Protocol of the Session on January 24, 2001

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Teiser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schuster, Sie haben vorhin den Begriff Heuchelei benutzt.

(Zuruf von der SPD: Treffend!)

Ich will den auch gar nicht zurückweisen, weil ein solcher Begriff natürlich zu einer parlamentarischen Auseinandersetzung gehört wie das Veröffentlichen von Wahlplakaten. Insofern haben wir damit kein Problem, aber ich will auf diesen Begriff natürlich eingehen, weil ich eine Heuchelei sehe, allerdings nicht da, wo Sie sie sehen.

Sie haben in Ihrem Beitrag völlig zu Recht gesagt, mit lauter Stimme: Hat nicht auch in den achtziger und neunziger Jahren die CDU/FDP-Bundesregierung die Mineralölsteuer erhöht? Jawohl, das haben wir!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Mehrmals!)

Aber wir haben sie erhöht und haben begründet, dass wir diese Steuereinnahmen für die Ausgaben des Bundeshaushaltes benötigen. Wir haben nicht der Bevölkerung vorgeheuchelt, dass wir damit ökologische Ziele verfolgen oder damit die Rentenversicherung sanieren. Geheuchelt hat Ihre Bundesregierung, die den Bürger abkassiert

(Beifall bei der CDU)

mit dem Hinweis, das ist doch für deine Kinder und Kindeskinder, damit die in einer lebenswerten Umwelt leben können, das ist für euch Alten, die damit die Renten gesichert bekommen, und eigentlich tut die Bundesregierung nur Gutes.

Die Wahrheit ist, ein kleiner Teil davon wird in die Rentenversicherung gegeben, um die Rentenversicherungsbeiträge halbwegs konstant zu halten, und der Rest wird in den Bundeshaushalt einkassiert, genauso wie seinerzeit die Steuererhöhungen der Mineralölsteuer in den Bundeshaushalt geflossen sind. Also sagen Sie den Leuten ganz konkret, was mit dem Geld gemacht wird, und erwecken Sie nicht den falschen Eindruck, denn wer einen falschen Eindruck erweckt, der heuchelt, und nicht derjenige, der offen die Steuer erhöht, weil diese Gelder gebraucht werden!

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Mützelburg, Ihre Berechnungen hören sich natürlich ganz toll an, seinerzeit waren es ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

81 Prozent Staatsanteil, jetzt sind es nur 70. Gehen Sie einmal hinaus in die Bevölkerung, und fragen Sie, ob sie lieber 81 Prozent Staatsanteil akzeptieren bei einem Mineralölpreis von 1,53 DM oder ob sie 70 Prozent bei 2,04 DM haben wollen! Da sage ich Ihnen, da ist das Erste natürlich sehr viel akzeptabler.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen, weil Sie das so vehement von sich gewiesen haben, und in Flächenstaaten würde ich das sogar akzeptieren: Wir als Stadtstaat, Bremen und Bremerhaven, haben Studien in Auftrag gegeben, um festzustellen, wie man denjenigen, die aus unseren Städten hinausziehen und sich Häuser 20 bis 30 Kilometer hinter unseren Stadtgrenzen bauen, denn deutlich machen und nachweisen kann, dass es sich zum Schluss wegen der vermehrten Kosten, um an ihren Arbeitsplatz in die Oberzentren zu kommen, nicht rechnet.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Durch eine bessere Politik würde ich vorschlagen!)

Sie haben im Prinzip hier deutlich gemacht, dass es für uns gar keine Rolle spielt, ob die Entfernungspauschale so oder so ist. Je mehr Sie auf dieses Mittel setzen, umso mehr machen Sie den Leuten klar, dass sie die Vorteile von geringeren Bodenpreisen in Anspruch nehmen können, weil sie 30 Kilometer außerhalb Bremerhavens oder Bremens wohnen, das, was sie an Mehrkosten haben, was normalerweise zum Nachdenken anregt, dann eben durch eine Entfernungspauschale kompensiert wird und es völlig reicht, wenn sie in Bremen oder Bremerhaven ihrer Arbeit nachgehen und uns dann letztendlich die Steuern entgehen. Wenigstens in den beiden Bereichen hätten sie es sich noch einmal überlegen müssen.

Lieber Herr Mützelburg, da will ich noch einmal ganz zum Abschluss einen Hinweis geben, weil Sie auch so sehr in der Historie herumgekramt haben mit Ihrem Hinweis: Machen Sie doch Vorschläge! Wir haben dafür gesorgt, dass Katalysatoren gesetzliche Pflicht werden. Sie als grüne Umweltpartei haben das damals als Unsinn abgelehnt. Schauen Sie sich einmal heute um! Fast alle Pkw haben Katalysatoren, und nur Restbestände sind noch da, die die Umwelt überproportional verschmutzen. Da sollten Sie einmal überlegen, ob Sie selbst in der Vergangenheit immer richtig gehandelt haben. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Schuster.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Teiser, noch einmal eine kurze Replik, weil ich es wichtig finde, dass es nicht falsch herüberkommt. Wenn Sie uns schon den Vorwurf der Heuchelei zurückgeben, dann bleiben Sie wenigstens bei den Fakten! Dann können wir über alles reden. Allerdings haben Sie gesagt, wir hätten vorgegaukelt, wir wollten mit der Ökosteuer ökologische Ziele verwirklichen und damit Lohnnebenkosten senken, und das hätten wir nicht getan. Ich will noch einmal versuchen, Ihnen zu erklären, was da genau passiert ist.

(Abg. T e i s e r [CDU]: Nicht in dem Um- fang, wie Sie das Geld eingenommen ha- ben!)

Dann müssen Sie sich die Zahlen einmal genau anschauen. Wenn Sie sich das einmal genau anschauen und Statistiken auch lesen und nicht nur darüber reden, dann wird das deutlich werden. Die Summen, da gebe ich Ihnen Recht, fallen um 400 Millionen DM auseinander. Aber bei 32 Milliarden DM ist das keine dramatische Differenz. Wir haben mit der Ökosteuer bezweckt, dass wir einen ökologischen Lenkungseffekt erzielen wollen. Dieser tritt auch ein. Der Spritverbrauch sinkt, und zwar nicht, weil die Leute mangels Geld nur weniger fahren, sondern weil sie verstärkt spritsparende Autos nachfragen und die Industrie diese auch anbietet. Dadurch ist der Spritverbrauch in der Bundesrepublik inzwischen um über fünf Prozent gesunken. Das ist genau die richtige Entwicklung, die wir haben wollen, die wir entsprechend befürworten und vorantreiben. Deswegen brauchen wir die Ökosteuer.

Dann haben wir uns überlegt, man könnte jetzt mit dem Geld grundsätzlich zwei Sachen machen. Man könnte sagen, das Geld, das durch die Ökosteuer kommt, stecken wir in Ökoinvestitionen. In einem Abwägungsprozess haben wir uns dazu entschieden, dies nicht zu tun, weil die Ökosteuer natürlich verschiedene gesellschaftliche Gruppen mit verschiedenen Einkommen gleichermaßen betrifft. Dies hielten wir für sozialpolitisch nicht verantwortbar. Deshalb haben wir gesagt, wir müssen das Geld zurückgeben und gleichzeitig versuchen, in kleinen Mengen, denn so hoch ist das Ökosteueraufkommen ja leider nicht, den Faktor Arbeit zu entlasten, um Arbeitsplätze zu schaffen.

Damit haben wir begonnen. Das haben wir insbesondere mit der Rentenversicherung gemacht. Die Summen liegen bei 32,8 Milliarden DM, die wir über die Ökosteuer bis zum Jahr 2003 einnehmen werden, und 32,4 Milliarden DM werden in die Rentenversicherung geflossen sein aufgrund von Beitragssenkungen und durch Steuerzuschüsse für die Rentenversicherung. Das war unsere Argumentation. Wir haben bewusst auf einen noch stärkeren ökologischen Effekt zugunsten eines sozialpolitischen Effekts verzichtet.

Jetzt kommt mein Punkt, an dem ich sage, dass Sie heucheln. 1998 in Ihrem Wahlprogramm steht genau der gleiche Gedanke, und Herr Merz hat sogar – wann war es genau, am 10. November 1998! – gesagt, über eine Ökosteuer, die dies mache, könne kann man gut reden. Das wurde auch von Ihnen mit gefordert, weil es einfach auch sachlich vernünftig ist. Schade, dass Sie, weil Sie in Berlin in der Opposition sind, auch hier in Bremen meinen, Sie müssten sachlich unsinnige Rhetorik an den Tag legen, die das alles eher kaputt macht. – Danke!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Teiser, ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihren Beitrag, weil er uns allen noch einmal klar gemacht hat, dass die CDU mittlerweile in eine absolute Konfusion hineinsteuert. Als die Ökosteuer im Herbst in Ihrer Kampagne in die Plakate und in die Medien gehoben wurde und Sie immer wieder gesagt haben, Belastung der kleinen Leute, da haben Sie durchaus gesagt, es sei in Ordnung, wenn die Autofahrer entschädigt werden.

Herr Teufel, Ministerpräsident in Baden-Württemberg, hat gesagt, ich will doch nicht den kleinen Leuten das Geld wegnehmen, wenn die Bundesregierung uns so etwas anbietet mit der Entfernungspauschale. Herr Biedenkopf, CDU-Ministerpräsident in Sachsen, hat gesagt, man kann doch nicht gegen etwas sein, was den Leuten Geld gibt. Zwei Ministerpräsidenten der CDU als Antwort der Bundesregierung auf gewisse Härten durch die Preiserhöhungen der Benzinkonzerne!

(Abg. F o c k e [CDU]: Aber man muss doch Ursache und Wirkung sehen!)

Heute sagen Sie, die ganze Entfernungspauschale sei Schuld an der Zersiedelung. Sie ist nicht Schuld daran, das habe ich vorhin gesagt, sie ist ein Element. Sagen Sie doch ganz ehrlich, weg mit der Entfernungspauschale, weil Sie natürlich nicht nur in Bremen, in Hamburg und Berlin dazu führt, sie führt auch in Stuttgart nach Ihrer Logik dazu, in Frankfurt, in Dortmund oder in Leipzig! Die Wirkung ist immer die Gleiche. Wer von außen in die großen Städte fährt, wird begünstigt, je höher die Entfernungspauschale ist, das ist doch klar. Dann sagen Sie jetzt schlicht und einfach, nicht mehr Geld, sondern kein Geld für die Pendler, das ist vielleicht auch in Ordnung und hat eine ökologische Wirkung! Aber entscheiden Sie sich, ob die Autofahrer mehr Geld ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

bekommen sollen oder ob man sagt, weil es die Zersiedelung fördert, sollen möglichst alle Verkehrsteilnehmer keine Entschädigung für die Wegstrecke zum Arbeitsplatz haben!

Eines von beiden geht nur, Herr Teiser, und nicht immer so, wie es beliebt, wie man gerade einmal den Grünen oder der SPD einen auswischen kann. Entscheiden Sie sich, welche Argumente Sie nehmen, und lassen Sie die anderen im Sack! Wenn Sie alles vortragen, was man als Argumente von rechts, links, oben und unten, Flächenstaaten und sonstiges vorführen kann, dann verpassen Sie sich letztlich selbst eine Ohrfeige, und das haben Sie wunderschön getan.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Teiser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Mützelburg, nun haben Sie sich entlarvt.

(Heiterkeit bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Die Frage, was war zuerst da, das Ei oder das Huhn,

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Nein, Herr Teiser!)

haben Sie eben präjudiziert auf die Frage, was war zuerst da, die Ökosteuer oder die Entfernungspauschale. Warum gibt es denn diese Entfernungspauschale? Die gibt es doch, weil es die Ökosteuer gibt!

(Widerspruch bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen – Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie ha- ben wohl noch nie eine Steuererklärung ge- macht!)

Sie selbst haben eingeräumt, dass aufgrund der Ökosteuer, Sie haben gesagt, gewisse Härten aufgetreten sind, die Sie, nachdem die Ökosteuer in ihrer dritten Stufe eingeführt war, sich befleißigt gefühlt haben auszugleichen, indem Sie die Entfernungspauschalen verändert haben. Das ist Fakt, und das ist Wahrheit, und das können Sie gar nicht bestreiten!

(Beifall bei der CDU)

Sie haben den Protest in der Bevölkerung sehr wohl wahrgenommen, der das bis hier stand, Ihre Stufen der Ökosteuer- und der Mineralölsteuerer––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

höhung, und haben gesagt, gut, jetzt müssen wir etwas tun, um sie zu beruhigen, reden wir einmal über die Entfernungspauschale, der eine so, der andere so, 80 Pfennig, 70 Pfennig, mit Fußgänger, mit Fahrradfahrer, mit Bus! Sie behaupten dann zum Schluss weiter, dass nicht die Tatsache, wie es hier gesagt worden ist, diese Debatte überflüssig gemacht hätte, wenn Sie die Ökosteuer nicht eingeführt oder abgeschafft hätten. Dann hätten Sie nämlich über diese neue Formulierung der Entfernungspauschale nicht mehr reden müssen.

Lieber Herr Schuster, Sie haben noch einmal deutlich gemacht, dass das Ziel unter anderem mit Motoren erreicht wird, die sehr viel weniger verbrauchen. Wenn ich richtig informiert bin, regieren Sie seit zweieinviertel Jahren.

(Zuruf von der SPD: Sehr erfolgreich!)

Damit wollen Sie dann der Bevölkerung klarmachen, dass nach Ihrem Regierungsantritt die Entwicklung dieser Motoren eingesetzt hat und sie deswegen heute eingesetzt werden. Da lache ich mich tot!