Meine Damen und Herren, der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger hat einmal gefragt: Wen rufe ich eigentlich an, wenn ich mit Europa sprechen möchte? – Beim scheidenden Bundeskanzler kam wahrscheinlich: Kein Anschluss unter dieser Nummer. – Beim Außenministerium kam wahrscheinlich: Die Teilnehmerin ist vorübergehend nicht erreichbar. – Bei der FDP kam wahrscheinlich: Dauerbelegt, weil permanente Streitigkeiten. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir brauchen in Europa umso mehr einen starken deutschen Bundeskanzler, der abliefert sowie handlungs- und redefähig ist. Das wird Friedrich Merz sein. Deutschland braucht ihn dringender denn je; denn ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit und keinen Frieden.
Danke schön. – Es liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung vor. Dazu erteile ich Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Ingo Hahn von der AfD-Fraktion das Wort. Bitte.
Geschätzter Herr Fackler von der CSU, dies ist auch Ihr Dringlichkeitsantrag. Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass auch die CDU/CSU sehr, sehr schlechte Verbindungen in die USA und nach Osten hat, dann wäre dieser Ihr gerade gebrachtes Zitat. Sie haben gesagt, Sie seien nicht auf die Wahl eines Donald Trump vorbereitet gewesen. Genau das ist es: Sie sind mit der gesamten Union sehr, sehr schlecht vorbereitet gewesen. Dann zitieren Sie noch Alexander von Humboldt. Dieser ist auf seiner fünfjährigen Amerikareise übrigens schon als Wissenschaftler im Weißen Haus bzw. beim Präsidenten eingeladen gewesen. Ihre Unionsleute waren noch nicht einmal fünf Stunden zur Amtseinführung von Trump eingeladen. Es ist eigentlich sehr, sehr bezeichnend, dass mittlerweile die AfD als Oppositionspartei diejenige ist, die gute Verbindung nach Osten und nach Westen hat, und nicht Ihre Union. Insofern muss man sagen, auch bei der Verteidigungsfähigkeit wird es nur mit der AfD möglich sein. Ihre Strategie der Brandmauer auch bei der Verteidigung wird Deutschland nur schaden.
Bei Ihnen kommt jetzt wieder ein ganzes Sammelsurium heraus. Wofür die AfD steht, wissen wir schon lange. Sie stehen für die Zersetzung dieses Landes im Inneren.
Das ist letztendlich das Problem, das wir haben, weil wir im Land nicht geschlossen sind und weil Sie mit Ihrer Staatsverachtung überall nur dazu beitragen, dass wir schlechte Stimmung im Land haben. Das ist das Hauptproblem! Deswegen muss die AfD raus aus dem Landtag.
Danke schön. – Für die Staatsregierung spricht jetzt noch Herr Staatsminister Dr. Florian Herrmann. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dieser Münchner Sicherheitskonferenz steht, glaube ich, für alle endgültig fest – um es mit den Worten von Carlo Masala zu sagen –: Der Urlaub von der Geschichte ist zu Ende. Der Urlaub hat ungefähr dreißig Jahre gedauert und basierte auf den Erfolgen der Globalisierung sowie unserer Vorstellung, dass der Westen quasi gewonnen habe, wir am Ende der Geschichte angekommen seien und die Zukunft nur noch für friedliches Miteinander der Nationen und liberale Gesellschaften offen sei. Wir haben nicht erst vor zwei Jahren, sondern eigentlich vor zehn Jahren gemerkt, dass der Urlaub zu Ende geht und wir jetzt auf der einen Seite mit den Kräften, die eine neue Weltordnung erschaffen wollen, und auf der anderen Seite mit komplexen, miteinander eng verwobenen und wechselseitig instrumentalisierten Konflikten, Krisen, Kriegen und anderen Schwerpunktsetzungen, vor allem denen der Vereinigten Staaten, konfrontiert sind. Dies ist nicht erst seit der Trump-Administration die Strategie der Vereinigten Staaten – was diejenigen, die sich auskennen, wissen –, sondern schon länger, spätestens seit Obama, um mit der erstarkenden und mit großem Anspruch voranschreitenden Großmacht China zurechtzukommen und sich deshalb mehr um den asiatisch-pazifischen Raum zu kümmern, weil China dort als echte Bedrohung angesehen wird.
Deshalb ergeht der Hinweis an Europa, sich mehr um die eigene Sicherheit zu kümmern. Fakt ist: Wer bei der Münchner Sicherheitskonferenz das eine oder andere Panel gehört hat, hat vier oder fünf verschiedene Zitate früherer US-Präsidenten gehört, nicht nur von Trump, sondern auch von Kennedy, Eisenhower und allen Präsidenten seit 1949, seit es die NATO gibt, die mit unterschiedlichen Worten, aber gleichem Inhalt immer darauf hingewiesen haben, dass die Europäer mehr tun müssen. Fakt ist auch, dass die Amerikaner heute zwei Drittel der Gesamtkosten der NATO tragen und die anderen 31 Staaten der NATO ein Drittel. Alle, die sich auskennen, weisen schon seit Längerem darauf hin, dass dies bei einer aufwachsenden Bedrohung durch China auf Dauer nicht funktioniert.
Deshalb ist die Münchner Sicherheitskonferenz, glaube ich, der Endpunkt des Daraufhinweisens. Wir müssten jetzt einmal damit beginnen, aus der reinen Empörungsrhetorik über die eine oder andere Rede oder Mitleids- und Bedauernsrhetorik ins Handeln zu kommen und ernst zu machen mit dem, was von uns historisch verlangt wird. Dies kam durch die beiden Reden von Vance auf der einen Seite und Selenskyj auf der anderen Seite und in dieser Kombination auch besonders deut
lich zum Ausdruck. Man kann viel an der Rede von Vance kritisieren. Man kann darüber hinwegsehen, dass er sich in unseren Wahlkampf eingemischt hat; denn – liebe GRÜNE, das sage ich in eure Richtung – wer sich zehn Jahre lang in die innenpolitischen Fragen der Amerikaner einmischt und im letzten Präsidentschaftswahlkampf sogar mit eigenen Leuten Haustürwahlkampf in Amerika betrieben hat,
liebe Kolleginnen und Kollegen, darf sich nicht wundern, wenn er dafür irgendwann einmal eine Retourkutsche bekommt. Das finde ich nicht so problematisch. Problematischer ist natürlich sein Verständnis von Meinungsfreiheit, diese Vermischung von Meinungsfreiheit auf der einen Seite und den Grenzen der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite.
Hier wundert mich das Gelächter von der rechten Seite nicht, weil Sie offenbar ein ähnliches Verständnis davon haben. Unser Verständnis ist aber nach wie vor, dass in einem Rechtsstaat die Grenzen der eigenen Freiheit immer die Grenzen und die Freiheit des Andersdenkenden sind und dass wir vor allem die Rechte anderer Menschen zu wahren haben. Das heißt, wir haben keinen totalen Wildwuchs, wie wir miteinander umgehen. Allein die Tatsache, wie Sie sich immer aufregen, wenn hier manchmal bestimmte Begriffe über Sie geprägt werden, zeigt, dass es offenbar schon etwas auslöst. Es gibt Grenzen des Strafrechts bei Beleidigung und übler Nachrede, die von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt sind. Das ist so in einem Rechtsstaat, und ich finde, das muss man auch verteidigen und nicht in eine Schwurbel-Argumentation hineinkommen, dies sei eine Art Zensur.
Das halte ich für wichtig, wenngleich ich – das habe ich an der Stelle schon öfter gesagt, die Diagnose ist nicht für völlig verkehrt – zugeben muss, dass die Diskursräume in unserer Gesellschaft durch Woke-Denken, Sprechverbote und Cancel Culture eingeengt werden.
Das sind aber gesellschaftliche Auseinandersetzungen, die wir führen müssen. Das hat nichts mit dem Staat zu tun, weil der Staat es nicht verbietet. Das muss man sehr deutlich unterscheiden, meine Damen und Herren.
Die Kombination dieser beiden Reden war, wie ich finde, sehr eindringlich. Unsere Aufgabe wäre es, sich weniger zu empören, sondern zuzuhören, was uns die unterschiedlichen Akteure aus Amerika von der Administration, aber auch aus dem Kongress mitteilen wollen. Es nützt nichts, immer nur reflexartig dagegenzuhalten, weil es vielleicht von den falschen Leuten kommt. Das kann schon sein, ist aber die Realität. Deshalb sollte man zuhören, um was es eigentlich geht, und handeln. Das bedeutet, die NATO und unser Zusammenwirken in Europa zu stärken.
Fakt ist auch: Europa ist stark, wenn wir einig sind. Das, glaube ich, ist völlig klar. Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass wir weltweit weniger werden. Anfang des letzten Jahrhunderts machten die Europäer 25 % der Weltbevölkerung aus. Am Ende dieses Jahrhunderts werden es gerade noch 5 oder 7 % sein. Wir können zahlenmäßig aber immer noch gut mit Amerika und anderen mithalten. Das heißt, wenn wir einig sind, sind wir eine Macht. Es geht darum, diese Einigkeit herbeizuführen.
Dies war heute erfreulicherweise in den meisten Reden Konsens, auch im vorherigen Dringlichkeitsantrag, auch von den GRÜNEN und der SPD. Ich muss jedoch sagen: Die Worte hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Vor allem bei Rot und Grün gibt es, wenn man die Worte mit der Realität der letzten drei oder eigentlich zehn Jahre vergleicht, viele, viele Lippenbekenntnisse. Man kann nur hoffen, dass sich das jetzt ändert. Ich sage nur: 2016 hat die SPD hier im Haus CETA abgelehnt. Im Jahr 2020 haben die GRÜNEN immer noch Mercosur abgelehnt. Das Thema Drohnen ist ein Trauerspiel. Die Drohnen sind ein Musterbeispiel für die Doppelzüngigkeit der SPD und der GRÜNEN in den letzten zehn Jahren.
Wir haben in der Bundeswehr genau fünf bewaffnungsfähige Drohnen aus Israel, meine Damen und Herren, die geleast sind. Das ist alles. Das ist für eine Zeitenwende einfach zu wenig; denn wir wissen seit mehreren Jahren und sehen jeden Tag in der Ukraine, wie wichtig Drohnen bei der modernen Art von Kriegsführung und modernen Form von Verteidigung sind. Ohne Drohnen wird es nicht funktionieren.
Deswegen ist es wirklich übel, dass die GRÜNEN und die SPD in den letzten zehn Jahren in Berlin immer dagegen gearbeitet haben – nur Lippenbekenntnisse. Das muss man immer wieder deutlich machen. Zwar ändern sie sich jetzt, das ist aber reichlich spät. In Bayern gibt es Unternehmen – das muss man sich vorstellen –, die perfekte und hochmoderne Drohnen herstellen. Diese werden derzeit zum Wohl der Ukraine in der Ukraine und von der Ukraine eingesetzt – nicht von der Bundeswehr. Das zeigt: Die Missstände in diesem Bereich muss man dringend angehen. Ich halte es für notwendig, das zu tun. Sonst wird uns alles, was unter der großen Überschrift "Zeitenwende" steht, nicht gelingen. Deshalb müssen wir die Zeitenwende ernst nehmen. Wir dürfen nicht weiter die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie blockieren.
Kürzlich gab es eine große Runde im Wirtschaftsministerium, an der Kollegen teilgenommen haben. Dort wurde sehr deutlich, dass die Hemmnisse, die über die letzten Jahre aufgebaut wurden, der Zeit nicht angemessen sind. Es geht nicht, dass am Ende Produkte am liebsten nur dann gekauft werden, wenn keine industriellen Anteile aus Deutschland enthalten sind; ansonsten gelten unsere Exportkontrollnormen. Das führt dazu, dass am Ende nichts exportiert werden kann und alles doppelt und dreimal so lang dauert.
An dieser Stelle sind wir wirklich gefordert. Für uns ist das eine ganz zentrale Position, die eigene Sicherheit in die Hände zu nehmen und in Europa stärker zu werden. Deshalb danke ich Herrn Kollegen Pohl und Herrn Kollegen Fackler für diesen Antrag, der noch einmal die Positionen der beiden Fraktionen und auch der Staatsregierung sehr gut auf den Punkt bringt.
In dieser Woche hat der Ministerpräsident den Masterplan mit zehn Punkten veröffentlicht, die ich jetzt nicht ausführen möchte. Die wichtigsten Aspekte sind die Stärkung von Personal, Munition und Ausstattung. Diese zehn Punkte sind äußerst wichtig.
Selbstverständlich legen wir Wert auf unsere Standorte, sowohl auf die amerikanischen als auch auf die deutschen; das ist überhaupt keine Frage. Bayern hat sich an dieser Stelle noch nie etwas zuschulden kommen lassen – ganz im Gegenteil. Jeder, der eine Einheit zu führen hat und in einer Einheit stationiert ist, die in Bayern liegt, ist froh darum. In anderen Teilen Deutschlands, in denen andere Parteien regieren, beispielsweise Rot oder Grün, ist das im Hinblick auf den Einsatz der Regierung für die Standorte und den Respekt vor den Soldatinnen und Soldaten nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle braucht es keine Belehrungen. Das alles bringt der Antrag der Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER sehr gut auf den Punkt. Das ist ein exzellenter Antrag. Deshalb werde ich zustimmen.
Herr Staatsminister, es liegen zwei Meldungen zu einer Zwischenbemerkung vor. Zunächst erteile ich dem Abgeordneten Florian Köhler von der AfD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie haben gerade die Grenzen der Meinungsfreiheit im Hinblick auf Beleidigungen und Verleumdungen aufgezeigt. Wenn man in Bayern die satirische Meinung, dass Robert Habeck ein Schwachkopf sei, online postet, bekommt man eine Hausdurchsuchung. Mich würde schon interessieren, ob Sie es mit der Verteidigung der Meinungsfreiheit ernst meinen. Sind das für Sie leere Worthülsen? Darf man behaupten, dass Robert Habeck ein Schwachkopf ist?
Ich nehme an, Robert Habeck wird heute noch einen Post absetzen, in dem er die Schützenhilfe von Ihnen zurückweist. Das nehme ich einmal an. Abgesehen davon geht es bei der Meinungsfreiheit immer darum, die Grenzen der Rechte des anderen nicht zu überschreiten.
Das hat etwas mit dem liberalen Verständnis von unserer Gesellschaft zu tun. Es passt nicht zu dieser Art von liberalem Verständnis von Meinungsfreiheit, wenn durch Hass und Hetze und durch Beleidigungen Leute daran gehindert werden, ihre Meinung zu äußern. Zum liberalen Verständnis von Meinungsfreiheit passt es auch nicht, wenn Menschen durch Cancel Culture und durch Diskreditierung daran gehindert werden, ihre Meinung zu äußern. Das alles verengt Diskursräume. Nach meiner Vorstellung von Meinungsfreiheit kann jeder das sagen, was er für richtig hält. Am Ende des Diskurses sollte die beste und sinnvollste Lösung im Sinne von Habermas herausgearbeitet werden: der zwanglose Zwang des besseren Arguments.
Meine Damen und Herren, das ist der Kern unserer liberalen Ordnung im Grundgesetz. In Einzelfällen kann es durchaus sein, dass die Grenzen überschritten werden, wenn man nämlich jemand anderen beleidigt. Es gibt unterschiedliche Formen von Beleidigungen; die Juristen wissen das. Es gibt üble Nachrede, es gibt Hetze und es gibt die Hassrede. Es gibt aber auch andere Arten, mit denen man Menschen davon abbringt, sich zu äußern, weil man ihnen körperlich zusetzt oder sie irgendwie anders unter Druck setzt oder sie einschüchtert. Wenn das Ganze ein bestimmtes Maß erreicht hat, schreitet auch die Staatsanwaltschaft ein. Wenn es reicht, verurteilt auch ein Gericht oder ordnet ein unabhängiges Gericht eine Hausdurchsuchung an. Den Einzelfall kann ich nicht beurteilen, weil ich die Akten nicht kenne. Wenn ein unabhängiges Gericht eine Hausdurchsuchung beschließt, würde ich immer unterstellen, dass die Fakten, die dazu geführt haben, ausrei
chend sind. Ich würde auch davon ausgehen, dass es sich bei demjenigen, den das betrifft, nicht um ein unschuldiges Lamm handelt, meine Damen und Herren.
Für eine weitere Zwischenbemerkung hat der Kollege Markus Rinderspacher für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Staatsminister, Sie hatten Mercosur erwähnt. Erstens wollte ich Sie nur kurz darüber informieren, dass die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und der Christlich-Sozialen Union Mercosur gestern im Europaausschuss abgelehnt haben, unseren Bekenntnisantrag. Es sind überwiegend auch konservative Abgeordnete im Europaparlament, die Mercosur immer wieder sehr skeptisch beurteilen. Auch der stellvertretende Ministerpräsident hat bei der Anhörung erst vor vier Wochen seine Skepsis sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.