Protocol of the Session on November 28, 2024

Drittens. Eine klare Unterstützung für die E-Mobilität. Die Systementscheidung ist längst gefallen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ein Festklammern am Verbrennungsmotor wird den Umstellungsprozess nur quälend in die Länge ziehen und diesen noch dramatischer machen.

Viertens. Ein Tariftreuegesetz für faire Löhne. Nur wer mit seinen Leuten fair umgeht, hat eine motivierte Belegschaft, die nicht beim ersten Jobangebot zur Konkurrenz wechselt.

Fünftens. Wir müssen in die Fort- und Weiterbildung investieren. Wir müssen Betreuungsangebote ausweiten, um auch Frauen die Möglichkeit zu geben, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Auch die Wirtschaft würde enorm profitieren, wenn wir mehr Frauen in das Arbeitsleben bekämen.

(Beifall bei der SPD)

Sechstens und nicht zuletzt: Wir brauchen den Mut, die Schuldenbremse in Bund und Land für Zukunftsinvestitionen zu reformieren. Ein antizyklisches Handeln und Investieren des Staates bringt die Wirtschaft wieder auf Touren.

Das zunächst in Stichpunkten – ich werde gleich noch ausführlicher darauf eingehen; denn wir haben sehr klare Vorstellungen darüber, wie wir Bayern fit für die Zukunft machen. Die SPD-Landtagsfraktion ist bereit, konstruktiv daran mitzuarbeiten. Es geht darum, zusammenzustehen und mutige Entscheidungen zu treffen, um unsere Wirtschaft zukunftsfähig zu gestalten.

Aktuell stehen wir vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen. Die Wirtschaft in Bayern kämpft mit den strukturellen Standortproblemen, mit einer ausufernden Bürokratie, hohen Energiepreisen, dem Arbeits- und Fachkräftemangel und einer schwachen Nachfrage im In- und Ausland. Die bayerische Wirtschaft schrumpft überdurchschnittlich. Auch die Kosten der Transformation hin zur Klimaneutralität und Digitalisierung sind immens.

Als Handwerksmeister, als Unternehmer kann ich Ihnen detailliert aufzählen, wo in Bayern der Wirtschaftsminister gefragt ist. Ich habe jetzt das Glück, dies hier vom Rednerpult aus tun zu können. Die meisten bayerischen Handwerker und Unternehmer haben diese Chance nicht. Ich kann Ihnen aber versichern: Die Wirtschaft würde sich freuen, wenn Sie ihre Probleme anpacken würden. Allein mit Berlin-Bashing werden wir das bayerische Wirtschaftsproblem nicht in den Griff bekommen – das ist schlicht und einfach zu wenig.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ja, Bayern ist ein wirtschaftlich starkes Bundesland. Das verdanken wir vor allem den echten Leistungsträgerinnen und Leistungsträgern, den oft hart arbeitenden Menschen in Bayern, die unser aller Wohlstand erwirtschaften. Kollege Streibl hat das genauso betont.

Doch es gibt auch Schattenseiten. Die Inflation der zurückliegenden Zeit belastet Menschen noch immer, und ganze Regionen haben den Anschluss an den wirtschaftlichen Erfolg Bayerns verloren. Bayern ist von gleichwertigen Lebensverhältnissen noch immer sehr weit entfernt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund zieht ein ernüchterndes Fazit Ihrer Struktur- und Regionalpolitik sowie der Landesentwicklungspolitik in Bayern. Der DGB attestiert der Bayernkoalition eine Aufgabendelegation und Verantwortungsübertragung an die Kommunen bei gleichzeitigem Rückzug des Staates.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus, wir brauchen in Bayern zielführende Lösungen, die Planungssicherheit und das Gemeinwohl an oberste Stelle setzen. Viele Wirtschaftsinstitute, Unternehmensverbände, Gewerkschaften und Ökonomen warnen vor einer hartnäckigen Rezession. Obwohl wir die Inflation auf 2 % senken konnten, fehlt es derzeit an stetigem Wirtschaftswachstum. In dieser Situation brauchen wir eine klare wirtschaftspolitische Strategie – eine Strategie, die ich in der Regierungserklärung leider vermisst habe.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich klarstellen: Die Ankündigung, beim Nachtragshaushalt im Wirtschaftsetat nicht sparen zu wollen, ist begrüßenswert. Es geht aber nicht, dass wir die Finanzierung durch Kürzungen im Sozialbereich kompensieren.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wo kürzen Sie dann?)

Das ist nicht gerecht und auch ökonomisch nicht sinnvoll.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben den Rotstift bei den Schwächsten in der Gesellschaft angesetzt, bei den Kindern, bei zu pflegenden Menschen und bei den Familien. CSU und

FREIE WÄHLER sprechen davon, dass der Freistaat ein positives Beispiel für ein funktionierendes, verlässliches Staatswesen sei, das sich an den Bedürfnissen der Bürger orientiere. Ich frage Sie: An wessen Bedürfnissen orientieren Sie sich, wenn Sie die Abschaffung des Deutschlandtickets ins Spiel bringen? Orientieren Sie sich an den Bedürfnissen der Menschen, indem Sie die Familien- und Landespflegegeldzahlungen halbieren oder das Krippengeld streichen?

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Das stimmt doch gar nicht!)

Das ist eine Politik, die auf dem Rücken der Menschen ausgetragen wird.

(Beifall bei der SPD – Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Kein Cent wird gekürzt!)

Ja, natürlich haben Sie auch über den Bürokratieabbau gesprochen. Das hören wir ja immer wieder. Sie tun aber so, als wären Sie in der Opposition. Sie sind doch der Wirtschaftsminister. Bauen Sie doch endlich Bürokratie ab. Sie haben es in der Hand. Es ist Ihre Verantwortung.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der GRÜNEN)

Als ein Abgeordneter aus der Praxis und als jemand, der selbst aus dem Handwerk kommt, weiß ich, wie wichtig es ist, dass das Handwerk und die Menschen, die in unserer Gesellschaft täglich hart arbeiten, mehr Anerkennung finden. Da muss auch noch viel passieren. Sorgen Sie doch endlich dafür, sorgen wir dafür, dass Auszubildende unter 18 Jahren mit dem Auto zum Ausbildungsplatz oder zur Arbeit fahren dürfen. Das ist nur eine kleine Aktion mit einer ganz großen Wirkung, die insbesondere im ländlichen Raum helfen könnte.

Was wir brauchen, das ist eine mutige Investitionsoffensive in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes: in unsere Infrastruktur – viele Straßen und Schienen sind in einem katastrophalen Zustand –; in unser Bildungssystem, das nach wie vor die Zukunftschancen unserer Kinder vor allem an das Einkommen der Eltern koppelt; in den Wohnungsbau, damit in den Ballungsräumen nicht länger die Hälfte des Einkommens oder noch mehr für die Miete verwendet werden muss; in die klimaneutrale und digitale Transformation, damit Bayern nicht den Anschluss an die Weltspitze verliert; und das alles bitte nicht auf Kosten der Schwächsten in unserer Gesellschaft.

Es ist unnötig, ökonomische und soziale Stärke gegeneinander auszuspielen. Die Kunst der Politik besteht darin, hier einen fairen Ausgleich zu finden.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben in Ihrer Rede die Transformation angesprochen. Mit dem Transformationsfonds haben Sie für die Unternehmen auch einen wichtigen und richtigen Schritt angekündigt. 350 Millionen Euro sind aber leider nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, meine Damen und Herren. Transformation passiert nicht von allein. Wir brauchen massive Investitionen, damit wir den Strukturwandel aktiv gestalten können. Es sind unter anderem Investitionen in eine klimagerechte Industrie und den Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig, um die Energiewende auch voranzutreiben. Die Digitalisierung erfordert Investitionen in allen Landesteilen, um gleiche Chancen auch für den ländlichen Raum zu schaffen.

Forschungsinstitute schätzen den öffentlichen Investitionsbedarf deutschlandweit in den nächsten zehn Jahren auf 600 Milliarden Euro. Der BDI schätzt sogar 1,4 Billionen Euro, davon 400 Milliarden durch den Staat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir benötigen in Bayern leistungsstarke Stromnetze. Herr Minister, Sie haben diese Stromnetze über viele Jahre nicht forciert und vorangetrieben. Ich bin froh und auch dankbar, dass jetzt hier die Erkenntnis da ist.

(Beifall bei der SPD)

Wir benötigen mehr Sonnenenergie. Wir brauchen die Geothermie. Wir benötigen eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Ja, wir haben auch da in den Ballungszentren einen sehr guten Ausbauzustand. Aber auch hier fehlt es in der Fläche. Das alles kommt nicht von allein. Durch staatliche Investitionen in strategisch wichtigen Bereichen können Investitionen gefördert, Arbeitsplätze geschaffen und das Wirtschaftswachstum erhöht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb brauchen wir eine Reform der Schuldenbremse, um die drängenden Herausforderungen in Deutschland zu lösen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Mehr Schulden machen?)

Das fordern nicht nur wir als SPD, sondern zahlreiche Ökonomen, der IWF und auch die Bundesbank.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Mehr Schulden zu machen? Wie wäre es mit sparen?)

Auch viele CDU-Ministerpräsidenten und mittlerweile auch der CDU-Parteichef stimmen dem hin und wieder mal zu. Ich bin zuversichtlich, dass sich hier auch die Union bewegen wird.

(Beifall bei der SPD)

In Zeiten schwacher Nachfrage ist eine antizyklische Fiskalpolitik das Gebot der Stunde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist noch essenziell für die Attraktivität des bayerischen Wirtschaftsstandorts? – Richtig: eine zukunftsorientierte Energiepolitik, wie eben schon angedeutet. Bayern war einst Vorreiter bei den erneuerbaren Energien, doch was ist daraus geworden? – Heute sind wir Schlusslicht beim Ausbau der Windkraft, die 10-H-Regel war ein historischer Fehler, den Sie immer noch nicht vollständig korrigieren wollen. Anstatt Pionier bei der Entwicklung klimafreundlicher Technologien zu sein, hat die Regierung die Energiewende verschleppt.

(Beifall bei der SPD)

Die bayerische Energiepolitik war eine Mischung aus Planlosigkeit, Kurzsichtigkeit und einer gehörigen Portion Populismus. Das müssen wir ändern, wenn wir wirklich zukunftsfähig sein wollen.

(Beifall bei der SPD)

Die Netzkapazitäten sind zu gering, und der Ausbau von Batteriespeichern und H2Elektrolyseuren wird zu halbherzig angegangen. Dabei sind es gerade unsere Unternehmen, die bezahlbare und verlässliche Energien brauchen. Noch haben wir die Industriebetriebe, die viel zu unserem Wohlstand beitragen, und das soll auch so bleiben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ja, der Atomausstieg war und bleibt eine richtige Entscheidung. Erneuerbare Energien sind mittlerweile die kostengünstigste Art der Stromerzeugung, im Gegensatz zu neuen Atomkraftwerken, die unbezahlbar sind, ganz zu schweigen von den Si

cherheitsrisiken und den ungelösten Fragen der Endlagerung. Die Wirtschaft hat das längst erkannt, und der RWE-Chef Markus Krebber hält ein deutsches AtomComeback laut "Handelsblatt" für sehr unrealistisch.

Wir erinnern uns noch gut daran, dass unser heutiger Ministerpräsident sich seinerzeit dafür ausgesprochen hat, das Kernkraftwerk Isar 2 spätestens im Jahr 2022 abzuschalten. Er hat sogar mit Rücktritt gedroht, sollte sich der Freistaat auf einen späteren Zeitpunkt für den Atomausstieg einigen. Ja, lang, lang ist es her. Auch wenn er seine Meinung heute geändert hat, war sein damaliges Handeln wichtig und richtig. Seine Abkehr vom richtigen Weg ist schade, und wir sehen sie mit großem Bedauern.

(Beifall bei der SPD)

Klar, eine Inbetriebnahme wäre technisch sicher möglich. Wir halten diesen Schritt aber nicht für notwendig. Es ist zu teuer, wir finden keine Betreiber, und nach wie vor haben wir keine Lösung für die Endlagerung des Atommülls.

Sehr geehrter Herr Minister, verabschieden Sie sich lieber von diesem ebenso populistischen wie unrealistischen Vorhaben. Dieser Plan klingt sehr stark nach Wahlkampf und ist nicht ausgegoren, zumal wir mit den erneuerbaren Energien auf einem guten Weg sind, auch was die Bezahlbarkeit angeht.