Protocol of the Session on December 13, 2000

Es geht darum, was mit dem Antrag passieren soll. Ich sage ganz offen, ich hätte einer Überweisung an die zuständige Deputation gern zugestimmt, meine Genossinnen und Genossen von der Fraktion auch, weil man da hätte weiter diskutieren können. Eine Zustimmung zum Antrag wäre aus unserer Sicht nicht in Frage gekommen, weil die Programme, die hier angesprochen sind, nicht direkt genug sind. Ich kann nicht genug damit anfangen, da hätte man erst noch ein wenig überlegen müssen, das hätte man dann in der Deputation tun können. In Ordnung!

Es geht darum, bessere Rahmenbedingungen für eine sozial und ökologisch orientierte Verkehrspolitik zu schaffen. Wir begrüßen die im Antrag genannten Ansätze der Bundesregierung, die auf eben diese Verbesserungen hinzielen. Es ist eben ein wenig schwierig für Herrn Focke, dem zuzustimmen, wenn die Bundesregierung so gelobt wird, aber manchmal muss man über seinen Schatten springen. Besonders gut ist das Sechs-Milliarden-Programm, das das Bestandsnetz der Bahn erneuern und mithelfen soll, die Bahn wieder flotter zu machen. Das ist der richtige Weg, um Versäumnisse der Vergangenheit wenigstens etwas wieder auszugleichen.

(Beifall bei der SPD)

Der Einsatz von sechs Milliarden DM schafft im Übrigen auch jede Menge Arbeitsplätze. Das ist ja auch ein Aspekt, der gerade Sozialdemokraten im

mer umtreibt, wir sehen es gern, wenn Arbeitsplätze geschaffen werden.

(Beifall bei der SPD)

Dazu kommt das Antistauprogramm der Bundesregierung, kombinierte Ladungsverkehre und so weiter, also, es bewegt sich etwas!

Klar ist, dass die tatsächlichen Nutzer und Verbraucher von Verkehrswegen, der Lkw-Verkehr, an den Wegekosten stärker beteiligt werden müssen. Der Lkw-Verkehr verbraucht die Straßensubstanz am deutlichsten und bezahlt zu wenig.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dazu möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten aus einer gemeinsamen Erklärung der SPD-Bürgerschaftsfraktion und der Transnet Gewerkschaft GdED Bremen/Bremerhaven zitieren: „Ein weiterer wichtiger Schritt ist die von der Bundesregierung vorgenommene Schwerpunktsetzung für faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsträgern. Eine adäquate Belastung aller Verkehrsträger mit den von ihnen verursachten volkswirtschaftlichen Kosten ist dringend geboten. Eine Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr für Güterkraftverkehr beinhaltet eine Anlastung von Wegekosten unter Heranziehung der tatsächlichen Nutzer und ist hierfür beispielhaft. Für die gesamte Transportwirtschaft auf Schiene, Straße und Wasser ist es von hoher Bedeutung, dass innerhalb der EU gleiche steuerliche Rahmenbedingungen, Mineralöl-, Öko- und Kraftfahrzeugsteuer geschaffen werden, um ebenfalls einen fairen internationalen Wettbewerb zu ermöglichen.“ Das spricht für sich!

(Beifall bei der SPD)

Es gibt Wettbewerbsverzerrungen. Das ist hier auch ganz klar gesagt worden. Es gibt auch Wettbewerbsverzerrungen, die aus meiner Sicht ein Riesenproblem sind, und zwar im Lohn- und Sozialbereich. Diese Wettbewerbsverzerrungen müssen auch abgestellt werden. Es kann nicht sein, dass diejenigen Aufträge bekommen, dass diejenigen Wettbewerbsgewinner sind, die am besten die Löhne drücken oder sich am besten nicht um die sozialen Belange der Arbeitnehmer kümmern.

(Beifall bei der SPD)

Lohndumping verzerrt den Wettbewerb. Dem muss abgeholfen werden.

Wir brauchen Wettbewerb in Qualität, das ist der entscheidende Punkt, worin wir den Wettbewerb sehen. Aber auch die Bundesbahn, meine Damen und

Herren, muss ihr Angebot deutlich verbessern. Es gibt im Lande Bremen deutliche und gute Ansätze. Die Firmen Eurogate und Acos haben eine Gesellschaft gegründet, eine Logistik GmbH. Diese fährt täglich von Bremerhaven über Bremen nach Hamburg neuerdings einen Ganzzug mit 60 Containern. Sie spart jeden Tag 60 Lkw-Ladungen ein.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ganz ohne Förderung, glaube ich, ich weiß es nicht, zumindest hat sich da etwas getan! Also, wir lernen, im Logistikbereich steckt noch eine Menge, um Verkehre zu vermeiden. Da kann noch einiges getan werden.

Wir haben das in der Stadt auch gemacht. Ich erinnere an das Projekt City-Logistik. Wir haben hier an dieser Stelle schon des Öfteren darüber gesprochen. Stadtentwicklung, Verkehrsplanung, die sich in kommunaler Zuständigkeit befindet, bieten weitere Spielräume, um den Verkehrsinfarkt zu vermeiden, das, was Herr Focke sagt, 60 Prozent Zunahme des Lkw-Verkehrs in den nächsten paar Jahren. Wer einmal ab und zu auf der Autobahn unterwegs ist, das muss ich leider manchmal, meistens fahre ich mit der Bahn, der weiß, was sich da abspielt. Fahren Sie einmal von Bremen nach Hamburg! Sie können vor lauter Lkw die Autobahnschilder nicht mehr sehen. Das ist wie eine Wand, an der Sie entlangfahren. Da muss eigentlich jeder auf die Idee kommen, daneben muss eine Bahnlinie hin, und dann muss man die Dinger auf die Bahn stellen.

Vielleicht muss man auch einmal in die Schweiz schauen, die geht da ein bisschen rigoroser vor. Sie sagt, wer hier durch unser Land Güter transportieren will, schiebt die hinter der Grenze auf die Bahn, und vor der nächsten Grenze kommen die wieder von der Bahn herunter. Das wäre vielleicht auch für uns ein Modell.

Ich meine, dass wir uns qualifiziert mit diesen und weiteren Gesichtspunkten der Kostenanlastung bei den Verkehrsträgern und einer Förderpolitik zugunsten eines ökologisch vertretbaren Güterverkehrs auseinander setzen müssen. Eine klare Positionierung Bremens als Handels- und Hafenstadt und international bedeutender Logistikstandort erscheint in dieser Diskussion geboten. Lassen Sie uns deswegen die Chance für eine eingehende Auseinandersetzung mit der zweifellos drängenden Angelegenheit nutzen! Die Arbeitsplätze des Güterkraftverkehrs, der Eisenbahn, der Binnenschifffahrt sollten wir in der anstehenden Diskussion zu einer zentralen Angelegenheit machen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin nicht überrascht über das, was sich jetzt hier abgespielt hat, aber ein bisschen enttäuscht bin ich doch, insbesondere von Ihnen, Herr Kollege Focke. Man hätte sich mit diesem Thema einen Hauch ernsthafter beschäftigen können

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

als mit ein paar allgemeinen Deklarationen und dann zu sagen, na ja, der Güterverkehr auf der Straße wächst, dann müssen wir Straßen bauen.

Wir haben einen Antrag vorgelegt, der sich nicht mit dem Straßenbau beschäftigt, auch nicht vorrangig mit dem Neubau von Gleisen, sondern mit der Frage des Wettbewerbs. Ich greife nur noch einmal zwei Punkte dabei heraus. Das eine ist der Wettbewerb zwischen Schiene und Straße. Der hat zwei Aspekte.

Der ökologische Aspekt, lassen Sie mich das noch einmal verdeutlichen, ist auch ein Wettbewerb. Wenn ein bekannter Bremer Bananenimporteur einen Lkw Bananen von Bremerhaven nach München fahren lässt, dann produziert er pro Tonne 51,9 Kilogramm CO2. Wenn er es mit dem Zug macht, produziert er 20 Kilogramm pro Tonne an CO2. Das ist ein Wettbewerb, den die Schiene erst einmal aus Umweltgesichtspunkten gewinnt, und das ist auch ein Gewinn für die Gesellschaft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt kommt Herr Focke und sagt, das bringt sowieso alles nichts. Wir haben hier die Roland-Anlage, die wird nicht genutzt. Das ist alles richtig. Das ist aber doch kein Problem der Anlage, auch kein Problem der Unternehmen, die sie im Moment nicht nutzen, sondern ein Problem der Deutschen Bahn AG, die außerstande ist, attraktive, bis auf ein kleines Segment, vernünftige Angebote, die schnell, zügig, beweglich und den Kundeninteressen entgegenkommend sind, zu bieten. Das hat etwas mit dem Unternehmen und der Unternehmenskonzeption zu tun, die auch im Personenverkehr in vielen Bereichen von uns kritisiert und falsch ist, und nicht damit, dass niemand auf die Schiene will.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt komme ich zur wirklichen Frage des Wettbewerbs. Wenn sich die Bahn AG, nicht mehr die Deutsche Bundesbahn, obwohl sie immer noch so ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

tut in vielen Dingen, sich tatsächlich in solchen Bereichen aus dem Güterverkehr zurückzieht, sagt das auch noch nicht, dass der Güterverkehr auf der Schiene nicht wächst. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wuchs er um rund drei Prozent gegenüber dem Vorjahr in einem Bereich, der in all den letzten Jahren abgenommen hat und nicht gewachsen ist, ohne neue Strukturen. Wofür wir plädiert haben und worauf sich leider die CDU, die sonst immer für den Wettbewerb ist, Herr Focke, nicht eingegangen ist, ist, dass es doch darum geht, im kürzeren und mittleren Streckenbereich neue Systeme der Verteilung auf der Schiene aufzubauen.

Dazu ist Wettbewerb nicht zwischen der Bahn AG und irgendwelchen französischen oder sonstigen Bahnen notwendig, sondern es gibt kleine und mittelständische Bahnunternehmen, die da auf dem richtigen Weg sind. In Mecklenburg-Vorpommern fährt seit eineinhalb Jahren die Pregnitzer Eisenbahn. Sie hat ihr Streckennetz und ihre Gewinne heftig erweitert. Auch die Osthannoversche Eisenbahn, nicht so bedeutend im Zuwachs, tut etwas oder die Karlshafener Eisenbahn. Das sind neue, junge Güterverkehrsbetriebe. In Baden-Württemberg sind schon über 50 Prozent der Strecken in der Hand solcher Gesellschaften.

Da muss man etwas dafür tun, dass sie mit modernen Fahrzeugen und nicht mit Schrottloks aus Rumänien fahren müssen, weil die Deutsche Bahn AG nämlich im Ausbesserungswerk in Bremen diese Loks zerlegen lässt, damit sie bloß nicht an potentielle Konkurrenten verkauft werden. Hier werden sie zerschnitten, damit sie unbrauchbar sind, statt dass sie auf den Markt geworfen werden, und dann fahren unökologische Loks aus Rumänien dort herum. Wenn es über die Wirtschaftsförderung Anreize und Unterstützung für solche Bahnunternehmen gäbe, wenn es Programm der Politik wäre, darum wollen wir werben, dass sich die Politik das selbst auch zum Programm macht, weil wir langfristigen Nutzen davon haben, hat das sehr viel mit Wettbewerb zu tun, sehr viel mit Verkehrspolitik, aber auch mit Wirtschaftspolitik.

Ich glaube, Herr Kollege Focke, ganz so einfach, wie Sie das eben abgetan haben, die Leute fahren sowieso auf der Straße, ist das nicht. Wir können etwas tun, dass sich die Verhältnisse ändern. Das heißt nicht, dass der Lkw verschwindet, das heißt aber, dass es mehr Bahnverkehr gibt, und das ist nicht illusionär, sondern das ist eine richtig Politik, die sonst eines Tages sowieso von oben verordnet wird, weil nichts anderes mehr geht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Mützelburg, ist man einmal ein bisschen ruhig und sachlich, bekommt man hier gleich vorgeworfen, dass man sich nicht darum gekümmert hat. Ich will nur noch einmal zwei Punkte sagen.

Wettbewerbsverzerrung, das habe ich gesagt, ist Sache der Bundesregierung, dass diese mit den europäischen Partnern die Sache klärt, dass die Wettbewerbsverzerrungen aufgehoben werden. Aber jetzt darf ich Ihnen nur einmal sagen, was den Güterverkehr und was die Transportwege betrifft, nicht nach Europa zu gehen. Da haben wir ja schon unter den Küstenländern und den Ländern, die das Hinterland darstellen, erheblich unterschiedliche Ansichten, was denn nun am besten wäre. Da wäre es dann schon erforderlich, dass sich erst einmal die Länder in Deutschland untereinander einigen, damit wir da klare Verhältnisse haben, und dass wir dann auf der europäischen Ebene auch klare Verhältnisse haben. Das ist erst einmal das eine.

Dann habe ich überhaupt nicht gesagt, der LkwVerkehr nimmt zu, das können wir auch nicht ändern. Ich habe gesagt, auch bei allen Anstrengungen, die wir machen, die Güter auf die Schiene oder auf das Wasser zu bekommen, werden wir es nicht verhindern können, dass der Lkw-Verkehr zunehmen wird. Er wird wesentlich zunehmen, weil der Verkehr insgesamt wesentlich gesteigert wird. Wir könnten, selbst wenn wir alle Mittel auf die Schiene umändern würden, es nicht hinbekommen, weil die Bahn nicht in der Lage ist, die Gütermenge zu bewältigen. Das ist das Zweite.

Das Dritte ist, ich bin natürlich sehr dafür, dass wir die Schienennetze erhalten und dass wir auch privaten Wettbewerb bei der Bahn möglich machen, damit die Bahn endlich einmal auf die Füße kommt und anständige Programme aufstellt, denn das ist nicht eine Sache, die wir als Regierung machen können, sondern die Bahn muss sich jetzt beweisen, dass sie ein leistungsfähiges Unternehmen wird und auch für den Güterverkehr genauso wie für den Personenverkehr ein anständiges überarbeitetes Konzept vorlegt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Staatsrat Dr. Färber.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wettbewerbsverzerrungen im Güterverkehr sind gegeben, das kann nicht geleugnet werden. Ich denke, das ist hier deutlich geworden. Ich sage dazu aber auch deutlich, dies ist im Wesentlichen ein Problem, das auf EU––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ebene zu bearbeiten ist. Die EU hat sich um viele Dinge zum Thema Harmonisierung gekümmert. Hier sehe ich ein deutliches Defizit, einen deutlichen Nachholbedarf.

Für Bremen ist dieses Thema als Logistikstandort von besonderer Bedeutung. Ich denke, das ist auch betont worden. Der Mix der Verkehrsträger ist für uns hier besonders wichtig, also Straße, Schiene, Wasserweg. Das Thema Luft ist, glaube ich, der nächste Tagesordnungspunkt. Ich denke, es ist auch deutlich geworden, dass das Ganze ein schwieriges Problem ist, für das keiner Patentlösungen und auch keiner das Geld hat, das erforderlich ist, um hier Ansätze, die ja gegeben sind, auch umsetzen zu können.

In dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen loben Sie sich für die Dinge, die Sie auf Bundesebene vorhaben. Dazu kann ich nur sagen, was hier die Investitionen in Schiene, Wasserwege, kombinierten Verkehr angeht, das finde ich in Ordnung. Da kann ich nur sagen, machen Sie es, setzen Sie es um! Wir kämpfen für diese Dinge, und das wissen Sie, schon lange.

Besonders irritiert mich immer, dass Sie hier den Senat und indirekt eigentlich ein CDU-geführtes Ressort auffordern, auf die Bundesregierung einzuwirken, der Sie nun selbst angehören, und hier Forderungen stellen, von denen ich sage, treten Sie doch damit an!

(Beifall bei der CDU)

Zum bremischen Handlungsspielraum möchte ich noch etwas sagen. Eine direkte Förderung von Unternehmen, wie ich sie aus Ihrem Antrag etwas herauslese, halte ich in diesem Bereich für schwierig. Aber im Bereich von Infrastrukturmaßnahmen, denke ich, haben wir einiges getan, Stichworte dazu sind gefallen, das Güterverkehrszentrum mit der RolandUmschlagsanlage, leider nicht so attraktiv funktionierend wie gewünscht, aber Sie sehen, wir haben diesen Ansatz hier bereits vor langer Zeit verfolgt. Sie wissen, dass wir viele Gewerbegebiete mit Gleisanbindungen versehen haben. Sie wissen, dass wir intensiv zum Thema Binnenwasserstraßenverkehr kämpfen, Ansätze wie Containerverkehr auf der Weser. Wir prüfen, dass wir zum Thema Short-Sea-Shipping Ansätze verfolgen, und auch das Thema CityLogistik ist eben gefallen.