Im Ergebnis will uns somit die jetzige Bundesregierung erklären, dass durch eine ständig steigende Steuerbelastung in Deutschland mehr Arbeitsplätze entstehen können. Herr Schröder ist also der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, der den Versuch unternimmt, der Öffentlichkeit zu erklären, dass Steuererhöhungen zu Arbeitsplätzen führen, meine Damen und Herren!
Von Ihrem Weg, die Sozialversicherungsbeiträge auf unter 40 Prozent abzusenken, sind Sie längst abgekommen. Eine Fortsetzung Ihrer Politik führt zu einer Abgabenbelastung aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen im Jahr 2005 von über 54 Prozent, ganze 0,3 Prozent niedriger als im Jahr 1998! Eine normale Arbeitnehmerfamilie spart mit den von Ihnen heruntersubventionierten Sozialbeiträgen allenfalls 300 DM im Jahr.
Im selben Zeitraum aber zahlt ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt wegen der hohen Energiekosten mindestens 1000 DM mehr!
Meine Damen und Herren, das hat mit einer sozialverantwortlichen Politik für Arbeitnehmer wirklich nichts zu tun! Die rotgrüne Bundesregierung behauptet immer wieder, dass das durch die Ökosteuer abkassierte Geld vollständig in die Rentenversicherung fließt. Auch durch ständige Wiederholung wird Falsches nicht wahr! Die Einnahmen aus der Ökosteuer kommen eben nicht im vollen Umfang der Absicherung der Rentenversicherungsbeiträge zugute. Im Jahr 2003 werden es 38 Milliarden DM Ökosteuer sein, davon könnte man den Rentenversicherungsbeitrag um drei Prozentpunkte absenken. Er wird aber unverändert bei über 19 Prozent liegen! Sie kassieren ab, und ein erheblicher Teil davon fließt in den Bundeshaushalt.
Statt den Schadstoffausstoß aber zu begrenzen und damit den Energieverbrauch tatsächlich zu begrenzen, benötigen Sie einen hohen Energieverbrauch, damit Sie Ihre Steuereinnahmen erzielen können. Ihre Botschaft lautet also: Je mehr Energie verbraucht wird, desto mehr Arbeitsplätze können geschaffen werden. Dabei ist die neu geschaffene Entfernungspauschale von Ökologen und Grünen wie ein Ei des Kolumbus gefeiert worden, weil mit ihr vermeintlich die Quadratur des Kreises gelingt. Indem künftig nicht mehr nur der Autopendler, sondern auch der Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel Fahrtkosten absetzen kann, werden Privilegien des Pkw-Benutzers abgeschafft und gleichzeitig erhöhte Aufwendungen aufgrund steigender Benzinpreise abgefedert.
Niemand in der Umweltbewegung hat offensichtlich bemerkt, wie kontraproduktiv sich dieses neue Instrument für die Umwelt tatsächlich auswirkt. Mit der Entfernungspauschale wird die Zersiedlung der Großstädte und der Verkehr weiter zunehmen,
da das Wohnen im Umland in den Genuss neuer beziehungsweise erhöhter Subventionen gelangt. Welch ein ökologischer Wahnsinn!
Für Bremen bedeutet dies zudem die Gefahr eines weiteren Verlustes von Einwohnern an das niedersächsische Umland. Daran kann Bremen verständlicherweise nicht interessiert sein!
Meine Damen und Herren, das Fazit: Die Ökosteuer ist unsozial. Die Ökosteuer stellt den Umweltgedanken auf den Kopf. Die Benutzung der umweltschonenden Verkehrsmittel wird für die Bürger teurer, weil auch Bus und Bahn Ökosteuer zahlen müssen. Umweltfreundliche Energiequellen wie Strom aus Wind, Sonne, Wasser sind ökosteuerpflichtig, klimaschädliches CO2 aus Kohle von der Ökosteuer be
freit. Die Ökosteuer ist ungerecht. Große und kleine Betriebe werden unterschiedlich behandelt. Damit wird sich im Übrigen, Sie wissen das, das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Die Ökosteuer führt zu mehr Bürokratie. Statt Transparenz schafft die Bundesregierung durch Ausnahmeregelungen erheblichen Mehraufwand bei der Steuererhebung und Steuerprüfung.
Meine Damen und Herren, die Ökosteuer vernichtet Arbeitsplätze. Durch nationale Besteuerung von Energie entsteht eine Wettbewerbsverzerrung. Die Ökosteuer hat weder etwas mit vernünftiger Steuerpolitik noch etwas mit dem Arbeitsmarkt zu tun, noch entspricht sie dem, was wir bezüglich des Klima- und Umweltschutzes in der Bundesrepublik Deutschland brauchen.
Schaffen Sie, meine Damen und Herren von Rotgrün, endlich die Ökosteuer ab, damit Deutschland nicht das einzige Land bleibt, in dem die Rentenbeiträge an der Tanksäule bezahlt werden!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schrörs, bei einigen Ausführungen könnten wir uns treffen. Wenn ich sie so interpretiere, dass wir gemeinsam darüber nachdenken sollten, wie wir die Ökosteuer optimieren, denn bei einigen Ausnahmetatbeständen der Ökosteuer bin ich persönlich auch nicht ganz glücklich, und auch die Frage, ob die Anhebung der Entfernungspauschale genau das Richtige ist oder ob man nicht noch andere Maßnahmen ergreift, finde ich interessant.
(Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Schaffen Sie erst einmal die Ökosteuer ab, dann kön- nen wir weiter darüber reden!)
Genau da ist dann der Unterschied, den Sie offensichtlich Ihren Parteioberen wenigstens vor drei Jahren nicht so gesagt hätten. Da haben diese das nämlich alle noch mit den gleichen Grundprinzipien befürwortet.
Herr Schrörs, lesen Sie einmal die Zitate von Frau Merkel, Herrn Schäuble und so weiter, das sind ja alles Ihre Parteikollegen! Ich hatte gedacht, die CDU würde dazu stehen.
Herr Schrörs, eine Vorbemerkung noch: So sehr ich Sie intellektuell schätze, eines haben Sie leider bei der ganzen Angelegenheit nicht begriffen. Dies
ist aber eine entscheidende Frage: Wir haben keine Entlastung für die Ökosteuer eingeführt! Das halten wir nämlich für grundfalsch! Die Ökosteuer hat das Ziel, und dazu stehen wir, dass der Energiepreis steigen soll, um eine ökologische Umlenkung von Investitionen und eine Senkung des Energieverbrauchs zu erreichen. Deswegen ist im Übrigen auch der Nahverkehr mit betroffen, denn natürlich kostet auch der Nahverkehr Energie. Mobilität an sich verursacht ökologische Probleme. Natürlich wird man Ökologie nicht vermeiden können, aber man kann nicht sagen, dass uns das alles nicht interessieren muss.
Die Entlastungen sind aber notwendig geworden, weil die Mineralöl- oder Energiepreise deutlich stärker gestiegen sind, als es beabsichtigt war. Wir befürworten einen moderaten Anstieg, damit für Umbauprozesse Zeit bleibt. Genau dies ist durch andere Faktoren, beispielsweise den starken Dollar, Rohölpreiserhöhungen und aber auch Konzerngewinne – die Konzerne sind ja nicht völlig Unbeteiligte in dem Zusammenhang –, nicht gelungen. In der Folge ist der Preis so stark gestiegen, dass soziale Ungerechtigkeiten aufgetreten sind und insbesondere Gruppen stark mit betroffen sind, die eben keine Entlastungswirkungen durch die Ökosteuer haben.
Deshalb, haben wir gesagt, brauchen wir eine Entlastung. Das hat aber nichts mit der Ökosteuer an sich tun, die wir befürworten, sondern wir sagen, der Energiepreis muss moderat steigen, damit die Menschen sich darauf auch einstellen können.
Sie sollten sich einmal die Dieselpreise ansehen! Dann würden Sie wissen, dass wir auch im Vergleich zu Frankreich – selbst nach der Entlastung, die in Frankreich eingeräumt wurde – immer noch auf einem ähnlichen Preisniveau beim Diesel liegen. Wenn wir uns über das Speditionsgewerbe unterhalten, da gibt es andere Hemmnisse und Wettbewerbsverzerrungen, darüber können wir gern reden.
Interessant ist, dass Sie zu den finanziellen Belastungen, worauf sich eigentlich die Anfrage bezog, nämlich, was das für Bremen kostet und dass Bremen damit auch belastet wird, nichts gesagt haben. Das finde ich allerdings sehr gut, weil Sie hier genau auf den richtigen Kurs zurückkommen. Wenn man so viel Solidarität von den anderen Bundeslän
dern und vom Bund braucht und im Moment ja auch Milliarden DM bekommt, ist es nicht besonders ergiebig, sich über zehn, 15 Millionen DM zu streiten. Die Art der Entlastung bedient natürlich Interessen anderer Bundesländer, weswegen dies dann so finanziell geregelt wird.
Das scheinen Sie inzwischen aber auch zu akzeptieren. Das finde ich erst einmal gut so, weil wir sehen müssen, dass natürlich auch Bremen innerhalb eines Interessengeflechtes eingebunden ist. Dabei müssen wir natürlich deutlich machen, dass die Art und Weise, wie entlastet wird, zwar nicht ganz in unserem Interesse ist, aber wir das unter bestimmten Prämissen dennoch mittragen.
Jetzt möchte ich aber auf einen Punkt eingehen, den ich auch langsam sehr wichtig finde, weil es die dritte oder vierte Vorstellung ist, die wir hier zur Ökosteuer haben: Die Heuchelei der CDU geht mir langsam, aber sicher auf den Geist!
und deren hohen Steueranteil. Da hat die CDU plötzlich Probleme, etwa wegen der kleinen Leute, die davon besonders stark betroffen sind, oder wegen des Speditionsgewerbes. Da frage ich mich: Was ist eigentlich unter Ihrer Zeit in der Bundesregierung bei Herrn Kohl gemacht worden? Wie ist da die Mineralölsteuer in welchen Schritten, mit welchen Stufen erhöht worden, und zwar nicht, um irgendwie umzulenken, sondern schlicht, um Haushaltslöcher zu stopfen?
Das summiert sich auf 55 Pfennig! Wenn Sie das hier anprangern, dann frage ich: Weswegen prangern Sie eigentlich nicht Ihre eigene Regierungszeit an, oder haben Sie damals laut geschrien? Ich habe es nicht vernommen!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Sie lenken doch gar nicht um! Wenn Sie das einmal tun würden!)
Die zweite richtige Heuchelei ist, auf der einen Seite immer von Umwelt zu reden und zu sagen, wir wollen natürlich auch die Umwelt schützen, aber gleichzeitig immer dann, wenn es ernst wird, die Um
weltschutzanliegen entweder verbal niederzumachen oder zu versuchen, diese aus dem Wirtschaftsressort zu blockieren.
(Abg. F o c k e [CDU]: Das ist doch keine Umweltpolitik, die ihr macht! – Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen])
Darin spiegelt sich ein Bewusstsein, wie es in den siebziger Jahren in der Bundesrepublik weit verbreitet war. Ökologie erzeugt nur Kosten und ist ein Gegensatz zur Ökonomie. Das ist genau Ihre Realpolitik, die dabei herauskommt!
Dieses Verständnis haben wir lange überwunden, Gott sei Dank ist heute die Überzeugung – auch bei der rotgrünen Bundesregierung – handlungsleitend, dass nur, wenn es ökologisch vernünftig läuft, eine erfolgreiche gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung auf Dauer möglich ist. Dafür brauchen wir einfach die Ökosteuer, Herr Schrörs. In Regierungszeiten denkt man ja manchmal rationaler, das merkt man auch in Bremen, da denken Sie auch manchmal rationaler über bestimmte Probleme.