Protocol of the Session on December 13, 2000

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Wer mehr Sicherheit und mehr Qualität fordert, muss auch bereit sein, einen höheren Preis zu bezahlen!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Dann können in Zukunft auch vernünftige Strukturen erhalten und weiterentwickelt werden, denn die Hauptkritiker sollten nicht vergessen, dass in Deutschland jeder neunte Arbeitsplatz an der Landwirtschaft hängt!

Zu dem Antrag der Grünen möchte ich sagen: Meine lieben Kollegen von den Grünen, wenn Sie meinem Vortrag aufmerksam zugehört haben, dann wissen Sie, warum wir Ihren Antrag ablehnen. Er ist einfach nur tiefgrün gestrickt, das Problem wird einfach nicht behandelt, Verbraucherschutz wird hier nicht groß geschrieben, und das können wir nicht gutheißen!

(Widerspruch beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie wollen einfach nur Ihre ideologischen Betriebe, Ihren ökologischen Landbau hochhalten. Ich bin selbst der Meinung, ökologischer Landbau muss sein in Deutschland, und ökologischer Landbau ist auch gut. Aber wir können doch nicht allen Menschen vorgeben, dass sie ökologischen Landbau machen sollen!

(Beifall bei der CDU)

Das können wir nicht, und das vor allen Dingen nicht von der CDU-Fraktion!

Meine Damen und Herren, was heißt das jetzt also alles zusammengefasst? Die CDU-Fraktion nimmt das BSE-Problem sehr ernst. Nichts darf unterschlagen oder verharmlost werden. Der Verbraucher und dessen Gesundheit stehen im Vordergrund, aber bitte immer auf der Basis von Ergebnissen und Fakten, denn Hysterie hat noch niemanden weitergebracht! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist doch schon seit langem bekannt, dass die BSE-Seuche nicht nur auf England zu beschränken ist. Diese Gefahr aber wurde auf Kosten des Verbraucherschutzes von maßgeblichen etablierten Politikern verantwortungslos über Jahre hinweg verharmlost oder einfach totgeschwiegen. Diesbezüglich kommt also dieser so genannte Dringlichkeitsantrag vom Bündnis 90/Die Grünen um mindestens fünf bis zehn Jahre zu spät!

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, wenn unsere Bauern vernünftige Erlöse für ihre Tiere und Produkte bekämen und nicht die ganze Gewinnspanne im Zwischenhandel hängen bliebe, dann hätten wir die jetzige Situation hier nicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Bevölkerung bereit ist, etwas mehr für gesunde und einwandfreie Produkte zu bezahlen. Hinzu kommt, dass unsere deutschen Bauern durch unsinnige EU-Beschlüsse auf dem europäischen Markt stark benachteiligt werden. Tatsache ist auch, dass die gewinnorientierte industrielle Agrarpolitik und Produktion die Gesundheit un

serer Bevölkerung erheblich bedrohen. Darum ist ein schnelles und rigoroses Handeln des Senats dringend erforderlich.

Um es gleich vorwegzunehmen, ich werde dem Dringlichkeitsantrag vom Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/558 zustimmen, da der Punkt eins, für eine umgehende Realisierung des im Rahmen des lokalen Agenda-21-Prozesses entwickelten Programms zur umweltgerechten und ökologischen Erzeugung und Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten Sorge zu tragen, und der Punkt zwei, zu gewährleisten, dass alle Schlachtrinder im Lande Bremen – auch die jüngeren – auf BSE getestet werden, inhaltlich vernünftige und richtige Vorschläge sind.

Ich frage mich allerdings, meine Damen und Herren, warum die Grünen meinen Antrag hinsichtlich der grausamen Schlachttiertransporte und der Tierversuche und meine Anträge zum Tierschutz hier abgelehnt haben, denn es gehört von der Thematik her hier auch mit dazu. Insofern glaube ich Ihnen nicht, dass Sie es mit diesem Antrag hier wirklich ernst meinen.

Meine Damen und Herren, das Thema BSE zeigt wieder einmal deutlich, dass die Aufgabenverteilung der Ministerien in der Regierung schlecht geregelt ist. Hier sind insbesondere die Grünen als mitverantwortliche Regierungspartei gefordert. Darum sage ich Ihnen: Sie müssen als politisch Verantwortliche den Verbraucherschutz aus dem Landwirtschaftsministerium herausnehmen und ihn dem Gesundheitsressort übertragen, denn jeder Anschein einer Vermischung von Verbraucherschutz und wirtschaftlichem Interesse sollte hier unbedingt vermieden werden!

Wer wie Minister Funke die Bauern im Kabinett vertritt, sollte nicht gleichzeitig Anwalt der Verbraucher sein. Darum ist es wichtig, dass der Verbraucherschutz in einem Ministerium angesiedelt wird, bei dem wahrscheinlich wirtschaftliche Überlegung und Überschneidungen nicht so im Mittelpunkt stehen. Meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, sorgen Sie also erst einmal dafür, dass eine solche richtige und wichtige Verbraucherschutzmaßnahme in der Regierung effektiv umgesetzt wird, denn ansonsten werden die Grünen politisch noch unglaubwürdiger, als sie es jetzt schon sind!

Für die Deutsche Volksunion, meine Damen und Herren, war es schon immer eine Selbstverständlichkeit, den Verbraucherschutz effektiv zu stärken, die ökologische Landwirtschaft mit zu fördern und den nachteiligen EU-Einfluss auf Kosten und zu Lasten der deutschen Landwirtschaft zu verhindern. Dazu bedurfte es keiner schrecklichen BSE-Seuche. – Ich bedanke mich!

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hammerström.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich war eigentlich selten bei einer Debatte so hilflos wie heute, weil uns, glaube ich, alle ein Stück Aktionismus begleitet. Das sieht man bei dem einen wie auch dem anderen Antrag, ich bin davon auch nicht ganz frei.

Ich habe heute Morgen noch einmal ins Internet geschaut und mir all das heruntergeladen, was das Bundesgesundheitsministerium, was das Bundeslandwirtschaftsministerium, was der Bundeskanzler zu diesem Thema gesagt haben. Ich habe gedacht, vielleicht gibt es ja noch irgendwelche erhellenden Nachrichten oder irgendetwas, was wir übersehen haben. Ich glaube, das Thema BSE hätte uns vor acht, neun Jahren hier viel mehr beschäftigen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, wir alle, alle Politiker haben diesen Fehler gemacht. 1992, auf der Höhe der BSE-Krise in England, haben wir uns zurückgelehnt und gesagt, wir haben kein Problem, hier gibt es kein BSE. Der Kollege ist eben darauf eingegangen, wir haben ja unsere Futtermittel, das Risikomaterial, bei 133 Grad und drei Bar zumindest 23 oder 28 Minuten – das wird ja alles geregelt – sterilisiert. Insofern konnten wir mit unseren Futtermitteln diese Probleme nicht haben.

Ich glaube aber auch, jeder wusste im Grunde genommen, dass uns dieses Thema eines Tages einholt, und es hat uns ganz grausam eingeholt. Wir haben die ersten BSE-Fälle, auch wenn es bisher nur ein einziger BSE-Fall ist, die Tests werden aber sicherlich noch etwas anderes zeigen. Insofern halte ich überhaupt nichts von diesem Schwarzer-Peter-Spiel, dass wir nun dem Herrn Borchers Vorwürfe machen, und ich fand das im Grunde genommen schade von Ihnen, Herr Kollege, dass Sie zum Schluss dem Kanzler nun noch die Schuld gegeben haben.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Ich habe ihm nicht die Schuld gegeben, ich habe nur seine Ausdrucksweise kritisiert!)

Erlauben Sie mir, Herr Präsident, mit Ihrer ganz besonders ausdrücklichen Genehmigung, doch noch einmal ganz kurz zu zitieren, was der CDU-Kollege aus Mecklenburg-Vorpommern zum Thema BSE gesagt hat! Wirklich, noch einmal, mit ausdrücklicher Genehmigung: „Ich kann doch nicht hinter jeden Kuharsch einen Veterinär oder Polizisten stellen!“

(Heiterkeit)

Das ist genau das Thema gewesen, mit dem wir Probleme gehabt haben. Wir haben gesagt, mit Veterinären oder mit Polizei oder mit Überwachung

können wir das Thema ad acta legen. Aber es ist auch, Frau Dr. Mathes, von Ihnen zu kurz gegriffen, wenn Sie sagen, jetzt machen wir keine konventionelle Landwirtschaft mehr, jetzt machen wir das alles ökologisch. Ich frage mich immer, was ökologisch ist. Wenn Sie einen Landwirt fragen, der sagt auch, ich verstehe manchmal mehr von Ökologie als irgendwelche spinnerten dahergelaufenen – –.

(Zurufe von der CDU: Grünen! – Heiter- keit)

Nein! Das habe ich nicht gesagt! Ich zitiere nur einmal eben aus dem Bericht des Lebensmittelchemikers aus dem „Spiegel“-Artikel, da geht es um Därme von Kühen. „Auch Darm ist infektiöses Material, folglich auch der Kot der Tiere. Das bedeutet, dass die Biomöhre riskanter ist als das Hollandgemüse, das nie Erde gesehen hat.“ Das ist doch das Problem, das wir haben! Mit der Diskussion, Frau Dr. Mathes, die Sie eben versucht haben zu eröffnen, streuen wir uns selbst Sand in die Augen, wenn wir sagen, wir machen das nun alles ganz anders als die Landwirte Hunderte von Jahren vor uns, und dann haben wir keine Probleme mehr. Was wollen wir denn? Wir hatten ja im Mai die Debatte, als wir über den Grünlandgürtel gesprochen haben. Insofern könnten wir alle unsere Reden aus dem Mai hier noch einmal wiederholen. Solange der Verbraucher für 3,33 DM ein Kilo Schnitzelfleisch bei Kafu bekommen kann und nicht bereit ist, es für 7,77 DM beim Ökolandwirt zu kaufen, werden wir dieses Problem haben. Wir kaufen Lebensmittel, die eben in der Masse erzeugt werden. Wir werden aber als Politiker nicht dafür sorgen können, dass nun alle auf ökologischen Landbau umstellen, so gern ich das auch möchte. Ich bin Vorsitzende des Vereins Ökologiestation, wir haben eine Verkaufsstelle, wo die Landwirte bei uns die Möglichkeit haben, ökologisches Fleisch zu verkaufen, biologisch angebautes Gemüse. Die Leute sind aber immer noch nicht bereit, diesen Preis dafür zu zahlen, und ich glaube auch, diese Debatte ist hier zu kurz gegriffen, wenn wir nun sozusagen das Kind mit dem Bade ausschütten. Meines Erachtens tun wir jetzt genau das Richtige, das, was wir eigentlich 1992 schon hätten tun müssen. Deshalb lobe ich die Bundesregierung ganz ausdrücklich, weil, nachdem der erste BSE-Fall auftrat, innerhalb einer Woche ein Gesetz erlassen worden ist. Das Gesetz hat Lücken und muss auch nachgebessert werden. Mein Kollege Hoyer wird gleich noch zum Thema Fischöl und Fischmehl etwas sagen. Diese Schizophrenie, dass wir Fischöl in Margarine für den Verzehr durch Menschen verwenden, es aber nicht an Tiere verfüttern dürfen, muss auch im Gesetz ganz schnell wieder zurechtgerückt werden! (Beifall bei der SPD)

Ich möchte hier auch das Schwarzer-Peter-Spiel nicht weiterführen. Ich glaube, wir haben als Koalition einen guten Antrag vorgelegt, der all das beinhaltet, was zurzeit gemacht werden kann. Ob es genügend ist, das wird sich hinterher zeigen. Das Thema BSE ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Wir kaufen alle momentan Puterfleisch, weil wir glauben, Puter ist cholesterinfrei, ist fettarm. Schauen Sie sich einmal die Puter an, wie die gemästet werden! Ich weiß nicht, ob Sie einmal so ein Vieh gesehen haben. Übrigens nur in Deutschland, ein Puter in Dänemark sieht ganz anders aus! Wirklich!

(Heiterkeit und Zurufe)

Ja, Sie geben das Stichwort, Antibiotika! Warum zum Beispiel ist das deutsche Rind nicht so beliebt wie das dänische? Das dänische Rind wird auch nicht anders gehalten, das wird auch nicht artgerecht auf der Wiese gehalten, aber es wird eben anders gehalten. Es wird nicht hochgejagt mit Hormonen, es wird nicht behandelt mit diesen fürchterlichen – –.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Es werden doch nicht alle Rinder mit Hormonen hochge- jagt!)

Nein, alle nicht! Ich will ja gar nicht dieses Schwarzer-Peter-Spiel, auch nicht gegen die Landwirtschaft! Aber warum wird denn das deutsche Rindfleisch beispielsweise nicht so gern genommen wie das dänische? Das muss doch irgendeinen Grund haben!

(Zurufe von der CDU)

Noch einmal, ich esse nach wie vor Steak!

Ganz zum Schluss lassen Sie mich noch zu einer Sache kommen, weil ich ja auch sagte, dass wir Politiker ein großes Stück mit Schuld haben. Wir betreiben teilweise einen blinden Aktionismus. Wir haben in der Sitzung am 1. Februar, das ist noch kein Jahr her, eine Vorlage in der Deputation für Arbeit und Gesundheit bekommen. Ich zitiere ganz kurz daraus:

„Skandal“ – so kam es aus den Reihen der Referenten, da geht es um Futtermittel –, „Dioxin in brasilianischen Zitruspellets, Dioxin in Futtermitteln aus Belgien, Dioxin in Trockengrün, Klärschlamm in Futtermitteln, Dieselöl im Palmöl aus Indonesien. Igitt, war die treffende Reaktion des Verbrauchers und der Presse, als nun auch noch Klärschlamm in Futtermitteln auftauchte. Angeblich bestätigte ein interner Bericht des Betrugsdezernats im französischen Industrieministerium die Verunreinigung der Futtermittel durch Klärschlamm aus Fäkalien. Das Bundesgesundheitsministerium fasste die dann folgende Mitteilung der französischen Botschaft so zusammen, dass in einigen Tierkörperbeseitigungsanlagen Produkte aus der betriebseigenen Wasserauf

bereitung den Rohstoffen für die Herstellung von Mehlen für die tierische Ernährung beigefügt worden sind. Danach seien sie aber ordnungsgemäß behandelt worden.“ Hygienisch einwandfrei ist auch ein Haufen Kot, wenn er sterilisiert wurde. Das bekommen wir in die Futtermittel, die dann anschließend verfüttert werden. Wir haben diese Vorlage bekommen, meine Damen und Herren, aber ich kann mich nicht erinnern, dass einer von uns diesen Skandal zum Anlass genommen hat, hier einmal nachzuhaken.

(Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Das ha- ben wir von Ihnen erwartet!)

Insofern müssen wir den Fehler doch in vielen kleinen Dingen auch schon ein bisschen mehr bei uns suchen, aber nicht nur dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, um dann zu sagen, ich habe den Stein des Weisen gefunden. Ich sage ganz ausdrücklich, unser Antrag, den wir hier eingebracht haben, ist nicht der Stein des Weisen, aber er versucht, das umzusetzen, was wir zum jetzigen Zeitpunkt politisch für richtig halten. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Hoyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Damit das eindeutig ist, ich rede zum Antrag 15/566, weil wir ja hier parallel vier verschiedene Anträge behandeln! Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat haben aufgrund eines BSE-Falles in Schleswig-Holstein ein Gesetz beschlossen, welches das Verfüttern von – und das ist jetzt ein wörtliches Zitat – „proteinhaltigen Erzeugnissen und von Fetten aus Gewebe warmblütiger Landtiere und von Fischen sowie von Mischfuttermitteln, die diese Einzelfuttermittel enthalten, an Nutztiere verbietet. Proteinhaltige Erzeugnisse und Fette aus Geweben von Fischen, die zur Verfütterung an Fische bestimmt sind, fallen nicht unter dieses Verbot.“ So ist das in Deutschland geregelt. Die Europäische Union hat dagegen keine Bedenken, wenn Fischmehl an Allesfresser verfüttert wird. Also, Fischmehl darf in Deutschland nicht an Wiederkäuer, und das geht aus meiner Sicht völlig in Ordnung, aber auch nicht an so genannte Allesfresser verfüttert werden. Das leuchtet mir nicht ein, aber mir muss ja nicht alles einleuchten. Dann wiederum darf Fischmehl an Fische verfüttert werden. Dazu fällt mir nur ein, weil Weihnachten vor der Tür steht: Karpfen blau! Den dürfen wir dann essen!

(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: Aber die Fische fressen doch auch Fische!)

Ja, das ist ja auch ein bisschen die Crux!

Ich habe großes Verständnis dafür, dass tierisches Eiweiß nicht an Wiederkäuer verfüttert werden darf, das ist aber schon seit 1994 verboten. Ich habe großes Verständnis dafür, dass nun auch kein tierisches Eiweiß mehr an Allesfresser verfüttert werden darf, denn damit wird die Möglichkeit, und das haben wir hier heute auch schon gehört, beide Sorten miteinander zu vermischen und an Wiederkäuer zu verfüttern, also die Möglichkeit des Betruges, auf null gedrückt, ich hoffe, ganz auf null, aber ich bezweifle das.