Protocol of the Session on March 23, 2000

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Jahre wieder haben wir ja den Datenschutzbericht. Heute liegt Ihnen der Bericht und Antrag des Datenschutzausschusses zum einundzwanzigsten Jahresbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und zur Stellungnahme des Senats vor. Bevor ich jedoch auf die Einzelheiten des Berichts ein

gehe, meine Damen und Herren, auch wenn es ungewöhnlich sein mag, gestatten Sie mir, von dieser Stelle aus den Bediensteten der Bremischen Bürgerschaft, die im letzten Jahr den Datenschutzausschuss begleitet haben, Dank und Anerkennung auszusprechen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ferner möchte ich mich bedanken bei dem ausgeschiedenen Landesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn Dr. Walz, den es nach Berlin gezogen hat, der aber, das möchte ich hier besonders betonen, jahrelang die Datenschutzbelange im Lande Bremen hervorragend begleitet hat, aber auch bei dem kommissarischen Vertreter sowie den Mitarbeitern des Landesamtes für den Datenschutz, die bei der Erarbeitung des Jahresberichts während der Beratungen in den einzelnen Zuständigkeiten dem Datenschutzausschuss einen intensiven, qualitativ hohen Arbeitseinsatz gezeigt haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich erwähne dies hier auch deshalb ausdrücklich, um manches modisch gewordene Klischee von der Tätigkeit im öffentlichen Dienst mit abbauen zu helfen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meinen Dank möchte ich aber auch allen Kolleginnen und Kollegen, die in der Sache zwar manchmal hart, aber offen und engagiert an den Datenschutzproblemen mitgearbeitet haben, aussprechen. Leider erreichte das gute Klima im Ausschuss nicht immer das Plenum. Viele gute Vorschläge sind von beiden Koalitionsfraktionen und von der Opposition eingeflossen. Ich freue mich, hier sagen zu dürfen, dass die Bereitschaft aller Kolleginnen und Kollegen zur Kooperation ihren Niederschlag in konstruktiven Lösungen gefunden hat. Auch die Bereitschaft der Opposition zur guten Zusammenarbeit macht deutlich, dass sich alle demokratischen Kräfte in unserem Lande zur Verantwortung für den Datenschutz bekennen. Beim Melderecht zum Beispiel, Frau Stahmann, gingen die Meinungen ein bisschen auseinander, aber in dem einen oder anderen Punkt sind wir dann trotzdem wieder zu Ergebnissen gekommen.

(Heiterkeit)

Ganz wesentliche Teile des einundzwanzigsten Jahresberichts sind von allen Mitgliedern des Ausschusses in den Sitzungen einstimmig verabschiedet worden, und das sollte man hier auch betonen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ohne einen allgemein beachteten Konsens über die Rechte im Datenschutz kommt keine Gesellschaft aus. Dieser Konsens besteht darin, dass Datenschutzgesetze für alle gelten und gegen jeden durchgesetzt werden müssen. Ein zivilisiertes, freiheitliches Gemeinwesen bedarf immer zweier Komponenten, eines Staates, der seine Bürger schützen kann, aber auch eines Staates, der in seiner Macht begrenzt ist und diese Begrenzung auch bewusst bejaht. Das ist der Grundgedanke des Datenschutzes.

Allerdings rate ich auch dazu, im Grenzbereich zwischen den Freiheitsrechten des Einzelnen und den Eingriffsrechten des Staates die Abwägung nicht blauäugig vorzunehmen! Wir wissen, dass die Fehlerhaftigkeit des Menschen zu seiner Existenz gehört, dass er von seiner Freiheit nicht immer verantwortungsvoll Gebrauch macht. Wer im links- beziehungsweise rechtsradikalen Spektrum der Politik einem schwachen Staat das Wort redet und den Strafverfolgungsbehörden das Instrumentarium vorenthält, das sie brauchen, stellt den Konsens, von dem ich vorhin gesprochen habe, in Frage.

(Beifall bei der CDU)

Ermittlungsverfahren dürfen nicht durch Datenschutz behindert werden. Es geht nicht an, dass die Beschaffung der notwendigen Informationen für die Ermittlungsbehörden dadurch verhindert wird, dass der Beschuldigte erst einwilligen muss, dass überhaupt seine Unterlagen eingesehen werden dürfen. Trotzdem, auch wenn ich im Strafverfahrensbereich noch einmal darauf hingewiesen habe, bleibt der Schutz personenbezogener Daten vor unbefugter Verwendung, gerade angesichts der immer weiterreichenden Möglichkeiten der automatisierten Informationsverarbeitung und Kommunikationsmittel, von großer Bedeutung.

Der Datenschutz muss aber in all seinen Ausprägungen und bei allen Regelungen abgewogen werden mit anderen vorrangigen Interessen der Bürger und der Gemeinschaft. Datenschutz muss Opferschutz, darf aber nicht Täterschutz sein, meine Damen und Herren. Meine persönliche Meinung ist aber auch, dass die Normflut von sich überschneidenden Datenschutzregelungen in den Gesetzen von Bund und Ländern eingegrenzt werden muss.

Meine Damen und Herren, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist vom Bundesverfassungsgericht in seinem so genannten Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 formuliert und ausgestaltet worden. Zahlreiche Bundes- und Landesgesetze wurden in den folgenden Jahren den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst, auch im Land Bremen. Seit dem 28. Oktober 1997 enthält der Artikel 12 der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen in den Absätzen 3 bis 5 das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Kernsatz lautet: „Jeder hat das Recht auf Schutz seiner per

sonenbezogenen Daten.“ Die Bürgerinnen und Bürger Bremens haben einen Anspruch darauf, dass die öffentlichen Stellen des Landes und der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven dieses Grundrecht auf Datenschutz wahren.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Genau!)

In mehreren Sitzungen haben wir bei den senatorischen Behörden und nachgeordneten Dienststellen über Verschlüsselungen der DV-Geräte mit Schreibzugriff beraten, bis ein geeignetes Verschlüsselungsprogramm gefunden wurde. Wir hoffen, dass die gefundene Verschlüsselungssoftware bei PuMa demnächst zum Einsatz kommt. Auch über die Stagnation, ich hatte das vorhin schon einmal angeführt, im Melderecht haben wir mehrmals beraten und sind auch hier bei der Übermittlung von Wählerdaten an politische Parteien im Vorfeld von Wahlen zu Ergebnissen gekommen. Der Ausschuss, so der Beschluss, erwartet, dass der Gesetzentwurf zur Novellierung des Bremischen Meldegesetzes unverzüglich erstellt und nach Abstimmung mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz so rechtzeitig der Bürgerschaft (Landtag) vorgelegt wird, dass er noch in diesem Jahr verabschiedet werden und in Kraft treten kann. Ferner haben wir über die ID Cash-Haushaltskontrolle, Kindergarteninformationssystem und über die Einführungsprobleme beim Bremischen Krebsregistergesetz beraten. Es wurden aber nicht nur Beratungen durchgeführt, meine Damen und Herren, es wurden auch Lösungen gefunden. Wir freuen uns, dass gerade beim Krebsregistergesetz das anfängliche Zeichen von Missbehagen und manche Widerstände jetzt in den Hintergrund getreten sind und die neuen Datenschutzkonzepte umgesetzt werden. Weiter wurden im Ausschuss aktuelle Themen behandelt: die Verbraucherbefragung der Firma Lifestyle, die digitale Signatur, das Abhören von Telefongesprächen bei einem Call-Center, das MammaScreening-Projekt am Zentralkrankenhaus und die Weitergabe von Meldedaten an das Wahlamt bei der Wahl des Ausländerbeirates in Bremerhaven. Auch wurde ein Besuch der Firma Fly-Line durchgeführt. Gestatten Sie mir hier eine Bemerkung, und seien Sie mit mir nachsichtig! Auch wenn es nicht die Aufgabe in diesem Bericht ist, aber diese Firma, das sollte man hier erwähnen, man hat sonst nicht die Gelegenheit, hat hier in Bremen 50 Millionen DM investiert und dabei 480 neue Arbeitsplätze geschaffen. Viele dieser Arbeitsplätze sind von Langzeitarbeitslosen besetzt worden. Diese Firma, eine hundertprozentige Tochter der British Airways, arbeitet sehr datenorientiert, wir haben uns davon überzeugt, und ich finde schon, dass dies auch einmal hier erwähnenswert ist.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich zum Schluss komme, meine Damen und Herren, möchte ich noch eine Anmerkung im Auftrag des Datenschutzausschusses anführen. Seit Anfang des Jahres ist der Datenschutzbeauftragte, Herr Dr. Walz, nicht mehr im Dienst. Die Stelle des Leiters ist kommissarisch besetzt. Wer den Datenschutz ernst nimmt, und das nehme ich vom Senat stark an, ist auch dafür verantwortlich, dass diese Stelle schnellstens wieder besetzt wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte die Bürgerschaft (Landtag), den Bemerkungen des Datenschutzausschusses beizutreten! — Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Schwarz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Großen und Ganzen kann ich dem Bericht und der Rede meines Kollegen Knäpper beipflichten, und ich kann vor allen Dingen den Dank an die Personen, die er eben genannt hat, noch einmal unterstreichen. Wir alle im Ausschuss waren nicht nur angetan, sondern ganz begeistert von der Zuarbeit, die wir erlebt haben.

(Beifall)

Aber nicht in allen Bereichen bin ich der Meinung von Herrn Knäpper. Datenschutz hat einen ganz großen Eigenwert als solcher. Wir können nicht von Fall zu Fall entscheiden, ob dieser Datenschutzanspruch untergeordnet werden soll, wenn zum Beispiel Strafverfolgung ansteht. Hier müssen ganz strenge Strukturen geschaffen werden, um Kompetenzen für den Datenschutz zu schaffen, und das kann nie eine Einzelentscheidung sein. Insofern gibt es zwischen den Fraktionen durchaus Unterschiede, und darauf möchte ich gern hinweisen. Die Stellenausschreibung, die Herr Knäpper angesprochen hat, ist heute beschlossen worden. Wir haben eine angemessene Fristsetzung erreicht. Das halte ich für ordentlich, für angemessen, und ich freue mich darauf, dass wir sicherlich bald einen kompetenten Nachfolger für Herrn Walz haben werden. Eine Irritation ist allerdings vorgekommen. Seit einigen Jahren ist angemahnt worden, dass das bremische Meldegesetz geändert werden muss. Das ist seit mehreren Jahren vom Datenschutzausschuss angemahnt worden, und bisher hat die entsprechende Verwaltung keinen Novellierungsentwurf vorgelegt. Wir haben das angemahnt. Wir hoffen jetzt mit Unterstützung der Innendeputation, dass dieses Versäumnis nachgeholt wird.

(Beifall bei der SPD)

Ansonsten denke ich aber, dass der Datenschutzausschuss eine Arbeit geleistet hat, die wichtig ist, auch wenn ich weiß, dass Datenschutz ähnlich exotisch ist, wie es früher einmal Umweltschutz war. Ich hoffe aber doch sehr, dass dieser Bereich, der nicht nur Datenschutz darstellt, sondern Schutz von Menschen und damit auch Schutz der Würde von Menschen, anerkannt und beachtet wird. — Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer den Bemerkungen des Datenschutzausschusses mit der Drucksachen-Nummer 15/221 beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) tritt den Bemerkungen des Datenschutzausschusses bei.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem einundzwanzigsten Jahresbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz mit der Drucksachen-Nummer 14/1399, von der Stellungnahme des Senats mit der Drucksachen-Nummer 15/75 und von dem Bericht des Datenschutzausschusses mit der Drucksachen-Nummer 15/221 Kenntnis.

Gesetz über die Arbeitnehmerkammer im Lande Bremen

Mitteilung des Senats vom 8. Februar 2000 (Drucksache 15/198) 2. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Hattig, ihm beigeordnet Frau Staatsrätin Winther.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer zwölften Sitzung am 24. Februar 2000 in erster Lesung beschlossen.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Trüpel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Prozess um die Zusammenlegung der Kammern hat sich über viele Jahre hingezogen. Mittlerweile liegt das

Gesetz vor, und die Arbeit der Arbeiterkammer und der Angestelltenkammer wird in Kooperation stattfinden.

Wir haben diesen Prozess der Zusammenlegung unterstützt. Wir hoffen auch, dass es nach diesen langen Jahren der Auseinandersetzung zu einer guten Kooperation kommen wird, die vor allem den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Lande Bremen dienen wird, die die entsprechenden Programme, Veranstaltungen, Hilfestellungen und Beratungen leisten wird.