Protocol of the Session on February 22, 2001

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Kleen hat eben schon gesagt, es ist ja noch nicht allzu lange her,

dass wir uns mit diesem Thema intensivst befasst haben. Deshalb will ich heute diesen Debattenbeitrag etwas kürzer gestalten als im Dezember letzten Jahres und lediglich hier einige Betrachtungen und einige wenige Einzelpunkte aufgreifen.

Ich will aber zunächst auch, wie der Kollege Kleen, noch einmal meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass wir es geschafft haben, relativ schnell zu einem Abschluss zu kommen, so wie wir es eigentlich auch angekündigt hatten, und dass wir nun hier im Februar, März dieses Jahres bereits diesen Abschluss dieses Gesetzeswerkes haben werden.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie sind aber bescheiden geworden, Herr Herderhorst!)

Ja, lassen Sie einmal! Dass wir also hier jetzt im Februar, März dieses Jahres abschließend beraten können, das, meine ich, ist wirklich anerkennenswert. Damit ist auch gleich der Dank an diejenigen verbunden, die das ermöglicht haben. Das sind im Besonderen die Mitarbeiter im Bereich des Senators für Inneres auf der einen Seite und des Senators für Justiz auf der anderen Seite.

Meine Damen und Herren, die Debatte vom Dezember ist bekanntermaßen, das haben die Medien ja vermeldet, auch noch durch Vorberatungen in dem, wenn ich so sagen darf, kleinen Koalitionsausschuss gegangen, der sicherlich auch noch eine Menge dazu beigetragen hat, dass es zu dieser geeinigten Fassung des hier vorliegenden Entwurfes gekommen ist.

Meine Damen und Herren, wenn man das Protokoll der Dezember-Sitzung über die Polizeigesetzdebatte nachliest und die Berichterstattung in den Medien wertet, dann kann man in der Tat das vorliegende Werk nicht hoch genug einschätzen. Damals wurde über offene Konflikte und Streit in der Koalition berichtet.

Das vorliegende Ergebnis, meine Damen und Herren, beweist das Gegenteil. In der Sache muss man eben ringen. Das heißt aber nicht, dass man keine Kompromisse finden kann, und zwar insbesondere auch keine faulen. Diese Kompromisse sind gefunden worden. Das beweist, dass die große Koalition auch in einem so wichtigen Feld wie dem des Polizeirechts durchaus konsensfähig ist.

Wir haben mit dieser Gesetzesvorlage, die wir heute in erster Lesung beschließen wollen, nach dem Änderungsgesetz von 1998, das betraf damals die organisatorische Neuregelung für die Polizei Bremen als Landespolizei, nun den zweiten abschließenden Schritt vor uns. Bis auf einige wenige Punkte enthält diese Vorlage alle Änderungsvorschläge der Koalitionsfraktionen. Es ist also gelungen, sowohl die Datenerhebung, -speicherung und -übermittlung entsprechend des Volkszählungsurteils von 1983 aktu

ell zu regeln und damit die Berufung auf die Generalklausel obsolet werden zu lassen, als auch Erfahrungen aus der Praxis in diesem Entwurf zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, wie eingangs angekündigt, will ich mich kurz fassen, dennoch gestatten Sie mir einige Anmerkungen! Wir begrüßen außerordentlich die Einführung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum als zweijährigen Modellversuch. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich diese Einrichtung sowohl präventiv als auch repressiv polizeilich positiv auswirken wird.

Die Neuregelung des Platzverweises mit der Möglichkeit der In-Gewahrsam-Nahme und das geregelte Aufenthalts- und Durchquerungsverbot wird die polizeiliche Arbeit in der Praxis wesentlich erleichtern und – und das gilt für das Gesamtwerk – die nötige Rechtssicherheit beim Einschreiten für die Beamtinnen und Beamten erbringen. Wir begrüßen ferner, dass es an verschiedenen Stellen Präzisierungen gegeben hat, wie zum Beispiel im Paragraphen 1 die Regelung, dass Gefahrenabwehr für die öffentliche Sicherheit auch die Verhütung von Straftaten umfasst.

Meine Damen und Herren, weitere Punkte, die gewünscht und geeinigt wurden, sind die Rasterfahndung, akustische Raumüberwachung, verdeckte Ermittler. Ich gehe, wie gesagt, nicht näher darauf ein, weil sie in aller Breite debattiert wurden. Im Übrigen sei mir der Hinweis gestattet, Herr Kollege Kleen hat das angesprochen, dass im Paragraphen 36 eine Kontrollinstanz eingerichtet wird. Es ist meine Auffassung, und ich glaube, auch die Kollegen der SPD sind der Auffassung, dass wir diesen Ausschuss nicht überbesetzen, das heißt also, dass pro Fraktion ein Vertreter reichen sollte, um die nötige Arbeit zu leisten. Dies ist insgesamt das Ergebnis intensiver Beratungen und stellt nicht nur die Aktualisierung und Präzisierung des geltenden Polizeigesetzes dar, sondern wird als besonders brauchbares, nützliches wie praktikables Instrument für die polizeiliche Arbeit der Zukunft dienen.

Meine Damen und Herren, ich komme nun zu wenigen Punkten, die in dieser Vorlage noch fehlen. Erstens: Wir hoffen, uns mit unserem Koalitionspartner bis zur zweiten Lesung im März 2001 auf eine Regelung zu einigen, die den finalen Rettungsschuss so regelt, dass sich niemand in seiner vertretenen Auffassung verbiegen muss, sie dennoch als Regelung den Mindestanforderungen für den Schusswaffengebrauch entspricht. Dabei gelten, glaube ich, ohne es erneut ausführlich an dieser Stelle zu begründen, sowohl die Fragen nach der Einschränkung des Rechts auf Leben und nach dem mit Wahrscheinlichkeit tödlich wirkenden Schuss oder auch die Frage nach der Anordnung oder Freigabe des Schusswaffengebrauchs für lösbar. Wie und in welcher Form das geregelt werden kann, bleibt den Gesprä

chen vorbehalten. Sicher wären niedersächsische oder auch Hamburger Regelungen überlegenswert.

Zweitens: Meine Fraktion tritt von der Forderung, verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollen festzuschreiben, zurück, auch wenn wir nach wie vor überzeugt sind, dass insbesondere zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität eine solche Regelung wünschenswert und sinnvoll wäre. Wir berücksichtigen aber, dass der BGS diese Befugnis hat und deshalb im Außengrenzbereich dafür einsetzbar ist und ferner die Polizei hier in Bremen nach den bisherigen Regelungen auch weiterhin verfahren kann.

Drittens: Mit unserem Koalitionspartner werden wir versuchen, auch das so genannte Wegweisungsrecht, auch das hat Kollege Kleen angesprochen, noch bis zur zweiten Lesung einarbeiten zu lassen. In der Sache sind sich alle drei Fraktionen, denke ich, einig, wie ich auch weiß. Deshalb gehe ich auch nicht weiter darauf ein. Dennoch hoffe ich, dass wir dazu auch in diesem Zuge der Aufarbeitung noch Ingewahrsamsregelungen mit hineinbringen können, weil ich glaube, dass die an dieser Stelle sehr viel Sinn machen würden.

Viertens: Meine Damen und Herren, aktuell berichteten die Medien gerade über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der Staatsanwaltschaft und Polizei nur noch nach strengeren Kriterien Durchsuchungen beim sofortigen Vollzug vornehmen können. Ohne die Fragestellung, die sich aus diesem Urteil ergibt hinsichtlich Richterinanspruchnahme bei Durchsuchungsanordnungen oder auch exzessive und missbräuchliche Anwendung der Eilkompetenz, also beim sofortigen Vollzug durch Strafverfolgungsbehörden, an dieser Stelle zu kommentieren, halte ich es allerdings für erforderlich, dass auf Basis dieses Bundesverfassungsgerichtsurteils das vorliegende Polizeigesetz in den Paragraphen 19 folgende unter Umständen nachgebessert werden muss. Darum möchte ich den Senat sehr bitten, so dass wir auch hier die Möglichkeit haben, diese Notwendigkeiten bei der zweiten Lesung berücksichtigen zu können.

Meine Damen und Herren, einen letzten Punkt darf ich, obwohl er im Prinzip in die Stadtbürgerschaft gehört, dennoch in den meisten Polizeigesetzen der Länder ausdrücklich geregelt und bei uns seit 1983 nicht mehr in Paragraph 1 enthalten ist, ansprechen. Er betrifft die öffentliche Ordnung. Ich nenne ihn noch einmal als Denkanstoß in Richtung Ergänzung des Ortsgesetzes über die öffentliche Ordnung. In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen kurz einen Auszug aus der Zeitschrift zum einundzwanzigsten Bundeskongress der GdP hier in Bremen vor zwei Jahren vortragen, weil er deutlich macht, warum wir unsere Forderung aufrechterhalten. Mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich:

„Trotz eines leichten Rückgangs der Gesamtkriminalität geben die Steigerungsraten der Jugend

und Gewaltkriminalität Anlass zur Sorge. Zudem registrieren die Bürgerinnen und Bürger zunehmend Störungen der öffentlichen Ordnung, Regelverletzungen, unerwünschte Verhaltensweisen und Verwahrlosung des unmittelbaren Lebensraums. Aus all dem nährt sich ein wachsendes Gefühl des Unwohlseins, der Unsicherheit, der Bedrohung und des Verlustes an Lebensqualität insgesamt.

Probleme der inneren Sicherheit rangieren in vielen Umfragen über die dringlichsten Sorgen der Bevölkerung an zweiter Stelle, direkt hinter der Arbeitslosigkeit. Dabei wird immer wieder deutlich, dass damit nicht nur Straftaten gemeint sind, auch der sichtbare Zustand der Städte und Gemeinden vor allem in den Ballungsräumen als Sachbeschädigung, Verunreinigung, aggressives Betteln, Lärmbelästigung und auch Angst, angepöbelt beziehungsweise angegriffen zu werden. Die Menschen verlangen nicht nur nach Schutz vor Kriminalität, sondern auch nach Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung.“

Wer also Ordnung will, muss beides gleichzeitig tun, gesellschaftliche Ursachen für Fehlentwicklungen bekämpfen und eine neue Ordnung in diesem Sinne schaffen und unmittelbar gegen Missstände bei der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorgehen. Insofern ist hier einerseits die Gesetzgebung gefragt, auf der anderen Seite sicherlich auch die, die Gesetze vollziehen, nämlich die Polizei.

(Glocke)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss! Abschließend darf ich noch einmal feststellen, dass der vorliegende Entwurf beschlussreif ist und unsere uneingeschränkte Zustimmung findet. Die Hoffnung ist groß, dass wir bis zur zweiten Lesung die genannten Punkte noch hinbekommen und damit dieses zukunftsbeständige Werk komplettieren.

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie merken an der Debatte, dass in dieser Frage die großen Schlachten geschlagen sind, dass wir im Prinzip eine Einigung der Koalition haben und heute im Grunde genommen an dieser Stelle nur noch einmal zusammenfassen, was sich eigentlich getan hat.

Seit etwa zwei Jahren, im Grunde genommen aber auch schon in die vorhergehende Legislaturperiode hineinreichend, wurde die Novellierung des Polizeigesetzes kontrovers diskutiert. Schon allein ausgehend von den Vorgaben des Bundesverfassungsge––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

richts im Anschluss an das so genannte Volkszählungsurteil war ja auch eine ganze Reihe von datenschutzrechtlichen Bestimmungen überfällig, so dass eine Novelle in jedem Fall auch hier in Bremen anstand.

Die CDU wollte diese Novelle, die sowieso anstand und die wegen des Datenschutzes vorgesehen war, im Prinzip dazu nutzen, eine in ihrem Sinne wesentliche Korrektur der Politik der inneren Sicherheit in Bremen durchzusetzen, noch mehr, als dies jetzt auch in dieser Vorlage geschieht, Bürgerrechte einzuschränken, um damit einen deutlichen Wandeln in der bremischen Innenpolitik am Symbol Polizeigesetz vollziehen zu können. Verdachtsunabhängige Kontrollen, Todesschuss, Videoüberwachung, Platzverweis, alle diese Dinge wollte die CDU durchsetzen, weil sie darauf setzte, dass sie mit diesem Profil der inneren Sicherheit einen wesentlichen Markstein setzen wollte.

Sie haben von Anfang an gemerkt, auch in der öffentlichen Debatte, dass sich nicht nur Grüne und Sozialdemokraten, sondern auch zahlreiche andere, Juristen, demokratische Gruppen, Bürgerrechtsgruppen und so weiter, das gesamte liberale Spektrum dieser Stadt, das ja nicht gerade klein ist, gegen diese Art und Weise der Veränderung der Zustände hier im Lande Bremen zur Wehr gesetzt haben. Es gab in der Sache ja auch durchaus kontroverse Diskussionen, das wurde bereits von meinen Vorrednern angesprochen, auch die Gewerkschaft der Polizei war ja zum Beispiel in manchen Punkten eher auf dieser und in anderen Punkten, wie zum Beispiel bei der verdachtsunabhängigen Kontrolle, eher auf der anderen Seite.

Wir können heute feststellen, dass der Versuch der CDU, sagen wir einmal, hier wesentliche und sehr weitreichende Korrekturen an der bremischen Politik anzubringen, gescheitert ist. Sie haben sich mit Ihren zentralen, vor allen Dingen mit den symbolisch besonders bedeutenden Vorhaben nicht durchgesetzt. Es ist natürlich für uns Grüne positiv zu bewerten, dass wir dadurch nach wie vor ein relativ liberales Polizeigesetz in dieser Republik behalten, wofür wir uns in Bremen nicht schämen müssen, sondern worauf wir in Bremen nach wie vor, so wie das bisher immer war, stolz sein können. Das ist jedenfalls die Position der Grünen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie mich auch nur in aller gebotenen Kürze zu einigen der angesprochenen Punkte kommen, die letztendlich in der Debatte die entscheidende Rolle gespielt haben! Wir hatten da zum einen die Frage des polizeilichen Todesschusses oder finalen Rettungsschusses. Ich bin mir nicht sicher, ob es immer möglich ist, wenn zwei so gegensätzliche Positionen einander gegenüberstehen, wie das in dieser Frage zwischen CDU und SPD war, durch einen For

melkompromiss, wie er in dem so genannten kleinen Koalitionsausschuss, wie er eben genannt worden ist, festgehalten worden ist, tatsächlich überhaupt einen gangbaren Weg zu finden.

Herr Herderhorst hat angekündigt, komischerweise Herr Kleen nicht, aber ich denke einmal, da werden sie sich vielleicht noch zusammenfinden, dass zwischen der ersten und der zweiten Lesung hier eine Einigung stattfinden soll. Bei dem, was aus dem Rathaus vom Koalitionsausschuss allerdings an die Öffentlichkeit gedrungen ist, ist es überhaupt kein Wunder, dass das bisher noch nicht zu Papier gebracht worden ist und auch noch nicht in diesem Entwurf steht, weil es ganz danach aussah, dass Sie einfach diese zwei unvereinbaren Positionen nicht zusammenbekommen werden und von daher auch durch irgendwelche Formeln, die sehr merkwürdig klangen, die überhaupt nicht konkretisiert waren, die sehr schwammig im Raum standen, es nicht schaffen werden, sie in wirklich rechtsfeste und konkrete Regelungen umzusetzen. Deswegen kann es auch sein, und das muss bei aller Kompromissfreudigkeit in Koalitionen auch ab und zu sein, dass man sich für den einen oder für den anderen Weg entscheiden muss.

Wir Grüne haben von Anfang an unmissverständlich gesagt, dass wir uns für den Weg des Verzichts auf den polizeilichen Todesschuss entschieden haben. Wenn das die SPD auch getan hat, dann kann es sein, dass es auch keine Formelkompromisse oder Wischiwaschi-Kompromisse oder -Formulierungen geben kann, um sich aus der Problematik ein bisschen herauszustehlen. Entweder man nimmt diese Regelung ganz vom Tisch, aber sie halb vom Tisch zu nehmen, das kann meiner Meinung nach überhaupt nicht in Frage kommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nicht zuletzt, und das ist jetzt ein ganz konkretes und pragmatisches Problem, wenn Sie jetzt eine unbestimmte Regelung nur um des Kompromisses willen finden, verunsichern Sie ja Polizei und Bürger gleichermaßen, weil dann keiner mehr weiß, was letztendlich wirklich gilt, was bei den klaren Positionen noch wenigstens einigermaßen der Fall ist.

In der Frage der Videokontrolle öffentlicher Straßen und Plätze haben wir immer klar gesagt, dass wir in der Abwägung – und diese Abwägung zwischen Einschränkung der Bürgerrechte und realen Zugewinnen bei der Kriminalitätsbekämpfung muss man ja schließlich immer machen – unter dem Strich sagen, dass diese Videoüberwachung öffentlicher Plätze unnötig ist. Es gibt die Erfahrungen, dass trotz massiver Überwachung öffentlicher Plätze, wie zum Beispiel in London, gerade die Delikte, die im öffentlichen Raum stattfinden, in den letzten Jahren zum Teil massiv mit über 50 Prozent angestiegen sind. Auch in der Fachdiskussion wird oft von der

Verlagerung der Kriminalität in andere Bereiche gesprochen.

Wir Grüne haben aber noch einen anderen Grund, gegen diesen Vorstoß zu sein. Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir für die Präsenz von Polizeibeamten aus Fleisch und Blut auf den Straßen und Plätzen sind. Das ist ja auch in allen Umfragen gesagt worden, dass das der Punkt ist, der bei den Bürgerinnen und Bürgern in Bremen in allen Stadtteilen am besten ankommt. Es ist ohne Frage, wir werden es bei den Haushaltsberatungen wieder erleben, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Maßnahmen wie Videoüberwachung und anderen und einem weiter fortschreitenden Stellenabbau bei der Polizei. Es wird ganz deutlich werden, dass in den Haushaltberatungen 2002/2003 alle Versprechungen des Innensenators, nicht weiter Polizeibeamtenstellen abzubauen, wahrscheinlich wieder einmal nicht eingehalten werden können.

Deswegen sagen wir, statt Kameras, die die Lage vor Ort nur überwachen, wollen wir Polizeibeamte aus Fleisch und Blut, Kontaktbereichsbeamte und andere Beamte, die nicht nur überwachen, sondern die im Unterschied zu einer Kamera, das ist relativ leicht einsehbar, natürlich auch gleich eingreifen können, wenn etwas geschieht. Hier sind uns Menschen jedenfalls sehr viel mehr wert, und auch die Mittel hierfür sollten eingestellt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben bei der Videoüberwachung gesagt, wir machen einen Modellversuch von zwei Jahren. Das ist eine Absichtserklärung der großen Koalition, das ist richtig, aber im Gesetz ist das so nicht hinterlegt. Im Gesetz wird zunächst einmal die rechtliche Möglichkeit für die Videoüberwachung der öffentlichen Plätze ohne Befristung geschaffen, das heißt, auch nach dem Ablauf von zwei Jahren ist selbstverständlich die Gesetzesänderung weiter gültig, so dass hier von einer Befristung überhaupt nicht gesprochen werden kann. Meiner Ansicht nach ist der „Modellversuch“ von zwei Jahren nur ein Weg, um Bedenken in der Bevölkerung zu mildern und so etwas wie eine Vorläufigkeit des Beschlusses anzudeuten, die so durch den Gesetzesvorschlag überhaupt nicht gegeben ist. Deswegen lehnen wir ihn auch in diesem Punkt ab.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Präventionsbegriff, darüber haben wir uns von Anfang an gestritten, ist jetzt deutlich anders in Ihrer Fassung des Polizeigesetzes, als es ein grüner Präventionsbegriff ist. Wir fassen unter Verhütung von Kriminalität im Wesentlichen soziale, bauliche und kommunikative Aktivitäten in den Stadtteilen.

Denken Sie nur an den Umbau von Großwohnanlagen, an Beleuchtung bei Haltestellen, an Jugendarbeit, an Sport, an so viele Initiativen im Sinne der Prävention, die in den Stadtteilen passieren! Ihr Präventionsbegriff ist nun im neuen Polizeigesetz dahingehend ausgeführt worden, dass Sie im Wesentlichen wollen, dass polizeiliche Maßnahmen tiefer und breiter, auf jeden Fall weiter im Vorfeld ansetzen können, als das bisher möglich ist. Hier haben wir einen grundlegenden Unterschied in unseren beiden Präventionsbegriffen. Das wird nicht zuletzt deutlich beim Platzverweis und bei der In-Gewahrsam-Nahme.

Wir haben, das müssen wir hier gar nicht anführen, noch weitere Punkte in der Innendeputation vereinbart, die wir zwischen der ersten und der zweiten Lesung noch einmal abarbeiten wollen. Ich nenne nur einen: Die parlamentarische Kontrolle der Überwachungsmaßnahmen gehört dazu. Hier hatten wir eingefordert, dass das parlamentarische Kontrollgremium, das durch das neue Gesetz geschaffen wird, auch die Kosten und die Ergebnisse solcher Überwachungsmaßnahmen berichtet bekommt, um letztendlich eine Kosten-Nutzen-Analyse einer solchen Maßnahme treffen zu können, die ja nicht aus irgendwelchen Gründen gemacht wird, sondern um auch konkrete Ergebnisse zu erzielen.

Als letzten Punkt lassen Sie mich noch einmal die Frage des Wegweisungsrechts für prügelnde Ehemänner ansprechen! Das ist in der Tat für mich ganz unverständlich gewesen, was hier von meinen beiden Vorrednern gesagt worden ist. Wir haben einen Gesetzentwurf in erster Lesung auf dem Tisch, der keine dieser Regelungen enthält, und über den wird heute abgestimmt. Sie sagen immer, das ist ja positiv, dass wir jetzt eine Regelung zum Wegweisungsrecht für gewalttätige Ehemänner bekommen, es steht aber kein Wort davon darin.