Protocol of the Session on December 10, 2024

Der Punkt ist aber der – und da komme ich jetzt zur Methodik –, unser Grundansatz entspricht dem alten Satz von Montesquieu: Eine Regelung, ein Gesetz, das man nicht machen muss, darf man nicht machen. – Das würde ich gerne zur Grundlage jeder Entbürokratisierung oder vielmehr jeder neuen Regulierung machen: Das, was nicht zwingend sein muss, darf man nicht machen. – Lieber Kollege Becher, das macht dann auch nicht an der Grenze der Kommunen halt, weil die Frage, ob Bund, Land, Europa oder die Kommunen zuständig sind, nachrangig ist. Der entscheidende Punkt ist, auch eine Kommune muss sich fragen: Müssen Schottergärten oder andere Gärten in Satzungen reguliert werden? Muss das wirklich sein, oder ist es lediglich ein Nice-to-have, weil man sagt: Das können wir auch noch regeln, und das können wir den Eigentümern auch noch auferlegen, dass sie ihren Garten so gestalten, dass das alles möglichst einheitlich aussieht? – Wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass es nicht zwingend, sondern nur ein Nice-tohave ist, dann darf man es nicht machen. Das gilt dann genauso für die Kommunen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Johannes Becher (GRÜNE): Sie verpflichten ja die Kommunen!)

Insofern wird beides gegeneinander ausgespielt. Ich kann nicht sagen, wir greifen in die Selbstverwaltung der Kommunen ein, sondern wir weisen darauf hin, dass man nur die Regelungen machen darf, die wirklich zwingend notwendig sind; denn wenn man sich an diese Grundregel nicht hält, werden wir mit der Entbürokratisierung nie fertig werden, sondern es wird immer mehr Bürokratie. In den letzten 20 bis 40 Jahren hat man so gearbeitet, dass unsere Art zu reformieren im Grunde immer ein Draufsatteln war. Wir haben nicht wirklich Dinge abgeschafft, sondern haben draufgesattelt in der festen Überzeugung, der Staat wird schon alles richten. Das ist die paternalistische Staatsvorstellung eines Nanny-Staats, der alles irgendwie regelt und sich um alles kümmert. Dann wundert man sich, wenn am Ende dieser Wust an Bürokratie entsteht. Deshalb ist die Methodik das ganz Entscheidende; sonst kommen wir nicht klar.

Dieser Methodik folgen – das brauche ich nicht alles im Einzelnen zu wiederholen – unsere Modernisierungsgesetze. Das mag vielleicht nervig sein, weil das so viele Einzelpunkte sind; aber es gibt eben nicht den großen Hebel, den man einfach nur umlegt und dann ist alles erledigt. Der Weg zur Bürokratie besteht nämlich nicht in einem großen Gesetz, sondern kommt eben peu à peu. Deshalb ist es völlig folgerichtig, das genau zu durchforsten und bei jedem Punkt die Frage zu stellen: Brauchen wir das oder kann das weg? – Wenn die Antwort lautet, dass das nicht zwingend notwendig ist, dann kann es weg, und ich will sogar sagen: Dann muss es auch weg. Nur so kommen wir voran.

Ich finde, bei diesen baurechtlichen Regelungen ist das jetzt sehr gut gelungen. Wir hatten es vor ein paar Wochen schon bei den Ehrenamtserleichterungen. Da bin ich ziemlich sicher, dass das in der Praxis sehr gut ankommen wird. Ich glaube, diese Genehmigungsfreistellungen nehmen Verfahren heraus und entlasten die Beamten oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Landratsämtern und in den Städten, weil sie das nicht mehr genauestens prüfen müssen. Deshalb ist das ein wichtiger Schritt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Dementsprechend war auch die Resonanz in der Verbandsanhörung nahezu durchgängig positiv, weil eben gerade im Bau entspannt entschlackt werden konnte. Uns geht es nicht nur rein um die rechtliche Entbürokratisierung, sondern auch um Beschleunigung und Modernisierung. Das hängt sehr eng miteinander zusammen. Deshalb ist es auch wichtig, auf diese unterschiedlichen Bereiche genau zu achten. Wir haben das eine oder andere berücksichtigt. Ich sage es einmal so: Wir haben das gemacht, um die Dinge konsensual voranzubringen und auch mit den Spitzenverbänden konsensual vorzugehen. Vielleicht hätten wir das eine oder andere einfach nicht berücksichtigen müssen, dann wäre es vielleicht noch schlanker gegangen; aber wir leben halt in der Realität und versuchen, ein Geben und ein Nehmen zu haben und am Ende vernünftige Regelungen im Konsens hier durchzubringen.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen will, ist das öffentliche Dienstrecht. Das ist nämlich auch ein wichtiger Aspekt, weil der eigentlich ein Ausfluss dieser Methodik ist, um die es uns geht; denn uns geht es nicht nur um die Befähigung der Unternehmen, unternehmerische Freiheit wahrzunehmen, sondern auch um die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden, vor allem in den Landratsämtern, aber auch in den anderen Behörden. Da haben wir nämlich hoch qualifizierte, gut ausgebildete Leute mit Erfahrung, mit Lebenserfahrung, mit praktischer Berufserfahrung. Wir – vor allem die Bundesebene, durchaus aber auch andere Ebenen wie die Landesebene – haben in den letzten Jahrzehnten oft Gesetze geschaffen, die nicht mehr richtige Gesetze sind, sondern fast schon Verwaltungsakte. Es handelt sich also um eine "Verwaltungsaktisierung" von Gesetzen – nicht mehr generell und abstrakt, sondern individuell und konkret. Dadurch wurde der Spielraum für die Beschäftigten in den Ämtern sehr gering. Das ist aber nicht richtig, weil die nämlich gelernt haben, mit ihrem Fachwissen auf den konkreten Einzelfall, der vorgetragen oder in einem Antrag, einem Baugesuch oder in allen möglichen und vorstellbaren Dingen vorgelegt wird, einzugehen. Das passt sich dann der Lebensrealität an, vor Ort, so wie es konkret ist. So muss dann entschieden werden. Das ist die Freiheit und die Fähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden, die das können und die wir darin auch stärken wollen. Wir wollen sie stärken, dass sie diese Fähigkeiten ausnützen. Wir alle wollen dann aber auch hinter ihnen stehen und nicht sagen: Den werden wir mal zur Rechenschaft ziehen. – Diese Entscheidungsfreudigkeit soll durch das Gesetz auch gestärkt werden.

Ich halte es methodisch für wahnsinnig wichtig. Dazu gehört: Vorne sparsam sein mit dem Auswerfen von neuen Gesetzen und hinten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das Gesetz anwenden müssen, Spielräume einräumen. Das ist die Logik hinter dem Ganzen; dieser folgt das Erste Modernisierungsgesetz und dieser folgt das Zweite und folgen alle weiteren. Deshalb sage ich heute nicht "mehr Demokratie wagen", sondern "mehr Montesquieu wagen". Weniger ist wirklich mehr. Haben wir alle miteinander die Kraft, diese Lücke, die dann entsteht, wenn Dinge mal nicht mehr geregelt sind, auch echt auszuhalten.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Es liegen zwei Meldungen zu Zwischenbemerkungen vor. Zunächst der Kollege Florian von Brunn für die SPD-Fraktion.

Herr Minister Herrmann, Sie haben das Gesetz jetzt quasi als Ei des Columbus dargestellt, aber ich glaube, Sie lösen damit auch die Probleme, die Sie selbst verursacht haben. Sie sind ja Freisinger. Sie kennen das Dilemma mit der Typzulassung von neuen Trambahnen und U-Bahnen in München. Da wird nicht ein Typ zugelassen und dann dürfen alle baugleichen Fahrzeuge fahren, sondern da wird jedes einzelne Fahrzeug zugelassen. Die Regierung von Mittelfranken macht es anders. Sie macht eine Typzulassung. Warum ist das

nicht längst geändert worden? Witzigerweise gerade heute erreicht mich ein Schreiben aus Harlaching in München, dass dort die Bürger seit über einem Jahr auf ein neues Wartehäuschen warten, das seit über einem Jahr in der Zulassung bei der Regierung von Oberbayern hängt. Dafür brauchen Sie gar kein neues Gesetz, da müssen Sie einfach nur anfangen und vielleicht auch einmal dafür sorgen, dass ein bisschen mehr Personal da ist, um solche Sachen zu entscheiden.

Also, die Landeshauptstadt München liegt nicht in meiner Zuständigkeit.

(Florian von Brunn (SPD): Regierung von Oberbayern!)

Da wird die Landeshauptstadt wahrscheinlich die Dinge nicht gescheit vorbereitet haben.

(Beifall und Heiterkeit bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Aber ehrlich gesagt, genau um dieses Klein-Klein geht es nicht.

(Widerspruch bei der SPD)

Doch, doch! Das ist jetzt der Versuch, den einen gegen den anderen auszuspielen. Mit Sicherheit wird es auch in Zukunft, wenn wir die tollste und großartigste Entbürokratisierung aller Zeiten irgendwann erledigt haben, was sowieso eine nicht endende Daueraufgabe ist, dann wird es immer noch irgendwelche Schwierigkeiten geben.

Mit diesen Gesetzen geht es darum, strukturell Regelungen herauszunehmen und die Leute zu befähigen, im Einzelfall vernünftig zu entscheiden. Alles andere wird man sich auch weiterhin im Einzelfall anschauen müssen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Becher, bitte.

Herr Staatsminister, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie die Kommunen quasi aufgefordert, auch über die Frage nachzudenken, welche Verordnung, welche Satzung es in Bezug auf diese Freiflächengestaltungssatzung überhaupt braucht. Braucht es da eine Regelung zu Schottergärten? Gleichzeitig nehmen wir den Kommunen heute die Frage und die Antwort ab, weil Sie ja mit Ihrem Gesetzentwurf den Kommunen verbieten, Freiflächengestaltungssatzungen zu erlassen. Wie passt das zusammen? Das ist die eine Frage. Stattdessen gibt es jetzt eine staatliche Regelung zu den Schottergärten, im Sinne von "Welches Gesetz brauchen wir eigentlich?". Ob die dann materiell-rechtlich hält, weiß ich nicht. Das wird sich dann vielleicht in der Praxis noch zeigen.

Ich habe noch eine zweite Frage zu den Stellplätzen und den Spielplätzen. Wieso sind Hunderte von Satzungen, die künftig auf kommunaler Ebene geschaffen werden, weniger Bürokratie als eine schlanke staatliche Regelung, von der die Kommunen nach ihrem Gusto abweichen können so wie bisher? Wieso ist das gesamt betrachtet weniger Bürokratie?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann zum zweiten Punkt relativ einfach antworten. Ich habe ja gesagt, dass es um Modernisierung, Beschleunigung und Entbürokratisierung geht. Das sind verschiedene Bereiche, die natürlich zusammenspielen. Bei der

Frage der Stellplätze geht es in allererster Linie um den bestehenden Aufwand, um die Kosten letztendlich, um die Verteuerung von Bauprojekten für Eigentümer oder größere Unternehmen, die das tun, was wir dringend tun müssen und was die Bundesregierung in den letzten drei Jahren ziemlich versäumt hat, nämlich Wohnungen zu bauen. Das ist der Kern der Thematik bei den Stellplätzen.

(Widerspruch des Abgeordneten Toni Schuberl (GRÜNE))

Hier geht es in erster Linie darum, das Bauen billiger und Wohnungseigentum oder Eigenheime erschwinglich zu machen. Das ist der Kern bei dem Punkt. Das ist nicht unbedingt der Kern die Entbürokratisierung, wobei das zusammenspielt.

Der erste Punkt war noch mal?

(Johannes Becher (GRÜNE): Freiflächengestaltungssatzung und Schottergärten!)

Da ist es einfach so, dass sich die Frage nicht stellen kann und nicht stellen sollte: Muss es sein, dass die öffentliche Hand, der Staat, egal in welcher Erscheinungsform – Bund, Land, Kommune – den Eigentümern hineinredet, wie sie ihren Garten zu gestalten haben? Unsere Antwortet lautet darauf: Nein, das muss eben nicht sein. Das ist falsch. Das ist ordnungspolitisch falsch. Das ist auch in Hinblick auf Bürokratiefragen falsch. Deshalb soll der Staat seine Finger da rauslassen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung.

Der Abstimmung zugrunde liegen der Gesetzentwurf der Staatsregierung auf Drucksache 19/3023, die Änderungsanträge der Fraktionen CSU und FREIE WÄHLER auf den Drucksachen 19/3891, 19/3909 und 19/4144, die Änderungsanträge der Fraktionen FREIE WÄHLER und CSU auf den Drucksachen 19/3889 und 19/3890, der Änderungsantrag der AfD-Fraktion auf Drucksache 19/3925, die Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf den Drucksachen 19/3646 mit 19/3655 und 19/3748, die Änderungsanträge der SPD-Fraktion auf den Drucksachen 19/3724 und 19/3858 mit 19/3864 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Wohnen, Bau und Verkehr auf der Drucksache 19/4286.

Zunächst ist über die soeben erwähnten 20 Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen abzustimmen. Der federführende Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr empfiehlt alle 20 Änderungsanträge zur Ablehnung. Ich lasse zuerst über die zwei Änderungsanträge, zu denen namentliche Abstimmung beantragt wurde, abstimmen. Die Abstimmungen werden elektronisch durchgeführt.

Wir beginnen mit dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion betreffend "Bisherige Regelung zur Errichtung von Spielplätzen beibehalten" auf Drucksache 19/3862. Die Abstimmungszeit beträgt drei Minuten. Die Abstimmung ist nun freigegeben.

(Namentliche Abstimmung von 17:28 bis 17:31 Uhr)

Drei Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Es folgt nun die namentliche Abstimmung über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion betreffend "Freiflächengestaltungssatzungen in vollem Umfang erhalten" auf Drucksache 19/3864.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die Abstimmungszeit beträgt zwei Minuten. Die Abstimmung ist freigegeben.

(Namentliche Abstimmung von 17:31 bis 17:33 Uhr)

Die zwei Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung und bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir über die weiteren Änderungsanträge abstimmen können.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das gilt auch für den Kollegen Becher.

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass über die noch ausstehenden 18 Änderungsanträge gemeinsam abgestimmt werden soll. Der Abstimmung werden die jeweiligen Voten im federführenden Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr zugrunde gelegt.

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten. Das heißt: Diese Änderungsanträge sind abgelehnt.

Nachdem die Ergebnisse der vorherigen namentlichen Abstimmungen noch nicht vorliegen, unterbreche ich für einen kurzen Moment.

(Unterbrechung von 17:34 bis 17:35 Uhr)

Ich gebe schon einmal das Ergebnis der ersten namentlichen Abstimmung zum Änderungsantrag der SPD-Fraktion zum Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Erstes Modernisierungsgesetz Bayern betreffend "Bisherige Regelung zur Errichtung von Spielplätzen beibehalten" auf Drucksache 19/3862 bekannt: Mit Ja haben 14 gestimmt, mit Nein 117; es gab 24 Stimmenthaltungen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.