Ich war selbst zehn Jahre Stadträtin in München und sechs Jahre Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN. Ich kenne die Kommunalpolitik;
da brauche ich wirklich keine Belehrung. Im Moment wird mit den Kommunen geredet. Die Bezirksregierungen gehen auf die Kommunen zu, suchen auch gemeinsam nach Standorten und gehen gegebenenfalls Kompromisse mit den Kommunen ein. Bei großen Unterkünften, die echt problematisch sind, haben wir auch immer wieder das Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gesucht. Als Petitionsausschussvorsitzende kenne ich die Thematik; die Bürgermeister waren immer eingebunden. Man hat immer einen Kompromiss gefunden. Wissen Sie, was ich immer von den Bürgerinnen und Bürgern dieser Gemeinden gehört habe? –
Sie haben uns gebeten und gesagt: Wir wollen eine Lösung, aber wir wollen die AfD nicht in der Lösung haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müsste dieser Gesetzentwurf ganz anders heißen. Es müsste "Löst-doch-eure-Probleme-ohne-uns-Gesetz" heißen; nichts anderes ist Ihr Gesetzentwurf. Es ist ein "Löst-doch-eure-Probleme-ohne-uns-Gesetz". Ein solches Gesetz löst nun einmal keine Probleme. Im besten Fall verschiebt es die Probleme woandershin, und im schlechtesten Fall, den Sie ja letzten Endes wollen, schafft es zusätzliche Probleme.
Natürlich schreit keine Gemeinde von sich aus "Hier!" und meldet sich, wenn es darum geht, Flüchtende unterzubringen, weil es natürlich eine Belastung für die Infrastruktur, für die Verwaltung und manchmal auch für den sozialen Frieden ist, aber nicht zwingend.
Ich komme aus einer Stadt mit 75.000 Einwohnern, und wir haben circa 1.100 Flüchtende untergebracht. Wenn ich Menschen in der Stadt frage, wie es denn so für sie sei, dann heißt es: Echt? Ich wüsste jetzt gar nicht, wo sie untergebracht sind. – Es bekommt gar keiner mit, wenn man es richtig macht.
Wenn man es richtig macht, dann heißt es noch lange nicht, dass der soziale Frieden gefährdet wird. Zunehmend wird der soziale Frieden dadurch gefährdet, dass Widerstand von interessierter Seite geschürt wird, meine Damen und Herren, und Sie wissen, wen ich damit meine. Die Verteilung ist ein solidarischer Mechanismus mit dem Ziel, die Belastung gerecht zu verteilen. Nach dem Königsteiner Schlüssel muss Bayern 15,56 % übernehmen. Nach der Asyldurchführungsverordnung wird das nach Einwohnern gerechnet auf die Regierungsbezirke und Landkreise verteilt; weiter runter wird es nicht mehr festgelegt – und das aus gutem Grund: weil nicht überall die gleichen Voraussetzungen bestehen.
Vielleicht gibt es irgendwo eine Gemeinde, wo gerade ein aufgelassenes Hotel zur Verfügung steht. Vielleicht gibt es eine andere Gemeinde, wo sich gar keine Möglichkeit auftut. Deswegen sind letzten Endes die Landratsämter dazu da, genau diese Verhältnisse vor Ort richtig einzuschätzen, richtig zu beurteilen und eine Lösung zu finden, die für möglichst wenig Schwierigkeiten und möglichst wenig Belastung sorgt. Genau das wollen Sie letzten Endes aufbrechen. Sie wollen gar
nicht, dass man eine gute Verteilung erreicht, die die Menschen vor Ort möglichst wenig belastet, sondern Sie wollen Unfrieden stiften. Sie wollen mit Ihrem Widerspruchsrecht für Gemeinden im schlimmsten Fall eine Totalblockade staatlichen Handelns erreichen.
Dieser Gesetzentwurf trägt also in keiner Weise zu einer Problemlösung bei, sondern er fordert nur zu einem unsolidarischen Verhalten der Gemeinden heraus. Das ist genau das Gegenteil von gerechter Lastenverteilung. Aber genau das käme Ihnen zupass, weil man damit zwar keine Probleme löst, aber Unfrieden, Chaos und den Nährboden für genau das schafft, was Sie letzten Endes wollen: einen autoritären, undemokratischen Staat mit möglichst viel Frust bei den Bürgern. – Deswegen lehnen wir selbstverständlich dieses "Löst-doch-eure-Problemeohne-uns-Gesetz" ab.
Sehr geehrter Kollege Hold, ich kann nicht nachvollziehen, was Sie hier geäußert haben. Meine Kommune hat 17.000 Einwohner. Wir haben vor einem Jahr einen Container aufgestellt; wir haben extra bei uns uralte Container angeschafft, um 80 Leute aufzunehmen. Aus diesem riesigen Asylbewerberheim in Bamberg, wo mehr als 2.000 Asylanten untergebracht sind, werden wir jetzt 80 aufnehmen. Ich frage mich: Man hat jetzt über ein Jahr gebraucht, um diese Uraltcontainer zu restaurieren und wieder bewohnbar zu machen. Was kostet das den Steuerzahler?
Die Bürger im Umfeld sind alle an mich herangetreten und haben mich gebeten, mich im Stadtrat und im Kreistag dafür starkzumachen, dass das Ding nicht kommt. – So viel dazu. Wir schwätzen uns den Bürgern nicht auf; sie kommen mittlerweile zu uns, weil die Bürger mittlerweile die Schnauze voll haben. Genau das wollen sie nicht mehr haben.
Sie haben mir gerade Gelegenheit gegeben, noch einmal den Kollegen Maier anzuschauen. Er platzt richtig vor Freude, dass er solche Vorfälle wie am Freitag in München instrumentalisieren kann.
(Christoph Maier (AfD): Bösartige Unterstellung! Sie sollten sich schämen, hier zu stehen und solche Anschuldigungen zu verbreiten! Sie sind verantwortlich für die Sicherheitslage in diesem Land! Sie tragen die Verantwortung!)
Auch was Sie hier gerade von sich gegeben haben, ist ein ganz klares Zeichen dafür, dass Sie nur danach lechzen, die Verhältnisse so darzustellen, dass Sie letzten Endes Unfrieden säen und gegen unsere Demokratie arbeiten können.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Nach 2024 sind die Asylbewerberzahlen in Deutschland um circa 30 % zurückgegangen. Es wurde
und wird viel unternommen; auch die Zurückweisungen an der Grenze – soweit sie legal sind – sind nicht unerheblich angestiegen. Die Situation betreffend die Menschen aus der Ukraine hat mit Asyl nichts zu tun. Erstmalig hat nämlich Europa mit der Massenzustrom-Richtlinie eine Regelung gefunden, diesen Menschen einen Zugang zum europäischen Raum zu schaffen. Nichtsdestoweniger ist die staatliche Gemeinschaft, die kommunale Gemeinschaft, sind alle aufgefordert, die Integrationsleistungen und die notwendigen sozialen Leistungen, die im Rahmen der Menschenwürde zu erbringen sind, aufgrund unseres gemeinsamen Konsenses zu organisieren und zu erbringen.
In der öffentlichen Wahrnehmung werden diese Unterschiede teilweise nicht gesehen. Auch Sie haben ja schon bewusst Ukrainer und Asylbewerber in einen Topf geworfen – nicht weil Sie das nicht wissen, sondern weil Sie genau das Gegenteil wollen. Sie wollen spalten, in dem Zusammenhang ausgrenzen und markieren, was nicht Ihrer Provenienz entspricht.
Angesichts der abnehmenden Zahlen ist eigentlich nicht von einem aktuellen Asylnotstand auszugehen. Gleichwohl stehen staatliche und kommunale Institutionen vor der herausfordernden Aufgabe, Integration und Organisation von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern zu gewährleisten.
Eine der Regelungen ist in der Tat der Königsteiner Schlüssel, der heruntergebrochen auch in Bayern berücksichtigt wird. Natürlich versucht man in Bayern, gerechte Lösungen zu erzielen, aber das, wie die Vorredner auch schon gesagt haben, gelingt nicht immer. Man muss auch sagen: Intransparenz bei diesem Vorgang bringt auf dem Feld häufig die Saat für Neiddebatten, für Vorurteile und Diskriminierungsszenarien aus.
Genau das nutzen Sie für sich aus. Sie befeuern dies und nutzen dies aus. Meine Damen und Herren, wir sind ein demokratischer, sozialer Rechtsstaat. So geht das nicht.
Wenn Sie es sich nun so einfach machen und die Kommunen mit einem Zustimmungsrecht oder einem Vetorecht versehen wollen, sagen Sie doch nichts anderes, als dass die Probleme, die wir in der Gesamtgesellschaft haben, die wir in Deutschland haben, die wir in Europa haben, aus Ihrer Sicht von der einen oder anderen Gemeinde mit einem Veto nach dem Motto weggeschoben werden können:
Es kümmert mich nicht, was in der Nachbargemeinde geschieht. Damit schaffen Sie Unsolidarität. Dies hat in der heutigen Zeit und angesichts des notwendigen gemeinsamen Zusammenstehens aber überhaupt keinen Platz.
Dieses Gesetz regelt nicht das Zusammensein von Bürgern, regelt auch keine Konflikte, sondern dieses Gesetz schafft Unzufriedenheit, Spaltung und Diskriminierung nach dem Motto: Was kümmert mich das Leben der anderen, solange ich in diesem Zusammenhang einigermaßen deutsch bin und mich im Mainstream der AfD bewege? Das ist unerträglich. Deswegen ist dieses Gesetz abzulehnen. Sie sollten sich einmal überlegen, was Gemeinwohl in Ihrem Sinne bedeutet.
Ich betrachte, welche Wählerschlichten Sie zu erschließen versuchen. Bei uns jedenfalls geht das nicht.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration empfiehlt den Gesetzentwurf zur Ablehnung.
Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion auf Drucksache 19/3866 zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Gegenstimmen! – Das sind SPD, GRÜNE, FREIE WÄHLER und CSU. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Gemäß § 42 Absatz 2 Satz 2 unserer Geschäftsordnung finden Begründung sowie Aussprache zu einem Wahlvorschlag nur statt, wenn zwei Fraktionen dies beantragen oder die Vollversammlung dies beschließt. Im Hinblick auf die Tagesordnungspunkte 5 und 6, Wahl eines Vizepräsidenten und Wahl eines Schriftführers des Bayerischen Landtags, hat die AfD-Fraktion eine Begründung der Wahlvorschläge sowie eine gemeinsame Aussprache beantragt. Hierüber soll auf Antrag der AfDFraktion in der Vollversammlung eine Entscheidung herbeigeführt werden. Ich lasse daher nun über den Antrag abstimmen.
Wer dem Antrag der AfD-Fraktion auf Begründung und gemeinsame Aussprache zu den Wahlvorschlägen eines Vizepräsidenten und eines Schriftführers im Hinblick auf die Tagesordnungspunkte 5 und 6 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Gegenstimmen! – CSU, FREIE WÄHLER, SPD und GRÜNE. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Für die heutige Plenarsitzung hat die AfD-Fraktion erneut die Wahl eines Vizepräsidenten beantragt. Die AfD-Fraktion hat Herrn Abgeordneten Roland Magerl als Kandidaten vorgeschlagen.