wir würden lieber heute als morgen sagen, Schluss mit allen Versuchen. Leider ist das heute nicht mehr so klar und eindeutig und schnell möglich wie vor drei Jahren, als die Mehrheit des Hauses noch durchaus hätte sagen können, wir beginnen damit gar nicht erst.
Inzwischen hat sich Herr Dr. Kreiter hier etabliert, sein Antrag ist genehmigt worden, Forschungsgelder sind geflossen, ein Neubau ist hochgezogen worden für sehr viel Geld, knapp fünf Millionen DM. Deshalb, weil die Lage sich geändert hat, heißt unser Antrag heute: Aus den Affenversuchen, die es heute gibt, wieder aussteigen.
Herr Dr. Kreiter stellt sich die Lage offensichtlich einfach vor. Er hat der „taz“ erklärt, selbstverständlich gehe er von einer neuen Genehmigung aus, denn, ich darf zitieren: „Warum sollten die Behörden etwas, was sie vor drei Jahren gebilligt haben, nicht wieder genehmigen? Man würde glatt Recht brechen, wenn die Experimente nicht weiterlaufen dürften.“ Veröffentlichungen über die bisherigen Ergebnisse könne man, so Kreiter dort, nicht von ihm erwarten, das hat uns der Senator ja gestern auch bestätigt, das werde dauern, und auch nach sechs Jahren wären seine wissenschaftlichen Fragen mit Sicherheit noch nicht beantwortet.
Also, es soll weitergehen! Dass man bisher noch keinen Hauch einer Andeutung erkennen kann, welchen konkreten, ja immer behaupteten Nutzen seine Arbeit und seine Ergebnisse haben, stört ihn offensichtlich überhaupt nicht.
Genau das, meine Damen und Herren, hatten die Tierschützer und die Grünen vor drei Jahren befürchtet, als die große Koalition der Öffentlichkeit weismachen wollte, das sei nur eine kurze Episode, und dann werde wieder Schluss damit sein. Nein, es ging damals darum, Fakten zu schaffen, und heute wollen Sie mit der Kraft der Fakten sagen, das muss weitergehen und muss auf unabsehbare Zeit weitergehen.
Es muss jetzt eine ernsthafte und auch öffentlich nachvollziehbare Bewertung der ersten drei Jahre stattfinden, eine Bewertung der Affenversuche selbst, auch der alternativen Methoden in Bremen und anderswo. Das heißt, man kann nicht die Bewertung so machen, dass man sowieso von der Weiterführung ausgeht, wie das offensichtlich der Senat heu
te schon tut. Die Bewertung muss öffentlich nachvollziehbar sein, was vor drei Jahren eben nicht der Fall war. Etwa das kritische Gutachten der Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen beim Bundesministerium für Gesundheit, ZEBET, wurde nie öffentlich gemacht. Deswegen fordern wir in unserem Beschlussvorschlag, ich darf zitieren aus dem Antrag: „einen Antrag auf Durchführung von Experimenten an Primaten einer öffentlich zugänglichen Bewertung durch unabhängige Sachverständige zu unterziehen“. Die Betonung liegt auf öffentlich, auf unabhängig und auf sachverständig! Wenn Sie sich Ihrer Sache so sicher sind, meine Damen und Herren von der Koalition, dann wird es sicher keinen Grund geben, dies heute abzulehnen. Wir befinden uns übrigens mit diesem Vorschlag in guter Gesellschaft mit dem Bremer Tierschutzbeirat, der kürzlich die Aufforderung an den Senat beschlossen hat, keine neuen Versuche zu genehmigen, und weiter gesagt hat: „Zur Überprüfung, ob diese Voraussetzungen für neue Versuche erfüllt sind, bittet der Tierschutzbeirat die Senatorin für Arbeit und Gesundheit, ein unabhängiges Expertengremium einzusetzen, in dem unter anderen Wissenschaftler der Zentralstelle ZEBET sowie der Akademie für Tierschutz vertreten sind.“ Das ist genau die Richtung, die wir auch wollen! Der Tierschutzbeirat weist zu Recht darauf hin, dass geschaut werden muss, was aus den Beschlüssen von 1997 geworden ist. Also, dann fange ich einmal an: Die Vertiefung des organisierten Dialogs zwischen Universität und Tierschutzverbänden, glatte Fehlanzeige! Die Einsetzung einer Ethikkommission zu Tierversuchen, die 1999 in Paragraph 8 des neuen Hochschulgesetzes vorgeschlagen war, glatte Fehlanzeige! Die Entwicklung von Ersatzmethoden: Eine Arbeitsgruppe des Akademischen Senats hat mit zweijähriger Verspätung begonnen, überhaupt darüber zu reden! Jetzt hat sie einen eigenartig verquasten und verqueren Bericht vorgelegt, bei dem in der Deputation, glaube ich, niemand verstanden hat, was da so wirklich daringestanden hat.
Ja, das stimmt, in der Tat! Ich glaube, das ist auch kein Zufall, dass das so gewesen ist. Der Bericht kommt zum einen zu dem Ergebnis: Ja, es gibt noch keine Ersatzmethoden für die Fragen, die Herr Dr. Kreiter stellt. Das glaube ich gern! Wenn man die Frage so stellt, gibt es dafür auch keine anderen Methoden! Aber eine Unterstützung der Methoden Dr. Kreiters hat der Senat ausdrücklich abgelehnt. Es gibt eine eigenartige Formulierung: Es gibt keine alternativen Methoden, heißt es, „anderenfalls hätte zudem eine behördliche Genehmigung der Tierversuche nicht erfolgen dür
fen“. Das ist sehr verräterisch! Im Klartext: Im Ergebnis stand das schon fest, weil die Behörde es genehmigt hat, dürfen wir auch nicht zu anderen Ergebnissen kommen.
Was getan worden ist bei alternativen Methoden, das liegt völlig im Dunkeln, da wird über drei Jahre geredet. Es ist wirklich noch nichts passiert! Der Akademische Senat hat vorgeschlagen, ja, wir wollen in zwei Jahren ein Forschungsprogramm vorgeschlagen bekommen, was gemacht werden kann. Da sind dann fünf Jahre vorbei. Das nennt sich dann perspektivisch aussteigen. Das ist ein ziemlicher Etikettenschwindel, was bisher gemacht worden ist.
Meine Damen und Herren, es ist in diesen drei Jahren genauso gekommen, wie wir es befürchtet und prophezeit haben. Unter der Überschrift „Tierversuche perspektivisch reduzieren“ sind die Versuche an Primaten überhaupt erst eingeführt worden. Das war die wirkliche Absicht und die wirkliche Perspektive! Alles, was darüber hinaus daringestanden hat, ist zunächst einmal dichter Nebel gewesen, wenn es denn nach den treibenden Kräften an der Universität Bremen und zum Teil hier in der Koalition geht. Wir sagen noch einmal: Die große Koalition erweist auch der Universität und ihrem Ruf einen Bärendienst, wenn sie die Versuche an den Affen einfach so weiterlaufen lässt, wie sie es offensichtlich will.
Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung! Der Antrag, den wir Ihnen heute vorgelegt haben, ist in meinen Augen ein faires Angebot. Er hält zum einen fest, was Sie ja selbst immer öffentlich gesagt haben, nämlich die Affenversuche so schnell wie möglich wieder aufzugeben, und er macht einen Vorschlag, wie in öffentlicher Debatte und nicht nur im behördlichen geheimen Verfahren das Pro und Kontra erneut ausgetragen werden kann. Wir sind überzeugt, nur ein solches Verfahren ist der öffentlichen Abwägung von Argumenten und auch Grundwerten, die ja inzwischen auch in unserer Landesverfassung verankert sind, angemessen. – Ich bedanke mich!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selbstverständlich werde ich dem Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/636, „Aus den Affenversuchen wieder aussteigen!“, uneingeschränkt zustimmen. Zumal dieser Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen fast wortgleich mit dem von mir schon vor einem Monat eingebrachten DVU-Antrag „Schluss mit
Tierquälereien an der Bremer Universität“ identisch ist, kann ich mich also diesbezüglich jetzt auch kurz fassen.
Meine Damen und Herren, wenn ich damit auch dazu beitragen sollte, dass die Abgeordneten vom Bündnis 90/Die Grünen hier endlich einmal wirklich effektive Arbeit leisten, indem sie zuerst die Anträge der Deutschen Volksunion hier scheinheilig ablehnen, sie dann aber einen Monat später fast den gleichen DVU-Antrag wortwörtlich abgekupfert hier wieder einbringen, so soll es mir auch recht sein, Hauptsache, die schrecklichen Tierversuche an der Bremer Universität werden endlich beendet und eingestellt. Meine Damen und Herren, es geht mir wirklich nur um die Sache, also um den Schutz der Tiere. Ich werde selbstverständlich meinem damaligen und fast wortgleich hier eingebrachten Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen uneingeschränkt zustimmen.
Gut! Herr Präsident, darf ich denn die „Bild-Zeitung“ mit Ihrer freundlichen Genehmigung zitieren? – Danke schön! „Bremens Politiker haben gelogen, dass sich die Balken biegen.“ Meine Damen und Herren, ich habe schon in meiner letzten Rede deutlich und unmissverständlich gefordert, dass die Experimente an Primaten an der Bremer Universität beendet werden müssen, denn es ist menschenunwürdig, wenn Menschen es weiterhin dulden und zulassen, dass Affen oder Tiere überhaupt im Primatenstuhl fest angeschnallt sind und aus deren Schädeldecke die Metallplatten mit den Elektroden herausragen. Stundenlang werden diese Tiere jeden Tag, zum großen Teil völlig unnötig, mit diesen Versuchen qualvoll gequält.
Wie Sie ja den „Bremer Nachrichten“ entnehmen konnten, geht Herr Dr. Kreiter ja davon aus, dass das Projekt verlängert wird oder verlängert werden muss, Herr Dr. Kuhn ist darauf ja schon eingegangen. Wenn das Projekt nicht verlängert wird, heißt das, Antwort von Herrn Dr. Kreiter, arrogant und lapidar: Na ja, das würde die zehn Affen im Institut auch nicht mehr retten. Sie würden dann eingeschläfert oder anderen Versuchslaboren zur Verfügung
gestellt werden. Meine Damen und Herren, so gewissenlos und skrupellos geht dieser Herr Dr. Kreiter mit Lebewesen um, die genauso wie wir Menschen große Schmerzen empfinden! Das darf nicht sein, und hier sage ich im Namen der Deutschen Volksunion: Macht endlich Schluss mit solchen unerträglichen Tierquälereien an der Bremer Universität!
Ich fordere Sie hiermit eindringlich auf, sich dafür einzusetzen, dass diese noch lebenden Affen in Herrn Dr. Kreiters Institut einem Zoo übergeben werden, wo sie dann halbwegs artgerecht den Rest ihres traurigen Lebens dann noch in Freiheit verbringen dürfen, damit diese armen Kreaturen nicht gänzlich den Glauben in das Gute am Menschen verlieren. Ich sage es immer und immer wieder, und wenn Sie es auch nicht mehr hören können: Was der Mensch dem Tier antut, dass kann er in seinem ganzen Leben nicht wieder gutmachen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie schon damals meinem Antrag nicht zugestimmt haben, dann stimmen Sie doch wenigstens jetzt und heute dem Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen zu! Das sind wir diesen armen gequälten und gepeinigten Kreaturen aus einer moralischen und menschlichen Verantwortung heraus einfach schuldig. – Ich bedanke mich!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen eines sicher nicht nötig haben, dann die inhaltliche Unterstützung der DVU bei der Entwicklung von Tierschutzanträgen oder bei Tierschutzaktivitäten, das wollen wir doch hier für das Haus einmal festhalten!
Ich bin, weil ich des Lesens mächtig bin, auch nicht der Überzeugung, dass der eine Antrag, inhaltlich und auch von der Fundamentierung, mit dem anderen sehr gründlich etwas zu tun hat, denn die Fragen sind doch sehr viel weitreichender. Herr Tittmann, Sie waren ja nicht in den letzten vier Jahren im Parlament, ich kann Ihnen sagen, dass die Kollegen sehr konsequent an dieser Frage arbeiten, aber das mühsame Geschäft, das wir hier machen, ist das, eine ganz schwierige gesellschaftliche Frage auszuhandeln und Konsense oder Kompromisse zu finden.
Da komme ich zu dem, was uns ja eigentlich die letzten Jahre beschäftigt hat. Wer sich an die letze Legislaturperiode erinnert, weiß, dass über Monate eine sehr quälende Debatte in der Öffentlichkeit ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
stattgefunden hat, eine Debatte, die auch in der Stimmung der Parlamentarier ihren Niederschlag gefunden hat. Kein Mensch, der sich damals zu dem Forschungsvorhaben geäußert hat, entschieden hat, hat sich diese Entscheidung leicht gemacht. Das wollen wir hier für all diejenigen sagen, die sich damit befasst haben, egal zu welchem Ergebnis sie individuell gekommen sind. Das hervorzuheben ist mir wichtig.
Als Kompromiss zwischen ganz verschiedenen gesellschaftlichen Überzeugungen von der Notwendigkeit der Forschung und von der Notwendigkeit der Tierversuche haben wir im Parlament mit sehr großer Mehrheit, Herr Dr. Kuhn hat darauf hingewiesen, den Antrag „Tierversuche perspektivisch reduzieren“ entwickelt. Dieser Antrag war von zwei Hauptgedanken geleitet, nämlich zunächst einmal, dass auch, und da wollen wir wirklich keine blauen Brillen aufsetzen, Grundlagenforschung ihren Beitrag zur Entwicklung anderer Forschungsfelder, möglicherweise auch medizinischer Forschung, leistet. Da muss man differenzieren, aber wir wissen, dass wir bei den Bremer Forschungsvorhaben hier keine unmittelbaren Beiträge zum Menschenheil leisten, alles andere wäre in diesem Zusammenhang hochgepuscht. Nichtsdestoweniger ist aber Grundlagenforschung ein wichtiger Bereich, der wie alle anderen Bereiche auch dem Primat der Wissenschaftsfreiheit unterliegt und in seiner Rechtsposition natürlich einen sehr starken Rang gegenüber anderen verankerten Rechten wie dem Tierschutz hat.
Das wissen Sie alle, wir haben das ausführlich diskutiert. Wir waren aber wohl der Meinung, dass, selbst wenn dieser DFG-geförderte Wissenschaftsteil beschlossen würde, man sich für eine bestimmte Zeit für Tierversuche entschließt, wir gleichzeitig Ausstiegsszenarien, Alternativszenarien und den Dialog mit denjenigen wollen, die aus guten ethischen Gründen gesagt haben, wir können Tierversuche nicht vertreten, wir müssen einen Dialog organisieren, und wir müssen seriös zu Ausstiegsszenarien kommen und Alternativen entwickeln.
Da nehme ich in meinem Beitrag ganz deutlich auf etwas Bezug, was Herr Dr. Kuhn gesagt hat, ich teile seine Einschätzung in sehr vielen Punkten, und ich rücke davon auch keinen Meter ab. Es ist gelungen, will ich hier positiv sagen, dass die Universität mit Hilfe anderer Kooperanten eine sehr wichtige Investition vorgenommen hat, um im Grunde die Alternativmethoden zu forcieren,
Entschuldigung, wir können das dialogisch gern klären, aber ich bin ja noch nicht fertig! Es ist jedenfalls gelungen, diese Mittel bereitzustellen, zumindest, sage ich einmal, sind die Weichenstellungen für diese technischen Voraussetzungen da.