Protocol of the Session on November 15, 2000

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Ich rufe dann zum Schluss die elfte Anfrage auf. Die Anfrage trägt die Überschrift „Finanzielle Unterstützung für die Internatsbetreuung von Schaustellerkindern“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Herderhorst, Teiser, Eckhoff und Fraktion der CDU.

Bitte, Herr Kollege!

Wir fragen den Senat:

Welche Gründe führen dazu, dass Kinder aus Schaustellerfamilien, die in einem Internat außerhalb Bremens betreut werden, finanzielle Unterstützung durch das Land Bremen erhalten, während bei der Betreuung in einer Einrichtung innerhalb Bremens diese Unterstützung versagt wird?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Im Lande Bremen wurden in den vergangenen Jahren Anträge für die Bezuschussung der Schulkosten weder bei einer Internatsunterbringung noch für die Unterbringung in einer anderen Einrichtung gestellt.

Sollten Anträge auf Bezuschussung von Schulkosten gestellt werden, weist der Senat darauf hin, dass Internatsunterbringungen nur außerhalb Bremens möglich sind, da es im Lande Bremen keine Internate gibt. Eine Bezuschussung der Schulkosten würde in solchen Fällen auf der Grundlage einer KMKVereinbarung sichergestellt.

Können Sorgeberechtigte wegen des mit ihrer beruflichen Tätigkeit verbundenen ständigen Ortswechsels die Erfüllung der Schulpflicht nicht sicherstellen und ist deshalb eine anderweitige Unterbringung notwendig, können die örtlichen Jugendhilfeträger im Einzelfall die Kosten der Unterbringung in einer geeigneten Wohnform übernehmen, wenn die Kosten dem Kind oder den Eltern aus ihrem Einkommen oder Vermögen nicht zumutbar sind.

Im Jugendamt Bremerhaven hat hierzu in den letzten Jahren kein Antrag vorgelegen. Das Jugendamt Bremen trägt auf dieser Basis zurzeit in drei Fällen die Kosten für eine auswärtige Unterbringung. Ein allgemeiner Rechtsanspruch für Schaustellerkinder auf eine Internatsunterbringung oder eine anderweitige Unterbringung besteht jedoch nicht.

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz schließt auch eine Betreuung von Schaustellerkindern in einer

bremischen Erziehungshilfeeinrichtung nicht aus, soweit im Rahmen der Hilfeplanung des zuständigen Jugendamtes nach rechtlichem, fachlichem und wirtschaftlichem Ermessen und unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechtes der Eltern die Unterbringung in einer solchen Einrichtung im Einzelfall erforderlich ist, weil ambulante Hilfen und sonstige fachlich vorrangige Leistungen nicht ausreichen. Diese Voraussetzungen waren in den dem Senat bekannten Fällen nicht gegeben.

Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Kollege? – Bitte!

Herr Senator, halten Sie es denn für denkbar, dass die auswärtige Unterbringung deshalb stattgefunden hat, weil bei Antragstellung für die Bremer Unterbringung gesagt worden ist, das wird nicht bezuschusst? Um welche Einrichtung handelt es sich dann in der Horner Heerstraße? Ich kann hier jetzt nicht die genaue Bezeichnung sagen, aber dort befindet sich meines Wissens und nach meinen Informationen eine solche Institution, die Schaustellerkinder betreut. Von daher ist mir also noch nicht ganz klar, wie die Dinge nun tatsächlich liegen, denn meine Informationen decken sich nicht hundertprozentig mit denen, die Sie eben als Antwort vorgetragen haben.

Bitte, Herr Senator!

Möglicherweise liegt es auch daran, dass hier zwei Zuständigkeiten gegeben sind, einmal ist die Zuständigkeit bei der Kollegin Adolf im Bereich der Jugendhilfe, zum anderen liegt im Bereich der Beschulung die Verantwortung bei mir. Möglicherweise führt das auch zu einer relativ unscharfen Beantwortung dieser Frage. Für die Horner Heerstraße kann ich Ihnen so spontan keine Antwort geben. Ich würde das gern überprüfen und Ihnen dann die Nachricht später zukommen lassen.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Meine Damen und Herren, die Zeit für die Fragestunde ist abgelaufen. Die Antworten auf die zwölfte und dreizehnte Anfrage werden Ihnen schriftlich zugehen.

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde ist von den Fraktionen kein Thema beantragt worden.

Qualifizierung für den Strukturwandel

Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU vom 12. Juli 2000 (Drucksache 15/407)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 10. Oktober 2000

(Drucksache 15/484)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Adolf.

Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Ich gehe davon aus, Frau Senatorin, dass wir darauf verzichten können.

Wir treten dann in die Aussprache ein.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als Erste hat das Wort die Abgeordnete Frau Ziegert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Förderung von Qualifizierungen, also auf gut Deutsch der beruflichen Fortund Weiterbildung, von Arbeitslosen, aber im Einzelfall auch beschäftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird ja in Bremen bereits traditionell in starkem Umfang vorgenommen. Dies zeigen auch wieder die Zahlen, die auf unsere Anfrage vom Senat vorgelegt worden sind. Danach hat das Land 1999 und 2000 Weiterbildung mit insgesamt fast 50 Millionen DM EU- und Landesmitteln gefördert. Nebenbei bemerkt kommen dazu noch einmal über 260 Millionen DM von den Arbeitsämtern Bremen und Bremerhaven, und die Deputation hat Ende September ein umfangreiches Programm zur Qualifizierung für den Strukturwandel im Umfang von über 32 Millionen DM bis 2004 beschlossen, das den Anspruch hat, den wirtschaftlichen Strukturwandel in Bremen nicht nur zu begleiten, sondern ihn auch zu fördern und voranzubringen.

Meine Damen und Herren, wir investieren also nicht nur in Beton, wir investieren auch in die Köpfe!

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, das ist in Zukunft immer notwendiger, denn Wissen und Können des Personals sind mit das wichtigste Kapital für immer mehr Unternehmen. Sie sind aber auch das wichtigste Kapital für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denn in Zukunft werden wenig Qualifizierte und Ungelernte immer weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Über den Erfolg dieser Qualifizierungsoffensive für den Strukturwandel entscheidet allerdings nicht der finanzielle Umfang allein. Entscheidend ist, wie weit betriebsnahe Qualifikation vermittelt wird, die für die Betroffenen zukunftssichernde und qualifizierte Arbeitsplätze schafft und den wachsenden Fachkräftebedarf der bremischen Wirtschaft befriedigen kann.

Jetzt wird das vielleicht etwas verwunderlich sein, weil auf den ersten Blick der Bremer Arbeitsmarkt

ja immer noch trotz aller Anstrengungen ein relativ stagnierender ist. Es ist nicht zuletzt durch die Gewerkschaften, aber auch durch andere immer wieder kritisiert worden, dass die Wirtschaftsfördermillionen sich noch nicht in einem entsprechenden Wachstum an Arbeitsplätzen niedergeschlagen haben. Obwohl sich dieser Trend in den Jahren 1999 und 2000 umgedreht hat und wir auch tatsächlich einen stärkeren Zuwachs haben, ist doch an der Oberfläche relativ wenig Bewegung zu sehen. Ich will aber an einem kleinen Beispiel einmal deutlich machen, was sich hinter dieser scheinbar stagnierenden Oberfläche verbirgt.

Wir haben zum Beispiel im Vergleich des dritten Quartals des Jahres 1999 zum dritten Quartal des Vorjahres beim Arbeitsamtsbezirk Bremen einen Zuwachs von 400 Arbeitsplätzen. Das ist erst einmal nicht viel, dahinter verbirgt sich aber ein Abbau von 6300 Arbeitsplätzen in nur fünf Wirtschaftsbereichen, vor allen Dingen sind das Handel und Gewerbe, und ein Zuwachs an 6700 Arbeitsplätzen auch wieder in wenigen, nämlich anderen Wirtschaftsbereichen, vor allen Dingen im Dienstleistungsbereich. Das heißt, unter der Oberfläche eines relativ langsamen Beschäftigungswachstums gibt es enorme Umschichtungen und damit auch einen hohen Anpassungsbedarf hinsichtlich der Qualifizierung.

Es ist die Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik, hier nicht nur zu reagieren, sondern möglichst vorausschauend Qualifikationsbedarfe zu erkennen und auch zu erfüllen. Das Programm „Qualifizierung für den Strukturwandel“ hat dieses Ziel. Da zu den inhaltlichen Schwerpunkten bereits ausführlich in der Öffentlichkeit berichtet worden ist, möchte ich mir Einzelheiten dazu jetzt ersparen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass es nicht nur im IT- und Medienbereich, in den so genannten modernen Dienstleistungsbereichen, Qualifizierungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, dies gilt auch für den Gesundheits- und Sozialbereich, für Tourismus, aber auch für den Einsatz neuer Produktionsverfahrens- und Umwelttechniken, die zu den Qualifizierungsschwerpunkten gehören. Es wird für uns jetzt aber darauf ankommen, ob und wie dieses Programm realisiert wird.

Ich halte im Übrigen auch eine Evaluierung, also Überprüfung, dieses Programms für dringend erforderlich. Wir müssen nachweisen, dass das Programm seine Aufgabe, neue Arbeitsplätze zu schaffen und zu einem Arbeitsplatzzuwachs zu führen, auch erfüllt. Hier wird ja gerade bei Arbeitsmarktprogrammen besonders auf den Erfolg geschaut, obwohl ich mir auch die Bemerkung nicht verkneifen kann, dass Evaluierung bei Arbeitsmarktprojekten im Allgemeinen sehr viel gründlicher erfolgt als bei Wirtschaftsförderprojekten.

(Beifall bei der SPD)

Mir ist ein zweiter Punkt wichtig: In Zukunft wird es noch stärker darauf ankommen, Bildung, Weiterbildung und Wissensvermittlung als übergreifende Aufgabe im Sinne lebenslangen Lernens zu verstehen. Wir brauchen eine bessere Abstimmung von schulischer Bildung mit Berufsausbildung und der beruflichen Weiterbildung. Dies setzt eine bessere Verzahnung der Aus- und Weiterbildungsstrukturen im Lande Bremen voraus,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

wie dies ja auch in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen ist. Ich freue mich, dass die Grünen dem auch zustimmen.

In diesem Jahr hat es erstmals geklappt, dass ressortübergreifend Schwerpunkte für die Qualifizierungsförderung gesetzt worden sind über die Staatsrätelenkungsgruppe, und ich wünsche mir, dass dies verstärkt fortgesetzt wird. Mir wäre auch sehr daran gelegen, dass in Zukunft bei Fortschreibung des Programms ein Überblick über die gesamten Weiterbildungsaktivitäten im Lande Bremen gegeben wird. Mir ist klar, dass das für den betrieblichen Bereich schwierig wird, aber für den öffentlich geförderten und verantworteten Bereich dürfte dies keine Schwierigkeiten machen.

Ich will in dem Zusammenhang auf einen letzten Aspekt hinweisen. Ich halte es auch für notwendig, dass wir die Berufsschulen im Sinne lebenslangen Lernens zu Kompetenzzentren weiterentwickeln, natürlich unter Beteiligung sowohl der Betriebe als auch der Weiterbildung und der Berufbildungsforschung. Es kann aber nicht sein, dass hergebrachtes Besitzstands- und Kästchendenken einer notwendigen Weiterentwicklung im Wege steht.

(Beifall bei der SPD)

Der dritte Punkt ist die berufsbegleitende innerbetriebliche Weiterbildung. Mir ist bekannt und klar, dass dies insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe immer noch ein großes Problem ist. Es muss aber klar werden, dass an einer Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter letztendlich die Konkurrenzfähigkeit und die Existenz dieser Betriebe hängt. Ich finde es deswegen richtig, dass auch durch staatliche Programme und Modelle Anreize dafür gegeben werden, dass auch Klein- und Mittelbetriebe sich dieser Aufgabe widmen, ohne dass wir allerdings finanzielle Mitnahmeeffekte organisieren. Betriebliche Weiterbildung ist und bleibt an sich eine finanzielle Aufgabe und in der Verantwortung der Betriebe selbst.

Ich möchte in diesem Zusammenhang übrigens noch auf ein sehr erfolgreiches Modell hinweisen, um dies zu befördern, das Modell Jobrotation, durch das Arbeitslose als Stellvertreter, vor allen Dingen in Handwerksbetrieben, eingesetzt werden für Mit

arbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich fortbilden. Dieses Programm gibt es in Bremen, es ist sehr erfolgreich, allerdings noch in ziemlich kleinem Umfang. Ich wünsche mir und erwarte eigentlich, dass wir dies in größerem Umfang fortsetzen, zumal ja auch im Bündnis für Arbeit auf Bundesebene dieses Programm Jobrotation deutschlandweit eine größere Rolle spielen soll als bisher.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)